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Nr. 84. UlKMmöÄMrKMLrewÄUrAMWMu^U Leipzig, Dienstag den 11. April 1916. 83. Jahrgang. Redaktioneller Teil, Verzeichnis der im Monat März 1916 bei der Geschäftsstelle hinterlegten Rundschreiben mit eigenhändiger Unterschrift* *)^ Felix Dietrich in Gautzsch. Frau Margarete Dietrich geb. Mühlner ist Prokura erteilt worden. (6. März 19!6.) Anton Hoffmann Verlag in Stuttgart s. I. F. Steinkopf in Stuttgart. Paul Müller in München. Die Fa. veränderte sich in Müller L Fröhlich Verlagsbuchhandlung und Müller L Fröhlich Kommissionsverlag. Teilhaber dieser Firmen sind Paul Müller und Friedrich Fröhlich, beide sind für sich einzeln zeichnungsberechtigt. (29. Februar 1916.) I. F. Steinkopf in Stuttgart. Herr Otto Weitbrecht ist aus der Firma ausgeschieden und hat die Firma K. Thienemanns Verlag für alleinige Rechnung übernommen. Aus dem Konkurs der Firma Anton Hoffmann Verlag hat Herr Otto Weitbrecht den gesamten Verlag mit allen Vorräten und Verlagsrechten käuflich erworben und ihn mit seiner Firma K. Thienemanns Verlag, von der er vor 5 Jahren abgetrennt wurde, wieder vereinigt. Leipzig, den 8. April 1916. Geschäftsstelle des Börfenvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig. vr. Orth, Syndikus. Da öfters Rundschreiben über Geschäfts-Gründungen oder -Veränderungen mit der nicht zutreffenden Bemerkung versehen sind, daß ein eigenhändig unterzeichnetes Exemplar bei der Geschäftsstelle des Börsenvcrcins hinterlegt sei, hat der Vorstand bestimmt, dah in dem monatlichen Verzeichnis derartiger Rundschreiben nur diejenigen Ausnahme finden, von denen tatsächlich ein eigenhändig unterzeichnetes Exemplar hinterlegt worden ist. Die Geschäftsstelle ist beauslragt, gcgebencnsalls die betreffenden Firme» an die Einsendung zu erinnern. Jugenderinnerungen eines Verlegers Von Eugen Jsolani. In der Bücher-Reihe, die Wilhelm Langewiesche- Bran dt in Ebenhausen bei München als »Bücher der Rose« herausgibt, erscheint soeben der neueste Band, der sich betitelt: »Jugend und Heimat. Erinnerungen eines Fünfzig jährigen«. Ein Autorname fehlt, und das ist Wohl begreiflich. Wenn ein Fünfzigjähriger seine Erinnerungen erzählt, mutz er mancher lei Dinge von Menschen ausplaudern, die sich noch des Sonnen lichtes erfreuen. Nun erzählt freilich der ungenannte Autor nichts Bösartiges, das Büchlein enthält kein Geklatsch und Getratsch, nichts, was der Autor nicht auch vor aller Welt mit seinem Na men decken könnte, aber er berichtet doch humorvoll mancherlei aus seinem Heimat-Kleinstadt-Neste, Torheiten, wie sie Vorkommen in Orten, wo im engeren Kreis der Sinn sich verengerte, die frei lich aber auch nicht ganz fremd sind in Orten größeren Umfanges, und jedenfalls mochte der Autor meinen, daß es gut sei, sich nicht zu nennen und damit auch nicht den Ort, wo dieses idyllische Kleinstadlleben sich abspielt. Dem Wissenden freilich wird es nur zu bald bekannt, daß Wilhelm Langewiesche-Brandt es selbst ist*), der sein *1 Dem aufmerksamen Leser wird die geistige Herkunft des Buches kein Geheimnis bleiben. Gleichwohl dürfen weder aus dem, was Herr Jsolani darüber verrät, noch ans dem hier wiedergegebeneu Bruch stücke falsche Schlüsse gezogen werden, etwa in der Richtung, daß »Jugend und Heimat« eine Art Entwicklungsgeschichte des Verfassers sei oder nähere Mitteilungen über seinen Werdegang enthalte, aus denen der Leser ein Bild der Persönlichkeit und all der äußeren und inneren Erlebnisse des Verfassers gewinnen könne, die ihm zu dem gemacht haben, was er heute ist. Wer mit diesen Erwartungen an das Buch herantritt, wird nicht auf seine Rechnung kommen, es sei denn, daß er zwischen den Zeilen zu lesen verstände und aus der AN, wie Jugendleben berichtet und darüber hinaus mancherlei mitteilt, was über die fünfzig Jahre seines eigenen Daseins hinausgreift, denn er erzählt auch von seinen Vorfahren und deren Verwandten, und gerade diese Geschichten machen sein Werk besonders wertvoll und interessant. Und weil er seinen Großvater erwähnt, der den Dichter Freiligrath dazu veranlaßte, »das malerische und romantische Westfalen« zu schildern, so kommt der kundige Leser leicht auf ein Fünfzigjähriger Welt und Menschen seiner Jugend wieder lebendig werden läßt, seine Schlüsse zöge. Mit einer kühlen, klaren Objektivität geschrieben, die den Verfasser vollständig hinter all die eigenartigen Personen, von deren seltsamen Lebensschicksaleu und Sonderlichkeiten er zu erzählen weiß, zurücktreten läßt, spiegelt das Buch ein Stück Zeit geschichte wider, etwa in der Art Ludwig Richters oder Kügelgens. Nur rauscht hier nicht der starke Strom ureigenen persönlichen Lebens, der von diesen Büchern ausgeht und sie durchdringt: dafür aber liegt über »Jugend und Heimat« eine stille, ruhige Klarheit, wie sie nur starten Naturen eigen ist, die in stillen Kämpfen zu einer harmonischen Lebensanschauung sich dnrchgerungen und lächelnd und verzeihend sich mit den Torheiten dieser Welt abgefunden haben. Diese Kämpfe aber ahnt man nur, denn sie liegen außerhalb dieser Erinnerungen, rich tiger, zwischen dem »ersten« nud dem »zweiten Buche«, von denen jenes die Schulzeit abschließt, während dieses, bedeutend kürzer gefaßt, eine Reihe bunter Bilder aus der Entwicklung der Vaterstadt des Verfassers etwa um die Jahrhundertwende entrollt, um daran an schließend einen flüchtigen Blick auf die Gegenwart zn werfen. Wer also erwartet, in dem Buche etwa die Lebensgeschichte eines Buchhändlers zu finden, dürfte sich täuschen: es enthält nichts Fachliches, nichts, was den Mann vom Bau verrät, wohl aber, eingesponnen in den Zauber einer sonnigen Jugend, so anschauliche, fein abgetönte Bilder aus der Familien- und Zeitgeschichte des bergischen Landes, daß jeder Buchhändler es nicht nur seinen Kunden empfehlen, sondern es vor allem selbst lesen sollte. Dann wird ihm der Name des Verfassers mehr als ein Name sein und diese »Jugend und Heimat« auch für ihn eine schöne Erinnerung bedeuten. Red. 417