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Mas rMe ick R.eicksnotopfer. Die Steuersätze- DaS nunmehr verabschiedete Gesetz über das Reichs- notovfer umfaßt die Vermögen aller natürlichen Personen, soweit diese Vermögen über 6000 Mar! hinausgehen. Der Betrag von 6000 Mark darf bei jedem Vermögen in Abnig gebracht werden. Bei Ehegatten, deren Ver mögen ßür die Veranlagung zusammengerechnet wird, werden als nichlabgabevflichtig 10000 Mar? in Abzug gebracht. Der Steuertarif beginnt mit 10 N (für alle abgabepflichtigen Vermögensbeträge bis zu 60000 Mark) und endet mit 65 °/° (bei den großen Vermögen). Die Sätze sind gestaffelt; sie betragen für die ersten 60 000 Mark 10 °/o, für die nächsten (angsfangenen oder vollen) 60 000 Mark 12 °/o. Von sn em Vermögen von 100 000 Mark sind (bei Ehegatten) abgabepflichtig 90 000 Mark; daher zu zahlen 10 N von 60 000 Mark gleich 5000 Mark plus 12°/° von 40 000 Mark gleich 4800 Mark, insgesamt 9800 Mark. Die Abgabe kann in einem Betrage im voraus entrichtet werden. Dem Abgabe pflichtigen werden in diesem Falle vergütet für Bar zahlungen bis 30. Juni 1920 8°/°; für Barzahlungen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 1920 4 °/°. Die Abgabe kann auch auf eine Reihe von Jahren verteilt werden. In diesem Falle ist die Abgabe mit 5 °/° zu ver- ' zinsen und einschließlich dieser 5 °/° eine jährliche Tilgungs- rente in Höhe von 6^ °/° der Abgabe zu zahlen. Im ersten Jahre werden demgemäß nur 1^ °/° der Abgabe- jchuld getilgt. Die völlige Tilgung würde etwa 28 Jahre erfordern. Für den Teil der Abgabe, der auf den Grund besitz entfällt, kann auf Antrag eine jährliche Tilgungs- rents in Höhe von 6V- °/° als öffentliche Last in das Grundbuch eingetragen werden. Die Sätze für Unverheiratete Steuerpflichtige stellen sich wie folgt nach Aermögenssnmme und Abgabe betrag zusammen: Vermögen Steuer beirag Vermögen Steuer betrug tn Mark in Mark in Mark in Mark 6 000 100 soo ooo 200 280 7600 200 1 ooo OOO 244 8007 800 2 OVO OOO 608780 9 Oi 0 400 3 OOO OOO 1181 SOO 10 00!' 600 4 OOO OOO 1718280 M 006 1 soo 5 OOO OOO 2 268 280 80 0! 0 2 500 6 OOO OOO 2 838 OOO 40 000 3 800 7 000 000 3 406 OOO so ooo 4 800 8 OOO OOO 4117 750 60 000 6600 9 000 000 4 767 760 70 000 6 800 10 060 000 6 417 780 80 000 8 000 20 OOO 000 11 919 760 so 000 9 200 30 000 OVO 18 417 760 100 000 10400 40 000 000 24 017 750 200 000 25 ?50 SO ooo ooo 31417 760 300 000 48 000 60 000 000 37 917750 400 000 68 000 70 000 OOO 44 417 789 600 000 89 750 80 000 OOO SO 917 760 600 000 114 750 90 000 000 59 417 780 700 000 144 506 100 ooo ooo 63 917 760 800000 174600 Ermäßigungen für Kinder treten ein, wenn zwei oder mehr Kinder vorhanden sind. In diesem Falle find außer den 10 000 Mk. für die Eltern für das zweite und jedes weitere Kind je 6000 Mk. vom Vermögen in Abzug zu bringen. Ferner wird Lie Abgabe von dem der Zahl der Kinder entsprechenden Vielfachen von 50 000 Mk. des abgabepflichtigen Vermögens nur zum Satze von 10 °/° erhoben. Für Ehegatten mit zwe Kindern bei einem Vermögen von 109000 Mk. beträgt das Reichsnotopfer z. B. nur 8500 Mk., da in Abzug zu bringen sind 15 MO Mk. (10000 Mk. plus 5000 Mk.) und der Steuersatz auch für die über die ersten 60000 Mk. hinansgehenden restlichen 35 000 Mt. nur 10 °/o (5000 Mk. Plus 8600 Mk.) beträgt. Zinslose Stundung der Abgabe mutz gewährt werden, und zwar ganz oder teilweise, wenn ein Abgabepflichtiger es beantragt, dessen steuerbares Vermögen nicht über 100 000 Mk. und Lessen Jahreseinkommen nicht über 5000 Mk. beträgt. Lorisles keben. Warum Deutschland ausgetauft wird! Aus Kopen hagen wird berichtet, daß zahlreiche dänische Handels- Lmter riesige Friedensgewinne auf folgende Weise ein- streichen: Gleich nach Abschluß des Waffenstillstandes kauften sie in Amerika massenhaft Ware ein, um diese nach Deutschland und den baltischen Provinzen weiter zu ver kaufen. Da aber diese Länder ihre Kaufkraft verloren haben, der Wert der lagernden Waren inzwischen aber um das Fünffache gestiegen ist, so verlausen die Dänen diese jetzt an Amerika zurück. Es scheint, daß man mit den gegenwärtigen Ausverkäufen in Deutschland die gleichen Plane verfolgt. Die Deutschen sollen später ihre eigenen Waren um teures Geld zurückkaufen müssen. Höchstgrenze von Mietssteigernugen. Der preußische Minister für Volkswirtschaft veröffentlicht jetzt die Aus- sührungsbestimmungen des Gesetzes über die Einführung einer Höchstgrenze für Mietzinssteigerungen durch die Gemeinden. Danach haben die Gemeindevorstände ge meinsam mit dem Vorsitzenden der Mietseinigungsämter und nach Anhörung eines Sachverständigen-Ausschuffes überall eine den örtlichen Verhältnissen angemessene Höchst grenze für Mietssteigerungsn festzusetzen, die aber 20 °/° der Friedensmiete vom 1. Juli 1914 nicht übersteigen darf. Von Mb Lmä „Gehorsamst" «nd »,ehrerbietigst" abgeschafft. Die Vereinfachung des Schriftverkehrs zwischen den Behörden ist vom preußischen Justizministsr schon im Jahre 1897 angeordnet worden. Zwischen Behörden und Beamten sollen überflüssige Kurialien vermieden und Höflichkeits- Wendungen in engen Grenzen gehalten, im Verkehr mit gleichstehenden oder Nachgeordneten Behörden aber ganz weggeiaffen werden. Auch gegenüber übergeordneten oder sonst höherstehenden Justizbehörden und Justizbeamten sollen Ausdrucke wie „gehorsamst", „ehrerbietigst" und der gleichen weggelassen werden. Sturm in der Nordsee. In der Elbemündung bei Cuxhaven wie in der Nordsee herrschte schweres Sturm wetter. Verschiedene Schiffe strandeten. An der hollän dischen Küste wurden Schiffsunsälle und Hochflut verur sacht. Vor Umuiden ging ein .SeeMepper „Herkules" mit der ganzen Besatzung unter, und vor Scheveningen scheiterte das frühere deutsche Kriegsschiff „Hildebrand", 4100 Tons, 1892 gebaut, Las unter holländischer Flagge nach Holland geführt war, um abgebrochen zu werden. Die holländische Käseansfuhr stockt vollkommen, da Deutschland und Österreich, die bitteren Mangel cm diesem Nahrungsmittel leiden, durch die Valutaverhält nisse zu äußerster Zurückhaltung gezwungen find. Belgien und Frankreich bekommen aus Kanada billigeren Käss, so baß Holland im Kmeüberfluß erstickt. — Also, was ist seitens der Holländer zu tun? Billiger werden! Besser rin Spatz im Topf als gar nichts. Der Gemeinderat in Flörsheim a. M. beschloß, für jeden ab gelieferten Spatz eins Prämie von zehn Pfennig zu bezahlen. Um der Reischnot zu begegnen, erhalten die Ablieferer den Vogel, abzüglich der beiden Beine, die der Gemeinderat surückbehält. Jedenfalls ist also die Syatzen- welt vor dem Zuzug nach Flörsheim zu warnen, ihre Angehörigen werden dort rücksichtslos zur Abstellung der Flsischnot verwandt. Britischer Dampfer mit 60V Menschen unterge- gangen. Nach London wird aus Saigon gemeldet, daß der britische Dampfer „Lienshing" aus der Hohe von Barcels mit Manu und Maus untergegangen ist. Der Dampier hatte außer der Besatzung 530 Passagiere an Bord; nur 37 Eingeborene konnten sich retten. Nichts vom Frirsensvertrag beim Golfspiell Der Golfklub der, Senatoren in Washington hat einen Beschluß gefaßt, laut welchem kein Senator während de? Spieles vom Friedensvertrag oder vom Völkerbund reden darf, unter Strafandrohung von 1 Dollar beim ersten, 2 Dollar beim zweiten und Ausschluß vom Golf platz beim dritten Verstoß. Man hielt die Maßregel für nötig, um lange Debatten und „triftige" Beweisführungen für und gegen den Vertrag zu verhüten. Das größte Bankhaus der Wett. Die Federal Reserve Bank in Newyork hat ein Grundstück zum Bau des größten Bankhauses der Welt im Finanzviertel dec Newyorker City erstanden. Der Bau kostet fast 5 Millionen Dollar, das Bankhaus selbst soll 10 Millionen Dollar kosten. Es wird einen ganzen Häuserblock einnehmen, fünfzehn Stockwerke hoch sein und zwei Jahre Bauzeit erfordern. Über Lem 12. Stock ist die Anlage von Restau rants, Promenaden, eines Spitals, eines Turnplatzes und anderer Erholungseinrichtungen für die 2800 Angestellten vorgesehen. Um rin Grke. Novelle von Karl Meisner. Lj (Nachdruck verboten.) Binchen atmete erleichtert auf. Die Ruhe de§ Sprechers und der sympathische Klang seiner Stimme übten aus sie eins beruhigende Wirkung aus. „Ich weiß, es war albern von mir, mich vor einem Nichts Men. Aber den wiederholten furchtbaren Schrei, von Loni ick nickt N?E, woher es stammt, den ich auch sonst noch n-° in meinem "e ähnlich gehört habe, ist kein Nichts, das A wü-MÄ Laben Sie es nicht gehört?" .Gewiß hörte ich -Z- höre es jede Nacht Ich konnte es mir auch sofort dc.^Mdaßd^dw Urmche war. Sw brauchen davor aLxr lewe Angst zu haben. Die ° für d°s Ohr dessen, der sie zum Ersten Male hprt, schauerlichen Tone stammen von einem groß Vogel, einer Eulenart. .^ch will versuchen, das Tier walde, nwärtv zu treiben. Ö nein! Lassen Sie, tÄtte, das Tier in Ruhe. Ich weiß ja nun, was es ist, und deiMalb hat meine Furcht davor auf- das ist sehr vern ünftig gedacht, Fräulein. Aber ich merke da eben, daß die LarApe Ihnen ausgegangen ist. Man kann es riechen, daß sie geschwehlt hat. Verzeihen Sie, bitte, meine Unachtsamkeit. Ich hübe vorhin in der ersten Elle ver gessen, sie neu mit Ol zu füllen. Gestatten Sw mir, das Ver säumte sofort nachzuholen, de nn im erleuchteten Raum sind die Schreckbilder des Unbekanntes »nd Ungewohnten minder furcht erregend. Wollen Sie bitte nieder eintreten, ich folge Ihnen nach." Etwas zaghaft ging Binnen wieder in das Zimmer. Ww, wenn der Irre dies nur al^ Vorwand benutzte, um der chr einzudringen? Sofort aber verwarf sie diesen Gedanken wieder. Als sie zum Tisch tapMe, um ein Feucrhölzchsn zu ent- zünden, ging der Unbekannte sicheren Schritts in den Neben- raum um neue« Vorrat zur Beleuchtung zu holen. Bald brannte die Lampe wieder hell und freundlich. Nun sah Binchen sich den Fremden genauer an. Wohl umrahmte ein verwildert ansschender, schwarzer Bart das Gesicht, aber es war edel und fein geschnitten. Die hohe Stirn zeugte von vielem Wissen, und in den klaren Augen leuchtete ein feuchter Schein von tiefer Schwermut. Auch nicht die geringste Spur von Irrsinn war zu bemerken. Die Hände waren zierlich und weiß, wie sie nur ein Mann haben kann, der nicht auf ihre Arbeit, sondern auf die des Kopses angewiesen ist. Auch der Unbekannte warf einen forschenden Blick auf Binchen. Hatte sich ihr auch unverkennbar die Spur der aus gestandenen Angst aufgedrückt, so leuchtete doch aus ihren Zügen so viel Herzensreinheit und ungekünstelte Unschuld, daß es dem Beschauer seltsam zumute ward. Wenigstens verriet dies der wohlwollende Ausdruck seiner Augen. Binchen begann, perwirrt durch den stillen, ruhigen Blick dessen, den man ihr als geistesgestört geschildert hatte, schüchtern die Unterhaltung. .Ich habe es gestern Abend schon sehr bedauert. Sie aus Ihrer Wohnung verdrängt und in Ihrer Nachtruhe gestört zu haben. Jetzt ist dies mir doppelt peinlich, da ich sehe, daß Sir nicht einmal in der Schutzhütte ein Unterkommen fanden. Es regnete gewiß zu stark und deshalb zogen Sie es vor, in dem alten Torweg draußen ein kaltes Nachtquartier zu suchen." .Nein, das war es nicht, Fräulein. Mich quälte der Gedanke, eine junge Dame womöglich Gefahren, scheinbaren wenigstens, die sich nicht vvraussehen ließen, oder Beängstigun gen in dieser fremden, ungewohnten Umgebung ausgesetzt zu wissen. Haben mir selbst doch sogar schon einmal Wilddiebe, oder was es sonst für ein Gesindel war, nächtlicherweile einen Besuch abgestattet, den ich allerdings etwas unsanft verkürzte. Ich hielt es daher für eine selbstverständliche weitere Pflicht als Hausherr," fügte er lächelnd hinzu .meinen Gast auch zu bewachen und ihn vor etwaigen unholden Störungen der Ruhe zu bewahren. Ich tat dies um so lieber, als ich sonst leider nicht in der Lage war, ihm irgendeine Annehmlichkeit biete»' Berlin. Von einem Räuber wurde Sie 54 Jahrs alte Geflügelhändlerin Schirmer überfallen und ihr 100 OVO Mark geraubt. Diifftrdsrf. Dis britische Behörde kündigt die Ver hängung des Belagerungszustandes über den Solinger Be zirk an, falls die streikenden Straßenbahner, mit Leuen fick die ganze Arbeiterschaft solidarisch erklärte, binnen 24 Stunden die Arbeit nicht wieder auftenommen Haden. BK««»eft. Infolge Ler durch dir Feiertags bedingten Verminderung der Ksblenproduktton stellt Lie Eiaatsbahn für dir Zeit vsm 24. Dezember b»s elnjMeMch 1. Jaguar den gesamten Pcr'onenvex'ebr ein. VermisrDtes. Gins Zeppelin-Erjmurrim«. Der eheumlige Breffe- referent der Marine-Sektion, Oberstleutnant Geliser, erzählt in einem demnächst erscheinenden Buch: „VStzrndsrff, der Retter Berlins, und andere Enthüüuns«", Graf Zeppelin habe im Herbst de» JahreS 181S durch einen Mrffrn- an.grisf sämtlicher Zeppelin-Luftschiffe auf London Eng land zum Frieden zwingen wollen. Zeppelin habe in einer Audienz beim Kaiser Wilhelm ihm feinen Wem ent wickelt, mit sämtlichen Zepyrlin-GeMwe^ern den Angriff auf London so oft zu wiederholen, dir England um Frieden bitten müsse. Da damals dis ALwehrtechnik noch nicht so weit fortgeschritten war. wäre Lieser Man nach Ansicht beS Grasen Zeppelin unbedingt gelungen. Dec Kail er. erzählt Seliger «eiter, der d« Vrase« i* seinen Ausführungen mehrmals unterbrach, faste WReßlich wört lich: „Graf Zeppelin, Sie werden die AerfldrungSangriffe auf London nicht durchführen. ES ist hinreichend, wenn, wie bisher, die militärischen Objekte der Stadt brworftn werden. Ich bin doch recht vrrstcmdrn wordM?" Der Kaiser hat jeder seiner Warte scharf d«t»n4> er reichte dem Grafen die Hand und nickte mehrmals mit dem Kopfe. Als später der Fliegerorfizier Rittmeister Graf Holck, der seinerzeit in Montenegro abgestürzt, g^angel!- genommen und erst durch die Aktion der Követz-Armee befreit worden war, Lem Grafen Zeppelin begegnete, hatte Lieser Tränen im Auge. Gras Holck hat dem Autor deS Buches di« Szene, wie sie hier Wiedergegeben wurde, geschildert. Tie Waffenftillstaudsvikla. Der französische Haupt mann Taboureau schildert in einem dieser Tage erschienenen Büchlein die Ereignisse. Lie sich vor 13 Monaten in dem kleinen französischen Dorfe La Capelle-Homdliöres ab- spielten. Hier wurde nämlich der Waffenstillstand zwischen dem im Weltkriege unterlegenen Deutschland und der Entente abgeschlossen. Die deutschen Parlamentäre wurden von einem französischen Offizier uamrnS de Rourbon- Bouffet empfangen. General Winterfeld und der jetzige Reichsfinanzminister Erzberger, Lie Führer der deutschen Delegation, nahmen Platz in einem Zimmer, in dem ein Bild Napoleons I. hing. Unter diesem Bild unterschrieben sie, ehs sie zum Marschall Foch gingen, Protokolle, in Lenen sie die Tatsache der deutschon Niederlage anerkanntem In La Capelle-HombttireS werben den Fremden jetzt zwei „Villen der Parlamentäre" gezeigt, und an Leiden will man Erinnerungstafeln anbringen. ES ist nicht mehr möglich, festzustellen, wo die Deutschen, die in Automobilen gekommen waren, das Dorf betraten. Mehrere Häuser beanspruchen, als historisch angesehen zu werden. Die Soldaten bezeichnen als „einzige Villa des Waffen stillstandes" ein einstöckiges Häuschen im Stile aller Billen im Osten. Einige Stufen führen in die Vorhalle; links und rechts von der Eingangspforte grünende Sträucher in Körben. Am ersten Stock ein Balkon, auf dem Dache mehrere Mansardenzimmer. Jetzt sind die Vorhänge herabgelassen. Im ganzen Hause wohnt nur ein Diener, der den Besucher herumsührt. Die Möbel stehen so wie vor einem Jahre. Das Bild Napoleons aber ist gestohlen worden. Vor einem Jahrs war La Capelle beflaggt. Die Fähnchen hängen zum Teil jetzt noch, verwaschen und zerknüllt, an den Fenstern. Die Deutschen hatten im Pfarrhofe des Nachbardorfes HomblisreS übernachtet. Der Pfarrer ist ein „pollu" (Soldat), der bereits demobilisiert wurde. Gericktsdalle. Mönchen. Die Führer der bayerischen Beamtengewerk- schäft während der Münchener Räterepublik, Intendant urrat Schmidt und Vostsekrstär Wolff, sind nach Mehrtägiger Ver handlung vom diesigen Volksgericht einstimmig wegen Beihilfe zum Hochverrat zu je 1'/- Jahren Festung mit vier jähriger Bewährungsfrist nach fünf Monaten verurteilt zu können. Daß nun daS Eulengeschrei Eie dennoch im Schlafe störte, bedaure ich lebhaft." Binchen war gerührt von dieser zarten Aufmerksamkeit des „tollen Einsiedlers." Dieses häßliche Wort siel ihr ein und brannte wie Feuer auf ihrer Seele, als ob sic es selbst erfunden hätte. Sie schämte sich, schämte sich ihrer Mitmenschen, die so oberflächlich, so herzlos urteilten. Sie wollte sprechen, aber es schnürte ihr etwas die Kehle zu. Da reichte sie ihm wortlos, mit schüchternem Aufblick der Augen, die kleine Hand. Er faßte sie mit leifem Druck, ließ sie aber sofort wieder los. .Überlasten Sie sich jetzt, soweit dies möglich ist, unbesorgt der Ruhe. Die Erste hat ausgehört zu schreien, andere Tiere stören hier nicht, soviel ich weiß, den nächtlichen Waldfrieden. Und alle übrigen Geräusche, die Eie etwa vernehmen werben, können Sie sich bei ruhiger Überlegung natürlich erklären, sodaß sie für Sie nichts Schreckenerregendes mehr haben. DaS Natür lichen eines Waldgebirges oder GebirgswalbeZ bringt selbst verständlich allerlei Ungewöhnliches für den mit, der somit nicht vertraut ist. Wer Sie dürfen sich darauf vnlassen, Fräulein, die allgütige Natur —soweit nicht entfesselte Elemente in Betracht kommen — scheint wohl zu drehe», »Brr sie bringt keine Gefahr; sie hat nur für den im Aberglauben verstrickten oder den Schuldbeladenen Schrecknisse, aber sie ist gegen den Menscher: liebevoll und dient ihm, wo sie kann, und tut ihm Gutes. Anders hingegen sind die Menschen! Sie drohen nicht, aber sie bringen Gefahr, sie schrecken nicht ihresgleichen, aber sie vernichten, sie sind am furchtbarsten, wenn sie unter der Maske der heuchlerischen Freundschaft ihr »erderbliches Werk ungeahnt «su de«! Betroffenen beginne» und «»Lenden." Finster lohte es bei diese» letzten Werten in seinen Augen auf. Tas unheimliche Feuer, das darin brannte, ließ Binchen erschaudern. Wieder fiel ihr der Löse Ausdruck .der tolle Ein siedler" ein. Dieser schien die unbeabsichtigte Wirkung seiner Worte zu bemerken. Er lächelte wehmütig, trübe. Dortsetzung folgt)