Volltext Seite (XML)
vor» 82) «NaLdmck verboten.) „Ein sehr gutes. Ich weiß sogar noch ganz genau, daß Ihre Puppe ein blaues Kleid hatte. Sie selbst trugen ein weißes Kleid, auf das Ihre Locken niederfielen. Diese Locken hatten eine ganz wundervolle Schattierung, wie junge, reife Kastanien, die eben aus der Schale kommen. Ich weiß nicht, ob Ihr Haar noch heute diese Schattierung hat, bei Abend kann man das, zumal in so mangelhafter Beleuchtung, nicht feststellen." Sanna lauschte seinen Worten mit brennendem Inter esse. Es war das erstemal in ihrem Leben, daß sie sich mit einem fremden jungen Herrn unterhielt, und was er ihr sagte, klang ihr so lieb und vertraut, daß sie ihm immer fort hätte zuhören mögen. Der warme, ein wenig neckende Ton seiner Stimme verscheuchte all ihre Befangenheit und sie klang ihr wie eine vertraute Melodie, die sie vergessen hatte und die nun wieder zu tönen begann und Laut um Laut fiigte. „Das ist alles so lange her. Ich habe alles vergessen — habe kaum noch gewußt, daß es einst für mich so glück liche Tage gab," sagte sie versonnen. Wie eine ergreifende Klage klangen diese Worte aus dem jungen Munde. Rolf fühlte es wie heißes Mitleid in sich aufsteigen. Heerfurt hatte ihm hier und da eine Andeutung gemacht über das freudlose Leben, das Sanna von Glossow in dem öden, stillen Professorenhause führte. Bisher hatte ihn das nicht weiter berührt. Aber jetzt, da er die junge Dame mit so blassem, traurigem Gesicht vor sich sitzen sah, gewannen diese gelegentlichen Berichte eine andere Gestalt. „Vielleicht beginnen jetzt in der Heimat wieder glück liche Tage für Sie, mein gnädiges Fräulein. Wenn ich nicht irre, sprach mir Heerfurt darüber, daß Sie in dieser Zeit mündig werden, und er hoffte, daß Sie dann bald für immer nach Glossow zurückkehren würden. Es würde mich sehr freuen, wenn das Glossower Herrenhaus seine Fensterläden endlich wieder öffnete und nicht mehr so still und leer daliegen würde. Hoffentlich kehren Sie heute für immer zurück," sagte er, sie forschend betrachtend. Sie atmete tief auf. „Wenn es nach mir geht, bleibe ich von jetzt an in Glossow. Ich bin heute mündig geworden — und keinen Lag länger wollte ich meiner Heimat fernbleiben." „Haben Sie die ganze weite Reise allein zurückgelegt?* fragte^er,ernst. ^h, das hätte man Ihnen nicht gestatten sollen. War denn niemand da, der Sie begleiten konnte?" Sie strich sich über die Augen. „Man hat es mir auch nicht gestattet — ich ja — ich bin heimlich fort. Man hätte mich sicher zurückgehalten. Aber ich konnte mich nicht länger halten lassen — wie im Fieber habe ich diesen Tag herbeigesehnt, an dem ich frei wurde. Freiwillig kehre ich nicht in das Haus meines Vormundes zurück. Und nicht wahr — zwingen kann man mich jetzt doch nicht mehr dazu?" Es lag eine heimliche Angst und Erregung in ihrer Stimme und doch zugleich ein großes Vertrauen zu dem ihr fremden jungen Manne. Das fühlte er und ihre ganze Art rührte ihn. „Armes Kind," dachte er mitleidig, denn er wußte von Heerfurt genug von ihrem freudlosen Leben. Und laut fuhr er mit beruhigendem Tone fort: „Nein, nein, mein gnädiges Fräulein, niemand kann Sie zwingen. Und wie ich diese Angelegenheit übersehe, werden Sie in Ihrem Verwalter Heerfurt eine treue, zu verlässige Stütze und einen vertrauenswürdigen Berater haben. Sollten Sie aber außerdem eines ergebenen Freundes bedürfen, so lassen Sie mich alte Rechte als „Onkel Rolf" geltend machen. Ich wohne in Ihrer nächsten Nähe und bin immer bereit, Ihnen zu dienen. Eie werden das selbstverständlich finden, wenn ich Ihnen sag«, daß mein Vater und der Ihre die treuesten Freunde waren* Sanna erzitterte leise, als er ihren Vater erwähnte. Und so leise, daß er es kaum verstehen konnte, sagte sie: „Wenn Sie wüßten, wie dnntbar ich Ihnen bin — dafür — daß Sie diese Freundschaft Ihres und meines Dalers nicht einfach ignorieren und aus dem Gedächtnis streichen.* Er wußte, waS sie mit diesen Worten meinte, und sie tat ihm von Herzen leid. „Warum sollte ich das tun?" fragte er möglichst harmlos. Sie seufzte tief auf. „Oh — Sie wissen sicher, was einst in Glossow ge schehen ist. Mian hat mich gelehrt, daß ich mich meiner Eltern schäme»! müsse." Das klang wie ein Stöhnen an sein Ohr. Erschüttert schwieg er. Für dies tiefe Herzeleid sand er kein Trost wort. Sie aber glaubte, er schweige nur, um ihr nicht sagen zu müssen: „Ja, du mußt dich deiner Eltern schämen, die einen unauslöschlichen Makel aus deinen Namen ge worfen haben." Er ahnte nicht, was für einen bedrückenden Eindruck sein Schweigen auf sie machte. Seine Aufmerksamkeit wurde jetzt auch von ihr abgelenkt. Das Rollen eines anderen Wagens klang durch den stillen Abend. Rolf von Gerlach spähte den Weg entlang. „Ich glaube, da kommt uns ein Glossower Wagen entgegen, mein gnädiges Fräulein. Wahrscheinlich ist Ihre Depesche inzwischen eingetrosfen und man will Sie ab holen.* DaS lenkte auch Sanna von ihren trüben Gedanken ab. Der andere Wagen kam rasch näher, und in dem Hellen Mondschein erkannte Rolf von Gerlach das Gesicht des Verwalters Heerfurt, der den Wagen selbst kutschierte. „Halloh, Herr Verwalter!" rief ihm Rolf entgegen und ließ den Wagen anhalten. Auch Heerfurt hielt an für einen Augenblick. »Guten Abend, Herr von Gerlach!" „Guten Abend! Sie wollen gewiß die junge Herrin tzop Glossow abholen, lieber Heerfurt." . - (Fortsetzung folgt.) . Nennungen liefert schnell u. sauber ÜLchrrückkrej K- Kühlt Wss s ZMD Äf Heute Sonntag Hierzu ladet freundlichst ein * Wilhelm Hanta. Kasthof zum Kirsch. Heute Sonntag Hierzu ladet freundlichst ein Einladung. Sonntag, den 1v. Aezemver, uachm. Halb 4 Mr Ausführende: Konzertsängerin Frl. I. Wunderlich Herr Konzertmeister G. Knöfel, Herr Cellist Friedlich. Das Kinderchor u. das Kirchenchor. An der Orgel: Herr Lehrer Jacob. Leitung: Herr Kantor Beger. Der Eintritt ist frei. Karten für reservierte Plätze können bis Sonnabend, 9. Dezember, abends 7 Uhr in der Kreuz-' Drogerie und bei Herrn Kaufmann Olbricht — Ortsteil Cunnersdorf — entnommen werden. vdeiMrster liberal!! Wer über die Vorgänge in der Heimat unterrichtet sein will, der bestelle bei der Poft den obeiWeWe» Äsiukrer Sie ätteltr Mick bei weitem vervrettetltt Vager Ltg.! aas dewSvmsle Hitreigendla« Vderschielienr. Wer Personal oder Stellung sucht, etwas kaufen oder verkaufen will, wer Geschäftsverbindungen im kauf kräftigen Oberschiesien anknüpfen will erreicht dieses am schnellsten durch eine Anzeige im Wanderer.! Zur Zeit werden von vielen Leuten, Vie das polnisch werdende! Gebiet verlassen wollen, neue Existenzen im Reiche gesucht. Wer sein Grundstück, Geschäft, Fabrik, Gastwirtschaft oder Gul verkaufen will, erreicht dres mit verblüffendem Krsolg durch eine Anzeige im „Wanderer«', Hleiwitz. An unsere Leser! Unser Bemühen, mit dem bisherigen Bezugspreis bei zweimaligem Erscheinen auszukommen, ist mißlungen, nach dem der Papierpreis im November eine zweimalige Erhöhung erfuhr und auch für Dezember eine weitere ganz bedeutende Erhöhung angekündigt ist. Auch alle anderen Materialien stiegen enorm im Preise, so ging der Preis für Druckfarbe von 78 Mk. aus 1415 Mk. pro Kilo. Für den Monat Dezember müssen wir deshalb den Bezugspreis auf 120 M. feflsetzen. Wrr brauchen wohl nicht erst versichern, das dieser Aufschlag nur das Nötigste ist, was wir berechnen, um das Weitererscheinen zu ermöglichen. Der Verlag. Mrchettiirachrtchten. Sonntag, den 3. Dezember 1922. Vorm. 9 Uhr PredigtgotteSdtenst. Borm, r/, 11 Uhr Kmöergottestnenst. Abends 8 Uyr Jugendvereinigung rm Ring. Montag, de» 4. Aezvr., abends halb 8 Uhr, uene Schule Vorstands - Sitzung. Abends 8 Uhr Tagesordnung: 1. Erhebung und Erhöhung der Beiträge. 2. Unterstützungen. 3. Beschlußfassung über et- - waige Auflösung. Donnerstag, de» 7. Kezvr. abends 8 Uhr, im Stoß KWtmsliUwlW- Tagesordnung: 1. Beitragserhöhung. 2. Eisbahn. 3. Vergnügen. 4. Auflösung. 5. Geschäfts- u. Kassenbericht. 6. Wahlen. 15 W. MWtN sucht Stellung in Land wirtschaft. Zu erfr Sonntag nachm. Laußuiy Nr. SWWaM- Spiele und empfiehlt m reicher Auswahl LuchhEaiilllg Herms»« siüble. Aufwärts - Frau für Worm, von 8—11 Ahr gesucht Näheres in der Geschäfts stelle dss. Blattes. 331 (Nachdruck verboten.) „Sie wissen, Herr von Gerlach? Wahrscheinlich sahen Sie Fräulein von Glossow auf der Station. Ich muß mich eilen, das Telegramm kam zu spät." „Warren Sie nur. Sehen Sie sich doch erst einmal meine Begleiterin an. Ich bringe Ihnen Fräulein von Glossow schon mit. Wir haben unterwegs bereits unsere Bekanntschaft aus der Kinderzeit erneuert." - Heerfurt sprang nun vom Wagen herab und trat heran. Erst jetzt erkannte er unter der unförmigen Decke feine junge Herrin und reichte ihr erfreut die Hand. „Gott sei Dank, gnädiges Fäulein. Ich war schon in großer Sorge um Sie. Wie ich ging und stand, habe ich mich auf den Bock gesetzt und bin darauf losgefahren. Ihr Telegramm kam eben erst an. Wie gut, daß Herr von Gerlach seinen Wagen am Bahnhof hatte. Nun kommen Sie schnell, steigen Sie in den geschlossenen Wagen ein. Sie müssen ja frieren." Sanna stieg, auf seine Hand gestützt, von dem Wagen herab, nachdem ihr Rolf die Decke abgenommen hatte. „Ich friere gar nicht. Herr von Gerlach hat mir seine Decke überlassen. Guten Abend, Herr Verwalter. Nun komme ich Ihnen doch wohl ein wenig ungelegen?" „Gar nicht, gnädiges Fräulein. Wir freuen uns so sehr. Meine Frau ist gleich mit allen verfügbaren Kräften ins Herrenhaus gestürmt, um zu lüsten und zu Heizen. Ist noch ein bißchen kalt bei uns." So sagte Heerfurt in freudiger Erregung und bedankte sich dann bei Herrn von Gerlach, daß dieser seine junge Herrin mitgenommen hatte. „Und zum Dank für diese rühmenswerte Tat bringen Sie mich nun um die angenehme Gesellschaft, Herr Ver walter," scherzte Rolf. „Ich hätte das gnädige Fräulein sehr gern in Glossow eingebracht. Aber nun muß ich sie Ihnen wohl ausliefern. Mein gnädiges Fräulein, ich hoffe, die kühle Fahrt hat Ihnen nicht geschadet. Wenn Sie gestatten, werde ich in den nächsten Tagen einmal in Glossow vorsprechen und mich erkundigen, wie sie Ihnen bekommen ist." Sanna reichte ihm die Hand. Er führte sie artig an seine Lippen und merkte, daß die kleine Hand kalt war und zitterte. Dieser Handkuß war ihr so etwas Ungewohntes, daß sie ihre Hand verschüchtert zurückzog., „Ich danke Ihnen sehr, Herr von Gerlach, für Ihre freundliche Hilfe." Weiter vermochte sie nichts zu sagen. Er war ebenfalls abgestiegen und half ihr nun in den geschlossenen Wagen. Noch einmal führte er ihre Hand an seine Lippen. „Auf Wiedersehen," erwiderte sie leise. Dann trat er zurück und schloß den Schlag. Heer furt sprang auf den Bock und ergriff die Zügel. „Gute Nacht, Herr von Gerlach, und nochmals vielen Dank." „Keine Ursache, Gute Nacht, Herr Verwalter." Der Wagen fuhr davon. Rolf von Gerlach sah ihm eine Weile nach. Dann stieg auch er wieder auf und fuhr weiter. Als er Glossow passierte, sah er die Fenster des Her renhauses hell erleuchtet. Bewegliche Schatten glitten hin und her, und vor dem Hause hielt bereits der Wagen.. Ihm war zumute, als müsse er sich mit freuen Über die Heimkehr der jungen Herrin von Glossow. Sanna wurde auf der Schwelle ihres Elternhauses von der freundlichen Frau des Verwalters und einer An zahl Domestiken empfangen. In großer Eile hatte Frau Heerfurt die notwendig sten Vorbereitungen getroffen für den Empfang der jungen Herrin. Die hübsche, stattliche Frau lachte über das ganze Gesicht. - „Gottes Segen zu Ihrem Einzug, gnädiges Fräulein! Wir freuen uns von ganzem Herzen Ihrer Heimkehr." Sanna ergriff die volle, warme Hand der freundlichen Frau „Ich danke Ihnen sehr, liebe Frau Verwalter, und bitte Sie, mir zu verzeihen, daß ich Sie so unvermutet überfalle." Frau Heerfurt schüttelte den Kopf. „Wir haben seit langen Jahren auf diesen Moment gewartet, gnädiges Fräulein. Lange Vorbereitungen brauchte es nicht, es ist alles bereit. Gott sei Dank, daß Sie wohlbehalten eingetroffen sind. Nur einen rechten, festlichen Empfang haben wir nun in der Eile nicht ver anstalten können. Aber ein frohes Willkommen aus war- men, ehrlichen Herzen können wir Ihnen doch bieten, und damit müssen Sie nun fürlieb nehmen." „Das ist mehr als ein festlicher Empfang, liebe Frau Verwalter." Diese führte Sanna nun ins Haus. Freundlich, mit ihrem lieben Lächeln, das alle Herzen gewann, grüßt« Sanna die Dienstboten. Diese sahen sich freilich ein wenig scheu im Hause um, als könne aus irgend einer Ecke ein Spukgeist erscheinen. Aber Sanna wußte nichts von diesen Spukgeschichten. Sie wußte nur, daß sich in diesem Hause vor sechzehn Jahren ein furchtbares Drama abgespielt hatte und daß es seitdem unbewohnt geblieben war. Ein wenig bange war ihr doch ums Herz, als sie durch die hohe Halle und die Treppe hinaufschritt. Sie mußte daran denken, daß Herr von Gerlach verstummt war, als sie rwn ihren Eltern ge sprochen hatte. Ob man auch hier in der Heimat ihr ent gelten lassen würde, daß ihre Eltern ihren Namen mit Schmach bedeckt hatten? Ach — sicher würde es der Fall sein. Es war wie ein Wunder, daß Herr von Gerlach trotzdem so freundlich zu ihr gewesen war. Sicher war er ein sehr guter und edler Mensch, der es sie nicht empfinden lassen wollte, wie er zurückschreckte, als er ihren Namen er- fuhr. Mit großen, bangen Augen sah sie um sich. Ob hier in der Heimat nicht ein neues tiefes Leid auf sie wartete? Ob es nicht doch besser gewesen wäre, wenn sie bei Onkel Michael geblieben wäre, der doch wohl am Ende gewußt hatte, daß sie in der Einsamkeit seines Hauses besser aufge hoben war, als draußen in der Freiheit? Aber dann dachte sie wieder an Gregor und sagte sich aufatmend, daß sie doch recht getan hatte. (Fortsetzung folgt.) , ... Arachtöriefe mit u. ohne Firmendruck empfiehlt -ochdrucktrei Kühlt,