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Ottendorfer Zeitung : 14.03.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-03-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-192303146
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19230314
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19230314
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-03
- Tag 1923-03-14
-
Monat
1923-03
-
Jahr
1923
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 14.03.1923
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Anäerungen im pottverkedr. Erhöhung von Meli st betrügen. Im Postverkehr treten mit Wirkung vom 1. Mär, folgende Änderungen ein: Der Meistbetrag für Postauf- trägc, Postprotestaufträge, Nachnahmesendungen und Post kreditbriefe wird aus 500 000 Mark, für gewöhnliche Post anweisungen auf 1V0 000 Mark und für telegraphische Post anweisungen aus 200 OVO Mark erhöht. Postausträge, Post- ,protestaufträge, Nachnahmen und Postanweisungen müssen auf volle Markbcträge lauten. Postanweisungen werden nicht mehr durch Marken freigemacht; die Gebühr ist bei der Einlieferung bar zu entrichten. Das Meistgewicht der Briefe ist von 250 Gramm aus 560 Gramm heraufgesetzt. Nachzuerhebcnde Gebührenbeträge werden auf volle Mark aufgcrundet; der bisherige Zuschlag von 30 Pfennig für nicht freigemachte gebührenpflichtige Dienstbriefe usw. fällt weg- Das Paketbestellgeld beträgt ohne Rücksicht auf das Gewicht der Sendungen 100 Mark, die Paketausgabe- gcbühr 30 Mark. Deutscher Keickstag. (Aus der 307. und 308. Sitzung.) Nach Erledigung kleinerer Vorlagen kam man zur Weiter- beratung des Haushalts des R e i ch s w eh r Ministe riums. Abg. Ledebour (U.-Soz.) erklärte, daß. die Reichswehr tat sächlich Verbindung mit den Orge sch-Verbänden und anderen ungesetzlichen Organisationen unterhalte, und daß das Ofstzierkorps der Reichswehr monarchistisch ?ei. Daraus griff er den Reichskanzler und Parteien der Rechten des Hauses sehr scharf an. Abg. Künstler (Soz.) verlangte vom Reichswehrminister eine klare Antwort auf die Ausführungen des Abg. Schöpflin über die Beziehungen der Reichswehr zu den Selbstschutz organisationen. Der Redner beurteilte dann abfällig die in der Reichswehr verbreiteten Soldatenzeitungen, deren Inhalt antirepublikanisch, und monarchistisch sei. Reichswehrminister Dr. Geßler ging aus die Ausführungen der beiden Vorredner des näheren ein. Es ist richtig, bemerkte er, daß alle möglichen Kriegsplänc jetzt von Unverantwortlichen ausgeheßt Wer den. Die Verlesung dieses Unsinns würde sehr zur Erheite rung beitragen. Bedenklicher ist es aber, wenn verantwortliche kommunistische' Arbeiterführer in Betriebsräteversammlungen den Arbeitern Vorreden, die russische Rote Armee werde den deutschen Arbeitern zu Hilfe kommen gegen Frankreich und die deutschen Kapitalisten. Ich halte es für ganz ausge schlossen, daß Sowjetrutzland dem deutschen Proletariat zu Hilse kommt. Ich halte diese Agitation für ebenso bedenklich wie jede andere Agitation, die an mili tärische Aktionen appellier.. Der Minister behandelte dann ver schiedene von den Vorrednern hervorgehobene Einzelheiten, wobei er betonte: Ich halte es für unmöglich, geistigen Be wegungen allein mit dem Polizeistock beizukommen. Machen Sie — zu den Sozialdemokraten gewandt — doch nicht den selben Fehler, den früher die Reaktion machte, die in jedem Sozialdemokraten einen Verbrecher sah. Mir geht es wie dem Manne einer untreuen Frau. Die ganze Stadt spricht davon, nur et weiß nichts davon. Ich kann mit allem Nachdruck fcst- stellen, der Schutz der Grenzen kann von der Reichswehr nur mit den dazu verfassungsmäßig berufenen Behörden durch- gefühit werden. Danach ist ein Zusammenwirken mit ungesetzliche ir Organisationen ausgeschlossen. Der Minister wies ferner auf die Gefährlichkeit der ständigen Drohungen von links mit einer neuen Revolution hin. Zu der Linken SAmndt, erk.aNc er: Sie dürfen doch nicht erwarten, daß das Bürgertum sich widerstandslos abschlachtsn läßt. Mit den Worten: „^ch will dafür sorgen, daß in meiner Verwaltung nichts gegen die Versasfung und gegen die Grund lagen der deutschen Republik geschieht, die Gesundung kann uns aber nicht der Polizeiknüppel bringen, sondern nur die Entwick lungen republikanischer Tugenden," schloß der Mnnsttr unter dem Beifall der bürgerlichen Parteien. Es folgte nunmehr die Beratung des Haushalts der Marine. Mbg. Hünlich (Soz.) erkannte an, daß die dienstliche Aus bildung der Marine gute Fortschritte gemacht habe. Dagegen fehle es in der Marine sehr an der notwendigen staatsbürger lichen Erziehung. Das zeige sich besonders an dem Treiben in der Marineschule Muerwik. Der Redner bemängelte, daß die Marmeangchörigcn nicht im Sinne der Weimarer Verfassung erzogen würden, und führte dafür einzelne Vorgänge an. Rcichswehrminister Dr. Geßler wies in seiner Antwort auf die großen Schwierigkeiten hin, die nach dem Versailler Vertrage der Wiederaufbau der kleinen Re ichs- Marine gemacht bade. Die Hauptschwierigkeitcn seien jetzt überwunden. Man darf die Marine nickst nur als Modell- oder Exerziermarine betrachten. Sie habe sehr ernste und wichtige Aufgaben zu erfüllen. Unsere Schiffe haben dieOstseevon Minen gereinigt und bei gefährlichem Eisgang gefährdete Handelsschiffe flottgemacht. In unserer Marine herrscht ein Geist, der dem deutschen Polke zur Ehre gereicht. Sie ist durch aus befähigt, die Aufgabe des F ische r e i schütz e s zu er füllen. Gegen antirepublikanische Ausschreitungen ist mit Strafen und Entlassungen vorgegangen worden. Wir beab sichtigen, jedem Ausbildungsabschnitt in Muerwik einen länge ren staatsbürgerlichen Kursus folgen zu lassen. In der Einzelheratung erklärte Generaloberarzt Schulz, die Zahl der Geschlechtskranken sei im Heere leider in der Tat er schreckend groß. Neuerdings zeige sich aber eine Besserung. Die Zahl der Selbstmörder im Heere sei viermal so groß wie in der übrigen Bevölkerung. Hierauf wurde der Haushalt bewilligt. Alsdann wurde ohne Aussprache in zweiter Beratung noch der Haushalt des W i e d e r a u f b a u m i n i st e r i u m s angenommen, mir einer Entschließung, die eine Verminderung des Personals bei den Auslandsvertretungen verlangt. politilcbL Aunäsekau. VeutfcklLnci. Die Zeichnung der Goldanleihe. Die Goldanleihe, mit deren Genehmigung im Reichs tag gerechnet wird, soll die Form von Schatzscheinen er halten, die vom 15. April 1S23 bis zum 15. April 1926, also drei Jahre Laufzeit haben. Nachdem 56 der Anleihe summe von 50 Millionen Dollar bei den Mitgliedern der Berliner Devisenvereinigung und Berliner Privatbanlirrs gezeichnet sind, wird die Aufforderung zur Zeichnung des Restes unmittelbar nach der Annahme erfolgen. Merkwürdiges aus der Saarkommission In einem Beleidigungsprozeß des deutschen Mit gliedes Dr. Hector der Saarregierungskommission gegen den Redakteur der Saarbrücker Zeitung stellten sich eigen tümliche Dinge heraus. Der Vorsitzende des Gerichtshofes teilte mit, daß die Durchsuchung der Archive der Stadt Saarlouis einen von Dr. Hector abgeleugneten Brief an Clemenceau zutage gefördert habe. Die Verteidigung beantragte darauf, die sofortige Verhaftung des Ministers wegen Meineids und Fluchtverdachts sowie die Durch suchung und die Beschlagnahme seiner gesamten Privat korrespondenz. Der Antrag wurde abgelehnt, da Hector laut Frieöensvertrag und nach Statut die Immunität der Diplomaten genieße. Auf den Ausgang der An gelegenheit darf man gespannt sein. Keine neue Gütertarifsteigerung. Das Reichskabinett hat sich neuerdings mit der Frage der Tarifpolitik beschäftigt. Wie verlautet, besteht die Ab sicht, außer der bereits am 15. Februar eingetretenen Gütertariferhöhung und außer der Personentarifverdoppe- lung vom 1. Marz zunächst keine weiteren Preissteigerun gen bei der Eisenbahn in Aussicht zu nehmen, um der all gemeinen Aktion zur Senkung der Preise nicht entgegen zuwirken. Entgegen falschen Gerüchten wird amtlich fest- gestellt, daß für Anfang März keine Änderung der Güter tarife eintritt. Erhöhung der Bersicheruugsgrenze für Krankenkassen. Der Neichsrat beschloß, die Grenze der Versicherungs pflicht für die Krankenkassen auf zwei Millionen Mark zu erhöhen und die Möglichkeit einer Zusammenlegung schwacher Kassen und der Erhebung von Sonderbeiträgen von je 2 A des Grundlohnes in Aussicht zu nehmen. Berlin. Gegen den Berliner Journalisten Oehme ist von der Berliner Polizei eine Untersuchung eingeleitet wor den, weil Oehme in dem Verdacht steht, durch Weitergabe gs- beimer oder unrichtiger Meldungen an das Ausland die deut schen Reichsinterefsen geschädigt zu haben. Berlin. Der Neichsrat hat den Gesetzentwurf über die Geldanleihe genehmigt. Beabsichtigt ist, die Anleihe auf drei Jahre laufen zu lassen. Koblenz. Dis Rhcinlandkommission hat dem Führer der russischen Kommunisten, Radek, und seinen Begleitern die Einreise in das besetzte Gebiet verboten. unü Verkehr. Die Nmlaussfrist des Notgeldes. Der Verfalltag für Notgeld war nach wiederholten Verschiebungen auf den 1. März festgesetzt worden. Da die Knappheit an Zah lungsmitteln, besonders in Westdeutschland, aber noch an hält ist der Verfalltag für Rheinland, Westfalen, Hefsen- Rassau, Hessen, Baden und die Pfalz bis auf weiteres, die Umlaufsfrist für das Berliner Notgeld Lis zum 5. April verlängert worden. Anderwärts tritt eine Verlängerung nicht ein. Neues Hartgeld. Der Reichstag hat jetzt die bereit- vom Reichswirtschaftsrat beschlossene Ausprägung von Zweihundertmarkstücken in Aluminium genehmigt. Die Prägung war bereits vorbereitet, die Plättchen, die die Größe des Fünszigpfennigstückes in Aluminium haben, lagen fertig und warteten nur auf die Festlegung des aus zuprägenden Wertes. Nach der jetzt gefallenen Entschei dung wird unverzüglich mit der Prägung begonnen werden. Von rmä fern. Cunos medizinisches Ehrendiplom. Die medizinische Fakultät der Breslauer Universität hat bekanntlich vor kurzem den Reichskanzler Cuno zum Ehrendoktor der Medizin promoviert. Die Auszeichnung erfolgte, wie das Ehrendiplom sagt, weil Cuno in einer Zeit größter seelischer Not des deutschen Volkes durch mannhaftes Ein treten für Recht und Ehre Millionen von dem Druck -er Hoffnungslosigkeit befreite und ihnen den Mut zur Tat wiedergab; damit habe er in Wahrheit wie ein guter Arzt gewirkt. Eine neue Spende des Schwedischen Roten Kreuzes. Vom Schwedischen Roten Kreuz sind Geldmittel, die eine Speisung von je 300 Kindern in vier Städten ermöglichen, zur Verfügung gestellt worden. Es werden diesmal die Städte Berlin, Köln, Nürnberg und Saarbrücken bedacht. Die Einrichtung der Speisung erfolgt durch das Deutsche Rote Kreuz. Einstellung des Paketverkehrs nach Frankreich. Nach dem der Paketverkehr nach und über Belgien bereits vor einiger Zeit wegen der Störungen im Eisenbahnverkehr eingestellt worden ist, hat jetzt auch der Paketverwhr nach und über Frankreich aus dem gleichen Grunde bis auf weiteres eingestellt werden müssen. i Rettung aus Seenot. Der japanische Dampfer „Haks- zaki Maru" rettete am 21. Februar den Kavitän, den lei tenden Ingenieur und 25 Mann der Besatzung des Ham burger Dampfers „Otto Fischer", der bei schwerstem Wet ter in sinkendem Zustand angetroffen worden war. Der norwegische Dampfer „Older" hatte schon vorher 14 Mann von der Mannschaft des deutschen Dampfers gerettet, fo' daß die ganze Besatzung in Sicherheit ist. Der japanische Dampfer hat die Geretteten in Marseille gelandet. Rückgabe des AchMeious an Wilhelm II ? Wie ver lautet, schweben gegenwärtig ziemlich aussichtsreiche Wer-' Handlungen wegen Rückgabe des Schlosses Achilleion auf Korfu an Wilhelm II. Das Schloß ist. bei der Teilung der" Kriegsbeute den Italienern zugefallen. Sollte daS Achilleion zurückgegeben werden, so würde die Gattiw Wilhelms II. mit ihren Kindern im Frühjahr zu längerem Aufenthalt dorthin übersiedeln, wogegen eine Übersiedlung des früheren Kaisers selbst als ausgeschlossen gelten darf, obwohl der Aufenthalt Wilhelms II. in Doorn sich immer' teurer gestaltet und bei den gegenwärtigen finanziellen Verhältnissen des Verbannten kaum noch zu bezahlen ist. Bombenattentat in Kairo. Auf dem Bahnhofsplatz in Kairo wurde gegen fünf englische Soldaten sine Bombe geworfen: zwei wurden schwer, die übrigen leichter ver wundet. Außerdem wurden drei Ägypter verletzt. SericktskaUs. Z Killingers Freisprechung bestätigt. Vor dem 1. Straf senat des Reichsgerichts war noch einmal die Ermordung Erzbergers Gegenstand einer Verhandlung. Wie erinnerlich, wurde dem früheren Kapitänleutnant Manfred v. Killinger aus München der Vorwurf gemacht, die Mörder Erzbergers, Schulz und Tillessen, begünstigt zu haben. Er hatte sich des halb in einer siebentägigen Verhandlung vor den Schwurge richt in Offenburg zu verantworten. Die Geschworenen ver neinten sämtliche Schuldfragsn, und Killinger wurde jreige- sprachen.' Gegen dieses Urteil hatte die Staatsanwaltschaft Offenburg Revision beim Reichsgericht eingelegt. Das Reichs gericht verwarf isdoch die Revision und hielt das freisprechende Urteil des Schwurgerichts aufrecht. Z Voruntersuchung gegen den ftühercn Oberleutnant Roß bach. Das vor dem Reichsgericht schwebende Ermittlungsver fahren gegen dm kürzlich in Hamburg vorübergehend ver bastet gewesenen früheren Oberleutnant Roßbach bat jetzt zur Eröffnung der Voruntersuchung wegen Gehcimbündelei ge führt. Die Voruntersuchung erstreckt sich außerdem auf ver schiedene Vereinigungen, die -sich nach dem Verbot und der Auflösung der Formation Rotzbach gebildet haben: dazu ge hören die Vereine für landwirtfrba.Mche Berufsausbildung in Mecklenburg und in Holstein, der §varverein Pommern und eine Reihe anderer Sparvereinigungen. Ver Tanz der Dämonen. Roman von M. Weber. 14) (Nachdruck verboten.) „Gokt mag wissen, wie es noch enden soll! Die Not reißt immer tiefer bei uns ein. Mama und ich besorgen alles selbst, stopfen und flicken für die Brüder, arbeiten auch noch für ein Geschäft. Aber großer Gott, wie ver mögen schwache Fraucnhäude solcher Not Einhalt zu tun!" Hanna ließ den Brief sinken, und bittere Tränen traten in ihre Augen. Welch ein Kontrast bot ihr Leben gegen dasjenige der Eltern und Geschwister zu Haus! Ach, warum konnte sie nicht mehr tun, die Not dort zu lindern! Hätte der Kommerzienrat sich etwas väterlich zu ihr gestellt, dann hätte sie vielleicht die Bitte um Voraus bezahlung ihres Gehaltes an ihn gerichtet, so aber wagte sie es nicht, dem galanten alten .Herrn mit solcher Bitte gegenüberzutreten. Sollte sie sich an Elvira wenden? Auch dazu fehlte ihr der Mut. Sie gestand es sich Wohl selbst kaum, was ihr denselben benahm; es war etwas Verdammenswertes, und doch leuchtete es über all ihre Sorge mit verklärtem Glanz: Das Schönste, was die Erde vielleicht bietet, was die höchste Seligkeit, aber auch das bitterste Leid in sich schließt. Ihr zwar konnte und würde diese Liebe doch nur Leid bringen; mid doch war es so schön, und doch meinte sie dieses trügerische Glück nicht dahin geben zu können für eine sorgloser gesicherte Lebens stellung, die ihr gestattet hätte, auch sür die Ihren zu Haus zu sorgen. Der Kommerzienrat hatte am vergangenen Abend schüchterne Andeutungen gemacht, welche Wünsche und Hoffnungen er hegte; doch sie hatte dieselben nicht ver stehen wollen und nicht verstehen mögen. Elviras leichte Schritte ließen sich jetzt draußen vor der Tür vernehmen; beladen mit Stoffproben und flim merndem Maskentand trat die junge Dame ins Zimmer. „Unten ist eine Modistin!" rief sie Hanna entgegen, „wir sollen uns Anzüge zum Maskenball auswählen. Ich habe mich schon sür ein spanisches Kostüm entschieden. Eine schwarze Lockenperücke, die Augenbrauen etwas ge färbt, die graziöse spanische Mantilla umgsschlungen, und die holde Donna Elvira ist fertig!" Lachend drehte sie sich bei diesen Worten aus ihren zierlichen Fußspitzen vor Hanna herum. Diese faltete langsam deu Bries ihrer Schwester zu sammen und folgte dann Elvira hinunter nach deren Zimmer, in dem ein buntes Durcheinander herrschte, Spitzen, Stoffe, Gold- und Silberborten, auf Tischen und Stühlen herumlageu. „Nun wähle!" sagte Elvira zu Hanna. „Hier sind die Kostümbilder. Wozu würden Sie meiner Freundin raten, Fräulein Müller?" wandte sie sich an die Modistin, die mit ihren Weißen, spitzen Fingern die spanische Mantilla in zierliche Falten legte. Die kleine korpulente Dame schaute prüfend in Hannas Züge. „Sie haben etwas so Seelenvollcs in Ihren Zügen, ich würde das Kostüm einer Undine vor schlagens" meinte sie. „Eine Undine ist ja aber eine Wassernixe und hat doch gar keine Seele!" rief Elvira lachend. „Durch die Liebe aber bekommt sie eine Seele," er widerte Fräulein Müller mit schwärmerischem Augenauf schlag. „Die Liebe aber bringt der Undine kein Glück," „O Fräulein, jede Liebe ist Glück," hauchte Fräulein Müller, indem sie die spanische Mantille mit geschickter Hand um Elviras schlanke Gestalt ordnete. „Jede Liebe ist Glück," wiederholte sich Hanna leise, unir ließ sich von dem sentimentalen alten Fräulein, durch deren Jugend wohl auch einmal der Traum einer ersten Liebe gelächelt hatte, das Undinenkostüm beschreiben. „Jede Liebs ist Glück," dachte sie auch am nächst folgenden Abend, als sie im meergrünen, mit Korallen garnierten Kleide in einem Kontertanz neben Hoff stand. Die übermütigen Klänge der Carmen-Musik tönten lockend an ihr Ohr und Übermut leuchtete ihr aus Hoffs dunklen Augen entgegen, dem das malerische Kostüm eines Spaniers, das er auf Elviras Wunsch gewählt, aus gezeichnet stand. „Dann und wann gestattet uns das launige Schicksal doch einmal, alle Erdensorgen von uns zu Wersen und nur der frohen Gegenwart uns zu freuen," sagte Hoff mit strahlenden Blicken zu seiner Tänzerin. „Das Leben mit all feinen Sorgen und Kümmernissen Wäre auch vielleicht zu schwer zu tragen, wenn es nicht solche Stunden gäbe," erwiderte Hanna, „es ist wunder bar, wie diese bunten, lebensfrohen Bilder und heitere Musik doch auf uns einwirken." „Sie vergessen noch ein drittes Moment zu nennen, das schwerwiegendste vielleicht," erwiderte Hoff, „ich mein« die Nähe lieber und geliebter Menschen!" Er hatte mit halblauter Stimme gesprochen und schaute nun fast schüchtern und fragend in Hannas er rötendes Gesicht. Diefe erschreckte, und nur mit Mübe ge lang es ihr, unbefangen zu bleiben. „Natürlich, ohne Elvira würde das Vergnügen hier keinen Reiz sür Sie haben," warf sie dann leicht hin. Hoff blickte finster auf. „Sie wollen mich nicht verstehen und es ist auch Wohl so in der Ordnung. Elvira steht ja noch zwischen uns!" Mit sestcm Druck ergriff er die Hand des geliebten Mäd chens, um sich mit ihr der großen Promenade anzu schließen, mit der Ver Kontertanz sein Ende erreicht hatte und damit auch die gehobene Stimmung Hoffs. Derselbe ernüchterte sich Mn vollends in dem Koüllon mit Elvira, die als Spanierin mit ihrer schwarzen Lockenperücke uns den gefärbten Augenbrauen in seinen Augen die denkbar traurigste Figur heute spielte. Ob er es löste, jetzt, das Band, das ihn mit Elvira verknüpfte? So fragte er sich, aber als er in das strahlrnde glückliche Gesicht Elviras blickte, dünkte cs ihn wieder grausam, während die fröhlichen Tanzweisen ertönten, solche inhaltschweren Worte zu sprechen. Es war wohl besser, die Worte der Trennung wurden geschrieben, und so spielte denn Hoff seine Rolle noch weiter, allerdings mit wenig Feuer und mit einer fast beleidigenden Gleich gültigkeit; aber Elvira schien dergleichen nicht bemerken zu wollen, sie blieb die zärtliche Braut und schien auch keine Eiftrsuchtsgedanken mehr zu hegen. (Forts, folgt.)
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