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1919. Es ist mehr als erstaunlich, daß es in Deutschland nocd Leute pibt, die den 9. November 1918, den Tag des Ausbruchs der Revolution, als den beginnenden „Völker frühling" preisen. Wir fragen uns, wenn so der „Völker- srühlinq aussieht, was soll uns dann erst der Winter bringen? Jeder vernünftige Mensch sollte daher mitwirken, daß die mehr als chaotischen Zustände beseitigt werden und daß der deutsche Bürger friedlich seinem Beruf nachgehen k"NN nst. takou»^ atu. > 1. Neuestes vom Tage. — Unabhängig von der Ueberreichung der deutschen Antwort, deren Anfang noch am Mittwoch abend übergeben purde, soll auch noch eine Antwortnote auf Clemenceaus Erwiderung über die Kriegsgefangenen übergeben werden Der Wortlaut darf noch nicht mitgeteilt werden, doch kann anwdeutet werden, daß oie deutsche Antwort in einem sehr würdig n und fenen Ton gehalten ist und auf alle von Clemenceau betonten Hauptpunkte eine deutliche Klarstellung gibt. Besonders wird in der Frage der Rücksendung aller Kriegsgefangenen, einschließlich der wegen Vergehen und Verbrechen bestraften, volle Gleichmäßigkeit verlangt und die Behauptung, die Behandlung in den deutschen Gefangenen lagern könne mit der Behandlung in den Ententelaaern gar nicht verglichen werden, energisch zurückgewiesen. Es wird eine genaue Statistik der Verbrechen gegeben, wegen deren die Kriegsgefangenen nur einer feindlichen Nation in Deutschland bestraft werden mußten. Diese Auszählung zeigt, daß Verbrechen schwerster Art zur Aburteilung ge kommen sind, während nach französischen Straflisten die meisten deutschen Gefangenen in Frankreich nur wegen Ge horsamsverweigerung mit unverhältnismäßig hohen Strafen belegt worden sind. Täglich treffen aus verschiedenen Lagern Anzeigen neuer Fälle ein, deren Täter sich nun nach Ausführung der Woffenstillstandsbedingungen bereits wieder in Frankreich befinden. Die Welt, die hoffentlich den vollen Inhalt der deutschen Note erfahren wird, muß auch misten, daß nach einem vom internationalen Komitee des Raten K euzes m Genf eingesandten Schreiben rranzömche Arbeiterfrauen gegen die unwürdige und grausame Behandlung deutscher Kriegsgefangener in einem französischen Lager Protest erhoben haben. Auch die aus dem Haag rm „Berliner Tageblatt" berichtete und von anderer Seite bezweifelte Angabe, es bestehe in Frankreich die Absicht, die Gefangenen auch nach Abschluß des Vorfriedens noch zurück zuhalten und zum Wiederaufbau zu verwenden, ist leider zutreffend. Erkundigungen an neutraler zuverlässiger Stelle aaben ergeben, daß solche Pläne wirklich bestehen. Von Zuständiger Seile wird weiter erklärtt Die feindlichen Re- g, runden haben die Entlastung der gerichtlich verurteilten deutschen Kriegsgefangenen bei Friedensschluß mit dem Hinweis verweigert, daß unter ihnen sich ein Mörder be findet, der eine französische Bauernfrau umqebracht hat. Diese Begründung ist vom Standpunkt der Gegenseitigkeit aus unhaltbar, denn unter den gerichtlich verurteilten feind lichen Kriegsgefangenen, zu Keren Entlastung sich Deutschland im Waffenstillstandsvertrag verpflichtete, befanden sich zabl- eiche Verbrecher. Allein bei den über 4300 gerichtlich be straften Franzosen lagen unter anderem folgende Straftaten vor: 3 Totschläge, 252 gefährliche Körperverletzungen, davon 4 mit tödlichem Ausgange, 278 tätliche Angriffe aus Vor gesetzte, 155 Sittlichkeltsverbiechen, darunter widernatürliche Unzucht und Mißbrauch Minderjähriger, 15 Brandstiftungen, 355 Diebstähle, 69 UnteZchlagunaen, 31 Meineide usw. Oerttiches mrd Sächsisches. Vttendorf-Vkrilla, zp Mai egg — Gemeinderats-Sitzung am 30. Mai. Der Vor- ' tzende, Herr Gemeindcoorstaud Richter eröffnete die Sitzung und teilte mit, daß der Schulvorstand den bisherigen Hilss lehrer Refisch als ständigen Lehrer gewählt habe. Von den Kauf eines Krankenwagens von der Heeresverwaltung wird infolge des hohen Preises Abstand genommen. Ein Bau gesuch des Baumeisters Ehrig an der Radeburgerstrabe wird unter den üblichen Bedingungen, das Baugesuch Thieme nach erfolgten Abänderungen genehmigt Zu der Bausache Krebs, Ausbau des Nebenhausobergeschostes zu Wohnzwecken spricht der Gemeinderat seine Genehmigung aus. In den weiteren Bausachen Schroth am Feldwege und Kurt Malthes an der Dresdnerstraße wird unter den schon früher sestgelegten Bedingungen Genehmigung erteilt. Ueber die Frage der Fürsorge für heiwkehrende Kriegsgefangene teilt der Vorsitzende mir, das 36 Mann infrage kommen, bei der jetzt stattgefundenen Sammlung sind über 600 Mark gesammelt worden, dieser Betrag soll dem Verein Heimat dank übe-wiesen werden mit dem Abkommen, daß dieser die Fürsorge für die hiesigen zurückkehrenden Kriegsgefangenen übernimmt. Der Ausbau des Röderbades ist vollendet und wird beschlossen, für Erwachsene Ausweiskarten zum Preise von 1 Mk. — für Auswärtige zu 1,50 Mk. — aus zustellen, auch sollen die Gemeinden Groß- und Kleinokcilla um Beiträge für das Bad angegangen worden. Ueber die F üge des Flurschutzes entspinnt sich eine längere Aussprache, da dieses Jahr von der Regierung Militär nicht gestellt wird, es wird die Notwendigkeit anerkannt, doch findet der Vorschlag des landwirtschaftlichen Vereins, 8 hiesige Bauern söhne damit zu betrauen und die Kosten von etwa 400 Mk. zum Teil au« der Gemcindekaffe zu bezahlen, sehr wenig Beifall des Gemeinderates, da dies eine einseitige Bevor zugung darstellt und wird ein Gesuch zur Deckung der Kosten an die Amtshauptmannschaft beschlossen. Für die Ansiedelung im Oberdorfe ist die Genehmigung des Land ankaufs eingegangen und bereit« von den Einwohnern Albin Schmidt, Bruno Richter, Max Menzel und Wilhelm Dreßler Gesuche um Baustellen eingereicht worden. Der Verkauf an diese wird zum Preise von 65 Pfg. für den Quadraimeter beschlossen, gleichzeitig wird darauf hingewiesen, daß innerhalb zweier Jahre gebaut werden muß. andernfalls Rückkaufsrecht der Gemeinde eintritt und der Verkauf von mehr als einer Baustelle an eine Person nicht gestattet ist. Zu dem Erlaß des Finanzministeriums über die Freilassung des Einkommens bis 1100 Mark von der Steuer wird in Bezug auf die Gemeindesteuer heschloffen, diese im Falle der tatsächlichen Bedürftigkeit auch eintreten zu lassen. Ueber die Steuernage entspann sich eine längere Debatte. Während von der einen Seite über zu hohe Steuern geklagt wurde, wurde gleichzeitig über zu laue Anwendung der steuerlichen Gesetze Hinweis gemacht und schärfere Heran ziehung verlangt. Auf gestellte Anfrage die C-Kartoffel- karten belr., wird mitgeteilt, daß deren Belieferung jetzt erfolge, in Frage der Eierablieferung spricht sich Herr Birn stengel dahin aus, daß das alte System der Ablieferung nur weiter bestehen möge, da der Wucher darin sonst noch größer werde als wie er schon sei, denn für 50 Pfg. sei sowieso keins zu kriegen. Ueber die Frage der Entlohnung der Arbeiter an der Schüttung der Lomnitzer Straße wird nach längerer Debatte beschlossen, für erwachsene Arbeiter einen Siundenlohn von 1.85 Mk., für jugendliche von 1,65 Mk. festzusetzen. Hierauf geheime Sitzung. Dresden. Vor einigen Tagen mar in Vorstadt Cotta ein 1^ Jahre altes Kind plötzlich verstorben. Es war von der Kindesmutter, der 23 jährigen Fabrikarbeiterin Quietsch, in Pflege gegeben worden. Auf den Verdacht hin, daß es nicht eines natürlichen Todes verstorben sei, wurde der Kindesleichnam gerichtsärztlich geöffnet. Die Sektion bestätigte den Verdacht- Im Magen des unehelich gebotenen Kindes sand man eine ätzende Flüssigkeit vor, die den Tod herbeigeführt hat. Nach Verhör der Pflege mutter und der Kindesmutter gestand letztere ein, daß sie auf Veranlassung ihres Liebhabers, des Schlossers Richter, das Kind durch Einflüßen einer Säure getötet habe. Die Quietsch wurde daraufhin vom Kriminalposten Löbtau ver haftet, während nach dem mitschuldigen Richter noch eifrig gefahndet wird. — In der Nacht zum Donnerstag glückte es einem Gendarmen des 2. Sicheiheitsbezirks auf der König-Johann- Straße Schleichhändler, die ein zwei Zentner schweres Schwein und einen Rehbock auf einem Wagen in Körben vom Hauptbahnhof brachten und in hiesigen Gastwirtschaften absetzen wollten, abzufaffen. Die Polizei nahm die vom Lande eingelieferten Tiere in Verwahrung und lieferte sie an die zuständigen Stellen ab. Der gewerbsmäßige Schleich händler wurde festgenommen. — Die Reichsfteischstelle hat mit Rücksicht auf das Sinken der Valuta sich genötigt gefehen, die Preise für da» amerikanische Pökelschweinefleisch zu erhöhen Das Fleisch wird künftig zu dem Kleinhandelspreis von 6,96 Mark für das Pfund ausgegeben. Vom 1. Juni 1919 werden nach der Bekanntmachung des Ministeriums vom 9. Mai die Verkaufspreise je nach dem Einkommen der Haushaltung«. Vorstände gestaffelt, sodaß die Verbraucher mit den höheren Einkommenllaffen für das Pfund 8 Mark und 9,60 Mark zu bezahlen haben. nmfimg " Amtlicher Teil. Sperrung der Lomnitzer Straße. Die Lomnitzer Straße (Ottendorf-Lomnitzer Kommuw- wird weaen Ausführung von BeschotterungL- ^len in der Flur Ottendorf vsm 2. bi» mit 7 Juni d. I. ' ^en Fährverkehr gesperrt. Letzterer wird über Seisersdorf verwiesen. .Zuwiderhandlungen werden nach Z 1 der Verordnung 9- Juli 1872, den Verkehr auf öffentlichen Wegen betr. Geldstrafe bi» zu 30 Mk. bestraft. Dtttndorf-Moritzdorf, am 28. Mai 1919. < De^ (Hemelndevorstnnd Azz har uns sie Devolution gebracht? , Er gibt auch heute noch, leider, im deutschen V 'lke vereinzelt, sondern viele Leute, die von dem übr>- Gedanken durchdrungen sind, der 9. November 1918, der Revolution, sei als Tag des „Völkerirühlings" Den. Er muffe ein nationaler Festtag werden. Der M denkende und urteilende Mensch kann über einen der- M hirnverbrannten Gedanken nur lächeln Man sollte dieser Gedanke hätte im Irrenhaus das Licht der " Eich. schon jetzt mchl mehr exportfähig mit vielen England verkauft schon heute seine Maschinen auf Mandsmarkt wesentlich billiger aber als mir. ^ befinden uns in einem Augiasställe, der bis oben h MUt ist mit Unvernunft und Bosheit. Wo bleibt Niles, der diesen Stall reinigen könnte, wo bleibt em > der Not? ? vernünftig gebliebene Teil des deutschen Volkes ^"dieser tiefernsten Zeil der Worte des Altmeisters die zur Standhaftigkeit mahnen, befonders denken: Mensch, der zur schwankenden Zeit auch ° gesinnt ist, der vermehret Vas Uebel und breitet s'r und werter, aber wer fest auf dem Seinen beharrt, di« Well sich." si. Hinzu kommt die Verkürzung der Arbeitszeit, die eine Erköbung der Belegstäike erfordert, und dann' die gesam e Lohnsumme, notwendig macht Nnti Messen die ganz gewaltige Veiteuerung der Rohstoffe der ständigen Steigerung der Selbstkosten die bis- A Kohlenvreise beibehalten werden können, ist sehr Die Regierung hat zwar die geforderte weitere rundweg abgelehnt; auf wielange weiß niemand. tzM die Regierung tun, wenn das sozialisierte Kohlen- was bestimmt anzunehmen ist, nicht nur allein siMnschstfse abwirst, sondern mit Fehlbeträgen arbeiten Die Kohlenpreise erhöhen, die Fehlbeträge au l Kitzln decken, dre Löhne herabsetzen? Jateieffaw Rückwirkung der Preissteigerung auf unsere Gcfi>- j bei den Eisenbahnen. Sie erhöht den jetzt schon Fehlbetrag der preußischen Staatseisenbahn cuf ' lMme und 150 M llionen Mark im Jahr. D e davon ist die Erhöhung der Personen- und Güte.- düt mehr als die Hälfte Die Sätze stehen, den be- lM 1. April 1918 erfolgten Zuschlag und die Reichs- iMdeuern zugerechnet, gegenüber der Friedenszeit um Piozent höher. Macht sich die Einwirkung der Drecks erieichten Lohnerhöhung wieder bei denselben in Form einer neuerlichen Verteuerung der Lebens- bemerklich, so werden neue Forderungen gestellt und l? immer lauter nach Sozialisierung gerufen. Auch l,- Walistischen Wirtschaft würde ein Keil den anderen, Anforderung die anbeie treiben, bis unsere Volks- ' MMhle Wepbewetbsfahigkeit verlieren und zusawmen- ?ürde. Diese sich das Geld gegenseitig aus der ^ie Erkenntnisse, daß die Zeit der Revolution garnichts sehr viel aber verschlechtert hat, mehren sich. Im WTempo gehen wir in den Abgrund hinein. Mit ^Industrie gebt es seit Beginn oer Revolution rasend Erst kürzlich mußten wir hören, daß eins bei westfälischen Eisenwerke in den beiden letzten , des vergangenen Jahre« über 5 Millionen Mork erlitten batte. In ähnlicher Lage befindet mök'c Teil der industrielle Werke, besonders die Bogdan ist al« ernu zu bezeichnen. Die Loh,.sätz>- stil Nv mbe» 1918 in das Unermeßliche cw- elamtkS. . . ... künstle Elenden Leute nennen sich Sozialisten, das heißt -ck beließ Gemeinsinn. Die Grenze der Preise ist aber !, gieren Wettbewerb gegenüber dem Ausland gegeben. Lokal-Anzeiger für Ottendorf-Okrilla und Umgegend Sonntag, den f. ^uni 1919- 18. Jahrgang. "mmer 6H Postscheck-Konto: Leipzig Nr. 29148- Hchriftleitung, Druck und Verlag: Hermann Rühle, Gvoß-Vkrika »Ottendorfer Zeitung" erscheint Diens- si * » tag, Donnerstag und Sonnabend. st ^Pgs-Preis: Vierteljährlich 1,80 Mark, ff I " Zustellung durch die Boten 2,— Mark. Falle höherer Gewalt (Krieg od. sonst, tl »»0« ?A"iiwelcher Störungen des Betriebes der ^Wwg, der Liefernnlcn od. d. Beförderung?- ft «Mtichtungech hat der Bezieher keinen An- ll aus Lieferung oder Nachlieferung der st od^auf Rückzahlung d. Bezugspreises.^1 fl. il. 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