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äeMlcbe proteswotsn. EinSchledsgerichtvorgesch lagen. Die deutsche Regierung hat die französischen Zwangs maßnahmen im Elsaß (die Sperrung der deutschen Bank guthaben und die Ausweisung deutscher Reichsangehöri ger) nicht stillschweigend Hingenomnien, sondern in zwei Roten dagegen Einspruch erhoben. In der ersten stellt die Regierung zu ihrem Bedauern fest, daß die französische Regierung ihrem Wunsche, die weitere Behandlung der Ausgleichsangelegenheit bis zu den in Aussicht stehenden Verhandlungen der beteiligten alliierten Mächte zurückzu stellen, nicht entsprochen hat. Die französischen Maßnah men finden in dem Vertrage von Versailles keine Grundlage und können auch mit den Regeln des Völkerrechts nicht begründet werden. — Beson ders bedeutet das Verbot der weiteren Möbelausfuhr eine Verletzung des bestehenden Abkommens, von der durchweg minderbemittelte und ohnehin unter den Kriegs folgen schwer leidende deutsche Reichsangehörige betroffen werden. Diese Maßnahme erscheint der deutschen Regie rung um so ungerechter, als sie die ihr nach dem Abkom men obliegende Leistung seit geraumer Zeit vereinbarungs gemäß ersüllt hat. Die deutsche Regierung, hat mit ihrer Rote vom 12. Juli d. I. lediglich die Abänderung eines bestehenden Vertrages beantragt. Wenn die französische Regierung das Stundungsgesuch, ohne die Fülligkeit der Verpflichtungen der deutschen Regierung abzuwarten, mit Zwangsmaßnahmen beantwortet hat, die bestehende Ver träge verletzen, so liegt darin ein schweres Unrecht. Daher schlägt die deutsche Negierung vor, einen inter nationalen Schiedsspruch über die Rechtmäßig keit der ergangenen Anordnungen herbeizusühren. — In der zweiteuNote wird zu den Ausweisungen aus dem Elsaß gesagt: Eine Maffenausweisung, die Hunderte von Angehörigen eines bestimmten Staates plötzlich und unvorbereitet ihrer Existenz beraubt, wider spricht dagegen jedem völkerrechtlichen Her kommen und aller natürlichen menschlichen Rücksicht nahme. Im übrigen ist ein innerer Zusammenhang zwi schen den Ausweisungen und der von der französischen Re gierung zum Anlaß genommenen Frage der Ausgleichs zahlungen nicht erfindlich. Die Geldbeträge, deren Msinahme gestattet ist, sind völlig unzureichend. Der für eine ganze Familie festgesetzte Betrag von 10 000 Mark entspricht zurzeit dem Wert von 2>L englischen Pfunden oder 11 Dollar. Die Ausgewiesenen werden somit tat sächlich als Bettler auf die Straße gesetzt. Die deutsche Regierung legt gegen die getroffenen und in Aus sicht gestellten Maßnahmen der französischen Regierung nachdrücklichst Verwahrung ein. Monate Taklungsaufsckub? Wieder eine „vorläufige" Lösung. Das Kompromiß, das man von den Londoner Be ratungen erwartet, ist noch nicht gefunden. Poincars will die Kohlengruben und die linksrheinischen Forsten sofort als Sicherheit in Anspruch nehmen. Er will außerdem sür Frankreich ein Vorrecht auf ven Ertrag dieser „Garantie" haben. Beide Forderungen werden von Lloyd George abgelehnt. Trotz der pessimistischen Stimmung, die in London im allgemeinen herrscht, hat es immerhin den Anschein, daß eine Verständigung über die Einzelheiten des Moratoriumsvorschlages besteht. Es ist hohe Wahrscheinlichkeit vorhanden, daß man sich auf ein ganz kurzfristiges Moratorium einigen und die genaue Prüfung der deutschen Zahlungs schwierigkeiten und der für ein längeres Moratorium erfor derlichen Garantien erst in einigen Wochen wieder aufneh men wird. Auch in französischen Kreisen wird angenommen, daß man sich zunächst auf ein zweimonatiges Mo ratorium mit entsprechend verringerten Garan tien einigen wird, und daß alle Fragen des Neparations problems, der Zahlungsfähigkeit Deutschlands sowie der Regelung der interalliierten Schulden auf diesen Zeitraum hinausgeschoben werden. Bis dahin würde nur eine Be schlagnahme der Zolleinnahmen im Westen, beschränkt auf die Erhebung der 26 Prozent, beschlossen werden, eine Garantie, über die eine Übereinstimmung bereits erzielt war. Die französischen Blätter drohen für den Fall eines Kennst ckn äss kanÄ... Roman von Hedda v. Schmid. ' 2j (Nachdruck verboten.) Wie es zugegangen war, da? wußte Jetty nachher selber nicht, aber eine der wenigen Reisenden erster Fahr klasse stand ein« Viertelstunde nach dem Zusammenstöße der Züge vor befugtem Heidebildchen in der Lohnkeschen Wohnstube. In der allgemeinen Verwirrung, dein Schrecken, in den Jetty durch das Unglück versetzt worden war, hatte sie vergessen, ihre Heiligtümer, die Zeichenhefte in den Schrank, der ihre wenigen Habseligkeiten barg, fortzu schließen. Zum Glück hatte die Zugentgleisung kein Menschen leben gefordert — es waren nur Leichtverwundete, der Zug war schwach besetzt gewesen, das Personal des Güterzuges hatte am meisten gelitten. In seiner Schlafstube lag der seiner Sprache und des Gebrauches seiner Glieder beraubte Bahnhossvorstand Lehnke. Jetty huschte verängstigt in die Wohnstube zurück. Um das Lager des Ohms waren fremde Leute und bemüh ten sich um den Bewußtlosen. Hier am tannenen Tisch mit der bunten Wolldecke aber stand eine fremde Frau in kost barem Reisemantel und betrachtete aufmerksam den Papier fetzen, auf dem JettyS letzte Zeichnung prangte. Jetty wartete atemlos. Was würde die Fremde, die solch ein Interesse an dem kleinen Bildchen zu nehmen schien, ihr darüber sagen? Eine glühend« Röte schoß dem Kinde bis in die Schläfen, als die prüfend« Miene der fremden Fran sich nun in eine lächelnde verwandelte. Jetty wußte es — ihreArbeiten erreget«» den Spott der Fremden. Sie konnte gar nichts, wenn sie auch neulich den alten Lohnkeschen weißen Spitz täuschend ähnlich nachge zeichnet hatte. Sie war überhaupt ein Bauernkind, eben so wie die anderen, mit denen sie zusammen die Schule be sucht hatte. Wenn ihre Eltern noch am Leben wären, die Scheiterns der Verhandlungen mit einem Bruch der Be ziehungen zu England und erklären, daß Frankreich unter solchen Umständen eine Kontinentalpolitik beginnen müsse. Unter Ausschluß Englands werde man dann mit Deutschland und den übrigen Ländern Europas Sonder abmachungen treffen. „Echo de Paris", „Matin" und an dere Blätter fordern Psincarä auf, eine endgültige Ent scheidung herbeizusühren und, falls England auf feiner Unnachgiebigkeit beharre, seine volle Handlungs freiheit zurückzunehmen. Was das für Deutschland be deutet, darüber ist sich bei uns Wohl niemand im unklaren. Vie ZcheidemaM-Äiteutater geständig. Woher st ammtdieBlausäue? Die Oberstaatsanwaltschaft in Kassel teilt mit, daß der Anschlag auf den Oberbürgermeister Scheidemann, soweit die Tat in Frage stand, nunmehr völlig aufgeklärt ist. Die auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft in Kassel in Kosel festgenommenen Angeschuldigten Hustert und Oehlschläger haben gegenüber den nach Kosel ent sandten Beamten der Kasseler Kriminalpolizei ein um fassendes Geständnis abgelegt. Danach haben beide die Tat nach vorheriger Verabredung gemeinsam ausgesührt. Als sie am Psingstsonntagnachmittag den Oberbürgermei ster in die Straßenbahn steigen sahen, sind,sie ihm gefolgt und während des ganzen Weges von Wilhelmshöhe durch den Wald hinter ihm hcrgegangen. Oehlschläger trug in einem Blechbehälter die Vlausäurespritze. Außerdem führten sie eine Mehrladepisiole mit sich. Auf dem ein samen Weg nach Möllersruh hielt Oehlschläger den Zeit punkt zur Ausführung der Tat für gekommen und übergab die Spritze dem Hustert mit den Worten „nun mach's". Hustert hat dann in der bekannten Weise dem Oberbürger meister die Blausäure ins Gesicht gespritzt. Oehlschläger, hielt sich in unmittelbarer Nähe auf. Als er den Oberbür-' germeister fallen sah, hielt er ihn für erledigt und ergriff wie Hustert die Flucht, über die Herkunft der Blausäure verweigern beide jede Auskunft. Sie bestreiten entschieden, in Kassel Mitwisser gehabt zu haben. Von un6 fern. Der Zwcimilliouste. Ein glücklicher „Zählkandidal" ist der gegenwärtig in der Münchener Gewerbeschau manch erwartete 2 000 000ste Besucher. Er wird einen Pelz als Prämie erhalten dafür, daß er fortan als lebendiger Be weis für den regen Besuch der Ausstellung umherwandelt. Ferienfreuden pfälzischer Lehrer. Eine Anzahl Volks- schullchrer aus der Westpsalz ist in den gegenwärtigen Ferien als Tagelöhner im Saargebiet bei Abräumarbeiteu für den Ausbruch von Kalksteinen tätig. Die Lohnsätze, die bis zu 10 Franken täglich nach dem heutigen Kurs bis zu 700 Mark betragen, üben auf diese Lehrer also mehr An- .ziehungskrast aus als Sommerfrischen, Bäder und Kurorte, die in diesem Sommer für den deutschen Mittelstand ohne hin kaum erschwinglich sind. Touristenpech. Nach einer Meldung aus Füßen (Allgäu) fiel einem Würzburger Touristen, der sich in der Pöllatschlucht auf der Marienbrücke übers Geländer beugte, die Brieftasche mit 32 000 Mark Inhalt in die Pöllat. Erst nach mehrtägigem Suchen fand man jetzt die Tasche wieder, aber auch nur die Tasche — das Geld fehlte. Streit zwischen Schupo und Reichswehr. In Hanno ver kam es zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und NeichSwehrsoldaten. Ein Schutzpolizist, welcher an der Kreuzung der beiden Hauptstraßen, wo das Radfahren ver boten ist, einen radelnden Reichswehrangehörigen anhalten wollte, forderte ihn auf abzusteigen. Der Soldat fuhr je doch weiter. Ein zweiter Reichswehrangehöriger mischte sich ein und bedrohte den Schutzpolizisten. Als dieser rbn sistieren wollte, griff das Publikum ein, und infolge von wilden Gerüchten von angeblichen weiteren Festnahmen und von dem Anrücken einer Schwadron Ulanen stieg, die Erregung der Menge noch weiter, doch ereigneten sich keine ernsteren Zwischenfälle. Die Schupo war in Alarm bereitschaft. Erst nach Mitternacht zerstreute sich die Menge. Schifssnnglück in der Ostsee. Der Kruppsche Motor segler „Gaarden" stieß bei starkem Südostwind bei Giedscr Riff auk Grund. Das Schiff sprang leck und sank bald daraus. Der Kapitän und 8 Mann ertranken. Ein Geretteter sprang über Bord und klammerte sich an ein Rettungsboot. Gegen Abend kam der schwedische Seg würden anders für sie sorgen. Ihr Vater war Beamter gewesen. Hier in der Einsamkeit sah und lernte sie nichts — nur die Eisenbahnzüge brausten vorüber, und sie konnte ihnen sehnsüchtig nachblicken . . . Da draußen war das Leben, die Welt, in die sie sich immer heftiger und bewuß ter sehnte . . . Sie schämte sich plötzlich vor der Fremden, die ihre Blicke prüfend und wägend auf ihr ruhen ließ. Wie ein Pfeil schoß Jetty zur Stubentür hinaus ins Freie. Das Bild der Verwüstung auf dem Schienengeleise, wo mit dem Aufräumen der zertrümmerten Güterwagen schon begonnen wurde, die Verwirrung, die hier herrschte, erfüllte das Kind mit namenloser Angst. Sie mochte nichts davon sehen. Sie empfand auch keine Neugierde, sich die Trümmer der Wagen näher zu betrachten, oder sich unter die Reifenden und Beamten, die sich auf dem Bahnsteig und in der Bahnhofswirtschaft, wo man auch die Verwun deten untergebracht hatte, zu mischen. Sie dachte auch nicht daran, daß man ihren Ohm scheinbar leblos ins Haus getragen hatte, daß die Tante nicht daheim war, daß es ihre Pflicht gewesen wäre, bei dem Kranken zu weilen, sie sah nur immer das, wie ihr dünkte, „geringschätzige" Lächeln auf dem Antlitz der fremden Frau, die sich auf der Suche nach einem ruhigen Winkel aus dem draußen herr schenden Chaos in die Lehnkesche Wohnstube verirrt hatte. Wie gehetzt flog Jetty die im Sonnenlicht daliegenden bekannten Weg« dcchin. Erst der Hunger trieb Jetty am späten Abend nach Hause. Frau Lehnke war verstört, und wie sie sagte, „seelisch auseinander", daß sie Jetty wegen ihres langen Fernblei bens nicht einmal schelten konnte. Ja, sie nahm sogar schluchzend den dunklen Kopf des Kindes zwischen ihre bei den Hände und jammert«: „Ach, du mein Göttchen, Kins, Marjellchen, dm Tod hätte ich auf der Stelle davon haben können, wie ich nun hier ankomme, und Onkel so still da liegt. Und die Hetze dann, bis der Zug aus Gumbinnen kani und die Verwundeten und die anderen Passagiere alle milnahm." ler „Grundegg", mit einer Kohlenladung von ambea unterwegs, in die Nähe der Schiffbrüchigen und rettete 5 Matrosen, die er in Saßnitz an Land brachte. Absturz vom Dachstein. Im Dachstcingebiet verun glückte der Oberingenieur Dr. Clemm von den Zeiß-Werken in Jena. Er war mit Gefährten einen besonderen Weg aufgestiegen und glitt von einem sich lösenden Stein ab. Er war sofort tot. Seine Leiche wurde von dem Wirt der Wiesbadener Hütte auf einem Gletscher ausgesunden. Ein neuer Robinson. Aus der kanadischen Stadt Toronto wird berichtet, daß in der Hudsonbai ein 72 Jahre alter Ansiedler namens Neynard von einer einsam gele genen Felseninsel errettet wurde, nachdem er dort 22 Tage in großer Entbehrung zugebracht hatte. Der Ansiedler war mit einem kleinen Boot nach der Insel gefahren, um dort Vogeleier zu sammeln. Ein plötzlich aufkommcnder Sturm ritz seinen Nachen los und trieb ihn fort. Erst nach drei Wochen wurde der Erschöpfte vom Lande aus beob achtet und noch im letzten Augenblick gerettet. L^auptmann-feier in KresLau. Breslau, im August. Die vom 11. bis 20. August in Breslau stattfindenden Gerhart-Hauptmann-Festspiele, die von der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger aus Anlaß des 60. Geburts tages Gerhart Hauptmanns veranstaltet werden, nahmen gestern abend mit einer sehr beifällig ausgenommenen Auf führung des Hauptmannfchen Dramas „Florian Geyer" ihren Anfang. Dix Jahrhundert-Halle bot mit ihren etwa 10 000 Zu schauern ein eindrucksvolles Bild. Gerhart Hauptmann befand sich mit seiner Familie unter den Anwesenden. Eugen Klöpfer bot in der Titelrolle eine meisterhafte Lei stung. Nach den Aktschlüssen wurde vor allem Klöpfer durch großen Beifall ausgezeichnet. Am Schlüsse der Auf führung erschollen laute Rufe nach Gerhart Hauptmann, der schließlich zwischen Klöpfer und dem Regisseur Karl heinz Martin auf dem Podium erschien und den Dank des begeisterten Publikums zu wiederholten Malen entgegen- nahm. Anläßlich der Gerhart-Hauptmann-Festspiele hatte der Breslauer Magistrat die Absicht, dem Dichter das Ehren bürgerrecht der Stadt zu verleihen. Da aber die Deutsch- nationalen und das Zentrum gegen einen solchen Antrag stimmen oder wenigstens ihn nicht stillschweigend passieren lassen wollten, verzichtete man zunächst darauf, um in die Festspiele keinen Mißton zu bringen. Dieser Tage wird der Besuch des Reichspräsidenten und mehrerer Minister in Breslau erwartet. Volkswirtschaft. Estland bestellt sein Geld in Deutschland. Unter den vielen Angeboten, die dem estländischen Finanzministerium aus Prä gung estländlfchsr Scheidemünzen von deutschen, französischen, schweizerischen und panischen Firmen zugegangen sind, hat sich das Angebot einer deutschen Firma als das günstigste erwiese». Der Auftrag dürste daher dieser Firma übertragen werden. Die endgültigen Behandlungen sollen in Berlin gcjübrt werden: die Preisfestsetzung wird in englischer Valuta erfolgen. GencktskaUe. Schokoladenschwindel. Wan-Eta: dieser Name hat einmal, als nach der Not des Krieges noch keine Schokolade in Deutsch land hergcftellt wurde, süßeste Wünsche befriedigt. Das kam aus Amerika, war teuer, aber verbarg in lockender Packung die laug entbehrte herbe Süße der Schokolade. Man sollte meinen, daß nun, nachdem cs wieder deutsche Schokoladen in nie ge kannter Fülle und Auswahl gibt, der seltsame Reiz des fremd- klingenden Mm-Eta verrauscht sei; aber nein: als „hoch wertige Auslands-Schokolade" türmten sich die Pakete in einem Konsitürengeschäft in der Kleinen Alexanderstraße zu Berlin und man riß sich um Wan-Eta. Bis einmal auch die Polizei Appetit verspürte aus Wan-Sta, ein paar Tafeln sich ver schaffte und sie untersuchen ließ. Die Untersuchung dieser „hoch wertigen" Schokolade siel vernichtend aus: Statt 40 Prozent Kakao und 60 Prozent Zucker fand man einen minderwertigen Mischmasch von Kakao, der zum Teil noch die Schalen enthielt. Der Rest bestand aus Getreidcsiärkc und Kokosfett. Nur die Packung war „hochwertig". In erster Instanz waren die An geklagten Moses Horwitz und Moses Silbiger wegen Betruges und Nabrungsmitielfälschung zu je drei' Monaten Gefängnis und 4S00 Mark Geldstrafe verurteilt worden. In der Be rufungsverhandlung erkannte das Gericht mit Rücksicht darauf, daß die beiden als Ausländer die hier gewährte Gastfreund schaft so übel belohnt batten, wiederum aus je drei Monate Gefängnis und 3000 Mark Geldstrafe. Frau Lehnke weinte leise vor sich hin. Jetty sagte kein Wort, sie saß da und starrte an der Tante vorbei auf den leeren Winkel des Tisches, wo aus der bunten Wolldecke vorhin ihre Zeichnungen gelegt» lyrtten. Sie Ware» nun fort . . . Im Ofen unter dem Herd brannte ein Helles Feuer . . . Vielleicht waren die Blätter Frau Lchnkes Ordnungssinn, der sich selbst an die sem folgenschweren Tage nicht verleugnete, zum Opfer ge fallen . . .? Jetty getraute sich nicht, danach zu fragen. Wi« eine ahnungslose Beklommenheit lag es auf ihr. — Zwei Wochen später — es hatte sich gerade herausge stellt, daß Lehnke dauernd dienstunfähig bleiben würde, und seine Frau jammerte über das nun bevorstehende Scheiden aus der vertrauten lieben Umgebung, aus dem kleinen Paradies, welches die Amtswohnung für die bei den alternden Leute bedeutete — traf ein Brief aus Königsberg ein. Frau Lehnke, an die das Schreiben gerichtet war, be griff anfangs seinen Inhalt nicht. . . Sie rief nach Jetty, die vor der Haustür auf der Bank saß und dem träge in den Sonnenschein blinzelnden Spitz das Weiße buschige Fell kraute. „Lies," sagt« sie kurz, und gegen ihre sonstige Art un freundlich, „lies — begreifst du's?" Jetty las langsam, ihr war's, als buchstabiere sie Silbe für Silbe, damit ihr nur ja kein Wort entgeh«. In ihren Ohren Hub plötzlich ein feines Klingen und Brausen au . . . Ihr war es, als ob alle Glockenblumen mit einander da draußen auf der Heide ein Freudengeläute er tönen liehen. Nun sperrte ihr eine fremde gütige Hand die Pforten, di« in das Land ihrer sehnsüchtigen TräuE führte, weit auf ... Es war märchenhaft fchön — zu Hon, als daß man daran glauben konnte . . . Jetty lio"i wie be täubt ihre Hand mit dem Briefblatt sinken. „Ich weiß nicht, Tante," stammelte sie. ' e (Fortsetzung folgt.)