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(Intel* Aufsicht. Bon einem unserer politischen Mitarbeiter wird uns geschrieben: Das Garantieiomitee, welches am 20. Juni aus Paris nach Berlin kam, um mit der deutschen Regierung Ver handlungen über die Vorbedingungen eines Zahlungsauf schubes für Deutschland zu führen, ist nach Paris zurück- gekehrt und hat ein umfangreiches Memorandum ausge arbeitet, in wslchem auf Grund der teilweise sehr schwie rigen Verhandlungen die Richtlinien festgelegt wurden, nach denen die Neparationskommission künftig sich über den jeweiligen Stand der deutschen Finanzgebarung unter richten wird. In diesem Zusammenhänge ist schon seit einiger Zeit von einer Finanzkontrolle die Rede, welche die Entente über uns ausüben wolle, und die uns in eine gewisse Abhängigkeit von dem Gutdünken der Re parationskommission bringen werde. Die Meldungen aus dem In- und Auslände über diese Frage trafen nicht immer dasNichtige, und wenn man immerwicdervon einer drohenden „Türkisierung" Deutschlands sprach, so hat das Ergebnis der nunmehr abgeschlossenen Verhandlungen diese Befürchtungen glücklicherweise nicht bestätigt. Das wäre auch eine vollkommene Unmöglichkeit gewesen, denn die deutsche Negierung hat sich von allem Anfang an ener gisch auf den Standpunkt gestellt, daß die Finanzhoheit Deutschlands unter keinen Umständen durch irgendwelche Zugeständnisse an das Garantiekomitee beeinträchtigt werden dürfte. Das Komitee hat immer »roch weitgehende Zugeständ nisse von den deutschen Unterhändlern erlangt, um die es einen wochenlangen harten Kampf in einer großen Zahl von Einzelbesprechungen im Neichsfinanzministerium ge geben hat. Als wesentlichstes Resultat muß im Auge be- halte» werden, daß die dem Komitee eingeräumten Rechte sich in allen Stücken ausschließlich auf die Kenntnisnahme von Einzelheiten unseres Haushalts und unserer Fimnq- verwaltung beschränken. Nirgends ist dem Komitee daS Recht zugesprochen worden, durch Verbote oder Gebote einen Einfluß auf die tatsächliche Gestaltung unserer Ein nahmen und Ausgaben auszuüben. Das entspricht genau den Vorschriften des Friedensvertrages, welcher uns im Artikel 240 dazu verpflichtet, der Reparationskommisfion (und das Garantiekomitee ist bekanntlich nur ein für die "Tätigkeit in Berlin bestimmter Ausschuß der Reparations- kommission) jede gewünschte Auskunft über die finanziellen Maßnahmen der deutschen Regierung zu erteilen. Von diesem Rechte hat die Gegenseite einen allerdings sehr Hveitgehenden Gebrauch gemacht, der für unsere Regierung nur sehr schwer erträglich ist und in weiten Kreisen des Volkes gewiß scharfe Kritik und tiefe Entrüstung Hervor rufen wird. Man hat sich in den Kreisen der Entente offen bar immer noch nicht von einem fest eingewurzelten Miß trauen gegen die deutsche Finanzpolitik freimachen können. Man hat in vier Unterkommissionen eingehend die deut- Wea Einnahmen, die Ausgaben, die Maßnahmen gegen die Kapitalflucht und die finanzielle Statistik durchgeprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, daß man zwei Beauf tragte der Reparationskommission in das deutsche Finanz. Ministerium delegieren will, welche sich über di« Einnahmen und Ausgaben dauernd aus dem laufenden halten. Damit war die Kommission jedoch noch nicht zufrieden. Sie wünschte auch eine Kontrolle über die Finanzverwaltung sm ganzen Reiche. Man hat sich dahin geeinigt, daß von der deutschen Regierung selbst deutsche Inspektoren von "Zeit zu Zeit ausgeschickt werden, um die einzelnen Finanz- Ämter zu besuchen. Ein Beamter des Garanttekomitees kann diese Inspektoren begleiten, jedoch darf der zuständige Staatssekretär, wenn besondere Gründe vorkiegen,dagegen Einspruch erheben, und es ist vor allem Vorsorge getroffen, daß der Ententekontrolleur nirgends in die durch daS Gesetz in ihrer Geheimhaltung beschützten Einzelheiten der Steuerverwaltung Einblick nimmt. Die Haupttätigkeit des Garantiekomitees wird sich darauf erstrecken, vom deutschen Haushaltsplan Kenntnis Du nehmen, und zwar dann, wenn er vom Kabinett be schlossen und dem Neichsrat gedruckt vorgelegt ist. Ein wände gegen unsere Ausstellungen werden auf dem Ver handlungswege zu erledigen sein, haben aber nicht die Wirkung, daß wir dadurch zu einer Abänderung ge- zwungen werden. Von Etatüberschreitungen, zu denen Tas Finanzministerium in gewissen Grenzen berechtigt ist, muß dem Komitee von Monat zu Monat Kenntnis ge geben werden, der Stand der schwebenden Schuld aber soll ihm täglich mityeteilt werden. Man steht, daß alles das sehr weitgehende Eingriffe in unsere Finanzverwaltung sind, die für ein so großes Staatswesen wie das deutsche den Beigeschmack einer schweren Demütigung in sich tragen. Die deutsche Regierung hat jedoch in einer gewissen Zwangslage gehandelt. Schon in ihrer Note vom 28. Mai sah sie sich zu einigen Zugeständnissen gezwungen, wenn sie nicht auf das damals vereinbarte Moratorium ver zichten wollte. Nun ist bekanntlich am 12. Juli ein neues deutsches Gesuch um einen Zahlungsaufschub ergangen. Die Vorbedingung, die die Reparationskommission für das erste Moratorium stellte, nämlich die genaue Nach prüfung unserer Finanzlage, ist inzwischen erfüllt. Es versteht sich von selbst, daß nur auf dieser Grundlage auch die Verhandlungen über das neue Moratorium zu einem Erfolg führen können. Die deutsche Regierung wird daher dieser Tage eine Antwortnote auf das Memorandum des Garanfiekomitees absenden, in welchem sie ihr Einver ständnis mit den in Berlin getroffenen Vereinbarungen und den daraufhin gestellten Forderungen des Komitees ausfpricht. Die ausländische Presse ergeht sich bereits in triumphierenden Artikeln darüber, daß Deutschland nun einer strengen Kontrolle unterworfen sei. Das ist insofern richtig, als man seitens der deutschen Regierung die ge gebenen Zugeständnisse ebenfalls als eine schwere Be lastung empfindet. Es ist falsch, wenn man, wie es in Paris teilweise geschieht, unter einer solchen Kontrolle das Recht verstehen will, von den deutschen Finanzeinnahmen nicht nur Kenntniszu nehmen, sondern auch einen Ein fluß auf sie auszuüben. Das ganze Abkommen, welches sich äußerlich in einer erschreckend langen Liste gegnerischer Einzelforderungen darstellt, ist für uns ein schweres Opfer. Wenn es dazu führt, daß nun ein neuer Zahlungsaufschub und im Anschluß daran eine ausreichende Anleihe erreicht wird, dann wird rnan Lei uns vielleicht trotz schwerster Bedenken die Hoffnung haben können, daß dieses Opfer nicht vergebens gebracht wurde. * Ein Versuchsmoratorium? „Chicago Tribune' behauptet, daß mit französischer Zu- stimmung die Reparationsrommission versuchsweise ein Mora torium >ür Deutschland beschlossen habe. Die Einzelheiten seien noch nicht festgesetzt. Die Dauer des Moratoriums werde eifrig diskutiert. Die Franzosen wünschten es auf drei Monate zu beschränken, die Engländer es auf sechs Monate festzulegen. Für ihre Zustimmung verlangten die Franzosen strengste alliierte Kontrolle der deutschen Fi- nanzen, namentlich alliierte Kontrolle sämtlicher wichtigen Fi- nanzprojekte, bevor sie dem Reichstage zugehen und durchge führt werden. Politische Kunälchau. VeutfcklLnL Der H«uSh«lt der ReichSeffenbahn. Der Abschluß des ordentlichen Haushalts der Reichs bahnverwaltung für daS Rechnungsjahr 1S21 ergibt eine Einnahme von 45,1 Milliarden und eine Ausgabe von rund 52 Milliarden. Der Fehlbetrag beläuft sich mit hin auf 6I Milliarden, das ist gegenüber dem Haushalts- ansstz 1921 von 10F Milliarden eine Verbesserung um 3,9 Milliarden und gegen den Fehlbetrag im Rech nungsjahr 1920 mit 15,6 Milliarden eine Verbesserung um 8,7 Milliarden Mark. Der Fehlbetrag ist also geringer als nach der vom Reichsverkehrsminister bekanntgegebenen Schätzung. Die Verbesserung des Ergebnisses ist einerseits den Tariferhöhungen, der günstigen Verkehrsge staltung und der scharfen Erfassung aller sonstigen Ein nahmequellen, andererseits den Erfolgen aus dem Gebiete der Ausgabewirtschaft zu danken. Abspaltungen in der deutschnationalen Partei. Der deutschnationale Abgeordnete und frühere badische Minister Dr. Düringer hat in einem Schreibe« an den Reichstagspräsidenten Loebe seinen Austritt aus der Neichstagsfraktion der deutschnationalen Volkspartei er klärt. Man nimmt an, daß Dr. Düringer ein Zusammen arbeiten mit dem deutschvölkischen Flügel der Fraktion nicht für möglich hält. Gleichzeitig hat der Abgeordnete Henning seinen Austritt aus der deutschnationalen Fraktionsgemeinschaft erklärt, nachdem ein von ihm bean tragter Untersuchungsausschuß zu dem Ergebnis gelangt ist, daß gegen ihn zwar nichts vorliegt, was ihn strafrecht lich belastet, oder was ehrenrührig erscheint, daß aber die Art seiner politischen Betätigung dem Interesse der Partei nicht entspricht Die Abgeordneten Wulle und von G r a e f e - Gokdebene haben sich mit Henning solidarisch Sammelmappe für bemerkenswerte Tages- und Zeitereignisse. * Die deutsche Regierung hat dem Memorandum des Ga rantiekomitees ihre Zustimmung erteilt. * Bei den deutsch-polnischen Verhandlungen in Warschau wurde vereinbart, daß Polen den Transit nach Rußland für Deutschland sreigibt und daß Deutschland hinsichtlich der Warenausfuhr Polen ebenso wie andere valutaschwache Länder behandelt. * In Braunschweig haben sich die Fraktionen der Mehrheits sozialisten und der Unabhängigen zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammcngeschlossen. * Die Konferenz im Haag Wer die russische Frage ist ergeb nislos zu Ende gegangen. * Die Lebensmiftelpwise in Wien haben jetzt durchweg die Weltmarktpreise erreicht. Es kam zu Kundgebungen der er regten Bevölkerung. erklärt und sind gleichfalls aus der deutschnationalen Fraktion ausgetreten. Das mundtot gemachte Saarparlament. Der neue Landssrat für das Saargebiet ist unter Be gleiterscheinungen eröffnet worden, die von vornherein diese Körperschaft als die rikatur eines Parlaments kennzeichnet. Die in der Sitzung verlesene Botschaft der Regierungskommission brachte den Willen und die Be reitwilligkeit der Negierungskommifsion zur gedeihlichen Zusammenarbeit zum Ausdruck, umgrenzte jedoch die Be fugnisse des Landesrats sehr scharf. Sie wurde von den Abgeordneten mit eisigem Schweigen ausge nommen. Als dann die Fraktionsvertreter Erklärungen abgeben wollten, wurde das vom Präsidenten unter Hin weis aus die Vorschriften der RegierungskommiMon nicht zirgelafsen. Es kam zu lebhaften Szenen, wobei dis Politik der Regierung scharf verurteilt wurde. Nicht die Abge- »rdueten, sondern die Negierung treffe die Schuld, wenn keine gedeihliche Zusammenarbeit erzielt werde. Nach einer Unterbrechung der Sitzung erklärte sich der Präsident endlich mit der Verlesung der Erklärungen einverstanden. Diese waren durchweg ein feierliches Treugelöbnis zum deutschen Vaterlande. Auch die Kommunisten sagten cher Saarregierung schärfsten Kampf an. Italien. Das Kabinett de Facta gestürzt. Die italienische Kommer nahm mit 288 gegen 103 Stimmen eine Tages ordnung gegen die Regierung an. Daraufhin ist das Kabinett zurückgetreten. Bei der Abstimmung über das Mißtrauensvotum stimmten für das Ministerium nur die Nationalisten, die Rechtsliberalen, Giolittianer und Agrarier, so daß ein reines Linksministerium wahrschein lich ist. Der Faszistenführer Mussolini erklärte in der ent scheidenden Sitzung, keine Regierung sei in Italien halt bar, wenn sie in ihr Programm Maschinengewehre gegen die Faszisten aufnehme. Die Faszisten würden auf eine solche Reaktion mit einem Aufstand antworten. Polen. Der innere Zwiespalt in Polen. Der vom Hauptaus schuß des polnischen Reichsrats zum Ministerpräsidenten bestimmte Abgeordnete Korfanty erschien beim Staatschef Pilsudski in Audienz, Es entspann sich eine kurze Aus sprache, in deren Verlauf sich der Staatschef auf sein an den Präsidenten des Neichsrats gerichtetes Schreiben be rief, in dem er erklärt hat, er könne mit Korfanty an der Bildung eines Kabinetts nicht Mitwirken. Zugleich kün digte er seinen Rücktritt an. Korfanty legte dabei dem Staatschef seine Ministerliste vor, mit der sich der Staats chef aber nicht beschäftigte. , Berlin. In Swinemünde ist die Interalliierte Oderkom- mission zu einer Tagung zusammengetreten, auf der die Oderschifsahrtsakte vereinbart werden soll. Deutsch land ist durch drei Delegierte vertreten. Weimar. Das thüringische StaatSministerium hat ange- ordnet, daß an öffentlichen Dienstgebäuden des Landes bis längstens i. September 1922 die Wahrzeichen des monarchisti schen Systems zu beseitigen sind. Den Beamten ist es nicht gestattet, ohne besondere Genehmigung der vorgesetzten Behörden in den Diensträumen Bilder oder Büsten an;»- bringen. Wenn Sie Maske fällt. Novelle«« von Paul Bliß. (Nachdruck verboten.) Eines TageS sagte Fräulein Kathi Wallburg zu dem Men Herrn Bergemann: „Hören Sie, lieber Geheimrat, Sie müssen mir einen Gefallen erweisen!' „Wenn ich's kann, gern,' antwortete lächelnd der alte Herr, „nur fürchte ich, daß Sie wieder eine ganz ausge fallene Sache verlangen werden, Sie kleiner Kobold!' Das Fräulein verneinte mit einem kokett graziösen Lächeln, das alle ihre herrlichen Zähne zeigte und zwei entzückende Grübchen auf ihre Wangen zauberte- „Diesmal ist's was Alltägliches,' meinte sie lopf- nickend. -Also?' „Also — Sie müssen bei Ihrer nächsten Gesellschaft den jungen Sernau einladen.' Der alte Herr sah sie erstaunt an. Endlich fragte er: „Sie meinen den jungen Karl Sernau?" Lächelnd nickte sie. „Den Schriftsteller, jawohl, den Mann mit der Denkerstirn und dem ewig finsteren Gesicht, den sogenannten einsamen Mann, ganz recht, den meine ich!' „Weshalb?' fragte der alte Herr etwas kurz. „Weil ich ihn kennen lernen will, liebster Freund, weil der Mann, der so ganz anders ist wie die anderen, mich interessiert, — allein nur deshalb!" — Lächelnd sah sie jetzt den alten Herrn an. Dieser aber blicb ernst und schüttelte den Kopf. „Liebes Kind,' sagte er ruhig, „dieser Mann ist zum Spielen zu schade.' „Aber, Alterchen, ich bitte Sie!' „Nein, nein, es ist ja mein Ernst! Wenn die vielen Anbeter, welche schon an Ihrem Triumphwagen ziehen, Sie wieder langweilen, dann suchen Sie nur einen ande ren aus, an dem Sie jetzt Ihre Laune kühlen können, der Lrme Kerl, der Sernau, ist wirklich nicht der Maon -«für." Nun wurde auch sie ernster. „Ich verspreche Ihnen hoch und teuer, daß ich keinen Augenblick daran denken werde, dem jungen Mann den Kopf zu verdrehen." „Was also wollen Sie von ihm?" „Nun — ich — möchte ihn eben kennenlernen.' Wieder schüttelte der Alten den Kopf, schwieg einen Augenblick und fragte dann: „Kennen Sie denn seine Ge schichte?' „Ich habe einmal so etwas gehört; — unglückliche Liebe, nicht wahr?' Der Alte nickt« und machte ein betrübtes Gesicht. „Ern Jahr ist es gerade her, daß sie ihn verlassen hat. Und seft- dem hat man nichts mehr gelesen von ihm. Er scheint alle Lust und Kraft zur Arbeit verloren zu haben. Und ein so talentvoller Kerl, — schade, ewig schade um ihn!" „Also laden wir ihn ein?" „Wenn Sie trotz alledem darauf bestehen —" „WissenS ie, lieber Freund, ich will ihn kennenlernen, Weil ich einen literarischen Beistand brauche, einen guten, herrlichen Freund, mit dem ich über die Auffassung meiner Rollen fprechen kann, — deshalb allein." „Also gut, ich will ihn bitten." Als Karl Sernau am nächsten Tage den Brief des alten Herrn bekam, lächelte er wehmütig und dachte: wes halb so viele Worte? Was mag er von mir wollen? — Am liebsten hätte er auch hier abgelehnt, wie er das nun schon seit einem Jahr bei allen andern tat, diesmal schien es ihm doch zu unhöflich, denn der Brief war gar zu herzlich und lieb gehalten. Er nahm also an. Fünf Tage später war die Gesellschaft. Als Karl kam, fand er bereits ein volles Haus. Sie kannten ihn alle, und deshalb wurde er überaus herzlich bewillkommnet. Er dankte allen, sprach hier und da ein paar scherzhafte Worte, die seine waüre innere Empfindung verbergen solften, immer aber blicb die wehmüngc Lächeln und der herbe Zug im Gesicht sitzen. Dann kam der Geheimrat' und stellte ibn dem Fräu- lein vor. . Sie sahen sich beide einen Augenblick wortlos an. „Ich hab« viel von Ihnen gelesen," sagte sie endlich mit leise er zitternder Stimme. Er nickte, sah sie wieder fragend an und meinte dann mit einem Ton, der freundlich sein sollte, aber zu hart klang: „Hoffentlich haben Sie keine zu schlechte Meinung von mir!" Jetzt spielte sie wieder die Dame der Gesellschaft und entgegnete mit dem reizvollsten Lächeln: „Ihre Sachen haben mir sehr gefallen." Lächelnd nickte er nur und sein Gesichtsausdruck wollte sagen: „Die Phrase kenne ich zur Genüge!" Sie verstand ihn Wohl, ging aber nicht darauf ein, sondern fragte ganz harmlos: „Aber ich habe lange nichts mehr gesunden von Ihnen, — Sie arbeiten wohl an einem größeren Werke?" Er nickte und sagte ein kurzes „Ja". Dann kurzes Schweigen. Endlich begann er wieder: „übrigens muß ich Ihnen sagen, daß, wenn Sie forlfahrcn, Ihr schönes Talent an solchen läppischen Rollen zu verzetteln, daß Sie bald abgewirtschaftet haben werden." Sie antwortete ein wenig erstaunt: „Ich muß spielen, was ich bekomme." „Unsinn!" sagte er schroff. „Sie müssen große Par tien bekommen, Sie müssen Menschen auf die Bühne brin gen, nicht ewig diese modernen Lustfpielpuppen, die durch und durch verlogen sind. Aber freilich, dann üaben Sie ja keine Gelegenheit, Ihre neuesten Pariser Kostüme und Ihre Brillanten zu zeigen!" Jetzt lachte Sie auf: „Offen sind Sie, das ist wahr!" Fast erschrak er, daß cr sich so vergessen hatte. Aber das kommt davon, daß man sich ein Jahr lang cinschlicßt. „Entschuldigen Sic," sagte er, „ich war zu schroff." Sic aber entgegnete lächelnd: „Aber nein, ich danke Innen dafür. Miu findet ja in der Gesellschaft so wenig Menschen, die einem die Wahrheit sagen," Mit, leisem Erstaunen seh er sie au. Er wußte nicht, — sMte' das Koketterie oder Wahrheit sein?