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67) (Nachdruck verboten.) Die Komtesse wich seinem ernsten Blick aus und lehnte sich in ihren Sessel zurück. „Ach — seien Sie nicht so gründlich, Herr von Seliiz. Ich bin zuweilen ein ganz greuliches Geschöpf und schwatze allerlei Unsinn. Unterhalten Sie sich lieber mit Sanna, da haben Sie mehr Vergnügen davon." „Verletzen Sie sich nicht selbst, liebe Lanie," erwiderte Sanna lachend, ahnungslos, wie es in dem Herzen der Komtesse aussah. Oder wollen Sie sich nur über meine ge sellschaftliche Unbeholfenheit lustig machen?" Die Komtesse sah sie eine Weile mit seltsamen Blicken an. Dann atmete sie tief auf, küßte Sanna auf die Wange und sagte leise, mit fast traurigem Ernst: „Ach Sanna, wie viel besser sind Sie als ich, wie ruhig und ausgeglichen. Sie verdienen es, von allen Men schen geliebt zu werden — um Ihrer selbst willen." Rolf von Gerlach sprang auf und strich sich über die Stirn, als sei sie zu heiß. „Ich denke, wir müssen aufbrechen." „Jetzt schon?" fragte Sanna betrübt. Aber auch Lanie war für den Aufbruch, nur Hans von Seltiz zögerte, weil er dem bittenden Blick seiner Mut ter begegnete. „Wenn Sie gestatten, Herrschaften, dann bleibe ich noch ein halbes Stündchen bei meiner Mutter. Ich komme dann nach und bin zum Souper bestimmt in Gerlachsheim." Rolf und Lanie gestatteten das selbstverständlich, aber sie dachten beide: „Er bleibt nur wegen Sanna." Hastig verabschiedeten sie sich und traten allein den Heimweg an, den sie fast schweigend und in Gedanken ver sunken zurücklegten. - Auch die Gräfin fuhr nach Gerlachsheim zurück. Hans von Seltiz plauderte noch ein halbes Stündchen mit seiner Mutter. Sanna zog sich zurück, um ihn nicht zu stören. Frau von Seltiz sah ihrem Sohn prüfend und for schend in die Augen. Darinnen sah sie jetzt zuweilen einen Ausdruck, den sie früher nicht wahrgenommcn hatte. Sie machte sich ihre Gedanken, darüber, aber sie sagte nichts, denn sie wußte, daß er mit seinem Vertrauen zu ihr kom men würde, wenn er das, was in ihm war, in Worte fassen konnte. Zweiundzwanztgstes Kapitel. Wieder war reichlich eine Woche vergangen, ohne daß sich scheinbar etwas verändert hatte im Verkehr der jungen Leute. Sie hatten sich alle gut in der Gewalt. Nur Kom teß Lanie zeigte sich zuweilen etwas gereizt, senkte aber stets schnell wieder ein und scherzte über sich selbst. Rolf von Gerlach glaubte ganz bestimmt, daß Hans von Seltiz Sanna liebte. Zu auffällig suchte er stets ihre Gesellschaft, während er Lanie auszuweichen suchte. Da auch Sanna sehr lieb und freundlich zu Hans von Seliiz war, während sie sich in seiner Gesellschaft sichtlich zurück haltend zeigte, nahm Rolf mit schmerzlichen Gefühlen an, daß auch Sanna ihr Herz dem Freunde zugewandt hatte. Und wenn Rolf sich bisher nicht hatte klar machen wollen, daß er Sanna liebte, jetzt wußte er es, und er sagte sich bekümmert, daß er Sanna nie ruhig an der Seite eines anderen Mannes würde sehen können. Tief in seine Seele hatte sich ihm ihr liebes Bild gegraben, so tief» daß er wußte, daß es ohne sie kein wahres Glück auf Erden für ihn geben würde. Was galt ihm jetzt noch der Makel, der auf ihrem Namen ruhte? Der hätte ihn nicht mehr zurück halten können, ihr seine Hand zu bieten. Sie selbst war ja rein und schuldlos, und was ihre Eltern getan hatten, konnte ihn nicht länger von ihr zurückhalten. Er konnte sich jetzt, besser denn je, in Justus von Glossows Lage ver setzen, als dieser in seiner Eifersucht auf Herrn von Brock hoff geschossen hatte. War ihm doch oft zumute, als müsse er Hans von Seltiz hassen, als müsse er zwischen ihn und Sanna treten mit einer törichten, unerhörten Tat. Und Hans war doch sein liebster, bester Freund, dem er neidlos alles Gute gegönnt hätte — nur Sanna nicht. Denn nach ihrem Besitz verlangte er selbst mit allen Fasern seines Seins. — In all seinem schmerzlichen Empfinden fand er auch Verständnis für Lanies Wesen. Er fühlte, daß auch sie schwere Kämpfe mit sich ausfocht und daß sie deshalb sprunghaft und gereizt war. Wie ein treuer guter Bruder umsorgte er sie mit zarter Aufmerksamkeit und half ihr, wo er konnte. Eines Morgens ritten die beiden Freunde allein auf die Felder hinaus. Die Damen schliefen noch. An näch sten abend sollte ein Ballfest in Gerlachsheim stattfinden, zu dem die Familien in der Nachbarschaft, auch der Land rat mit seiner Gemahlin und einige bekannte Offiziere mit ihren Damen, die sich als Badegäste in Gosserow aufhiel- tcn, geladen waren. Natürlich waren auch Frau von Seltiz und Sanna von Glossow eingeladen. Hauptsächlich um Sanna eine Freude zu machen und um sie in unverfäng licher Weise gewissermaßen in der heimatlichen Gesellschaft cinzuführen, dann aber auch, um Lanie eine Zerstreuung zu bieten, hatte Rolf dieses Fest geplant. Schweigend ritten die Freunde durch den taufrischen Wald. In der Nacht hatte es ein leichtes Gewitter ge geben und Busch und Baum glänzten im frischesten Grün. Endlich sagte Seltiz, ernst in das Gesicht des Freundes blickend: „Lieber Rolf, zwischen uns ist irgend etwas emporge- wachscn, das für mich nicht zu fassen und zu greifen ist und das doch wie eine unsichtbare Mauer zwischen uns sicht. Wir sind so selten allein und ungestört, daß ich das bisher nicht zur Sprache bringen konnte. Aber heute will ich mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen, Klarheit zwischen uns zu schaffen. Sage mir, lieber Freund, was es ist, das unser altes Vertrauen untergräbt und uns nicht mehr mit der alten Ehrlichkeit und Selbstverständlichkeit darüber sprechen läßt, wenn wir etwas gegen einander haben." Rolf schob die Reitmütze aus der Stirn, als sei ihm zu h-iß. „Laß doch, Hans! Bitte achte nicht auf mich, wenn ich dir seltsam scheine." „llnd damit willst du mich abfinden? Sage mir ehr lich, Rolf, habe ich dir etwas zuleide getan?" (Fortsetzung iolgr, Meinungen Wsf j. „sßMW Äs Heute Sonntag KMcöi Mmriy Hierzu ladet freundlichst ein Wilhelm Hanta. Um Wie Mark und dich so billig. Wlaudruck in großer Auswahl Mtr. 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Also ja — du hast mir etwas zuleide getan, aber ganz ohne dein Ver schulden. Du konntest ja nicht wissen, was ich mir selbst nicht einmal eingestand, daß ich Sanna von Glossow liebe. Ehe du hierher kamst, schien sie auch mir geneigt. Aber da mals erwog ich noch kleinlich und bedenklich, ob mich wohl das Schicksal ihrer Eltern hindern würde, meinen Namen mit dem ihren zu verbinden. Ich war mir auch selbst noch nicht ganz klar über meine Gefühle. Das ist erst jetzt ge- konimen, in meiner Angst, sie zu verlieren. Wie kleinlich und töricht erscheinen mir jetzt alle Bedenken. Aber nun ist es zu spät. Das Schicksal hat gegen mich entschieden. Ich weiß, du liebst Sanna von Glossow, habe es geahnt von der Stunde an, da du sie neben dem blühenden Rosen busch zuerst gesehen hast. Und seitdem du hier bist, ist auch sie anders zu mir geworden, während sie dir sehr freund lich begegnet. Ich warte nun jeden Tag mit schmerzlich nervöser Spannung, daß du mir sagen wirst: Ich habe mich mit Sanna von Glossow verlobt, und das macht mich dir gegenüber unfrei. So, mein Hans — nun weißt du, was ohne unser Verschulden zwischen uns steht. Und wenn du mir eine Wohltat erweisen willst — mache es kurz. Ende diese Pein und frage Sanna, ob sie dir ihr Jawort gibt. Denn in allem Schmerz habe ich zuweilen noch ein Hoff nungsfünkchen — nimm mir das nicht übel. Für wen sie sich entscheidet — es soll nichts zwischen uns treten. Nur dieser schrecklichen Ungewißheit mache ein Ende. Die ist unerträglicher als die schlimmste Gewißheit." Ausatmend schwieg Rolf nach diesen Worten. Hans von Seltiz faßte nach dem Zügel von Rolfs Pferd und hielt auch das seine an. In seinem Gesicht zuckte es wunderlich. - „Rolf — mein lieber alter Rolf! Das also war es! Nun, gottlob, das hat das Schicksal nicht gewollt, daß ich dir solchen Schmerz antun muß. Du befindest dich in einein großen Irrtum, ich liebe Sanna von Glossow nicht, und sie hegt ganz bestimmt auch keine wärmeren Gefühle für mich als eine herzliche Freundschaft." Mit einem Ruck richtete sich Rolf im Sattel aufrecht empor und umfaßte mit jähem Druck die Freundeshand. „Ist das Wahrheit, Hans? Oder willst du mir nur großmütig einen Schmerz ersparen?" Hans schüttelte lächelnd den Kopf. „Nein, mein lieber Rolf, wenn ich Sanna von Glossow liebte — soviel Großmut könnte ich kaum ausbringen, so lieb du mir auch bist. Aber, um dich ganz zu beruhigen, und um dein Vertrauen zu vergelten, will ich dir sagen, warum ich Fräulein von Glossows Gesellschaft suchte. Aber erst gib mir dein Ehrenwort, daß kein Wort von dem über deine Lippen kommen wird, was ich dir jetzt sagen werde." Rolf sah ihn mit brennenden Blicken an. Seine Augen bekamen vor Erregung einen feuchten Schein. „Sprich, Hans, du hast mein Ehrenwort." Hans von Seltiz strich sich über die Stirn. Dann sagte er mit vor Erregung heiserer Stimme: „Ich liebe deine Cousine, Komteß Lanie, Rolf. Seit ich sie diesen Winter kennen gelernt habe, hat sich ihr Bild in mein Herz eingegraben. So schnell und gewaltig kam dies Gefühl über mich, daß ich mich nicht wehren konnte. Zu spät hörte ich durch Zufall, daß die Komtesse sehr reich ist und sehr verächtlich über Mitgifijäger denkt. Man sagte mir, sie sähe in jedem Bewerber einen Mitgiftjäger, was mir allerdings bei ihrer so sehr liebenswerten Persönlichkeit unverständlich ist. Ich hörte ja aber auch hier in diesen Tagen oft, wie verächtlich ihr Männer erscheinen, die sich um eine reiche Frau bewerben. Wie sollte ich da den Mut finden, ihr meine Liebe zu zeigen? Was habe ich zu bie ten und in die Wagschale zu werfen? Und wenn sie eine Werbung von mir spöttisch abtun würde — das ertrüge ich nicht. Ich hatte mir vorgenommen, ihr nie wieder zu be- gegnen. Deshalb war ich so erschrocken und niedergedrückt, als ich von dir hörte, daß sie in Gerlachsheim war. Ich sah eine Zeit heimlicher schwerer Kämpfe vor mir. Was kann ich der reichen, verwöhnten Komtesse bieten? Am liebsten wäre ich gleich wieder abgereist. - Der Stolz der Armut ist ein widerborstiger Geselle. Aber ich mußte blei ben, um kein Aufsehen zu erregen und meine Mutter nicht zu beunruhigen. Und so habe ich mich, wo es nur irgend anging, an Fräulein von Glossows Seite gehalten, nicht nur, um meine Ruhe zu bewahren, sondern auch, weil mich Komteß Lanies übermütig spöttische Ausfälle oft bis an die Grenze des Erträglichen reizten. Sie mag den Män nern gegenüber diesen Ton für gut halten, und vielleicht verdienen ihn viele nicht besser, aber wenn man von gan zem Herzen liebt, tut das doppelt weh. Mein einziger Trost ist, daß sie nicht weiß, wie es in mir aussieht. So, mein Rolf, nun ist wenigstens zwischen uns alles klar. Uno das ist die Hauptsache, ich möchte nicht auch noch dich ver lieren." Rolf von Gerlach atmete tief auf, nnd auf seinem Ge sicht lag ein frohes Lächeln. „Lieber Hans — wir können uns ausstellen und für Geld sehen lassen — alle beide, als die größten Toren der Welt. Jawohl — du auch, du brauchst nicht zu wider sprechen. Weiter kann ich dir jetzt leider nichts sagen, weil mir durch mein Ehrenwort die Zunge gebunden ist. Aber ich werde dir in Bälde den Beweis liefern, daß du sehr töricht bist. Jetzt komm aber heim, mein alter lieber Hans. Wenn du wüßtest, wie leicht mir ums Herz ist." In alter Eintracht ritten sie weiter. Rolf hätte dem Freunde gar zu gern gesagt, was er vor seiner Ankunft mit Lanie gesprochen hatte... Aber das durste er nicht, weil er Lanie versprochen hatte, zu schweigen. Aber er wollte sich sein Wort zurückgeben lassen, entweder von Hans oder von Lanie, und ihnen dann helfen, sich zu finden. (Fortsetzung folgt.) mit u. ohne Firmendruck