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Die folgen äer Dollarsenkung. Aus nationalökonomischen Kreisen wird uns ge schrieben: All unser Sinnen und Trachten, unsere Wünsche, Hoffnungen und Forderungen pendeln Tag um Tag zwischen dem Kriegsschauplatz an der Ruhr und der wirtschaftlichen Kampfarena im Innern hin und her. Es bleibt uns kaum ein Augenblick zur Besinnung für all die anderen Dinge übrig, die uns sonst bewegten und oft genug mit Recht unsere Gemüter voll in Anspruch nahmen. Dabei haben wir die nicserdrückende und quälende Empfindung, daß wir uns besonders in Hinsicht auf die inneren Fragen des Tages, die sich kurz und treffend mit den Worten Steuern, Staatshaushalt und Preisabbau erschöpfen lassen, in einem Kreise zwangsläufigen Ge schehens bewegen, in dessen Rundung scheinbare Erträg nisse und trügerische Nechnungsergebnisse aus der einen Tasche genommen und in die andere Tasche gesteckt werden. Tie Lebhaftigkeit, mit der man in Parlament und Offent- lichkeit aber gerade diese Aufgaben des täglichen Lebens behandelt, zeigte sich erst in den letzten Tagen gelegent lich des Konfliktes, den die Sozialdemokraten im Reichs- rage beraufbeschworen, als man den Entwurf über die Angleichung der Steuergesetzgebung an die Geldentwertung beriet. Es ist darüber im unmittelbaren Anschluß daran ausführlich gesprochen wor-' den, und es hat eingehender Verhandlungen bedurft, um die Sache einigermaßen einer gütlichen Einigung entgegsn- zuführen. Eine zweite ebenso eifrig, ja noch eifriger erörterte Frage des Augenblicks ist bekanntlich der P r e i s a b b a u. Soeben hat sich der neue Postminister ausführlich darüber vernehmen lassen, daß und warum die Reichspostverwal- mng mit einem Fehlbetrag arbeiten muß, und weshalb sie trotzdem keine neuen Erhöhungen der Portosätze vor nehmen will: es sind die h o h e n Be tr i e b s - und Ma te r i a l k o st e n. Und auch die Reichsvcrkehrsanstalten — denn das Etsenbahnministerium befindet sich in der gleichen Bedrängnis — stehen unter dem Druck der Markbesserung und ihrer Folgen. Auch die dieser Tage cr- öffiietc Breslauer Messe hat dasselbe Bild des starken Einflusses der planmäßigen Dollarsen- k u n g erkennen lassen. Dis Preise haben in Breslau nach- gcben müssen, und man hat verkauft, obgleich es mit Ver lust geschah. Es ergibt sich also auf immer zahlreicheren Gebieten, daß hier ein Prozeß im Gange ist, der sich bis auf weiteres nicht aufhalten läßt und gegen den alle Klagen aus Erzeuger- und Handelskreisen nichts ausrich- u n. Diese führen nun im besonderen Beschwerde darüber, daß die Negierung mit ihrem Eingriff in die Välutaent- wicklung zu lange gewartet habe. Sie sagen, die Ver luste wären viel geringer gewesen, wenn die Regierung schon vor Jahr und Tag eingcschritten wäre. Auf den ersten Blick hin möchte man dieser Beweisführung zu stimmen. Tatsächlich hält sie aber genauerer Nachprüfung nicht stand. Man braucht sich nämlich nur zu fragen, ob die Wirkung tatsächlich so wesentlich viel anders gewesen wäre, wenn von Regierungswegen ein Eingriff vorgenom- msn worden wäre, als der Dollar'etwa 50 stand, und wenn damals eine Senkung auf 20 erfolgt wäre. Die in Wegfall kommenden drei Nullen sind tatsächlich der einzige Unter schied, denn auch damals wäre die Erschütterung groß ge wesen, auch damals wären die Importeure und Erzeuger, die ihre Abschlüsse mit 50 getätigt hatte«, in genau dieselbe Bedrängnis geraten wie jetzt, wenn sie mit 20 hätten ver kaufen sollen. Und dasselbe gilt von dem Einwand, das; die deutsche Industrie und der deutsche Handel zurzeit überflüssigerweise exportunfähig gemacht sei, und daß deshalb wieder Bankrott und als Folge davon Pro duktiv ns stillst and und weitestgehende Ar beitslosigkeit eintreten müßten. Wir haben die lebhaften Klagen noch genau im Ohr, die in der Fachpresse und im Handclsteil der Tageblätter hörbar wuxden, als der Dollar auf 50000 gestiegen war und alle Anstalten machte, noch höher zu klettern. Da hieß es mit besorgter Miene, die Industrie und der Handel mit dem Auslande würden naturnolwendig und unabwendbar binnen kürzestem außerstandgesctzt sein, die unerschwinglich werdenden Rohstoffpreise aufzubringen, und das weitere seien Entlassungen größten Maßstabes und eine Arbeitslosigkeit in erschreckendem Umfang. Also: So oder so, der Endeffekt ähnelt sich hier und dort aufs auffälligste. Eines bestimmt das andere, und die Folgen sind immer dieselben. Der Tsnz der Dämonen. Roman von M. Weber. 8!) (Nachdruck verboten,) Aus den Fenstern der hohen Häuser blickten alte lebens müde Gesichter verwundert zu ihr hernieder, als wollten sie fragen: WaS willst du hier mit deiner Jugend, hier, wo nur das Alter wandelt? — Der aber, an dessen Seite sie ging, gehörte hierher und ihm mußte sie folgen. hatte sie sich verkauft für schnödes Geld; denn war die Summe nicht ein Kaufpreis zu nennen, die der Kommer zienrat Hannas Vater gegen geringen Zinsfuß angeboten, um damit einen Teil seiner industriellen Besitzungen zu- rückzukausen? Das Geld sollte ihre Morgengabe sein. In Hannas Augen war es der Kaufpreis, der für ihre goldene Freiheit gezahlt wurde, und bisweilen wollte sich ihr armes Herz rebellisch auflehnen gegen diesen schnöden Handel; aber wenn sie dann die glückstrahlenden Genchter der Eltern und Geschwister sah, versöhnte sie sich wieder einigermaßen mit ihrem Geschick. Vom Morgen bis zum Abend pries man in Hannas Elternhausc die Güte des Kommerzienrats und auch Elviras Liebenswürdigkeit. „Das gute Kind hat sogar an mich geschrieben, dir zuzureden, ihres Papas Antrag anzunehmen," erzählte Frau Delio eines Tages noch ganz gerührt. „So leicht tut das keine erwachsene Tochter, wenn ihr Vater ihr eine Stiefmutter zuführen will," setzte sie dann nach einer Weile hinzu, da Hanna noch kein Wort erwidert hatte. „Ist denn ihr Bräutigam ein netter Mann und wird sie recht glücklich werden?" Jetzt mußte Hanna doch Wohl oder übel antworten. Eine dunkle Röte stieg ihr ins Gesicht. „Gewiß wird sie glücklich werden," stammelte sie, und wieder, wie schon so oft, trat Hoffs Bild vor ihre Seele, wie er an jenem Frühlingsmorgen vor ihr gestanden, verstört, verzweifelt. Und dann, was hatte er doch mit fast verlöschender Stimme zugeflüstert? „Auf Nimmer wiedersehen!" und „Oh, hättest du an mich geglaubt!" An ihn hätte sie glauben fallen, an ihn, den Verlobten Auf der anderen Seite dürfen mm aber auch die Ver braucherkreise nicht darauf rechnen, daß die Dollar senkung sich hemmungslos fortsetzen kann. Auch das muß gerechterweise und zur Verhütung von Mißstimmungen festgestellt werden. Denn es gilt ja eben für die Regierung, dem deutschen Volke die Vorteile der Besserung der Mark zu erhalten und gleichzeitig die drohenden schlim- menFolgenzuverhindern. In der Tat wäre bei einem unverminderten Sturz des Dollars etwa auf 10 000 und darunter alles das unvermeidlich, was die Kritiker des Kabinetts Cuno hinsichtlich von Betriebseinstellungen, Zahlungsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit befürchten. Es bleibt dabei: was wir auf der einen Seite durch Mark- besserung und raschen Preisabbau gewinnen, müßten wir durch Arbeitslosenunterstützungen und Produktionsminde rung wieder dreingeben. Es ginge aus der einen Tasche in die andere, und den Ungeduldigen und Unzufriedenen kann man deshalb nur immer wieder sagen: Der Kreis des Ge schehens schließt sich stets von neuem, und solange die Schlacht an der Ruhr weitergeht, können wir alle nichts anderes Mn, als daß der eine die Sorge des Nächsten er kennt und würdigt und das Seinige dazu Mt, um ange sichts der Not des Vaterlandes nicht noch unnötig die Sorge seines Mitmenschen zu vergrößern. Die franko len greuel in 8uer. Meuternde Soldaten als Mörder. Die Ermordung der beiden französischen Offiziere in Buer, die zu den schändlichen Bluttaten gegen die Be völkerung Anlaß gab, ist, wie sich immer klarer heraus- strllt, von zwei französischen Soldaten ver übt worden. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die beiden Offiziere zwei französische Soldaten, die sie nach dem Zapfenstreich auf der Straße antrafen, zur Rede stellten. Ma» hat aus ganz kurzer Entfernung einen Wort wechsel gehört, dem unmittelbar zweiSchüsse folg ten. Dieser Wortwechsel fand in französischer Svrache statt. Mehrere Zeugen haben zwei Soldaten gesehen, die sich eilig von der Mordftelle entfernten. Dieser Tatbestand ist durch eine ganze Reihe von Zeugen einwandfrei festge- siellt und de» französischen Behörden mitgeteilt worden. Die französische Nache wütet trotzdem gegen die unschuldigen Einwohner der Stadt weiter. Der kommandierende General gab dem Magistrat in Buer bekannt, im Falle, daß in Buer ein Mord an einem Franzosen verübt werden sollte, würde der als Geisel festgehaltene Oberbürgermeister ohne Urteil erschossen werden. Der General übernehme die volle Verantwortung für dieses Urteil. Weiter wurde befohlen, daß der Verkehr der Bevölkerung nur auf der Mitte der Straße er folgen darf. Es ist der Bevölkerung verboten, die Hände in der Tasche zu halten, die Arme müssen vielmehr lo ge tragen werden, daß dasInnere der Hände sicht bar ist. Von abends 7,30 Uhr ab bis früh 6 Uhr ist der Verkehr auf der Straße nur denjenigen Personen gestattet, die mit eineni besonderen Nachtausweis versehen sind. Reichspräsident Ebert an die Stadt Buer. Der Reichspräsident hat an den Magistrat der Stadt Buer folgendes Telegramm gerichtet: In tiefer Empörung über die unerhörten und unmenschlichen Bluttaten des franzö sischen Militärterrors gegenüber friedlichen und schuldlosen Bürgern Ihrer Stadt, bitte ich Sie, den Hinterbliebenen der so grausam Ermordeten meine herzliche Teilnahme zu übermitteln. Es wird alles geschehen, um von den betroffenen Familien materielle Not fernzuhalten. * Die k^oksräuber. Die Abwehr der Arbeiterschaft. Nach einer französischen Meldung aus Düsseldorf sind die Franzosen jetzt zum erstenmal auf einer Grube zur un mittelbaren Beschlagnahme von Koks ge schritten. Ingenieure der Mission Coste hätten sich auf der fiskalischen Grube „Westerholt" eingestellt, gleichzeitig mit ihnen 50 Arbeiter und ein Bataillon Infanterie. Die In genieure hätten sich sofort mit den Vertretern des Betriebs rats in Verbindung gesetzt, und erst am Nachmittag sei die Arbeit eingestellt worden. Die mitgebrachten Arbeiter hätten ohne Schwierigkeiten etwa 350 Tonnen Koks ver laden und am nächsten Tage ohne Schwierigkeiten das Viersache davon. Man gedenke einen Zug von 40 Wag- Sammelmappe —— für bemerkenswerte Tages, und Zeitereignisse. * Die Reichsregierung hat in Paris aus das schärfste gegen die Bluttaten in Buer und gegen die Bedrohung des dortigen Oberbürgermeisters mit Erschießen protestiert. * Auf einer Versammlung der Arbeitgeberverbände in Berlin kam der geschlossene Wille zum Abwehrkampf erneut zum Ausdruck. * Der französische Ingenieur Coste wird seinen Posten als Chef der Jngenieurkommission im Ruhrgebiet verlassen un» durch Berghauptmann Frantzen aus dem Saargebiet ersetz! werden. * Der französische Kriegsminister hat erklärt, daß Frankreich die Besatzungsarmee im Ruhrgebiet durch 15 000 Mann ver stärken werde. * Im englischen Unterhaus? wurde erneut über die Ruhr- frage debattiert. Die Regierung behielt dabei nur eine sehr geringe Mehrheit. gons von diesem Koks nach Frankreich zu expedieren. Die deutschen Arbeiter hätten erklärt, sie würden die Koksöfen erkalten lassen. Die Meldung zeigt, welche ungeheuren Schwierigkeiten die Franzosen und die Belgier zu überwinden haben, um eine lächerlich geringe Menge von Kohlen und Koks zu bekommen. Es geht aus ihr aber auch hervor, daß die Gegner überall, wo sie einzugrcifen versuchen, auf den geschlossenen Abwehr- willen der gesamten Arbeiterschaft stoßen. * ' Oironik äer Gewalttaten. — Die drei in Buer ermordeten Deutschen mußten aus Besehl des französischen Generals am frühen Morgen in aller Stille beerdigt werden, während die beiden ermor deten französischen Offiziere im Rathause prachtvoll auf gebahrt wurden. — Der Güterzug Wanne—Bottrop wurde von den Franzosen beschossen, da er trotz sofortigen Bremsens nicht sogleich zum Halten zu bringen war. Der Lokomotiv heizer wurde schwer verwundet. — In Düsseldorf drangen die Franzosen in das Re gierungsgebäude ein und beschlagnahmten einen größeren Geldbetrag. Der Kassierer der Rcgierungshanpkkasse wurde sestgenommen. — Ans Befehl des Kommandierenden Generals der französischen Rheinarmee müssen alle Familien (Frauen und Kinder) der durch die französischen Behörden ausge wiesenen Schutzpolizeibeamteu die besetzten Gebiete inner halb von acht Tagen verlassen. — Beim Einlaufen eines Arbeiterzuges im Bahnhof Friedrichsfeld in Ludwigshafen verhafteten die Franzosen 30 Arbeiter, die gezwungen wurden, mit dem Gesicht nach der Wand gewendet Aufstellung zu nehmen und in dieser Stellung sechs Stunden lang zu verharren. — Der stellvertretende Landrat des Kreises Dorb- mund-Stadt, Göppert, wurde wegen Verweigerung der Ausführung von Requisitionsbesehlen zu 10 Millionen Geldstrafe verurteilt. Beantragt waren 4 Jahre Gefäng nis und 5 Millionen Geldstrafe. f>anäel unä Verkehr*. Das Reisegepäck am Grenzzollanrt. Bei Reisen tnS Ausland (über die deutsche Zollgrenze) müssen sich die Rei senden auch beim deutschen Grenzzollamt zur zollamtlichen Behandlung ihres Gepäcks einfinden, auch dann, wenn das Gepäck bereits vorabgefertigt ist. Die Bescheinigung des Zollamts über die Vorabsertiguug enthält den Vermerk: „Diese Bescheinigung ist beim Grenzzollamt vorzulegen." Eine Nachprüfung des vorabgefertigten Gepäcks findet nur in Ausnahmefällen statt. Wenn diese Vorschriften nicht be achtet werden, bleibt das Gepäck an deOGrenze zurück, und die Weiterleitung ist mit Umständen verbunden. Ein neuer Zonentarif im Paketverkehr. Die Reichs- Postverwaltung will von einer weiteren Erhöhung der Post- und Telegraphengebühren Abstand nehmen. Da gegen soll zum 1. April eine Neuerung im Paketverkehr eingeführt werden, und zwar eine dritte Zone. Für die ersten beiden Zonen werden die bisherigen Sätze beibe- halten, dagegen wird für die dritte Zone ein höherer-Tarif eingeführt. Dafür soll am 1. April das Paketbestellgeld und das Paketaufgabegeld in Wegfall kommen. Elviras, dessen Liebe zu ihr diese täglich mit solcher über zeugender Beredsamkeit zu schildern wußte? Und doch, sein Benehmen an jenem Morgen! Das konnte keine Maske sein, das war Wahrheit; erschütternd und vernich tend war die Erkenntnis über sie gekommen, und jetzt wußte sie auch, wer allein betrogen und gelogen hatte: Elvira! Elvira hatte sie zu der Verlobung überredet, vielleicht auch den Kommerzienrat selbst, Elvira hatte an ihre Mutter geschrieben, um auch von dieser Seite her auf sie einwirken zu lassen. Was galt Elvira und was galt in dieser materiellen Welt auch eine tiefe, wahre Liebe! Geld, Geld und wieder Geld, heißt allein die Losung, und das Vernichtendste für Hanna war, daß auch Hofs nicht anders von ihr glauben konnte, als daß sie sich von den materiellsten Gesinnungen hatte leiten lassen. „Er wird mich verachten, und Elvira wird triumphieren!" In dieser Erkenntnis gipfelten all ihre traurigen Gedanken. Die Tage gingen dahin, ein wundersamer Frühling von Sonnenglanz und Blütenduft war ins Land gegangen. DerMaiaber brachte graue Regentage, und aneinem solchen trüben, wolkenverhangenen Tage, da stand Hai-.na im schleppenden Weißen Brlaskleide, den bräutlichen Kranz auf den Locken, in der alten, düsteren Kirche ihrer Vater stadt neben dem Kommerzienrat vor dein Mtare. Der Geistliche hielt eine kurze, bündige Rede. Was sollte er diesem ungleichen Paare auch sagen, das doch lediglich eine Verstandsehe schloß, der alternde Mann, um Pslege und Gesellschaft für fein Alter, und die junge schöne Braut um eine gute Versorgung zu haben. Allerdings lag auch etwas von dem Glorienschein der Aufopferung auf dieser schönen, Weißen Stirn, auf welche der Geist liche jetzt segnend die Hände legte. Die ganze Stadt, und auch er wußte es ja, daß durch diese reiche Heirat oas ganze Haus Delio vor dem gänzlichen Ruin gereitet wurde. Was wohl das junge Herz aber bei diesem Opfer gelitten, und wieviel heiße Tränen Hanna die ver gangene Nacht geweint, das ahnte wohl doch niemand von all denen, deren Blicke auf der lieblichen jungen Braut geruht. Das Ehepaar wurde jetzt von den Verwandten und den wenigen Hochzeitsgästcn beglückwünscht. Elvira warf sich stürmisch in die Arme ihres Vaters, gegen Hanna aber benahm sie sich sehr kühl, und ein böser, haßerfüllter Blick War es, niit dem sie dieselbe musterte. „Hans läßt dir durch mich seine Glückwünsche aussprechen," sagte sie. Hanna sah sie mit ernsten Augen durchdringend an und cttl verlegenes Rot stieg in das blasse Antlitz der kleinen Intrigantin. Bei Tafel aber führte sie wieder das große Wort und erzählte, daß ihr Bräutigam einen an deren Wohnsitz gewählt habe, ihr aber fast täglich die zärtlichsten Briefe schreibe. „Davon weiß ich ja noch garnichts!" äußerte der Kommerzienrat verwundert. „O ja, ich habe dir es Wohl gesagt, du hast es nur vergessen in deiner seligen Bräutigamsstimmung," rief Elvira scherzend. „Das ist schon möglich," meinte ihr Vater lächelnd und drückte zärtlich die Hand seiner jungen Gattin, die wie erleichtert aufgeatmet hatte bei diesem Gespräch. So war ihr wenigstens ein Wiedersehen mit Hoff vorläufig erspart und sie konnte mit etwas weniger bedrücktem Herzen die Hochzeitsreise antreten. Eine neue schöne Welt erschloß sich ihren jungen Augen auf dieser Reise. Sie war noch nicht durch vieles Reisen verwöhnt und blasiert und schaute noch mit dem schönen Enthusiasmus der Jugend. Ten Kommerzienrat amüsierte ihre Begeisterung, aber teilen konnte er ste nicht, und wenn er so in ihre strahlenden Augen sah, ihren entzückenden Worten lauschte, dann kam er sich doch bisweilen recht alt und väterlich neben ihr vor. Und Hanna? Ach, wie ost packte sie der sehnende Gedanke, wie schön es sein müsse, mit einein — andern all diese paradiesischen Gegenden zu durchstreifen, in den Kunstgalerien, wo ihr Mann stets nur über Hitze und Ermüdung klagte, Worte der Begeiste rung, des Verständnisses mit ihm, dem andern, auszu tauschen, der jetzt Wohl nur noch im Zorn und Verachtung an sie dachte. (Fortsetzung folgt.)