Volltext Seite (XML)
8M2LN äes ^LdmsNs. Von unserem politischen (D-Mitarbeiter wird uns geschrieben: Tas Kabinett Cuno ist ganz und gar nicht so be schaffen, daß sich von ihm behaupten ließe, es sei nur wieder einmal neuer Wein in die alten Schläuche getan. Nur zu einem Drittel hat es Männer der Wirthschen Re gierung in die neue Ära mit übernommen. Von fast allen wichtigen Ministerämtern dagegen läßt sich feststellen, daß sie neuen Händen anvertraut worden sind, und so hat das Gesamtkabinett Cuno eine Färbung erhalten, die es von dem Kabinett Wisch auf das deutlichste unterscheidet. Schon da^ Oberhaupt oer neuen Regierung, der Reichskanzler Cuno, ist eine Persönlichkeit von besonders ausgeprägter Eigenart. Aus dem Innendienst der guten alten deutschen Beamtenschule hervorgegangen, wurde er bereits in Zungen Jahren von Albert Ballin in das Direktorium der Hamburg-Amerika-Linie eingeführt, wo er schneller, als beide Männer wohl es sich gedacht haben mögen, zur Leitung des Gesamtuntcrnehmens berufen wurde. In dieser Eigenschaft war es ihm Vorbehalten, nach dem Kriege als einer der ersten deutschen Geschäfts männer wieder mit den amerikanischen Schiffsreedereien in Verbindung zu treten und durch außerordentlich weit sichtige Verträge die Wiederaufnahme des Dienstes der Hamburg-Amerika-Linie auf geschäftlich gesicherter Grund lage herbeizuführen. Daß die Reichsregierung dann bei ihren vielfältigen Unterhandlungen mit alliierten und neu tralen Regierungen sich seiner Vermittlung und Unter stützung wiederholt bediente, ist hinreichend bekannt ge worden. Wenn er jetzt, im Augenblick einer im höchsten Grade unerwünscht gekommenen Reichskrisis, dazu aus- ersehen wurde, an die Spitze der Regierungsgeschäfte ge stellt zu werden, so muß man annehmen, daß an ihm wohl staatsmännische Begabungen wahrgenommen wurden, von denen man sich Gutes für unser Vaterland verspricht. So viel hat der neue Reichskanzler schon in den ersten acht Tagen seiner Bemühungen um die Kabinettsbildung be wiesen, daß er sich durch Schwierigkeiten nicht so leicht von einem Ziel abfchrecken läßt, das er sich gesetzt hat. Die Ta Zache, daß er dem Reichstage nicht angehört, braucht ihm nicht ohne weiteres gefährlich zu werden. Denn schon manchmal haben sich Nichtparlamentarier politisch-parla mentarischen Aufgaben gegenüber ungleich gewandter ge zeigt als Nurparlamentarier. Ein unbeschriebenes Blatt, wie Herr Cuno, steht noch so ziemlich alle Wege offen vor sich liegen. Daß er den richtigen Weg finden möge, wäre ein Ziel, aufs innigste zu wünschen. Nach ihm die hervorragendste Persönlichkeit in dem neuen Kabinett ist der neue Reichswirtschaftsminister Dr. Becker-Hessen. Ein ruhiger, überlegender Geist, der noch in keinem parlamentarischen Sturmwetter aus dem Gleich gewicht zu bringen war, der selbst trockene Finanzfragen unter Benutzung großen Zahlenmaterials interessant zu behandeln versteht und dessen ausgezeichnete Sachkunde ">>ch von seinen politischen Gegnern keinen Augenblick be stritten wurde. Man erinnert sich noch, daß er in allen Finanz- und Steuerfragen, insbesondere bei der Zwangs anleihe, mit an erster Stelle gearbeitet hat. Jetzt wird er als Nachfolger des Sozialdemokraten Robert Schmidt zu zeigen haben, was aus unserer Wirtschaft noch herauszu holen ist. Wohlbekannt in der Öffentlichkeit ist auch Dr. Heinze, Beckers engerer Fraktionskollege, der nun schon zum zweitenmal an die Spitze des Reichsjustizministeriums ge stellt wird. Man kennt ihn als das Vorbild eines Justiz beamten, als einen Mann von aufrechter überzeugungs treue, von. gerader Denkungsart. In den Kapplagen hat er keinen Augenblick in feiner Treue gegenüber dem Ver fassungseid, den er geleistet hatte, geschwankt, sodaß seine republikanische Zuverlässigkeit von keiner Seite jemals in Zweifel gezogen wurde. Der neue Reichsminister des Innern, Herr Oeser, zuletzt Landeshauptmann der Provinz Sachsen, ist aus seiner Tätigkeit als preußischer Eisenbahnminister bereits hinreichend bekannt geworden. Ein ausgesprochener Demokrat, hat er als tüchtiger Fach mann Gutes geleistet und dadurch bei allen Parteien hohes Ansehen gewonnen. Er wird voraussichtlich dem neuen Reichskanzler eine wesentliche Stütze sein bei den Be mühungen, die notwendige Fühlung nach links hin nicht zu verlieren. Der aus Bayern kommende neue Reichspost minister Stingl ist gleichfalls Fachmann, Politiker so zusagen nur im Nebenamt. Man weiß von ihm bis jetzt nur, daß er den Willen hat, zu Reformen zu schreiten, die Ore Hbsckieäsferer. Von Elisabeth Kuhlen stier na. (Deutsch von Rhea Sternberg.) (Nachdruck verboten.) DaS junge Paar war noch sehr jung und mitten in den glücklichen Flitterwochen, als eines schonen Tages ihre Sonne von einer großen mißgeformten Gewitterwolke be schattet wurde, und zwar in Gestalt der Schwester des Hausherrn, die sich als Logiergast anmeldete. Fräulein Beda kam aus Smaland, und sie bewies eine große Energie in dem unerschütterlichen Ausharren an dem Ort, an dem sie zu Hause sein wollte, wie auch in der Anwendung ihres nicht anzuzweifelnden Dialektes. John Lind, Fräulein Bedas Bruder, war ein vorbild licher Angestellter in einer Bank und seine kleine blonde Greta die häuslichste, beste Frau, die man sich denken kann. Sie hatte jedoch eine Schwäche, sie fürchtete sich vor dem Gewitter, und als nun diese finstere Gewitterwolke, die Schwägerin, beständig in ihrer unmittelbaren Nähe schwebte, ohne durch einen wohlwollenden Wind sortge- führt zu werden — sie hatte vergeblich die Freunoe »hres Mannes zu veranlassen gesucht, als Blitzableiter aufzu- - treten —, bekamen ihre schönen blauen Augen rot- Ränoer, und die Trostszenen abends im Schlafzimmer wurden immer länger, so daß die Uhr elf und zwölf warnende Schläge schlug, ehe die jungen Herrschaften dem Rufe ge horchten und einschliefen. Fräulein Beda befand sich auch gerade in jenem so un angenehm kritischen Alter, an dem man stets ängstlich vor- überschwankt, wie man es in der Nähe einer Fuchsfalle tun würde. Sie hatte sich ein wenig aufs Malen verlegt und versuchte ihren Augen mit Belladonna Glanz und ihren Lippen mit Karminrot Farbe zu verleihen. Aber Künstlerin war sie noch kaum zu nennen, wenigstens hatte noch kein Mäzenat ihre Künstlerschast ermuntert, und doch suchte sie einen solchen, einen, der ihr Beschützer fürs Leben werden sollte. Zwei Monate vergingen unter vergeblichem Suchen, und Fräulei» Beda Visa»» Haft, »ehmütiz kleine Lieder gerade in seinem Reffort besonders dringlich sind. Mt einem Kabinett der Arbeit wird er jedenfalls eine Mir Figur machen. Dann der neue Außenminister Herr v. Rosenberg. Er hat im allgemeinen bisher eine diplomatische Laufbahn durchmessen, die sich ziemlich abseits der großen Öffentlich keit gehalten hat. In Erinnerung geblieben ist im wesent lichen nur die auffällige Tatsache, daß er von seinem Wiener Gesandtenposten gerade in dem Augenblick ab berufen wurde, als seine Fähigkeiten für dieses auch nach der Zertrümmerung der Donaumonarchie nicht nebensäch lich gewordene Amt in einem Wiener Zeitungsartikel mit ganz besonderem Nachdruck unterstrichen wurden. Er siedelte damals nach Kopenhagen über. Er hat längere Zeit im Auswärtigen Amt vornehmlich die Balkanange legenheiten bearbeitet; an den Friedensverhandlungen in Brest-Litowsk und in Bukarest hat er hervorragenden An teil genommen. Als letzter in der Reihe der neuen Männer der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft, Dr. Müller-Bonn. Ein dem Zentrum nahestehender Ver- bandsbeamier, der mehr und mehr Fühlung mit den rheinischen Landwirtschastskreisen genommen hat, dabei indessen von mancherlei politischen Irrungen und Wirrun gen in den letzten Jahren nicht frei geblieben ist. Er scheint sich von seinem politischen Temperament zuweilen weiter haben mit fortreißen lasten, als gut war, ist aber rechtzeitig immer auf den richtigen Weg zurückgekehrt. Daß er im wesentlichen eine landwirtschaftsfreundliche Politik zu trei ben gedenkt, kann wohl keinem Zweifel unterliegen. Alles in allem: ein »Kabinett der Arbeit", dem sich die Fähigkeit zur Arbeit nicht absprechen läßt. Ob es auch die Möglichkeit dazu haben wird, steht auf einem anderen Blatt. * Der Staatssekretär in der Reichskanzlei Dr. Hemmer, der Staatssekretär im ReichSwirtschaftsministerimn Professor Dr. Hirsch sowie der Leiter der Presseabteilung Ministerial direktor Müller sind antragsgemäß in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden. Srdölmng der Gesamterhöhung um 48 Bekanntlich haben die Besoldvngsvrrhandlungen zwischen der Regierung und den Spitzenorganisattonen der Beamten das Ergebnis gehabt, daß ab 16. November der prozentuale Teuerungszuschlag zu Grundgehalt, Orts zuschlag und Kindsrznschlägen von 49 auf 120 A erhöht und der Frauenzuschlag verdoppelt wird. Damit erhöhen sich die Gefamtbezüge der Beamten ab 16. November um 48 A. Man hofft, daß das Reichsfinanzministerium Vor schüsse auf das neue Abkommen oder auf das Dezember gehalt dm Beamten zukommen lasten wird. Eine Regelung der Sonderzulagen für Beamte in besonders teuren Orten soll möglichst bald erfolgen. Augenblicklich erhalten Be amte in etwa 44 großen Städten, wie Berlin, Hamburg, Köln, Essen, Ludwigshafen u. a. einen 10 feigen örtlichen Sonderzuschlag zum Grundgehalt, Ortszuschlag und den Kinderzulagen. polinlcks AmiMckau. veurscklrnck. Abwehr französischer Verdächtigungen. Ab und zu fällt es den Franzosen ein, der deutschen Regierung irgend einen Verstoß gegen den Friedensver trag vorzuwerfen, zu dem man sich das nötige Material aus der in Paris üppig blühenden Phantasie verschafft. So behauptet jetzt wieder einmal ein Artikel des „TempS" in vollkommen wahrheitswidriger Weise, daß unter Nicht achtung der Bestimmungen des Versailler Vertrages in der deutschen Reichswehr eine oberste Kommando einheit (der Chef der Heeresleitung) bestehe, und daß der Große General st ab und die Kriegsakademie weiter beständen. Demgegenüber ist festzustellen: Die Stellung des Chefs der Heeresleitung ist im Reichsgesetz festgelegt mit den Worten: „An der Spitze des Reichsheeres steht (unter dem Reichswehrminister) ein General als Chef der Heeresleitung." Das Wehrgezetz ist aber von der Interalliierten Militärischen Kontrollkommission ausdrück lich als den Bestimmungen des Versailler Vertrages ent sprechend anerkannt worden. Der Große Generalstab ist bereits im Jahre 1919, gleichzeitig mit den übrigen obersten Dienststellen des ehemaligen Heeres, aufgelöst worden, ebenso auch die Kriegsakademie. von Sehnsucht und Heimat zu summen. Frau Greta fand die einfachen Melodien bezaubernd schön. Und eines Sonntagnachmittags, als die drei eine träge Unterhaltung führten, sagte Fräulein Beda Plötz lich: „Ich fahre Mittwoch nach Hause. Ich habe heute be reits an Mutter geschrieben." „Fährst du — wirklich?" Frau Greta bemühte sich eifrig, ihrem Ton einen be dauernden Klang zu geben, und sie versetzte der Armlehne ihres Sessels einen vergnügten kleinen Klaps. „Du hast wohl nun genug von Stockholm?" meinte Bruder John und streckte seine breiten Glieder noch be haglicher in dem amerikanischen Schaukelstuhl. „Nun, ja, du mußt ja selbst am besten wissen, was du willst." „Wir wollen aber noch einmal recht vergnügt sein, ehe Beda abreist," fiel Greta rasch ein, in der Furcht, daß sie ihr Programm womöglich noch in letzter Stunde ändern könnte, „wir gehen ins Theater und dann zu Rydberg sou pieren. Doch einen vierten Mann müssen wir haben. Weißt du nicht jemanden, John?" „Ja, vielleicht. Und ich soll natürlich die Damen zu diesen Herrlichkeiten einladen?" „Gewiß, gewiß," antwortete Greta. „Wird das nicht famos, Beda?" „Ja," lautete die lakonische, doch gnädige Antwort — der Gedanke an den Vierten munterte sie wunderbar auf. Kollege Piron, ein fünfunddreißigjähriger Jungge selle, der bereits seit langer Zeit aufgehört hatte, für etwas weniger Materialistisches zu schwärmen als gutes Essen und Trinken, versprach immerhin, Fräulein Beda für einen Abend zu übernehmen. „Sie ist doch Wohl nicht zu anspruchsvoll," fragte er fromm und strich sich das glatte Haar. „Nein, nein, keineswegs," beruhigte John ihn, „du kannst dich ja bemühen, ein wenig liebenswürdig zu sein, aber nur gerade so weit, daß du dich nicht fcstfährst." „Fest — fest - was firr'n Ding?" „Ja, lieber Freund, es gibt Mädchen, die es nicht so genau damit nehmen, daß d«r ganze Hort aMe^rochen - — Sammelmappe für bemerkenswerte Tages, und Zeitereignisse. * Der Reichstag setzte die Beratung über die Abänderung der Geschäftsordnung des Hauses fort. * Die Gütertarife der Reichseisenbahn werden am 1. De- zentber uni 150 A erhöht. * In Berlin wurde ein von der radikalen Betriebsräte- Opposition einberufener Betriebsrätekongretz eröffnet. * Der belgische Ministerpräsident Theunis in »mtschlosisn, drv Einladungen zur Brüsseler Konferenz nur da-.n auszufeuden, wenn von vornherein über einen vollkommenen Erfolg dieser Konferenz Sicherheit besieht. * Auf eine Einladung Poincarss hat Morgan erwidert, daß eine Unterredung nur dann einen Zweck hätte, wenn Poincars bereit sei, dem Moratorium für Deutschland nicht zu wider sprechen. * Auf der Konferenz von Lausanne entstanden große Mei nungsverschiedenheiten über die neue türkische Grenze. Man rechnet mit einer Erneuerung des Balkanbundes zwischen Süd- slawien, Rumänien, Bulgarien und Griechenland. * Das englische Parlament ist vom König feierlich eröffnet worden. * Clemenceau hielt in Newyork eine neue Anklagerede gegen Deutschland. Evangelischer Kirchenausschuß gegen Kricgsschuldlüge. Der in Berlin versammelte deutsch-evangelische Kirchenausschuß wandte sich an die evangelische Kirche des Auslandes in einem Schreiben, in dem er nachdrücklich seine Stimme erhebt gegen das Unrecht und die Unwahr heit des Versailler Friedens, unter dessen Folgen auch die geistige Kultur und das religiöse und kirchliche Leben in Deutschland zu erliegen drohen. Die Behauptung, das; Deutschland die Schuld am Kriege trage, wird feierlich als durch und durch unwahr erklärt, die Haltung der alliierten Mächte ein schreiender Widerspruch genannt gegen die Pflicht, christliche Grundsätze auch im Völkerleben zur Gel tung zu bringen. NepamtionsLauten für Frankreich. Der Gedanke, daß Deutschland einen Teil seiner Repa- rationsvcrpslichtungen in Gestalt großer öffentlicher Bauten in Frankreich erstattet, wurde jetzt in der französischen Kammer vom Minister für die öffentlichen Arbeiten Le Trocquer näher erläutert. Der Minister zog einen Ver gleich mit den Verhältnissen auf dem Gebiete der öffent lichen Arbeiten iw Deutschland, wobei er u. a. 18 deutsche Projekte für Wasserbauten nannte, die 2750 Kilometer Binnenweg und 512 000 Pserdekräfte Wasserkraft und vier Milliarden Goldmark Ausgaben umfassen. Die gleiche Leistung bringe Deutschland für die Eisenbahnen und die Handelsmarine auf. Die französische Negierung sei der Ansicht, daß sie von Deutschland die Ausführung derselben Arbeiten in Frankreich fordern und verlangen könne, daß es Material und Arbeitskräfte stelle. Die Reparations kommission habe dieses Programm einstimmig gebilligt, und die deutsche Regierung habe im Prinzip nichts da gegen einzuwenden gehabt. ^orä-UmerikL. Interalliierte Kriegsschulden und deutsche Repara tionen. Der Vorsitzende der internationalen Handels kommission legte dem Handelskongreß des Südens einen Plan zur Tilgung der interalliierten Schulden und der deutschen Reparationen vor. Nach diesem Plan werden alle Schulden in 66 Jahren durch jährliche Bezahlung von Zinsen und einem weiteren halben Prozent auf das Kapital beglichen. Der Plan fußt auf einer Untersuchung Ler zugrunde liegenden wirtschaftlichen Bedingungen und setzt die deutsche Schuld auf zwölf Milliarden Dollar fest. Owens sagt, dies sei der ungefähre Betrag, den Deutsch land nach dem Urteil der Finanzsachverständigen bezahlen könne. * Paris. Im Marineausschuß der Kammer erklärte Marine minister Raiberti, daß Frankreich gegenwärtig 669 000 Tonnen Kriegsschiffe besitze und daß es 110 000 Tonnen während des Krieges verloren habe. Frankreich sei genötigt, die ver lorene Tonnage zu ersetzen. London. Einer Biättermeldung aus Kairo zufolge wird dort offiziös mitgeteilt, daß Frankreich beschlossen habe, Nord- shrien zu behalten und es den Kemalisten nicht abzutreten. wird. Sie haben ein prächtiges Ahnungsvermögen, ver stehst du, und solltest du dich im Laufe der Unterhaltung etwa in ein Gerede von der Einsamkeit des Junggesellen lebens verhaspeln, so kannst du fast sicher sein, morgen früh als mein Schwager auszuwachen." „Nein, dann wage ich nicht zu kommen!" versicherte der andere mehr aufrichtig als höflich. „Nun, es ist nicht so gefährlich, denke nur daran, daß du nicht von der Einsamkeit des Junggesellenlebens sprechen darfst," lachte John. Am Dienstagabend saßen die beiden Paare im vor deren Parkett. Die Damen trugen Helle Toiletten und hatten ein dazu passendes Mienenspiel ausgesetzt. Piron, der Fräulein Beda bereits mehrmals gesehen, hatte ihr Äußeres nie so vorteilhaft gefunden wie an diesem Abend. Als man nach dem zweiten Akt im Foyer an einen: Tisch saß, sorgte John für Oeclorluo t oso und Notar Piron für Theaierkonfekt. Und um elf Uhr zog man in vergnügtester Stimmung zu je zweien zu Rydberg. Da waren natürlich bereits sehr viele Menschen, doch gelang es, einen guten Tisch mit einem Sofa und Aussicht über das wie stets elegante Publikum zu finden. Die Herren gossen ein Glas nach dem anderen hin unter, ihre alltäglichen Gesichter bekamen eine höhere Fär bung, und John begann Geschichten zu erzählen, über die man mit vorgehaltenem Taschentuch lachen must". Es ging hoch her: Hummer, rot und mächtkL gleich sam einen fröhlichen Tag ankündend, machten den Anfang, dann ein leichtes Fleischgericht, dem Frau Greta ihre hauswirtschaftliche Bewunderung zollte. Darauf als Dessert gemischtes Kompott. „Aber wollen wir nicht — wollen wir nicht?".sagte John und puffte den Kollegen in die Seite; er hatte sich der Weinkarte bemächtigt, auf welche Weise, das konnte die sparsame Frau Greta nicht begreifen — sic hatte sie doch unter dem Brotkorb versteckt. Ja, Pirön fand auch, daß sie wollten, und zwei Zeige finger zeigten triumphierend aus dieselbe Zeile. „Ich habe die Sorte noch nie getrunken," flüsterte John MeM Ler DMus.