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deutsche Landwirtschaft erklärt sich grundsätzlich bereit, sich an einer Garantieleistung für das neue deutsche An gebot zu beteiligen. Sie sei bereit, die gleiche Summe auf sich zu nehmen wie die deut - sche Industrie. Die Garantierung müsse aller dings von gewissen Voraussetzungen ab hängig gemacht werden. Dazu gehöre nach außen hin, das, das Neparationsproblem eine endgültige Lösung finde, nach innen insbesondere, daß sich der Staat jeden zwangsmäßigen Eingriffes, der die Produktion be hindern könnte, wie z. V. Enteignungen, enthalte. Die Landwirtschaft ist nämlich der Auffassung, daß, wenn sie ihre Kräfte in den Dienst der Lösung des Reparations plans stelle, der Produktion keinerlei Fesseln angelegt werden dürfen und jede Zwangswirtschaft fortfallen müsse. O Anpassung der Löhne an den Geldwert Die Vertreter der Spitzengewerkschnften haben gestern im N e i ch s a r b e i t s m i n i st e r i u m dar auf hingewiesen, das; in Arbeitgeberkreisen und auch bei einem Teil der Schlichtungsbehörden noch eine zu weit gehende Zurückhaltung gegenüber berechtigten Lohn forderungen bestehe. Der Reichsarbeitsminister bestä tigte demgegenüber als die Ansicht der gesamten Reichs regierung. das, mit dem neuen Merksturz selbstverständ lich auch aus dem Gebiete der Lohnpolitik eine verän derte Sachlage eingetreten ist und daß es nunmehr eine dringende Aufgabe aller beteiligten Kreise und Behör den sein mutz, die Löhne der gesunkenen Kaufkraft an zu passen. Dabei mutz auf das sprunghafte Anwachsen der Teuerung, das in den Fest stellungen des amtlichen Index naturgemütz erst nach träglich zum Ausdruck kommt, besonders Rücksicht ge nommen werden. Die Antwort Degouttes: Keine Rückgabe der geraubten Milliarden! kl IN die von den Franzosen bei der Reichsbank be schlagnahmten 95 Milliarden frei zu bekommen, begab sich gestern morgen eine deutsche Abordnung aus Essen nach Bredenep, um mit General Iaquemot zu verhan deln. Die Abordnung ist aber an Degoutte verwiesen worden. Sie begab sich nach kurzer Zeit ins Hauptquartier Düsseldorf. Auf die Vorstellungen wegen der Beschlagnahme der Reichsbankgelder in Essen hat General Degoutte geantwortet, die Wegnahme sei erfolgt, weil die Reichsregierung die verbindlichen Zahlungen für den Unterhalt der französischen und bel gischen Truppen eingestellt habe. Die Maßnahme richle sich also lediglich gegen die verantwortliche Reichslei tung, nicht aber gegen die Arbeiter- und Angestellten schaft. Eine Rückzahlung der beschlag nahmten Beträge könne nicht erfolgen. Auch könne er, der General, nicht versprechen, daß der Vorgang sich nicht wiederholen werde. Gewalttaten der Franzosen. Aus einer Wirtschaft in Stoppenberg schossen mehrere französische Offiziere auf die St ratze, wo einige Leute wegen verweigerter SchnapsalMbe lärmten. Bei dem Vorfall wurde eine Person getötet, ferner wurde ein Arbei ter durch einen Kopfschutz und ein anderer Arbeiter durch einen Obetschenkelschutz schwer verletzt. In der Nähe der Zeche Bonifacius ist eine Zi vilperson von einem französischen Posten e r s ch o s- s e n worden. Nach den bisheriaen Ermittelungen han delt es sich um den Bergmann Friedrich Tzichowski aus Kray. Vom französischen Kriegsgericht in Witten wurde der Redakteur Gerling vom Wittener Tageblatt zu sechs Monaten Gefängnis und 10' Millionen Mark Geldstrafe verurteilt. In Kupferdreh haben die Franzosen die Gleise der Bahnstrecken nach allen Richtungen Schicksalswende. Roman von A. Seifert. 21. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) „Die wahre Liebe", sagte Hubert, „bleibt sich im mer gleich, in feder Lebenslage. Nie werde ich meinen Sinn ändern, was auch geschehen möge. Du, Almida. wirst immer mein bestes Teil sein, meine Sonne, mein leuchtender Stern, zu dem ich aufblicke, magst du vom Glück umstrahlt sein, oder vom Leid heimgesucht werden. Ich lese in deinem tiefsten Innern, wie in einem offenen Buch; und was ich dort sehe, ist anbetungswürdig, ist die Ergänzung meines Selbst. Wir gehören zusammen, Liebste, für Zeit und Ewigkeit, du machst mich über glücklich und dafür danke ich dir!" Sie ahnte nicht, datz sie seinen Worten eine be stimmte Deutung hätte geben müssen. Tie lächelte ihn unter Tränen an. „Du sollst mir nicht danken! Was ich bin upd was ich habe, mein ganzes Sein gehört dir. Aber ich möchte, datz wir bald vereint sind. Ich fürchte mich vor der Trennung von dir. Ich will nur noch in deiner Nähe atmen!" „Ich komme bald, sehr bald wieder, mein Lieb. Auch mir ist das Herz schwer, und ich wünschte, du wärst erst ganz mein eigen und wir könnten immer zusammen sein!" Er unterdrückte einen schmerzlichen Seufzer. „Hoffent lich währt unsere Prüfüngszeit nicht lange." Herr Harnisch ries nach ihnen. Sie gingen ins Haus und setzten sich an den reich gedeckten Tisch. Sie tranken köstlichen Wein und naschten von den Speisen. Eine frohe Stimmung wollte nicht aufkommen. Herr Harnisch hatte das Auto bestellt und sie fuhren gemeinsam weit hinaus aufs Land, wo vor jedem Hause hin aufqerissen und den Verkehr dadurch völlig unterbrochen. Politische Tagesschau. Der Reichskanzler an die Hinter bliebenen Schlageters. Der Reichskanzler sandte an die Angehörigen Schlageters ein Telegramm, in dem er u. a. sagt' „Das Bewusstsein, datz er sein Leben für Recht und Freiheit des deutschen Volkes ein gesetzt hat, wird Ihren großen Schmerz lindern helfen. Ich spreche Ihnen zu dem schweren Verlust mein tiefstes aufrichtigstes Beileid und die herzlichste Teilnahme der Reichsregierung aus." Kurze politische Mitteilungen Im Hanshaltausschutz des Sächsischen Landtages teilte dis Regierung mit, datz der hereingekommene Be trag an Reichssinkommensteuern im ganzen Reiche 535 Milliarden für das Rechnungsjahr 1922/23 ergeben habe. Davon erhalte Sachsen 52 Milliarden, die zu einem Drittel dem Staat verbleiben und zu zwei Drit tel den Gemeinden überwiesen werden. Der Fehlbetrag des deutschen Reichshaushaltes ist auf 12,4 Billionen Mark angewachsen. Reichsbankmäsident Havenstein stellte im Unter suchungsausschutz des Reichstages als Hauptursachen des Fehlschlages der Markstützungsaktion der Reichsbank die allgemeine Panikstimmung und mangelnde Rücksicht auf die Interessen des ganzen Volkes fest. Die bereits vor einigen Tagen angekündigte Be setzung der Oppauer Anilin- und Sodafabriken ist nun mehr nm Dienstag früh erfolgt. Daraufhin werlietzen die Arbeiter den Betrieb. Die Franzosen verhafteten einige Ingenieure und Chemiker und halten sie als Geiseln fest. Die Reichsregierung stellt in einer scharfen Protest note an Frankreich gegen die Erschießung Schlageters fest, daß französische Kriegsgerichte kein Recht auf deut schem Boden haben. — Auch hat Schlageters Hinrichtung in der italienischen Presse starken Protest hervor gerufen. Die französische Kammer bewilligte mit 505 gegen 67 Stimmen die Ruhrkredite und erteilte damit Poin- cars ein Vertrauensvotum. Nach dem Havasbericht stimmten 32 Sozialisten für das Vertrauensvotum, 10 enthielten sich der Abstimmung. Die Franzosen lehnen die Zurückgabe der in Essen gestohlenen Reichsbankgelder in Höhs von 92 Milliar den ab. Aus aller Welt. * Eine Ortskrankenkasse unter Zwangsvollstreckung. Gegen die Allgemeine Ortskrankenkasse in Halle ist Zwangsvollstreckung beantragt worden. Das Versiche- rungsämt hat gegen drei Kassenbeamte, die ihr Amt zu Propagandazweckei. für die kommunistische Partei aus- nützten, fristlose Entlassung verfügt. * Ein Fabrikeinsturz ereignete sich am Dienstag in Forst in der elsässisch-badischen Wollfabrik auf der Arendstraße. In dem Gebäude wurde am Nachmittag von Arbeitern bemerkt, wie sich der Putz löste. Die Bau leitung rief sofort sämtliche Arbeiter von dem Bau. Kurze Zeit später stürzte das Dachgeschoß in einer Breite von 15 bis 20 Metern und in einer Länge von 15 Metern durch das zweite und erste Stockwerk herab. Aus dem zweiten Stockwerk stürzten dabei zehn Weberei maschinen und drei große Spinnereimaschinen herab und aus dem ersten Stockwerk eine große Anzahl von Krempelmaschinen. Auf dem Bau befand sich ein Zim merpolier, der mit in die Tiefe gerissen wurde. Er konnte bis gestern mittag noch nicht geborgen werden. Wie verlautet, handelt es sich um einen alten Konstruk tionsfehler des früheren Baues. * Der Tod als Folge einer unsinnigen Wette. In Schwarzkollm (Schlesien) wettete ein Arbeiter mit seinem Arbeitskollegen, datz er eine Flasche Schnaps mit einem Zuge leeren könne. Der Arbeiter trank die Flasche Schnaps aus, stürzte aber sofort tot zu Boden. ein Garten blühte, wo Rosen- und Erdgeruch ihnen entgegenströmte. Nur zu schnell flohen die Stunden. Und als es Abend war, kehrten ste zurück, still und ernst. Dann kam der Abschied. Weinend hing Almida an Huberts Hals. ..Komme bald wieder, laß mich nicht so lange allein! Ich vergehe ohne dich, wie eine Blume, die ihres Sonnenlichts beraubt wurde, der man jede Lebensbedingung nahm." Er ritz sich los, um nicht weich und wankelmütig zu werden. Herr Harnisch gab ihm bis zur Bahn das Geleit. Beim Lcbewohlsagen erinnerte Hubert: „Nicht wahr, du handelst sofort, Papa? Du zögerst keinen Tag länger Almida deinen Namen zu geben, damit sie in Wirtlichkeit ist, was sie jetzt nur scheint?" Er versprach es. ..Das Schlimmste ist für mich überstanden. Die Erklärung, datz Almida nicht mein eigenes Kind ist, wollte sich nicht über meine Lippen zwingen lassen. Ich danke meinem Schöpfer, datz ich das hinter mir habe!" Sie umarmten sich. Hubert sah lange mit wehem Blick in das bleiche, angegriffene Gesicht das väterlichen Freundes, aus dem die Augen so matt und dunkel umrandet blickten. ,Lebe wohl, du lieber, lieber Papa. Ich verehre dich sehr. Und ich danke dir für alles, was du Almida Liebes angetan." „Du törichter Mensch, Almida gab mir mehr, als ich ihr je Zuteil werden lasten konnte, denn sie ver schönte durch ihren köstlichen Frohsinn, durch ihr wun dervolles Gemüt mein Alter. Der Himmel segne sie dafür. Und wenn ich nicht mehr bin, so wird mein Geist sie umschweben, und wenn die Abgeschiedenen für * Schwere Gewitter mit Hagelschlag sind in ganz Süd- und Westböhmen dieser Tage niedergegangen, die ungeheure Verwüstungen anaerichtet haben. Stellen weise ist die ganze Ernte vernichtet und schwerer Scha den an den Öbstbäumen angerichtet worden. * Pestfälle in Paris. In dem nördlichen Vorort von Paris, St. Ouen, sind nach einwandfreien Feststel- lungm der zuständigen Behörden vier Pestfälle vorge kommen. Zwei Personen, Mutter und Kind, sind ge storben. * Von Mexiko bis Kanada im Flugzeug. Der amerikanische Fliegcroffizier, Leutnant Harrison Crok- ker, durchflog die Vereinigten Staaten in ihrer ganzen Länge vorn Golf von Mexiko bis zur kanadischen Grenze, insgesamt 2250 Kilometer, in 11 Stunden 54 Minuten. * Eine Wunderheilunq. In Hettstadt im Kreise Mansfeld erregte die plötzliche Heilung des Buchbin ders Paul Kurz, der vor 17 Jahren infolge einer Krank heit stumm geworden war. großes Aufsehen. Der Mann schluckte Säuregase beim Reinigen von Münzen, bekam einen sehr schweren Hustenanfall, und bald danach stellte sich aus einmal wieder die Sprache ein. * Bombenexplosion in der Warschauer Universität. Am Donnerstag abend ereignete sich in Warschau wie derum ein Bombenattentat. Es erfolgte in der Univer sität eine ungeheure Bombenerploston, die Material schaden anrichtete, und der zufällig dort anwesende 60 Jahre alte Professor Orziemski zum Opfer siel. * Der abgewiesene Klante. Die Beschwerde Mai- Klantes wegen Beschlagnahme der Bücher seiner neuen Wettbureaus ist vom Berliner Amtsgericht als unbe gründet zurückgewiesen worden. Das neue Strafver fahren gegen Max Klante nimmt seinen Fortgang. * 8VVV Zentner Korn ins Meer geworfen. Die Rigarer Blätter bringen die Meldung, daß der aus Riga mit sowjetrussischem Getreide ausgelaufene Dampfer „Rostock" auf eine Sandbank gelaufen sei. Es wurden Hilfsdampfer aus Windau und Libau angefordert, denen es gelungen war, nachdem 8000 Zentner Roggen ins Meer geworfen wurden, den Dampfer von der Sand bank zu ziehen. Das Getreide war für das Ruhrgebiet bestimmt. * Ein Ehepaar in den Flammen »mgekommen. Wie aus München berichtet wird, ist in der Nacht zum Sonn tag der Reichswehrgefreite Joseph Weber in seiner Laube bei Laim mit seiner Frau verbrannt. Die Leichen wurden aus dem brennend zusammenstürzenden Block hause geborgen. Aus dem Gerichtssaal. k. Eine bemerkenswerte Verhandlung fand vor dem Dresdner Schöffengericht statt. Der vielfach vor bestrafte, 1883 geborene Arbeiter Paul Otto Weser nutzte die letzten Demonstrationen im November v. I. aus, um für sich im trüben zu fischen. Weser ging am 19. November abends in das Weinlokal „Haselhuhn" auf der Seesiratze, stellte sich dort als Vertreter der Erwerbs losen vor und forderte unter Vorlegung einer Eierhand granate eine Unterstützung mit dem Hinweise, daß die erregte Menschenmenge unten auf der Straße stehe. Der Wir: gab ihm daraufhin eine Unterstützung für die Er werbslosen. Wegen dieses Vorganges mutzte sich Weser jetzt vor dem Schöffengericht verantworten. In der Ver handlung wurde festgestellt, daß Angeklagter sich zu jener Zeit persönlich in keiner Notlage befand, er hatte loh nende Arbeit, war demnach gar nicht als Erwerbsloser anzusprechen und konnte sich auch an jenem Abend, be vor er den Handstreich ausführte, dreiviertel Liter Kog nak leisten Das Schöffengericht nahm versuchte Er pressung für vorliegend an und verurteilte Weser des halb zu einen: Monat Gefängnis. Sechs Millionen Mark Strafe wegen Steuerhinter ziehung. Die bei einem Rauchwarenhändler vom Finanz amte Leipzig-Süd vorgenommene Buchprüfung hat zur Einleitung des Strafverfahrens wegen Hinterziehung der Einkommensteuer und Umsatzsteuer geführt, wobei eine Gesamtstratze von 5 904 228 Mark festgesetzt wor den ist. ihre Lieben auf Erden etwas vermögen, so wird meinem Kinde jeder Kummer, jede Sorge ihr Leben lang fern- bleiben.". Hubert mutzte einsteigen. Sie drückten sich noch einmal die Hände. Dann ging Herr Harnisch langsam davon. ' Mit Augen, in denen eine bange Ahnung zu lesen war, sah Hubert ihm nach, bis die schmale schlanke Ge stalt in dem Menschenstrom untertauchte. 8. Kapitel. Als Herr Harnisch nach Hause kam, hatte Almida verweinte Augen. Er strich liebkosend über ihr dunkles Haar. „Tausend Grütze sendet Hubert dir noch, und nun Kopf hoch, Kleine, du darfst nicht mehr weinen! Hast auch keine Ursache dazu. Hubert wird uns bald genug mit seinem Besuch überraschen, dann ist die Freude doppeli groß." „Suche mick nicht zu trösten, Papa, es hilft doch nichts! Ich bin so namenlos traurig. Es liegt auf mir wie die Ahnung von kommendem Unheil. Ich wollte dir nur noch gute Nacht sagen. Ich will zu schlafen versuchen, damit ich über mein Leid hinwegkomme." „Jawohl, geh' schlafen, Kind! Morgen siehst du alles in einem freundlicheren Lichte. Und dann kom men Huberts Briefe, die dich in Atem halten werden." „Aber es wäre tausendmal schöner, wenn Huberts Eltern ihre Einwilligung zu unserer Verlobung gegeben hätten, wenn ich jetzt leine verlobte Braut wäre. Dieser Zustand der Halbheit peinigt mich grenzenlos." Ihre Worte trafen ihn wie ein schwerer Vormurs. „Wenn ich es ändern könnte, was gäbe ich wohl darum!" sagte er. IFortsetzung folüt.)