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Mecker em Tablungsplan. Ohne die Reparationskommifsion. In dem amtlich beeinflußten Pariser Blatt „Echo de Paris" wird in einem Artikel das Londoner Zahlnngs- statut als Grundlage für eine Neuregelung der Repara tionen abgelehnt. Das Blatt befürwortet einen Zah lungsplan, wonach die deutschen Verpflichtungen wie folgt zu bemessen wären: 1. nach den für den Wiederaufbau der verschiedenen in Betracht kommenden Lander erforderlichen Summen. Dieser Teil der Reparationen Ware mit einer Priorität auszu- statten. 2. nach dem Betrag der englischen Schuld bei den Vereinigten Staaten zuzüglich des Betrages der fran zösischen und der italiennchcn schuld bei England und Amerika. 3. nach der Hohe der Besetzungskosten, die auf Grund einer ersten Hvpothek zu erheben wären. Wenn sich dann später englische und amerikanische Finanzmänner fänden, die den alten Streit über die deutsch* Zahlungsfähigkeit wiederaufnähmen, so würde Frankreich, nicht mehr Gefahr laufen, die Kosten dafür zu -trage» Eine derartige Lösung bedürfe zur Ergänzung einer vorübergehenden Unzuständigkeitserklä rung der.Reparationskommission. Die Re gierungen müßten es selbst übernehmen, die neue Regelung in großen Zügen fcstzusetzen. Die Kommission würde sich dann mit der endgültigen Formulierung und der prakti schen Durchführung zu befassen haben. * Eisenbahnen und Kohlen. Peninax schreibt im „Echo de Paris", man könne sich nicht damit begnügen, die Rheinlande politisch von Deutschland abzutrennen, an dem Wirtschafts leben aber weiter Leilnehmen zu lassen. Es wäre das wichtigste, daß man sich der Eisenbahnen im Rhein land bemächüge. Ferner richtet sich die französische Hab gier auf die deutsche Kohle, denn in Nordsrankreich herrscht bereits K o b l e n k n a p p h e i t. Wenn nicht bald Kohlen in großen Mengen eintrefsen, ist mit dem Stillstand einer ganzen Reihe von Fabriken zu rechnen. Politische Kunäscbau. VeutlcklLnä. Das Arbciiszeitgesetz im Neichswirtschastsrat. Die zur Beratung des Gesetzentwurfes eingesetzte Kommission hat einen Kompromißantrag ausgearbeitet. Beide Berichterstatter, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, be zeichnen das Kompromiß als annehmbar. Das Washing toner Abkommen sei nicht ratifiziert worden. Daher könnten bis zu zwei Stunden über den Achtstundentag hinaus festgesetzt werden, wenn die Verrechnung zugunsten der Arbeitnehmer in angemessener kurzer Zeit erfolgte. In der weiteren Aussprache wurden von Arbeitnehmern starke Bedenken gegen das Kompromiß geäußert. Es wurde eine klare Stellungnahme des Reichswirtschaftsrats zum Acht stundentag gefordert. Nach längerer Debatte wurde in der Abstimmung der Antrag auf Annahme des ganzen Ent wurfes angenommen. Das deutsche Eigentum in Amerika. Durch die Annahme des amerikanischen Gesetzes über die Freigabe deutschen Vermögens bis zu 10 000 Dollars im einzelnen Fall ist der Irrtum entstanden, daß es schon setzt möglich oder geboten erschein, bw Ansprüche anzu- mclden. Dies ist nicht der Fall, bevor die Aussühruugs- bestimmungen erlassen sind. Solange die amtlichen Vor drucke und Vollmachten, dc'ren Benutzung in den Aus- führnngsbestimmungen vorgeschrieben werden wird, nicht veröffentlicht sind, ist jeder Antrag zwecklos und wird ohne weiteres zurückgesandt. Es muß deshalb vor einem solchen Verfahren, das nur unnütze Kosten macht, dringend ge warnt werden. Fristen laufen zurzeit nicht. Erweiterung des Presscnotgcseües. In kurzem wird eine zweite Ausführungsverordnung zum Pressenotgesetz veröffentlicht werden. Sie enthält eine Erweiterung des Kreises der rückvergütungsberech tigten Verlage durch die offiziellen Organe der gewerk schaftlichen und wirtschaftlichen BerufSvertretungen sowie der kommunalen Spitzenverbände. Voraussetzung der Berücksichtigung ist der Nachweis, daß diese Verlagsunter- nehmungen nicht aus Anzeigen oder anderen eigenen Ein nahmen ihre Selbstkosten zum überwiegenden Teil decken. Verbot de8 Absinths. Ein dem Reichstage zugegangener Entwurf verbietet die Herstellung und den Ausschank von Absinth, weil er der Volksgesundheit unzuträglich ist und Epilepsieerscheinun gen hervorruft. Der Absinthgenuß hat nach dem Kriege und jetzt im besetzten Gebiet Verbreitung gesunden. Von Frankreich aus wird der Absinthvertrieb gefördert. Absinth- Verbote sind bereits in vielen Ländern erlassen worden. Keine Zahlungen an die Eindringlinge. Ter Reichsfinanzminister hat erneut darauf hinge wiesen, daß die Zahlung von Steuern, Zöllen, sonstigen Abgaben sowie Geldbeträgen, die als Abgaben oder Ge bühren von anderen als den nach deutschen Vorschriften zuständigen Stellen gefordert werden, an einen Beauftrag ten einer fremden Macht oder an eine Kasse, die sich in ihrer Gewalt befindet, mit Gefängnis oder Zucht haus bis zu fünf Jahren, ferner mit Geldstrafen und mit Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte bestraft wird. * Berlin. Eine Kundgebng der Treue für Rhein und Ruhr, veranstaltet vom Berliner Sängerbund mit seinen 4000 Mitgliedern, fand vor dem Reichstagsgebäude statt. München. An der Felddienstübung der Natio nalsozialisten, von denen 1400 angerückt waren, nahmen auch 1600 Angehörige der Vereinigten Vaterländischen Ver bände teil. Als gegen Abend die Abteilungen wieder in die Stadt einzogen, versuchte die Hitler-Garde durch den Bannkreis des Landtages zu ziehen, wurde aber von der Polizei an- gchalten. Stuttgart. Ter württcmbergische Landtag hat gegen die in Augsburg wegen „Landesverrats" erfolgte Verhaftung des kommunistischen Württemberg! fchen Landtagsabgeorsneten Karl Müllerbei der Staatsanwaltschaft Augsburg mit dem Hinweis darauf, daß der Landtag sich in seiner Sitzungsperiode befinde, Verwahrung eingelegt. Paris. Der verhaftete deutsche kommunistische Reichstags abgeordnete Hoellein erklärte vor dem Untersuchungsrichter, er sei ohne Plan nach Frankreich gekommen; er habe die ihm in den Mund gelegte Rede nicht gehalten, teile aber die Mei nung der französischen Kommunisten über den Ruhreinfall. Von unck fern. Der Hunderttausender kommt. In den nächsten Tagen werden Banknoten zu 100 000 Mark in den Verkehr ge bracht. Das Druckbild der Vorderseite wird von einem breiten, grauviolett gehaltenen Zierrahmen eingefaßt, der auf grauem Untergrund die -Wertbezeichnung „100 000 Mark" enthält. In der linken unteren Ecke befindet sich das von einem violetten Linienmuster kreisförmig um randete Kopfbildnis des Kaufmanns Georg Gisze von Haus Holbein d. I. Die Witwe Georgs II. von Meiningen gestorben. Im Alter von 80 Jahren starb in Meiningen Helene Freifrau von Heldburg, die einst eine hervorragende deutsche Bühnenkünstlerin war und später die Gemahlin des Her zogs Georg II. von Sachsen-Meiningen wurde. Ellen Franz — dies war ihr Name vor ihrer Verehelichung mit dem Herzog — war eine geborene Berlinerin. Zum Brande des Wiesbadener Staatstheatcrs. Die Verwaltung des Wiesbadener Staatstheaters teilt mit, daß die Meldungen über die Brandkatastrophe vielfach übertrieben worden seien. Das Feuer habe lediglich das Bühnenhaus, das angrenzende Dekorations- und Möbel magazin und die Rüstkammer zerstört. Zuschauerraum, Foyer, Bureau-, Garderoben- und Kassenräume, sowie fast sämtliche übrigen Magazine seien unversehrt geblieben. Da also nahezu der gesamte Dekorations- und Kostüm- fundns, die Bibliothek und die Musikinstrumente erhalten geblieben seien, können die Vorstellungen nach Wiederauf bau der Bühne in alter Weise sofort wieder ausgenommen werden. Man rechnet damit, drß dies in sechs bis acht Monaten der Fall sein werde. Obcrschlesischc Strastrnräuber. Nach einer Meldung aus Veuthen wurde vor einigen Tagen ein Geldtransport der Huldschinsky-Werke von mehreren Radfahrern „ge stellt". Sie bedrohten die Begleitmannschaften mit Re volvern, raubten vier Millionen Mark und verschwanden dann. Die Nachforschungen blieben bisher ergebnislos. Eine ganze Familie ermordet. In Negenwalde (Pom mern) wurden in ihrer Wohnung der Händler Kaspe, seine Ehefrau und ihr fünf Monate altes Kind ermordet aufge- funden. Aus dem Bett ftn Schlafzimmer lag die mit einer Schnur erdrosselte Ehefrau. Dem Ehemann war die Kehle durchschnitten. Das Kind ist anscheinend erstickt. Der Tsnz der Dämonen. Roman von M. Weber. L8f (Nachdruck verboten.) Und er ging? Festen Schrittes wie ein Sieger verließ er die Stätte, wo noch einmal in holder Frauengestalt des Lebens Wonnen ihm gelächelt hatten. Nicht einen Mo ment wurde er schwankend in seinem Entschluß, und nicht ein einziges Mal wendete er den Blick nach Hanna zurück. In der grauen Beleuchtung stand sie da wie ein Bild der Einsamkeit au dem verödeten Straude. Der Regen siel auf ihre glänzenden Locken, durchnäßte ihre Kleider, sie achtete es nicht, sie wußte Wohl kaum, wo. sie stand, sie hatte mir ein dnmpfes Empfinden, daß diese Landschaft mit den blassen Farbentönen so düster und melancholisch wunderbar mit ihrem Innern harmonierte. war denn der Traum der Liebe aus, vorbei für immer; das harte Wort war gesprochen, das sie auf ewig von ihm trennte. War es das rechte gewesen? Wer mochte Vas entscheiden?! — Und war der Weg, auf den er sie hingcwle;en, der rechte? Vielleicht, er führt ja hin auf zu jenen Hohen, wo er stand und wo die Herzens wünsche verstummen. Ader Tiefe des Meeres klang es herauf wie schmei chelnde. Äße Melodien, und das Rauschen der Wellen ge staltete sich ZU eurem volltönenden Orchester. Bus den grauen Schatten des Abends aber tauchten bunte, be strickende Bilder vor ihren Blicken auf; ideale Menschenge stalten, die da mit wunderbarer Stimme von Liebe, Haß, Zorn und Verzweiflung sangen. „Wohl ist es nur ein Scheinleben, was sich da abspielt auf den Brettern, die die Welt bedeuten, aber es ist die Welt, in der ich fortan leben werde," dachte Hanna, in derem Herzen aus Schmerz und Verzweiflung langsam ein fester Entschluß reiste: sie wollte den Anforderungen, sich der Bühne zu widmen, die schon öfter an sie ergangen waren, nachgeben und dort das Höchste in der Kunst zu erstreben suchen. Das war der Weg, auf den er sie hinge wiesen, dessen Endziel ihrem verstörten Sinn vorschwebte wie etwas, das sie erreichen mußte um jeden Preis. Sie hat dieses Ziel erreicht. Schon nach Jahresfrist glänzte ihr Name unter denen der ersten Größen der Vühnenwelt. Sie wird gefeiert wie selten eine Sängerin, die glänzendsten Huldigungen werden ihr gebracht, aber all diese Huldigungen wiegen ein paar schlichte, ihr ge widmete Verse nicht auf, die sie eiust in einer der bedeu tendsten Zeitungen der Residenz gesunden, von einem der ersten Schriftsteller der Jetztzeit: Hans Hoff. Längst hat sie erkannt, daß er recht hatte, als er da mals am Meeresstrande, ihren Schmerz und ihre Ver zweiflung nicht achtend, von ihr gegangen war. Er hätte diese Größe wohl nie erreicht, wäre er in dieser unver geßlichen Stunde schwankend geworden in seinem Ent schluß, seinem hohen Streben; hätte seine Mission auf Erden, die ihm der große Weltenordner vorgeschrieben, nicht voll nud ganz erfüllt. Und Hanna? War es schließlich auch ihre einzige Mission auf Erden gewesen, allein der Kunst zu leben, in ihr allein das Glück zu finden? Wohl ist sie ihr zur Trösterin geworden, die heilige Kunst, und sie ist stolz und glücklich, Hohes darin erreicht zu haben; aber ganz ver gessen kann sie den Liebestraum doch nicht, der einst durch ihre Seele gezogen! — Sie hat manche einsamen Stunden, wo sie sich in sich selbst zurückzieht, sich in selige Erinne rungen versenkt. In süßer Vergessenheit der Gegenwart gleiten dann wohl ihre schlanken Finger über die Tasten des Flügels, und durch das stille Zimmer klingt wie ein Gruß aus ferner Zeit das Lied: Und hast du einmal nur erfahren Des Lebens ganze Seligkeit, Laß ruhig nun darüber rauschen Die Wogen einer trüben Zeit. Das Kokain Ser Südafrikaner. Wenig bekannt ist das Dagga der Südafrikaner. Es wird geraucht, und zwar auf merkwürdige Weise» Der Eine größere Summe ist geraubt. AuffSM ist, daß ein Amerikaner, der seit etwa sechs Wochen bei der Familie wohnte, plötzlich die Wohnung verlassen hat und nicht wieder zurückgekehrt ist. Sommerzeitwirrwarr. Laut „Echo de Paris" wird die französische Regierung angesichts der Opposition der Kammer gegen die Wiedereinsührung der Sommerzeit einen Gesetzentwurf einbringen, der die Einführung der Straßburger Zeit (Vorverlegung nicht um eine Stunde, sondern nur um 35 Minuten) Vorsicht. Das wird einen schönen Wirrwarr geben. Wenn England und Belgien ihre Uhren um eine Stunde vorschieben, wählens Frank reich sich mit 35 Minuten begnügen will, so kann das im internationalen Verkehr nur zu Unzuträglichkeiten führen, die insofern auch Deutschland angehen, als die Besatzungs- Mächte bisher in jedem Jahr ihre Sommerzeit auch im be setzten Gebiet eingesührt haben. 6encklsk2Us. Beleidigung des Reichspräsidenten. Der Staatsgerichtshof verhandelte gegen den Verleger und Hauptschristlcitcr der Mitteldeutschen Presse in Staßfurt Hans Hottenrott wegen schwerer Beleidigung des Reichspräsidenten, der Mitglieder der Reichsregierung und des Oberbürgermeisters Scheidemann so wie wegen fortgesetzter Beschimpfung der republikanischen Staatssorm. Die Straftaten sind in zahlreichen Zeitungs artikeln vor und nach Erlaß des Schutzgesetzcs begangen worden und haben bereits dreimal ein Verbot der Mittel deutschen Presse zur Folge gehabt. Ter Angeklagte wurde zu einer Gefängnisstrafe von insgesamt zwei Jahren sechs Mo naten sowie zu einer Gcldstraic von insgesamt 100000 Mark verurteilt. Beantragt war eine Gefängnisstrafe von vier Jahren. Häußer zu längerer Gefängnisstrafe verurteilt. In Olden burg sand die Hauptverhandlung gegen den vielgenannten „Apostel" Häußer und drei Mitangeklagte statt. Es wurde sesi- gestellt, daß Häußer in einer Versammlung in Oldenburg be leidigende Ausdrücke und Schimpfworte gegen die oldenbur gische Regierung gebraucht hat, und daß er die Massen durch seine Worte aufzureizen versuchte. Er wurde ferner des Ver suchs der Nötigung eines Beamten am Delmenhorster Amts gericht für schuldig befunden. Häußer wurde zu 1 Jahr 9 Mo naten Gefängnis verurteilt, während von den Mitangeklagten einer freigesprochen wurde und die beiden andern, zwei Damen, je 1 Jahr 3 Monate Gefängnis erhielten. Das Urteil im Zwickauer Mordprvzeß. Das Schwnrgeriän in Zwickau verurteilte den früheren Husarenleutnant Köhn wegen Totschlags und Unterschlagung zu sechs Jahren und sechs Monaten Gefängnis. Die erlittene Uuier- suchungshast wurde mit neun Monaten ungerechnet. Köhn war bekanntlich beschuldigt worden, seine Geliebte an einer einsamen Stelle des Erzgebirges ermordet zu haben. VermiscbrLS. Weitere Verteuerung der Zigarren und Zigaretten. Die Tabaksabriken kündigen an, daß sie sich genötigt sehen, in kurzem die Preise ihrer Fabrikate von neuen; zu er höhen, da die neu zu verarbeitenden RohLabake erheblich teurer eingekauft seien als die jetzt in den Läden ange botenen, die einem Dollarkurse von 10 000 entsprächen. Da zu komme, daß auch deutsche Tabake kaum billiger seien als ausländische. Es muß demzusolge damit gerechnet werden, daß nach Ostern alle Tabakfabrikaie um 80 bis 100 steigen und Zigarren nicht mehr unter 350, Zigaret ten nicht unter 220 Mark zu haben sein werden. Es mag erwähnt sein, daß bei einer Zigarre zum Preise von 500 Mark 260 Mark auf Steuern, Zoll und Händlernutzen, 80 Mark auf andere Unkosten und Frachten kommen. Ein neues bayerisches Wappen. Die bayerische Regie rung hat dem Landtag einen Gesetzentwurf über das Wap pen des Freistaates Bayern unterbreitet. Der Begründung des Gesetzentwurfes ist zu entnehmen, daß in dem nc wa bayerischen Staatswappen der Gedanke der Zusamu n- fttzung Bayerns aus den vier Stämmen der Bay n, Pfälzer, Schwaben und Franken durch die Ausnahme aer Wappenschilder dieser Stämme zum Ausdruck gebracht werden soll. Das lohnt sich wenigstens. In einer Leipziger Tages zeitung war dieser Tage folgende Anzeige zu lesen: „Das mir heute nachmittag entwendete goldene Zigarettenetui ist mir ein teures Andenken, und ich bin bereit, dem Wieder zusteller den doppelten Goldwert, aber mindestens vier Millionen Mark, auszuzahlen, unter absoluter Garantie, daß ich keine Anzeige erstatte." Bei solchen Prämien lohnt es sich schon, ein „ehrlicher Dieb" zu sein und nicht erst zu warten, bis die Polizei sich des Zigarettenetuis annimmt. Der Bestohlene ist, wie man schon geahnt haben dürfte, ein Amerikaner. Daggaraucher gräbt zuerst in den harten Boden eine Grube von 7 bis 10 Zentimeter Tiefe und 6 bis 7 Zentimeter Durchmesser. Einen viertel bis einen halben Meter ent fernt gräbt er eine andere Grube und bohrt dann einen schmalen unterirdischen Gang zwischen beideir, so d-aß eine Lustverbindung entsteht. Auf den Boden der ersten Grube legt er ein paar getrocknete Daggablätter, zündet sie an und bedeckt sie mit feuchtem Lehm. Diesen durchbohrt er mit einem spitzen Stück Holz, damit die Luft hindurchgehen kann. In die andere Höhlung führt er ein dünnes Schilf rohr ein, den Pfeifensricl und umgibt ihn ebenfalls mit feuchtem Lebm. Nun läßt er sich auf die Knie nieder, und das Rauchen kann losgehen. Dabei hat der Raucher einen Becher Wasser bei sich und nimmt geschickt nach jedem Zug einen Mund voll, ohne den Rauch entweichen zu lassen. Das Wasser spritzt er in langem dünnen Strahl wieder heraus, und der Rauch folgt nach. Tief über die Schilfrohrpfeise gebückt, auf feinen Fersen sitzend, wieder holt der Raucher mehrmals diese Prozedur. Die Tränen treten ihm dabei in die Augen, die blutunterlaufen werden und anschwellen. Ausregung packt ihn; er fühlt sich wun derbar über sich selbst erhoben. Alle seine Sorgen und Schmerzen sind vergessen. An ihre Stelle tritt ein köstliches Gefühl höchster Zufriedenheit und Seligkeit. Er beginnt zu reden, und die Bewohner seinesKrals lauschen seinen Erzählungen, Geschichten von großen Taten seiner Jugend, die mit lebhaften Gesten und wilder Begeisterung vorgetragen werden. Geschichten von alten Kämpfen und Siegen, immer nur von Siegen, von Reii-erkunststücken und seltsamen Reisen, von Men Wäldern und von junger Liebe. Aber allmählich läßt die Wirkung des Dagga nach. Die Augen des Rauchers werden klein, sein Kopf schmerzt, er fühlt Glieder und Körper immer schwerer werden, und bald liegt er da, hingeworfen in bleiernen Schlaf. Eine Stunde hat er den höchsten Lebensgenuß empfunden und in der grauen Dämmerung wacht er mit einem schweren Kater auf. Aber das hindert ihn nicht, sich, sobald er es unbeobachtet tun kann, wieder in die beglückenden Arme des Dagga zu flüchten.