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1106 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 21. 26. Januar 1912. dings wurde er wiederum angeklagt und das Landgericht I in Berlin hat am 30 Juni 1911 ihn und einige andere Angeklagte nach § 184, 1 verurteilt. Krüger hatte Anfang 1910 mit dem Angeklagten Bierfreund einen Lieferungsvertrag vereinbart, wonach dieser einen größeren Posten jener Bilderserie auf Abruf übernahm. Bierfreund, sowie die Angeklagten Großmann und Almoneit sind ebenfalls wegen Ver breitung der Bilder verurteilt. Das Urteil legt des näheren dar, weshalb die Bilder als unzüchtig anzusehen sind. Der nackte menschliche Körper an sich sei nicht unzüchtig, aber die hier abgebildeten Personen hätten meist eine derartige Haltung, daß die Brüste und die Scham unverhüllt hervorträten. Von Liebreiz und Anmut könne ebensowenig die Rede sein wie von künstlerischem Werte; die Gesichter trügen den Stempel des Dirnenhaft-Gemeinen. Es handle sich lediglich um sogenannte pikante Bilder, die geeignet seien, geschlechtliche Lüsternheit heroorzurufen und deshalb das Scham- und Sittlichkeitsgefühl des normalen Beschauers in geschlechtlicher Beziehung zu ver- letzen. — Die nur von Krüger eingelegte Revision wurde dieser Tage vom Reichsgerichte als unbegründet verworfen. Betont wurde hierbei, daß die Straftat des Angeklagten nicht verjährt sei. (2 v 931, 11.) I.. Post. — Wie die seitens des Reichs-Postamts bei der fran- zösischen Postverwaltung telegraphisch gehaltene Nachfrage ergeben hat, sind beim Brande eines Postgepäckwagens auf dem Bahn hof in Mesnil-Mauger am 17. Januar wahrscheinlich auch Brief beutel der Bahnpost Straßburg- Avricourt (aus Straßburg am 16 Januar 7 Uhr 26 Min. abends) für New 4)ork ^ber Cher- bourg mit Dampfer der American Line) durch Feuer vernichtet worden. Unter den Brandresten haben sich mehrere aus Deutsch land herrührende Einschreibsendungen vorgefunden, die vermut- lich dieser Briefpost entstammen. Nähere Mitteilungen fehlen noch. Der 41. Kongreß für Chirurgie wird unter dem Vorsitz von Professor Garre vom 10. bis 13. April in Berlin stattfinden. Neue vücher, Kataloge «s». für Buchhändler. Taschenkalender für das Jahr 1912 der Großbuchbinderei und Prägeanstalt Heinr. Koch in Stuttgart. Kl. 8°. 12 S. u. Weißes Papier. 6Lts.Ioxu8 VLU boslikL iv Hoorä - Nodyrlavä versctiSllSv VLU äsi^ 'L-OrLvslldLtzS 1911, Llartinus Nijdokk. Indouck: Vorrecks en Indouck XVIII 8. — I: Inlsickin^, l'ijck vav sie. LiblioxraLs. 76 126 8p. (16 8p. ksrLOvsorsgistsr). — VIII: Xun8t. 158 8p. Christian Gottlob Kayser's vollständiges Bücher-^Lexikon. Ein Verzeichnis der seit dem Jahre 1760 im deutschen Buch handel erschienenen Bücher und Landkarten. Der ganzen Reihe 35. u. 36. Band. 1907—1910. Mit Nachträgen und Berichtigungen zu den früheren Bänden. Lieferung 13 (Universal - Bibliothek Winkler). Lex-8°. S. 1065—1264. Leipzig 1912, Chr. Herm Tauchnitz. Personalnachrichteu. Worsitzeudevwechfel im Deutsche« Buchdrucker-Vereiu. — Der Hauptvorstand des Deutschen Buchdruckervereins gibt unterm 18. Januar 1912 bekannt, daß der bisherige Vorsitzende des Vereins und des Hauplvorstandes, Herr vr. Petersmann, sich infolge geschäftlicher Überlastung und Rücksichtnahme auf seine Gesundheit gezwungen gesehen habe, sein Amt mit dem 1. Januar 1912 niederzulegen. Die Neuwahl des Vereins- Vorsitzenden wird Aufgabe der nächsten, in Breslau abzuhaltenden Hauptversammlung des Vereins sein. Theodor Piderit -f-. — In Detmold ist vor kurzem vr. Theodor Piderit, bekannt durch sein bahnbrechendes Werk »Mimik und Physiognomik«, im hohen Alter von 86 Jahren gestorben. Im Jahre 1858 veröffentlichte er eine Arbeit »Grund züge der Mimik und Physiognomik«, die in 2., bedeutend erweiterter Auflage 1886 unter dem oben genannten Titel erschien und in ihrer grundlegenden Bedeutung auf dem bis dahin wenig geklärten Forschungsgebiet alsbald allseitig aner kannt wurde. 1863 ließ er seinem Erstlingswerke eine Unter suchung über »Gehirn und Geist« folgen. Auch mit verschiedenen novellistischen und dramatischen Dichtungen ist er hervorgetreten. 'h L l , N Buchhandel und Volksbildung. (Bgl. ISll, Nr. 28S u ISI2, Nr. 17 u. IS.> Auch einen Beitrag zu dem Kapitel »Auchbuchhandel und Schundliteratur« gibt ein in Nr. 1 der Wolgastschen Jugend- schriftenwarte enthaltener Artikel über eine in Osnabrück zum letzten Herbstmarkt errichtete »Marktbude«. Es heißt darin u. a.: Der Magistrat erließ das Standgeld und die Königl. Regie rung empfahl im Amtlichen Schulblatt die in der Marktbude vorrätig gehaltenen Jugendschriften. »Die Buchhändler am Orte gaben diesmal 20A, allerdings das äußerste, was sie gewähren konnten. (Nach meiner Ansicht sogar, mehr als sie gewähren durften.') Der Absatz bezifferte sich auf 3860 Bücher im Werte von etwa 715 Trotzdem der Schulausschuß noch ein Defizit von 30 hatte, die durch Garantiefonds gedeckt sind, wird er zuversichtlich auf dem einmal betretenen Wege fortfahren. Die Marktbude muß zu einer ständigen Einrichtung werden, denn sie wirft Massen guter Lektüre ins Volk und führt intensiver als alle Ausstellungen, die immer nur von bestimmten Volks- schichten besucht werden, den Kampf gegen Schmutz und Schund in Wort und Bild. Das nächste Ziel wäre dann vielleicht, eine umfassende Kolportage in Stadt und Land zu organisieren « Glücklicher Sortimentsbuchhandel! Du hast ja keine Bücher vorrätig, die Schmutz und Schund bekämpfen! Du bist ja zu frieden, wenn du deine Steuern bezahlen und dir den Verkauf billiger Literatur durch die Lehrerausschüsse besorgen lassen kannst, die »direkt« nur Schaden bei der Arbeit haben, der sie sich frei willig und unentgeltlich unterziehen. Es sind zwar in der Haupt sache die von Lehrern geschriebenen Bücher, und es ist nicht be kannt, ob sie ihre Manuskripte auch unentgeltlich dem Verleger zur Verfügung stellen, aber es ist bei ihrer Liebe zur Sache doch sicher anzunehmen! Auch der Stand und die amtliche Empfehlung kosten ja nichts. Wenn du früher hier und da einmal ein Buch für 2 bis 3 losgeworden bist, so genügt dem von der Marktbude beglückten Schüler jetzt schon ein Bändchen für 75 H bis 1 Welch ein Gewinn für das Volksvermögen! — Und der Buchhändler braucht nicht einmal mehr so viel teure Lektüre auf Lager zu halten! Er gibt einfach mit 20 Prozent seinen guten Freunden, den Lehrern, in Kommission, die dann alles übrige besorgen. Selbst sein Personal darf er eventuell den Herren noch während der leb haften Geschäftszeit zum Verkaufen der Bücher zur Verfügung stellen. Der Garantiefonds wird aus öffentlichen Mitteln erhalten. (Nur schade, daß der Buchhändler keinen besitzt!) In Hannover war auch eine Weihnachtsbude mit Unter stützung des Buchhandels aufgebaut. Das Geschäft soll ein sehr lebhaftes gewesen sein, natürlich nur in billigen Bändchen, und die veranstaltenden Lehrer sollen sehr befriedigt gewesen sein. Das finanzielle Resultat bestand darin, daß ein ganzer Teil der ausgelegten Bücher verschwunden war und die Buchhändler ein Defizit hatten! Vielleicht trägt die bei dieser Ausstellung geübte Kunst des Eskamotierens seitens der Besucher auch mit zur Ein führung guter Lektüre ins Volk bei! Wieder eine neue Quelle des Absatzes! Buchhandel, gib acht, daß du dir nicht selbst durch Unter stützung solcher Unternehmungen das Grab schaufeln hilfst! vorsas.