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Ottendorfer Zeitung : 19.05.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-05-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-192205198
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19220519
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19220519
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-05
- Tag 1922-05-19
-
Monat
1922-05
-
Jahr
1922
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 19.05.1922
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Vie KuNermote. Sie sagt weder „ja" noch „nein". Nm 11. Mai übergab in Genua Tschitscherin dem itMenischen Außenminister Schanz er die Antwort der russischen Delegation auf das Memorandum. Die Nüssen haben weder mit Ja noch mit Rein geantwor tet. Sie haben die Forderungen der Artikel 1 und 13 so wie die in Artikel 7 vorgesehenen Schiedsgerichte «Szsüehnt, sich aber zur Entschädigung der eusländifchrn Kapitalisten (Gewährung von Vorrechten Sei Erteilung von Konzessionen und Beteiligung an gemischten Gesellschaften) bereit erklärt. Sie erklären, seß fte «n der Gewährung von Krediten von Regierung zu Negierung fest halten und die alleinige Gewährung von Privatkrediten als nicht aus reichend betrachten. Die Antwortnote besteht aus drei Teilen. Im erste» Teil stellt die ruffische Delegation fest, daß das Me morandum der Alliierten sowohl gegenüber dem in der Villa d'Mberti getroffenen Abkommen wie auch dem Lon doner Ultimatum und den in Cannes gefaßten Entschlie ßungen gegenüber einen Rückschritt bedeute. Obwohl dis Mächte immer davon gesprochen hätten, daß im Vorder gründe der Konferenz von Genua die Frage des Wiederaufbaues Europas stehe» solle, spreche das Memorandum nur von der Ver- rangrnheit, nicht aber von der Zukunft. Man habe der russischen Delegation nicht einmal die Möglichkeit gegeben, in der Sachverständigenkommission für Wirtschaftsfragen ihr Programm für den künftigen Wiederaufbau Rußlands »arzulegen. Weiter wird ausgeführt, daß es den Mächten, die es sich angelegen sein lassen, die Finanzfrage /Kriegs- und Vorkriegsschulden) in den Vordergrund der Verhandlungen zu rücken, in Wahrheit nur um politi sche Zwecke zu tun sei. ES heißt dann wörtlich: „Die politische und soziale Reaktion, Lie in den nieisten Staaten auf die Kricgszcit folgte, versucht durch die Niederwerfung Rußlands, das gegenüber individuellen Tendenzen kollektive Tendenzen vertritt, den Triumph des individuellen Kapitalismus durchzusctzen. Die Sowjetdelegation hat sich geweigert und weigert sich noch immer, in die Verhandlungen von Genua politische Tendenzen hineinzntragen, aber sie muß seststellen, daß die Versuchs, auf der Konferenz von Genua bas Programm einer Partei oder eines sozialen Systems triumphieren zu lassen, gegen den Geist von Cannes ver stoßen. Diese Versuche werden von gewissen Mächten unternommen. Wenn die Arbeiten der Konferenz gefähr det werden, so muß die Verantwortlichkeit dafür auf jene Mächte zurückfallen, die sich einer allgemeinen Verständigung widersetzen und dir Interessen gewisser sozialer Gruppen den allgemeinen Interessen Europas gegenüberstellen." Weitere Pläne für Genua. Ein enallscheS Blatt, welches die ablehnende Haltung der Franzosen scharf geißelt, erklärt: Die Konferenz müsse noch er- ledigen: 1. ein Übereinkommen mit Rußland, 2. die Festsetzung der östlichen Grenzen, 3. den Friedenspakt. Man könne von einer Regelung oder von einem europäischen Frieden nicht sprechen, bevor nicht die Grenzen im OsM endgültig bestimmt wären. Die Erledigung dieses Programms werde vielleicht Wochen, vielleicht Monate dauern. Lloyd George beabsichtige jedoch, das Werk zu Ende zu führen. Politische AunclscdLU. VeutfcklLnL Der OL-rp resident der Rheinprovinz Oberprästdent v. G r o o te ist am 10. Mai in Maria- Daach infolge eines Schlaganfalls plötzlich gestorben. Der Verstorbene war auf einer Dienstreise und hatte gerade »in« Unterredung mit dem Abt des Denediktinerklosters, als plötzlich eins Herzlahmung eintrat. Er hatte sich in seiner langjährigen Tätigkeit in Rheinbach, wo er 1913 sdi» SLjährigeS Jubiläum feiern konnte, gründliche Kennt nisse dtS Verwaltungsdienstes erworben,' alS er im April 1918 an die Spitze der Verwaltung der Rheinprovinz ge stellt wurde. Dis Auslieferung des Italieners Boldrini. Dis deutsche Regierung hat das Ersuchen der italie nischen Regierung nach Auslieferung des der Teilnahme an dem Vombenattentät in Mailand beschuldigten Jtalie- uers Giuseppe Boldrini am 4. Mai erfüllt. Boldrini war von den deutschen Behörden in Hagen in Westfalen km Dezember verhaftet worden. Die deutsche Negierung hat in der Auslieferungsfrage den Standpunkt eingenommen, daß Boldrini nicht eines politischen Verbrechens beschuldigt wird, da bei dem Dynamitattentat in Mailand Bomben unter anderem in Kinos geworfen und dabei auch Frauen und Kinder getötet wurden. Deutsch Östeuueick. Rücktritt des Fmanzministcrs. Auf Grund eines sozialdemokratischen Antrages, welcher die Erhöhung des Zollaufschlages mißbilligte, ist der Finanzminister G ü r t- ler zurückgetreten. Der Antrag wurde zwar, nachdem der Minister erklärte, daß er die Verordnung nicht zurückziehen werde, mit 14 gegen 12 Stimmen abgelehnt, dennoch hat Dr. Gürtler dem Bundeskanzler das Ersuchen um Ent hebung von seinem Amte überreicht. Der Bundespräsident hat den Bundeskanzler Schober mit der vorläufigen Leitung des Ministeriums betraut. München. Der Landtag nahm einen Antrag an, einen baye- rischen Wirtschaftsberatungskörper aus den ersten Wirtschaftssachverständigen der wichtigsten Wirtschaftszweige zu bilden, der über alle wichtigen Fragen der bayerischen Volkswirtschaft gutachtlich gehört werden soll. Vari-. Dom Botschafterrat ist die Entschädigung, die Deutschland für die zerstörten Zeppelin! ustjchisfe zahlen soll, auf 9 Millionen Goldmark festgesetzt worden, wo von 3 Millionen aus die Vereinigten Staaten entfallen. Paris. Wie verlautet, find die Vereinigten Staaten und England zu einem Abkommen gelangt, auf Grund dessen die Staatsangehörigen beider Länder in Palästina gleiche Rechte genießen sollen. Kopenhagen. Du Gesetzesvorlage, bctr. die Ratifikation des deutsch.dänischen Abkommens wurde von bei- den Häusern des dänischen Reichstags angenommen. Kopenhagen. Der Gesetzentwurf über die neue Militär« Verordnung setzt die Rekrutenanzahl von !1 500 aus 6700 Mann herab. Die Dienstzeit wird um 15 Tage bei der Infanterie und um zwei bis drei Monate bei der Artillerie und' Reiterei herabgesetzt. Die Wehrpflicht wird beibehalten. Melilla. Die Abbeförderung der spanischen Truppen nach der Heimat bat begonnen. Zwei Jnfan- teriebataillsne und eine Sanitätskolonne sind bereits nach Spanien eingeschisst worden. Wladiwostok. Mitteilungen von japanischer Seite deuten daraus hin. daß die Räumung Sibiriens durch Japan auf unbestimmte Zeit verschoben worden ist. Washington. Die Kommission für die Fundierung der Kriegsschulden an Amerika wird vor Schluß der Genueser Konferenz keinerlei Schritte unternehmen. Deutscher l^eiebsrag. (AuS der 207. Sitzung.) Die zweite Lesung des Haushalts des Reichsver- kehrsministertums wurde fortgesetzt. Abg. Dr. Quaatz (D. VolksPO bemängelte die von der Verwaltung für die Prüfung des Haushalts zur Verfügung gestellten Unterlagen und übte dann an den Leistungen der Eisenbahn eine abfällige Kritik. Diese haben sich im letzten Jahre zwar gebessert, so bemerkte er u. a., aber ihrer eigent lichen Aufgabe, der Güterverteilung am rechten Orte und zur rechten Zeit, sind sie nicht gerecht geworden. Das gilt beson ders von der Kohle. Die Personalausgaben sind abermals unverhältnismäßig hoch gestiegen. Obwohl die Kilomeierzahl der deutschen Eisenbahnen sich seit 1914 erheblieb vermindert hat, ist dis Zahl der von der Verwaltung Beschäftigten von 740 OVO auf 1360000 gestiegen. DleichsverkehLsminisLeu Groener: Don meinem Optimismus lasse ich mich nicht abbringen, sonst würde ich die Mißstimmung nur noch vergrößern. Ich habe das Vertrauen zu meinen Mitarbeitern und dem Per sonal, daß die Elsenbahiwerwaltung wieder vorwärts kommen wird. Industrie und Handel dürfen sich nicht der Eisenbahn verwaltung wie Gegner gegsnüberstclien, wir müssen gemein- sam suchen, dir Übelstände zu beseitigen. Da? Defizit von 1920 in Höhe von 15,6 Milliarden drückt noch heute auf unsere Verwaltung. Als der Fehlbetrag aus etwa 5 Milliarden ver mindert war, kam die Dalntawrlle und ließ den Fehl betrag wieder auf 11,8 Milliarden ansteigcn. DaS lausende Jahr wird günstiger abschUcsten. Kohlen«, Eisenpreisr, Gehälter und Löhne beeinflussen in erster Linie dar Ergebnis der Eisenbahn. Solange die Schraube weiter angezogcn wird, werden wir nicht zu ruhiger Ent wicklung kommen. Der Rrferentenentwurf deS Eisenbahn- sinanzgesetzeS hat meine persönliche Zustimmung bisher noch nicht grsunden. Einstweilen liegen die Äußerungen der Presse und der beteiligten Kreise vor. Daraufhin werden wir Weiterarbeiten. Wenn MinisterialratssteLen gestrichen werden, so werden wieder die Techniker darunter leiden, die wir für di« Elektrisierung der Dahn dringend brauchen. Sammelmappe für bemerkenswerte Tages- und Zeitereignisse. * Der englische Schatzkanzler Horne sprach über die Notwen digkeit der Regelung der internationalen Schulden und der endgültigen Festsetzung der von Deutschland zu zahlenden Re- parationssumme. * Die Verhandlungen im Ruhrgebiet haben zu einer vor läufigen Einigung geführt, die noch der Bestätigung durch die Vergarbeiterorganisationen bedarf. * Die Übergabe des oberschlesischen Abstimmungsgebietes wird Ende Juni beginnen und etappenweise in etwa 14 Tagen durchgeführt werden. Eine Übernahme der Mitropa »nd des Mitteleuropäischen Neisebureaus auf die Neichseisenbahnvcrwaltung ist einstwei len noch nicht denkbar. Die Verhandlungen über Dien st und Ruhezeit, die gegenwärtig mit den Gewerkschaften gepflogen werden, dürsten in diesen Tagen zum bef'-ödigen- dcn Abschluß kommen. Kurz vor dem Eisenbahner st reik noch sind die Beamten darauf hingewiesen worden, daß ein Streikrecht ihnen nicht zustehe. Für die Disziplinierung der am Streik beteiligten Beamten werden die vom Gesamt kabinett herausgegebenen Richtlinien loyal gehandhabt. Seit Wochen sind neue Verfahren, abgesehen von einigen besonders schweren Fällen, nicht mehr eingeleitet worden. 105 Fälle sind auf dem Disziplinarwege erledigt worden, weitere 40 bis 50 Fälle schweben, 168 Kündigungen sind ausgesprochen. Bei etwa 160 000 am Streik Beteiligten fallen diese geringen Zah len kaum inS Gewicht. Abg. Wieland (Dem.). Die Eisenbahn muß wieder zum Rückgrat unserer Finanzen werden. Das Arbeitszeitgesetz muß die bestehenden Mißstände beseitigen. Es geht nicht län ger an, daß die Norddeutschen weniger arbeiten als die Süd deutschen. Der gemischtwirtschaftliche Betrieb wäre auch für die Reichseisrnüahn die geeignete Betriebsform. ReichsverkehrSministcr Groener antwortete darauf: Wir bemühen uns, das Personal auf das notwendige Maß zu ver mindern. Die Kohlenversoraung ist unsere ernsteste Sorg«. Die großen Kriegsschäden an den Lokomotiven werden voraus sichtlich bis zum 1. April nächsten Jahres vollständig beseitigt sein. Der jetzt neueingesührte Lokomotivtyp wird den Ver kehr sehr verbessern. In der Frage der Tarifpolitik wird am 1. Juli der neue Reichseisenbahnrat seine Beratun gen aufnehmen. Die auf Niedrighaltung der Pcrsonentarife gerichteten Wünsche werden wohlwollend geprüft werden. Abg. Aufhäuscr (U.-Soz.) betonte u. a.: Alle Sozialisie- runasbestrebungen seien jetzt unterdrückt, und das Kapital füble sich heute schon stark genug, selbst die Eisenbabnen an sich zu reißen, die vor dem Kriege unbestrittenes Eigentum des Staates waren. Weiter behandelte der Redner den Acht stundentag und bekämpfte die Art, in der die Eisenbahnver- Waltung die Arbeitszeit regeln Will. Der Silendabnerstreik vor Gerickr Menne aus dem Dienst entlassen. Vor der Neichsdisziplinarkammer in Erfurt fand die Ver handlung gegen die Hauptführer deS großen Eisenbahner- streikS, der Ende Februar d. I. den größten Teil des deut schen Eisenbahnverkehrs lahmlegte, statt. Angeklagt waren der Eisrnbahnin'pektsr Menne, der Lokomotivführer Thieme und der Eiseubahnsekretär Diblik. Ihnen wurde zur Last gelegt, daß sie beim Ausbruch und bei der Fortsetzung des Streiks hervorragend mitgewirkt und dadurch ihre Pflichten als Neichsbeamts verletzt haben. Die Beschuldigten machten geüend, daß sie zur Zeit des Streikes überhaupt nicht im Be- amtenverhältniS standen, weil sie zur Leitung der Reichsge werkschaft beurlaubt waren. Vienne, der in Erfurt ein« bekannte Persönlichkeit ist, inszenierte im Sommer 1919 den Putsch der Eisenbahn beamten und fehle den Eisenbahnprästdenten Kindermann ab, um ihn durch einen mittleren Beamten Zu ersetzen. Er gab auf die Fragen des Vorsitzenden zu, daß er der geistige Führer des letzten Streiks war, und daß er, um die For derungen der Eisenbahner zu erreichen, der Negierung ein Ultimatum gestellt habe. Er bestritt jedoch, ge heime Zusammenkünfte zur Vorbereitung des Streiks veran staltet zu haben, und bestritt ferner, daß die Zeitung der RcichSgewerkschaft zum Streik gehetzt habe. Di« den Gedanken eines Streiks bekundenden Artikel sollten der Regierung nur als Warnung dienen. Die Diszipllnarkammer erkannte gegen die drei Ange schul digten auf Dienstentlassung. Von der Gewährung einer Teilpension wurde abgesehen, da keine Gründe für ein« milde Beurteilung der Handlungsweise der Beschuldigten vorhanden seren und außerdem Aussicht besiehe, daß die drei Anaeschuldigtcn in der ReichSgewerkschaft der Dewschm Eisenbahnbeamten und -angestellten einen aus reichenden Lebensunterhalt finden. Die Frage, ob die Ange- schuldigten bei der Ausübung ihrer Tat Beamte gewesen seien, wurde bejaht. Ein Strerkrecht der Beamten gebe es nicht. Ilm die Heimst. Rsman von Bruno Wagner. 47Z (Nachdruck oeröskenü L«, w«r man schon im August; und im Lk.ober sollte dis Hochzeit sein. Wenn Stahmer es ernst meinte, dann konnte er doch nicht bis zum letzten Tage warten. N h, rnrd st« hatte doch auch ein so schrecklich schlechtes Gewissen Dshonne-S gegenüber. Der dachte doch immer, e» sei alles, wie «L bisher gewesen. Sie würde eS ihm ja gar nicht sasrn kSnnen; das mußte die Mutter besorgen, wenn cs f» weit w«r. Und die hielt so große Stücke auf Johannes. Es i-sar eine furchtharr Geschichte. MS die letzten Wagen von den Ackern hereinkamen, MuZ sich Karoline ein leichtes graues Tuch um Kopf und schultern, um nicht so weithin kenntlich zu sein, und schlich sich durch den Garten hinaus. Die Mutter saß mit dem alir« Jesse« auf der Bank vor der Haustür, denn bei der schreMche« Hitze, die in den letzten Tagen über dem Lande gelastet hatte, mochte niemand so früh zu Bett gehen. DaS Schlafzimmer, daS Frau Diestel mit ihrer Tochter im Schulhause hatte, war eng und niedrig; und wenn sich Karoline auch ein eigenes Bett hatte herbringen lassen, denn auf den Stroh sticken konnte sie nicht schlafen, so war es doch besser, man blieb so lange wie möglich auf. Unbemerkt war Karoline am Feldrain entlang aus dem Dsrse gekommen. Sie hatte von ihrem Bodenfenster aus festgeftellt, daß Heinrich Stahmer noch bis vor kurzem an der Maschine gearbeitet hatte, und daß er dann, nach dem Alice von Bählow fortgeritten war, noch einen Gang über dis Felder gemacht halt». Verfehlen konnte sie ihn nicht. Jetzt begegnete si» dem letzten Wagen, auf dem Knechte und Müede saßen. Sie ging ganz «ndrfangen an ihnen voissi. Lie»«»- konnte etwas dabei finden, daß sie in -er schöne» N-endkust einen Spaziergang machte. Reben ihr zirpten die Grillen, und der süßliche Duft des Gais- Olattes, das sich mit seinen Ranken und weißgelben Blüten durch den Knick hindurchschlang, wehte ihr fast betäubend entgegen. Oben, wo ein Lupinenfeld sich leuchtend wie taufende goldener Kerzen zum Holz hinstrecktr, blieb sie stehen, denn da sah sie ihn quer über die Stoppel kommen. Er hatte sie von weitem nicht erkannt. Aber als sie mit dem grauen Tuche winkte, kenkie er seine Schritte auf sie zu. Sie hatte sich umgeblickt. ES war alles leer auf den Feldern. Schon legten sich dir Weichen Schatten deS Abends auf dir Land schaft, obwohl die Sonne eben erst hinter der Hügellehne hinabgesunken war. Im Norden zog eine dunkle Wand auf, als ob des Nachts ein Gewitter kommen sollte. Der würzige Odem des Ackerlandes, mit dem Düfte reisen Kornes beladen, in dem sich der köstliche Wohlgeruch der Lupinen mischte, zog stoßweise mit drm unregelmäßigen Aufatmen deS Gewitterwindes über Lie trockene Erde. Heinrich Stahmer hatte die Wartende erreicht. Er war braun gebrannt von der Arbeit in der Sonne; aus dem oben offenstehru.den Hemd sahen Hals und Brust wie Kupserbronze hervor. Beinkleider und Siiefel waren mit grauem Staub bedeckt. „Fein siehst du aus," begrüßte sie ihn. Nber er gefiel ihr auch so. Er war müde vom heißem Tagewerk. Doch ihre leichte anmutige Erscheinung verfehlte ihre Wirkung nicht auf ihn. Das war etwas anderes, als alle dir Mädchen, die rr heute den Tag über um sich gehabt hatte. „Kommst du ein Stück den Weg entlang mit mir?" sraate er sie und zog ihren Arm in den seinen. Bei dem vertrauten „Tu" waren sie schon längst angekommen. Sie machte sich los. „Wenn du's so eilig hast, nach Hause zu kommen, dann geh nur allein," sagte sie schnippisch. „Ich will noch spazieren gehen. Ich dachte, du solltest mir deine Felder zeigen." Er lachte. „Du hättest Bauersfrau werden sollen!" EL schmeichelte ihm, daß sir Interesse an seinem Besitz nahm. Mit einem Blick zum Himmel fügte er aber hinzu: „Wen» wir mar» nicht in einer halben Stunde waS NasssS bekommen." „Wenn du davor Angst hast!" sagte sie spöttisch — „nun, daun meinetwegen!" Er führte sie noch ein kleines Stück hinaus. „So, von hier aus kannst du die ganze Neuendammer Feldmark übersehen. Da drüben, jenseits deS Feldweges, ist schon Poggenhagen. Und hier, das gehört alles zum Stahmer- schen Hoß" Er wies mit Stolz einen großen Halbkreis und be zeichnete ihr dir Grenzen, „über dis Hälfte schönster Wri- zcnbodrn," sagte er befriedigt. „Und hier oben die schön sten Roggenschläge. Da drüben, wo es sandiger ist, haben wir Kartoffeln, — die besten in der ganzen Grgend; die kommen alle nach Lübeck. Unser bestes Weideland liegt am See, — du weißt ja, da unten, wo neben der Straße die Kühe liegen." Sie sah staunend, wie weit das reichte; das hätte sie gar nicht für möglich gehalten, daß das alles einem ein zigen gehören könnte; rmd sie sagte es ihm. Er schmunzelte. „Dafür ist es auch eine große Doppel hufs, eigentlich noch eine halbe Huse mehr. Mein Alter bat zu dem Ererbten viel zugetauft, und ich deute das auch zu tun, wenn ich den Hof habe. Weißt du» da drüben vom Poggenh-agener Gebiet schneidet mir so ein Zipfel gerade die schönsten Schläge entzwei. Der Daron wird eines Tages doch verkaufen müssen; das Gut wäre längst um die Ecke gegangen, wenn die Tochter nicht so sparsam ge wirtschaftet hätte." Karoline fah ihn überrascht an. „Die Baroneß? Du scheinst ja sehr viel auf sie zu halten? Warum gibst du dich denn noch mit ihr ab?" Er lachte. „Sei doch nicht dumm! Was geht mich die Baroneß an? übrigens wird sie mit aller Sparsamkeit das Gut nicht hatten können, so lange der Baron nicht die ganze Wirtschaft umtrempelt. Bei uns ist anderer Zug darin. Wir haben auf die alt« Holsteinische Koppelwirt schaft eine verbesserte Fruchttvechselwirtschaft aufgebaut, das Atte mit dem irrten Neuen vereinigt. Das verstehen di« großen Herren nicht; da soll immer alles mit einem Sprung erreicht werden. Und wer zn kur- spHrrgt, liegt t» Graben. (Fortsetzung folgt.)
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