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weisen wir uns felbfl! Von unserem politischen O-Mitarbeiter wird uns gesch-iAcn: über alles Lob erhaben ist die Haltung der Bevölke rung des Ruhrgcbietes in allen ihren Schichten. Sie wird allen übrigen Deutschen zum leuchtenden Vorbild. Als Nufer im Streit steht z. D. soeben der Neichsverband der Bergangestellten auf und erklärt sich bereit, erstens einen Teil der Löhne für die Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen, und weiter, überschichten zu verfahren, wenn die Kohlennot groß wird. Auch die Be zahlung dieser überschichten wollen die Bergangestellten abführen, Inzwischen werfen die Franzosen immer neue Achntausende in das ne «besetzte Gebiet, und ihr Plan geht zweifellos dahin, zunächst die einbeit- iichc Front der Arbeiterschaft durch geschickt abgemessene Zugeständnisse zu verwirren und sodann, das „Eroberte" fest in der Hand, „verhandlunaSbereit" der Welt gegen über,zutreten. Wird nun diese Welt wirklich bis zu diesem Augenblick untätig ver harren? Im Vorwärts beschäftigt sich der sozialdemo kratisch: Abgeordnete Bernstein, der lange Jahre in England gelebt hat, mit Frankreichs militärischem Über fall. Er stellt die abwartende Haltung der Regierung Bonar Law? in Gegensatz zu der Mehrheit des englischen Volkes, die aus einer besseren Auffassung von Recht und Gerechtigkeit heraus das französische Vorgehen von Grund a u f m i ß b i l l i g t. Bernstein wendet sich dann direkt an die englischen Arbeiter und ruft ibuen zu: „Euer Land hat im Verein mit Frankreich Deutschland au" erstandgesetzt, Gewalt mit Gewalt zu begegnen. Es HA dies mit dem Versprechen getan, Deutschland dafür „einen festen, gerechten und dauerhaften Frieden" zu sichern. So steht es in der Einleitung des Versailler Ver trages. Nun ist es in der Tat so, daß England geradezu verpflichtet wäre, als einer der Hauptbürgen für die gn echte Durchführung des Versailler Friedensvertrages einzutreten. Es ist ferner klar, daß ein solches Einschreiten in keinem eignen wirtschaftlichen Interesse läge, weil jede weitere Schwächung der Wirtschaftskraft Deusschlands auch den Nrbeit?pro-eß in England schwer in Mitleidenschaft ziehen muß. Den Beweis dafür stellen die wachsenden Millionen englischer Arbeitsloser. Andererseits aber steh! es leider auch ebenso fest, daß dieser Grund zum Einschreiten bereits seit Jahren für England bestanden hat uns sich doch nicht als durchschlagend erwies. Denn stärker als die nur indirekt fühlbaren wirtschaftlichen Schäden haben sich immer die politischen Erwägungen erwiesen, die für England richtunggebend bestimmt werden durch die überragende militärische Kraft Frankreichs. Und A merika ? Wir wollen uns mebr denn je vor der Hoff nung hüten, daß von jenseits des Ozeans schon jetzt etwas geschehen würde. Allerdings steht man, daß die Stim mung sich drüben mehr und mehr gegen Frankreich richtet. Wir können ferner feststellen, daß im Senat und im Ne- präsentawcnbause neuerdings gerade diejenigen Delegier ten. die bisher immer scharf gegen Deutschland auftraten, gegen Frankreich Front machen. Die bevor stehende Debatte im Senat wird dafür neue Beweise er bringen. Um aber einen richtigen überblick über die Ge- samtstimmung in der Welt uns gegenüber zu gewinnen, braucht man nur die Stimmen des neutralen Auslandes genauer anzusehcn. Man wird dann entdecken, daß sich auch jetzt noch, so unglaubhaft es auch klingt, für Frank reich günstige Prcsseüußerungen finden. Und das ist doch immerhin bezeichnend. DeSbalb ist es zwar ganz schön, wenn man vor aller Welt dem Ausland vor Augen führt, daß es schließlich um mehr als bloß um Frankreich und Deutschland geht, sondern daß die Frage zur Er örterung steht, ob nackte brutale Gewalt das von den Alli ierten im Versailler Frieden geschaffene Recht zu Boden schlagen dürfe. Im letzten Grunde jedoch bleibt es trotz dem nach wie vor allein Deutschlands Aufgabe, gegen die französischen Kanonen, englische Ausreden, amerika nische Stimmungen und neutrale Schadenfreude — sie spottet ihrer selbst und weiß nicht Ivie! — aufrecht und Auge in Auge mit der Gefahr, daS Leben und die Existenz der Nation zu verteidigen und zu erhalten. In gewissen französischen Kreisen in Berlin verbreitete man bezeich nenderweise einen „Vermittlungsvorschlag", der deutlicher selbst als der frechste Hohn eines Poincars die geheime Absicht Frankreichs offenbart. Es wird da lächelnd ver sichert, daß man das Ruhrgebiet mit dem Rheinlands zu einem Pufferstaat vereinigen werde, und daß daran MiisrguL Wroynowo. Ostmärkischer Roman von Guido Kreutzer. 43s (Nachdruck verboten.) .Und daS ist immerhin schon viel, Herr von Schilk. Rock und Stock verlieren und den Kopf doch stolz aufrecht tragen dürfen — wohl dem Manne, der das von sich sagen kann! Im übrigen — Sie haben mich auf mein Wort und meine Ehre gefragt und ich hab' Ihnen geantwortet aus der Erkenntnis heraus, die ich heute und zu dieser Stunde über Wroynowo besitze. Aber ich will mich nicht verschwören und stell' keineswegs als Aussichtslosigkeit hin, daß uns der liebe Kott doch noch rechtzeitig einen Rettungsstrick herunter- schmeißt. Ich möcht' wchl sehen — wie wir zwei da mit beiden Händen zupacken!" Er lachte still in sich hinein: es schien, als ginge ihm das alles innerlich nicht nah oder als nähme er es zumindest licht sonderlich ernst. Seltsam, wie der Hansjürgen dies Lächeln dankbar empfand. Er hatte sich von seinem Inspektor ja nur be- Ungen lassen, was er schon längst von selbst wußte: — daß er auf Ler abschüssigen Bahn war! Daß es nach mensch lichem Ermessen trog aller Arbeit und Zähigkeit, trotz allem AöhnezusammenbeißenS und Nackensteifens nur eine Frage von Monaten sei. bis ihm der Boden unter den Füßen ver- sarck. Run besaß er die Bestätigung aus dem Mund eines Mannes, der Wroynowo sozusagen bis in die letzten Falten der Seele hinein kannte. Jählings kam ihn ein Verwundern an. Ein Staunen Iber sich selbst: Fetzt Härte er doch eigentlich kleinmütig verzagen müssen! Hätte vielleicht klug getan, noch rechtzeitig den ganzen Sorgen- kram von sich zu tun und nach Berlin zurüüzukehren. Denn ba winkte ihm ja alles: — Karriere, die Hand Annemarie RstM, deren Vater dank seinem Einfluß ihn schon an eine warme Stelle setzsn würde: gesellschaftliche Zerstreuungen: el« Leben ohne Sorge und ohne Mühsal. Jetzt hätte er sogar vor dem eigenen Gewissen bestehen können, wenn er den aussichtslosen Kampf aufgab. nichts mehr zu ändern sei. Versöhnlich fügt man aber noch hinzu: wenn Deutschland Vernunft zeige, dann werde man in eine Herabsetzung der Reparationen auf 50 bis 60 Milliarden willigen. Die Vernunft könne man in Deutschland aber dadurch weitaus am besten beweisen, in dem man das Kabinett Cuno stürzte und durch ein willi geres ersetze. Das soll ein Winkandie Sozialdemokraten sein, für die der Abg. Bernstein im selben Augenblick und unter Ablehnung jedes Kompromisses seine Mahnung an England richtet. Wir werden sehr bald sehen, daß aus Paris noch deutlichere Lockrufe herüberklingen. Genau wie di» Franzosen schon jetzt im Ruhrgebiet die Betriebs räte dadurch zu kirren suchen, indem sie Wachtposten und Maschinengewehre von den Zechen zurückziehen, wieder aufbauen und erneut zurückziehen. In Deutschland kann und darf sich dadurch-niemand täuschen lassen, und darum stellen wir auch gar nicht erst die Frage nach dem, was das Ausland tun wird. In der Stunde der Gefahr steht der rechte Mann immer allein für sich ein! Das deutsche Volk wird der Welt beweisen, daß es diese alte Erfahrung in die Tat umzusetzen und durch zuhalten gewillt ist. Politische KunLlschZu. Tarifverhanvlimgen ohne Schärfe. Dem Vernehmen nach ist das Reichsarbeitsministe- rium sowohl an die Arbeitgeberverbände wie an die Brbeiinehmerorganisaüonen mit der Anregung herange treten, der durch den feindlichen Einmarsch geschaffenen Lage und dem dadurch notwendig gemachten Zusammen schluß aller Volksschichten bei allen künftigen Tarifverhand lungen Rechnung zu tragen, Lohnerörterungen ihre Schärfe möglichst zu nehmen und eine möglichst automa tische Anpassung der Löhne an die steigenden Preise hsrbei- zuführen. Das Wettstcuergrsetz. Der Reichswirtschaftsrar besaßre sich mit dem geplan ten Wettsreuergesetz unter Zuziehung verschiedener Sachver ständiger. Es wurde ein Vermittlungvorschlag angenom men, der folgendes bestimmt: „Von dem Gesamtstcüeraus- kommen aus der ToLalisatorsieuer (16?ä A des Umsatzes) erhält das Reich 4 5« für Erhebungskosten. Von den ver bleibenden Summen erhalten die Rennvereine als Ersatz für die Unkosten des Totalisatorbetriebes 4 A. Den rest lichen SLeuererlös erhalten die Länder, in denen der To talisatorbetrieb stattfindet. Die Länder müssen für die Zwecke der Landespferdezucht, besonders der Döttblut- und Traberzucht, mindestens zwei Drittel des Nettostener- erlöses verwenden." Es besteht Aussicht, daß dieser Vor schlag auch im Reichstag Annahme findet. Keine Sicdlungsgrundstücke an Ausländer. Eine Heimstätten-Gesellschast hat mehrere Siedlungs- grundstücke an Ausländer verkauft. Das hat das Städte bauamt Berlin (Siedlungsamt) veranlaßt, in dir Beihilfs- bedingungen für Siedlungsbauten ein ausdrückliches Ver bot des Verkaufs oder der Vermietung an Ausländer auf zunehmen und weiter anznordnen, daß im Falle des Zu widerhandelns das Beihilfedarlehen zur sofortigen Rück zahlung fällig ist. Frankreichs große Enttäuschung. In einer großen öffentlichen Versammlung in Stutt gart sprach der volksparteiliche Reichstagsabgeordnete Dr. Stresemann über die politische Lage angesichts des räuberischen Einfalls der Franzosen in das Ruhrgebiet. Die Haltung der deutschen Negierung und der westfälischen Bevölkerung fei die größte Enttäuschung gewesen, die Frankreich seit dem Frieden überhaupt erlebt habe. Wir seien noch nicht am Ende aller Maßnahmen Frankreichs, aber auch noch nicht aller Maßnahmen Deutschlands. Die deutsche Negierung werde nicht nachgeben. Der deutsche Arbeiter müsse zur Mitarbeit am Staate herangezogen werden; denn nur durch die Volksgemeinschaft können wir zur Freiheit kommen. Zurückstellung der hannoverschen Abstimmung. Der Wirtschaftsausschuß Niedersachsens hat an den Wirtschaftsausschuß des besetzten Gebietes ein Telegramm gerichtet, daß seine Verhandlungen mit dem Direktorium der deutschhannoverschen Partei Einmütigkeit ergeben haben, daß angesichts der schweren Bedrückung Westdeutsch- Er aber dachte nicht daran. In ihm lebte eine Spann kraft, die er in solcher Freudigkeit früher nie gekannt; in ihm lebte ein Glaube an sich selbst und an sein Glück — ein Glaube, dessen Quellen irgendwoher aus verborgener Wesen heit kamen und deren Rauschen ihm doch klang wie der frohlockende Siegessang einer heraufdämmernden glücklichen Zukunft. Die nächste Zeit ergab den Beweis, daß Elias Krott mann seinen Worten die Tat folgen zu lassen wußte. Wenn er Hansjürgen davon gesprochen, daß dessen ernste Mitarbeit für das Gedeihen und Bestehen von Wroynowo unerläßlich sei — jetzt verstand er es auch, diese Forderung in Wirklich keit umzusetzen. Wie der erste beste Gutseleve — so war Hansjürgen von Schilk des Morgens um einhalb Vier aus den Federn, machte sich im Abmelkstall zu schaffen, wohnte nachher der Arbeitsverteilung Elias Krottmanns bei, revidierte die Arbeiten auf dem Futterboden, das Mahlen des künstlichen Düngers, das Ausdreschen. Und wenn er daun mittags nach dem Essen eine Stunde geschlafen, dann saß er mit dem Alten in der Gutskanzlei, ließ sich von Inspektor und Sekretär in die Geheimnisse landwirtschaftlicher Buchführung einsühren, verschaffte sich über jeden Brief, den er zu unterschreiben hatte, Klarheit: und brachte so die Stunden bis zum Abend essen in rastloser Tätigkeit hin. Nachher aber folgte erst die eigentliche planmäßig durch geführte theoretisch» Lehrstunde, die keinen Abend ausgelassen wurde. Da wurde Schlipfs Lehrbuch der Landwirtschaft vorgenommen und Kapitel für Kapitel in emsiger Aussprache durchgearbeitet. Und immer wieder staunte Hansjürgen, wir der doch an sich so trockene Lehrstoff unter den Worten des alten Krottmann Glanz und Leben und Farbe bekam. Auch in dem Wroynower Erbherrn hatte noch immer so etwas von dem traditionellen, scheinbar nicht auszurotten den Unfug gesteckt, .daß er angenommen — wenn ein junger Mensch zu faul oder zu beschränkt zu einem Studium wäre und dabei aus anständiger Familie stamme, dann ließe man ihn am besten Offizier oder Landwirt werden. Jetzt schämte er sich fast, daß er, der Sohn eines Großgrundbesitzers, jahre lang gedankenlos solche Torheit nachgebetet. Denn gerade tzsmmelmappe für bemerkenswerte Tages« und Zeitereignisse. * Die Neichsregicrung hat aufZie Eingrisse der Franzosen in die staatlichen Forsten, Zölle, Steuern usw. mit energischen Gegenbefehlen an sie Beamtenschaft geantwortet. * Der Reichskanzler hat an Fritz Thyssen ein Telegramm ge richtet, in welchem er ihm und den anderen Verhafteten für be wiesene Festigkeit und Pflichttreue dankt. * Nach französischen Blättermelduugen beabsichtigt die fran zösische Regierung, unter neuen, ebenfalls gänzlich uncmnebm- barcn Bedingungen einem zweijährigen Moratorium für Deutschland zuznstimmeu. * Die Gesamtstärke des französischen Militärs, welches für die Aktion im Jndustrierevier bestimmt ist, wird in Paris auf 26» MO Mann angegeben. . * In Paris erschoß die Anarchistin Berto« den General- sckretär der Vereinigung der Royalisten Marius Plateau. lands durch einen brutalen Feind der deutschhannoversche Abstimmungsantrag auf Abtretung hannoverschen Ge bietes von Preußen zurückgestellt wird. Polen. Friedfertige Einstellung der polnischen Politik. Das Kabinett Sikorski stellte sich dem Senat vor. Bei Ent wicklung des Regierungsprogramms wies Ministervräsi dent Sikorski darauf hin, daß der Senat eine große Nolle in der Konsolidierung des Staates spiele. Er betonte, bei aller Anerkennung der Bedeutung der Parteien beider Ge staltung des politischen Lebens müsse er doch vor allzn großen Zersplitterungen warnen. Sikorski betonte be sonders die friedfertige Gesinnung der polnischen Politik gegen Deutschland und Rußland. Mißstimmung bei der Konferenz in Lausanne. Zwischen der französischen und englischen Delegation zeigt sich eine Spannung, die auf die verstärkte Tätigkeit der frauzösis-Hen Delegation zurückzusübreu ist. Während die englische Delegation sich in de« letzten Tagen ziemlich zurückhaltend verhielt und die Einheitsfront der Alliier ten nicht gefährdete, vielmehr keinerlei Widerspruw gegen die englisch-türkischen Abmachungen erhob, zeigte sich seit Ende voriger Woche wieder ein Widerstand der türkischen Delegation, den man Wohl nicht mit Anrecht auf franzö sische Einflüsse zurückführt. Tie Franzosen' unterstützen anch zu mindest insgeheim sie Forderungen Belgiens, Spaniens und der übrigen kleineren Neutralen, die sich bekanntlich au der Unterzeichnung des Friedensvertrages beteiligen wollten. Auch darüber herrscht in englischen Kreisen eine gewisse Erregung. München. Die auf dem Münchener Hauptbalinbos ange« haltencn Italiener, die fick ins Ruhrgebiet begeben woll ten, sind gutwillig wieder in ihre Heimat ahgercistz Koblenz. Die Abfahrt der amerikanischen Rhein- truppen ist verschoben worden. Die Truppen werden erst in einigen Tagen Lingeschifft werden. Mr dem imä morgen. Mahnung zur Vorsicht. Einer der Gewaltakte der Be- satzungsbehördcn im neubesetzten Gebiet besteht darin, daß Postsendungen, wie schon bisher im altbesetzien Gebiet der Postzensur unterworfen werden. So ist z. B. bei dem Postamt in Essen 1 eine Postüberwachungsstelle eingerichtet worden. Ebenso wird der Telegraphen- und Fernsprech verkehr überwacht. Da die Anordnungen über Ort und Zeit dieser Überwachungen ganz von dem jeweiligen Be lieben der Besatzungsbehörde abhängcn, lassen sich nähere Angaben darüber nicht machen. In früheren Fällen hat die Zensur infolge ihres plötzlichen Einsetzens Ergebnisse gezeitigt, die für die davon betroffenen Personen unange nehme Folgen hatten. Da mit der Einrichtung weiterer lrberwachnngsstellen gerechnet Werve« muß, ist cs drin gend geboten, daß Absender von Briesen und Tele grammen nach den besetzten Gebieten große Vorsicht beob achten. Sie müssen sich immer der geschilderten Sachlage bewußt bleiben und in ihren Mitteilungen alles vermeiden, was im Falle einer Durchsicht ihrer Sendungen ihnen selbst und besonders den Empfängern zum Nachteil ge reichen könnte Aus denselben Gründen kann auch bei Be nutzung des Fernsprechers nur äußerste Vorsicht angeraten werden. das Gegenteil erkannte er jetzt: — was steckte schon alles n der einfachen Arbeit, die nur ein Inspektor unter der An . leitung seines Ch»ss tagtäglich zu leisten hatte! Wieviel an Umsicht, wieviel an Energie und unermüd kicher Tatkraft, wieviel an starkem gesunden Idealismus, wie viel aber auch an stets bitter notwendiger Diplomatie, mi all den verschiedenen Leuten, die auf einem Gut arbeite! und Leben, nicht nur auszukommen, sondern all ihre! tausendfach durcheinanderlaufenden kleinen Interessen aucl entgegenzukommen und gerecht zu werden! Um wievie mehr, wenn der Gutsherr selbst den größten Teil diese: Arbeit auf sich nahm! Da half keine Maschine und keim landläufige soziale Einrichtung, die sonst überall im Hande und Gewerbe Schärfen und Kanten abschleifen. Wohl warer sie dienlich und sachlich, wohl konnten sie als stumme Helfei gelten ... — doch nimmermehr gaben sie den Ausschlag In dem Verhältnis zwischen Gutsherrn und Arbeitern, in Verhältnis zwischen all diesen landwirtschaftlich arbeitender Menschen und dem Boden, dem ihre Sorge galt . . . wa: alles, alles nur Persönlichkeit, Liebe, Idealismus und viel- fach selbstlose Hingabe. Diese und noch tausend andere schlichte Wahrheiten er kannte Hansjürgen von Schilk in den Tagen, die strenge: praktischer Tätigkeit gewidmet waren, an den Abenden, dc er mit Elias Krottmann über den landwirtschaftlichen Lehr büchern sag. Und oft insgeheim gelobte er sich: — wenn das Schick- sal ihm Zeit und Gelegenheit dazu ließ — dann würde ei seinen Leuten und seinem Grund und Boden einmal ei» gerechter und fürsorglicher Herr werden! Und dann kam doch wieder mal eine Stunde, die all diese guten und ehrlichen Vorsätze in Scherben zu schlage» drohte: — binnen einer Woche waren ihm die beiden zuir Herbst fälligen Gutshypotheken gekündigt worden: ganz sach lich kühl und formell von einem Berliner BaiLhause, bat die Interessen der beiden Hypothekengläubiger vertrat. Daß war eine Katastrophe; heimlich schon längst gefürchtet und kun mit brutaler Sachlichkeit eingetroffen. (Fortsetzung folgt.)