Volltext Seite (XML)
kanäwirtschaft unä Srnäkrungslage. Vor einer Versammlung von Presseleuten, die vom Reichsausschuß der deutschen Landwirtschaft einberufen war, gab der Präsident des vorläufigen Reichswirtschafts rats Edler v. Braun ein trübes Bild von der Er nährungslage. Unsere diesjährige Getreideernte werde fast einer Mißernte gleichkommen, an Weizen würde nur ein Drittel des vorjährigen erzielt. Selbst wenn der Preis des Umlagegetreides auf 23 000 Mark pro Tonne erhöht werde, könnten viele Landwirte nach ihren Erklärungen nicht einmal die Erzeugungskosten decken. Das müsse einen Rückgang des Getreideanbaues bringen. Dazu komme der Mangel an Betriebskapital und die Kreditnot. Die glän zende Obsternte dieses Jahres wirke sich nicht aus, weil die Frachtkosten zu hoch seien. Skonomierat Kaiser führte aus, die hohen Kohlen- Preise seien eigentlich maßgebend für die Teuerung. Die Kartoffel- und Rübenernte könne als günstig gelten, da gegen sei durch die verregnete Heuernte mit einer starken Futterknappheit und weiterem Steigen der Milchnot zu rechnen. Die Aufkäufer feien leider wieder am Werke, den wildesten Kartoffelwucher zu entfachen. Die Vollsitzung des Reichsausschusses der deutschen Landwirtschaft nahm zur Wirt schafts- und Ernährungslage und zu den Forderungen der Gewerkschaften eine Entschließung an, in der es u. a. heißt: „Das Gesetz über die Getreideumlage ist in seiner jetzigen Form unidurchführbar. Der Reichsausschuß fordert daher die Anpassung der Umlage an die tatsächlichen Verhältnisse und die Bewilligung eines ausreichenden, die neue Produktion sichernden Preyes für Umlagegetreide. Den Ausgangspunkt kann nur der jeweilige Marktpreis bilden. Jin aus gesprochenen Gegensatz zu den Forderungen der Gewerkschaften, lehnt die Landwirtschaft nach wie vor ihre Zustimmung und Mitwirkung bei jeder irgendwie gearteten Form erneuter Zwangswirtschaft ausdrücklich ab." ^sMöemskratrschsr EinigMgsheMiß. Augsburg, im September. In der Erörterung, die sich an die Rede des Reichstags- Präsidenten Löbe anknüpste, erklärte auch der Abgeordnete Müller-Franken, daß Deutschlands Eintritt in den Völkerbund erwünscht sei, unter der Voraussetzung, daß Deutschland dort als völlig gleichberechtigt und nicht als Aschenbrödel behandelt würde. Der Redner übte dann Kritik an dem Stinncs—Lubersac-Vsrtrag und wandte sich zuletzt namens des Fraktionsvorstandes gegen den Antrag, in dem die Ersetzung des Reichswehrministers Geßler durch einen zuverlässigen Republikaner gefordert wurde. Er wies darauf hin, daß sich aus Geßlers eigenen Wunsch ein par lamentarischer Untersuchungsausschuß mit den gegen den Mi nister und die Reichswehr gerichteten Vorwürfen befasse. Der Antrag fiel denn auch unter den Tisch, da sich herausstellte, daß für ihn die in der Geschäftsordnung vorgeschriebene Unter stützung fehlte. Angenommen wurden die Entschließun gen über Maßnahmen gegen die Teuerung. Verlangt wurden die raschere Verabschiedung des Mie terschutzgesetzes und ein umfassenderes Bodenreformge setz. Weitere Anträge forderten ein strenges Verbot der schwarz-weiß-roten Flagge, eine Hilfsaktion für die Presse und ein Einschreiten gegen den Papierwncher. Ein Antrag, der der Partei eine Koali tion mit der Deutschen Volkspartei verbieten wollte, wurde abgelehnt. Es begann dann die Einig nngsdebatte, die inso fern eine Überraschung brachte, als nach einer zweistündigen Rede des Parteivorsitzcnden Wels, die einen Trennungsstrich zwischen Sozialisten und Kommunisten zog und minutenlangen stürmischen Beifall erweckte, ein Antrag auf Schluß der Debatte gestellt und mit gewaltiger Mehrheit angenommen wurde. Die Vereinigung mit den Unabhängigen wurde darauf einstimmig beschlossen. Für den Einigungsparteitag in Nürnberg wurden 144 Delegierte gewählt. Angenommen wurde dann noch ein Antrag, der im Interesse des Ansehens der Sozialdemokra tischen Partei jedes Zusammengehen mit den Kom ni »nisten ab lehnt, solange die Kommunisten nickt bereit sind, sich bedingungslos für die Erhaltung der Republik einzu- sctzen und auf jede beschimpfende und verleumdende Ausein andersetzung mit der Sozialdemokratie zu verzichten. Oer Parteitag cier Unabhängigen. Gera, im September. Der Augsburger Parteitag der Mehrhsitssozialisten hat mit der ein st immigen Annah ms des Aktionsprogramms der beiden sozialistischen Parteien seinen Höhepunkt erreicht, und der Parteitag der U. S. P. D., der hier zusammentrat, wird sich gleichfalls, wenn auch wahrscheinlich nicht einstimmig, fürdieEinigung entscheiden. Eröffnet wurde der Partei tag mit einer Ansprache des Leiters der Ostelbifchen Volks stimme Wilhelm Laufs. Es folgte dann eine Rede des Parteivorfitzenden Crispien, die im wesentlichen die bevorstehende Einigung zum Gegen stand hatte und scharfe Angriffe gegen die Feinde rechts und links, die Deutschnaüonalen und die Kommunisten, richtete. Der Redner behauptete, daß die bürgerlichen Parteien einen Gene ralangriff gegen die Arbeiter richteten, und daß die Großindustrie nichtwenigeralsvierMini st er fessel verlange. Zu Vorsitzenden des Parteitages wurden Ditt mann-Berlin und Bock-Gotha gewählt. Aus dem Geschäftsbericht ist ersichtlich, daß die Zahl der Mitglieder der U. S. P. D. seit dem i. Ja nuar d. I. um 10 000 zurückgegangen ist. Für die Reichstags- sraktion sprach Dr. Moses, der die Revision des Ver sailler Vertrages als Hauptziel der Fraktion bezeich nete. Dann sprach Dr. Hilferding über Finanzfragen und das Reparationsproblem. Oie neuen fernspreebgebWren. Ab 1. Oktober. Zu den im Fernfprechgebührennetz und in der Fernsprech ordnung festgesetzten Gebühren tritt vom 1. Oktober an ein Zu schlag von 600 Prozent. Es werden demnach folgende Ge bühren erhoben: Grundgebühr in Ortsnetzen bis zu 50Hauptan- fchlüssen jährlich 2660 Mark, von 51 bis 100 Hauptanschlüssen jährlich 2940 Mark, von 101 bis 500 Hauptanschlüssen jährlich 3220 Mark, von 501 bis 1000 Hauptanschlüssen jährlich 3500 Mark, von 1001 bis 5000 Hauptanschlüssen jährlich 3920 Mark, von 5001 bis 10 000 Hauptanschlüssen jährlich 4200 Mark, von 10 001 bis 50000 Hauptanschlüssen jährlich 4480 Mark, von 50 001 bis 100 000 Hauptanschlüssen jährlich 4760 Mark, von 100 001 bis 150 000 Hauptanschlüssen jährlich 5040 Mark, von 150 001 bis 200 000 Hauptanschlüssen jährlich 5320 Mark, jede angesangcncn wetteren 50 000 Hauptanschlüsse mehr 280 Mark. Ortsgesprächgcbühren 1,75 Mark; von öffentlichen Sprech- stellen aus 3,50 Mark. Fcrngesprächgcbühr bis 5 Kilometer 1,75 M., über 5 bis 15 Kilometer 5,25 Mark, über 15 bis 25 Kilometer 8,75 Mark, über 25 bis 50 Kilometer 14,00 Mark, über 50 bts 100 Kilometer 21,00 Mark, für jode angefangenen weiteren 100 Kilometer 10,50 Mark mehr. Nebenanschlüsse mit gewöhnlichem oder Selbstanschluß apparat für die Nebenstelle 588 Mark, je 100 Meter Anfchluß- leitung 252 Mark, für das Unschlußorgan 294 Mark, zusammen mindestens 1134 Mark, bei Reihenapparaten Zuschlag für die Hauptstelle 1400 Mark, für die Nebenstelle bei einer Amtslei- tung 1680 Mark, bei zwei Amtsleitungen 2100 Mark, bei drei Amtsleitungen 2520 Mark, bei vier bis sechs AmtSleitungon 3360 Mark, je 10 Meter Leitungskabel bei einer Amtsleitung 168 Mark, sür jede Amtsleitung mehr 84 Mark. Für private Nebenstellen 420 Mark, für die Nebenstelle eines Dritten ein Zuschlag von 280 Mark. Einrichtungsgebühr sür einen Hauptanschluß 1400 Mark, sür einen Nebenanschluß in demselben Gebäude 700 Mark, sür einen Nebenanschluß in einem anderen Gebäude 2100 Mark. Von fern. Die Kasseehausbesitzer gegen die Schlenrmerstener. Aus Chemnitz wird berichtet: Der Verbandstag des Reichsverbandes der Kaffeehausbesitzer und verwandter Betriebe hat sich in einer Entschließung scharf gegen die UsnnR 6A ckas L-aM ... -L ' ; Roman von Hedda v. Schmid. 891 (Nachdruck verboten.) Ella Holten hafte diesen Vetter lange im stillen geliebt, mm, fast angesichts des Todes, hatte sie ihren verzweifelten Eltern diese Neigung erngestanden, sie hatte Malte noch einmal sehen, hatte Abschied nehmen wollen. Er wußte selbst nachher nicht, wie er sich, von Mitleid übermannt, dazu hatte entschließen können, sich mit ihr zu verloben. „Es könne sie noch für eine Weile retten," hatte man ihm gesagt. „Sie habe den Willen, gesund zu werden, ver loren und dadurch ihr Leiden verschlimmert." Maltes Eltern hatten diese Verlobung nicht gebilligt, er aber hatte ein Werk der Barmherzigkeit an einem verlöschenden Menschenkinds üben wollen. Die Kranke erholte sich. Man feierte Hochzeit. Die junge Frau war sehr vermögend, das junge Paar brauchte sich in keiner Weise in seinen Ausgaben einzuschränken. Ellas hingebende Liebe zu ihm erweckte in Malte eine wärmere Empfindung für sie, und so fühlte er sich nicht eigentlich unglücklich an ihrer Seite. Thomasines Bild war nach jenem kurzen Rausch in ihm verblaßt. Dann nahm das kleine Mädchen durch seine Geburt seiner zarten Mutter die letzte gesunde Lebenskraft. Es ging bald un aufhaltsam zu Ende mit der jungen Frau v. Holten. Jetzt wußte Thomasine, aus welchem Grunde Malle damals ihr gegenüber hatte schweigen müssen. Warum aber rechtfertigte er sich gleichsam noch nach Jahren? In der An, wie er ihr die Geschichte seiner Verlobung und Heirat erzählte, lag eine gewisse Bestätigung, daß er sich schuldig gefühlt hatte, vielleicht auch eben noch nicht ganz frei von Schuldbewußtsein war. Wenn er doch wüßte, wie schnell sie damals über ihre Enttäuschung in bezug auf ihn hinweggekommcn war. Sie fand keine rechte Antwort auf seine Worte, eine etwas peinliche Pause entstand. Dann kam, zu Thomasines Erleichterung, Oda herbei, atemlos vom Waten durch das weiche Heidekraut, in dem der Fuß tief versank. Sie schwang das wehende Haferbündel wie eine Trophäe. Man begann von M. zu plaudern, der gemeinsamen neuen Heimat. „Ich werde mir natürlich ein Abonnement für das Schauspiel nehmen," warf Malte hin. „Bitte, nur nicht meinetwegen, das beanspruche ich gar nicht," rief Oda schnell. „Bewahre," erwiderte Malte im Neckion, „ich muß doch dafür sorgen, daß meine künstlerischen Interessen wachsen. Nachher kritisiere ich Ihr Spiel, Fräulein Oda, von seinen guten Freunden läßt man sich schon die Wahr heit gefallen, nicht wahr?" „Ach," sagte Oda, und eine ernste Note erklang in ihrer Stimme. „Ich spiele doch nicht für die Zuschauer. Was die über mich denken, sagen und schreiben, ist mir einerlei." „Nun — nun, Oda," schob Thomasius mit lächelndem Zweifel ein. „Aber gewiß," rief Oda, „ich spiele so, wie ich alles innerlich erlebe." Sie stritten halb ernsthaft, halb im Scherz hin und her und schlugen dann, da der Abend sich meldete, deü Heim weg ein. Es hatte nicht in Maltes Absicht gelegen, das Konzert, das durch settgedruckte Plakate an den Straßenecken ange zeigt war, mit seiner Gegenwart zu beehren. Er war nach Bornholm gekommen, um sein Kind, das bei seinen Eltern erzogen wurde, wiederzusehen. Daisy allein hatte seine Zeit hier gehören sollen. Außerdem spürte er keinerlei Neigung, dis Geselligkeit, die das Badeleben in Sandvig bot, kennen zu leinen. Die Musik, die Wind und Wellen machten, war ihm lieber als das Kopenhagener Orchester. Dock alle seine Vorsätze umstoßend, wanderte er in der neunten Abendstunde durch die engen Straßen zu „Hansens Hotel", von dessen Veranda eine Riesenlaterne wie das Feuer eines Leuchtturmes über die See strahlte. Zu Fuß, zu Rad, zu Wagen waren die Konzertgäsie aus Sandvig und der ein wenig größeren Schivesterstadt Allings eingetroffen. Der große Speisesaal des Hotels beabsichtigte Einführung einer Schlemmersteuer ausge sprochen. Sturm und Hochwasser. Im Nordsee- und Ostsee gebiet herrschte in den letzten Tagen ein schwerer Nordwest sturm, der am 20. September die größte Stärke erreichte. Infolge der Sturmflut ist die Elbe in Hamburg über die User getreten. Die anliegenden Straßen und Plätze waren überschwemmt, darunter der Altonaer Fischmarkt. Auch die tieserliegenden Keller und Kellerwohnungen der Hasen gegend standen unter Wasser. Der auf See angerichtete Schaden ist noch nicht zu übersehen. Auf der Elbe bei der Oste lief ein englischer Kreuzer aus Grund. — Nach einer Kopenhagener Meldung ist der deutsche Dampser „Thor" in der Einfahrt zur Nakskow-Förde gestrandet. Wegen des Sturmes ist es bisher nicht gelungen, dem Dampser Hilfe zu bringen. Um zehn Millionen Mark bestohlen. In einem Dorfe des Oberamts Riedlingen in Württemberg wurden der Deutschamerikanerin Mary Hager aus Newyork Schecks und Kreditbriefe im Werte von über zehn Millionen Mark gestohlen. Auf Wiederbeschaffung dieser Gegenstände ist eine erhebliche Belohnung ausgesetzt worden. Einsturz eines Gradierwerkes. Infolge eines furcht baren Sturmes stürzte in Bad Elmen ein Teil des Gradier werkes in einer Ausdehnung von 60 Metern ein. Menschen leben sind nicht zu beklagen. Das Gradierwerk des Sol bades Elmen im Ziegierungsbezirk Magdeburg hat eins Ausdehnung von zwei Kilometern und gehört zu den größeren Werken dieser Art Deutschlands. Schweres Eisenbahnunglück. Pariser Blättern wird gemeldet, daß sich in Mexiko in der Nähe von Queretaro ein Eisenbahnunglück ereignet hat, bei dem 50 Personen getötet und 17 mehr oder weniger schwer verletzt wurden. Volkswirt Ick Z kt. Diskonterhöhung der Reichs bank. Die Deut sche Neichsbank hat den Wechseldiskont von 7 auf 8 Prozent und den Lombardzinssuß von 8 auf 9 Prozent erhöht. Tas ist der höchste bisher erreichte offizielle Wechseldiskont. Der Zinsfuß der Darlehnskafsen des Reichs ist ent sprechend der Erhöhung des Reichsbankdiskonts um 1 Prozent heraufgesctzt worden und beträgt bis aus weiteres ölige.nenn sür sogenannte Vorzugsdarlehen 814 Prozent; für Darlekcu gegen Verpfändung festverzinslicher Wertpapiere einschließlich der unverzinslichen Schatzanweifungen 814 Prozent und/ für Darlehen gegen Verpfändung von Wären, Aktien und Ver gleichen 9 Prozent. Papierkrise auch in Amerika. Der amerikanische Zeitungs- verlcgerverband empfiehlt dringlich eine Einschränkung im Pa pierverbrauch. Trotz der Warnung an die Konfumenten babe der unmäßige Papierverbrauch in der letzten Zeit augehaiteu, sodaß eine Hausse aus dem Markt eintreien werde. Besonders ab Herbst werde man die steigenden Preise spüren. Die Sel tenheit der Ware werde sich in den Abichlüssen für 1923 äußern, wenn nicht sofort Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Fm ersten Halbjahr 1922 ist der Verbrauch um 11 Prozent ge stiegen, während die Erzeugung nur 14 Prozent znnahm. Da zu sind die Vorräte der Fabrikanten und der Buchdrucker sehr schwach. Der neuc amerikanische Zolltarif in Kraft. Wie der „Deutsch-amerikanische Wirtfchastsvc'rband" mitteilt, ist das neue amerikanische Zolltarifgesetz vom Präsidenten Harding unterschrieben worden, so daß es in der Nacht vom 20. zum 21. September in Kraft getreten ist. Alle nach diesem Zeitpunkt aus dem Zollhaus entnommenen Waren unterliegen nunmehr den neuen Zöllen. GericdtsbaUe. Die segensreiche Beschlagnahme. Wie man infolge einer gerichtlichen Beschlagnahme ganz plötzlich Millionär werden kann, zeigte eine Verhandlung, die sich vor einer Berliner Strafkammer abspielte. Zwei italienische Händler, Onkel und Nesse, waren aus Neapel nach Berlin geeilt, um von dem gro ßen Valutaseyen, der jetzt in Deutschland auf Ausländer her- niedsrprasselt, auch etwas zu profitieren. Obwohl sie nicht ein mal eine feste Wohnung hatten, fingen sie sofort einen schwung haften Tuchhandel an, und zwar mit solchem Erfolg, daß sich das Schöffengericht ihrer annehmen mußte und sie wegen Kettenhandels und Gewerbevergehens zu je 2000 Mark Geld strafe verurteilte. Das konnten sie natürlich „mit einer Hand" bezahlen, aber daß man ihnen außerdem noch ihre Tuchstsffe wcgnahm, das schmerzte sie tief. Die gerichtliche Beschlagnahme der Tuche erwies sich in der Folge jedoch sür die beiden Aus länder als ein wahres „Schwemeglück". Das Landgericht als Bcrufungskammer verfügte nämlich jetzt die Freigabe der Stoffe, und da das Meter Tuch inzwischen von 120 auf — 3000 Mark gestiegen ist, konnten die italienischen Herren den Gerichtssaal stolz erhobenen Hauptes als Millionäre verlassen. Der Vorsitzende des Gerichtshofes glaubte, das noch ausdrück lich konstatieren zu müssen, ein wenig ironisch, aber auch ein wenig melancholisch. war ausgeränmt worden, und Stellings hatte im Verein mit dem zweiten Hausdiener einen mit Noten gefüllten Kösser vor das Pianino gestellt. Ganz Sandvig war auf den Beinen. Eine große Anzahl von Zaungästen war erschienen. Auf der Veranda war es dicht besetzt. Mönks hatten sich ihren Tisch durch Stellings sichern lassen. Frau Mönk meinte, es wäre ungewöhnlich kühl heute abend, rs wehe feucht von der Scc heraus, und bestand darauf, daß Oda ihr Eape um die Schultern nahm. Im Dunkel der Straße, die zu Hansens Hotel hinab führte, glimmte als rotes Pünktchen Malte Haltens Zi garre. Er kam langsam herangeschlende-rt. Schon von weitem erblickte er die Schwestern Mönk, die im Lichtkreis der großen Laterne nebeneinander faßen. Die Braune diente der Blonden zur Folie, und umgekehrt. Die vier Kopenhagener Musikanten drinnen im Saal begannen zu spielen. — Einzelne Paare wirbelten bereits über den blankgescheuerten Fußboden, und bald war der ländliche Ball in vollem Gange. Der dicke Hasenkapiiän aus Allinge hatte sogar, von der Tanzluft der Jugend angesteckt, einen Walzer mit sei ner stattlichen Ehehälfte riskiert. Nun bestellte er sich schleu nigst einen Grog nach der ungewohnten Anstrengung. Malte Holten trat von der Straße aus an die Brüstung der Veranda heran. Sein Kopf war in gleicher Höhe mit Thomasine Mönks Schulter. Er dachte daran, wie es ihn damals vor fünf Jähren in jener Nacht im Eisenbahukupee gepackt hatte . . . Seine halbe Seligkeit hätte er damals darum gegeben, um mit Thomasine Mönk tanzen zu dürfen. Und heute hätte er nur eine Verbeugung zu machen gebraucht: „Eiuen Tanz — Fräulein Thoma sine. bitte!" Malte warf unmutig seine halbgeranchte Zigarre in den Straßenstaub. Er wollte sich doch nicht lächerlich machen, hier unter den Studenten und Backfischen und den Honoratioren von Sandvig mitzutanzsn. Da schwebte ja auch eben Daisys Kindersräulein, der Frau o. Holten Ur laub gegeben, im Arm eines Jünglings durch den Saal. ^Fortsetzung folgt.)