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s ^lock) eine MeäergutmÄck>ung. ! Von einem unserer politischen Mitarbeiter wird uns ^geschrieben: Die aus ihren Arbeitsgebieten vertriebenen Kolonial- deutschen traten soeben in Berlin zusammen und faßten eine Entschließung, in der die Rückgabe der geraubten Kolonien gefordert wird. Der Versailler Vertrag hat Deutschland die Kolonien mit der Begründung entrissen, daß Deutschland sie nicht verwalten könne und das Recht verwirkt habe, als zivilisierte Macht aufzutreten und Neu land zu zivilisieren. Die Entente hat sich nicht gescheut, den Krieg auch auf Afrika zu übertragen, und dort haben Schulter an Schulter mit den deutschen Truppen die Ein geborenen für Deutschland gekämpft und dadurch ihre An hänglichkeit und ihre Dankbarkeit für die deutsche zivilisa torische Arbeit erwiesen. Offiziell stehen die ehemals deut schen Kolonien unter der Verwaltung des Völkerbundes und die Mandate sind noch nicht endgültig verteilt, aber schon zeigt sich der Verfall in den Kolonien sowohl bei den von England als auch den von Frankreich verwalteten. Die rechten Kinder Deutschlands sind zu Stiefkindern ihrer Mandatare geworden. Die fremde Kolonifationsarbeit geht darauf aus, alles Deutsche aus den Kolonien auszu- rctten und dafür die eigene nationale Eigentümlichkeit zu übertragen. Namentlich die Engländer haben mit allerdings zu weilen recht grausamen Mitteln ihre Kolonien hochzu bringen verstanden, bei den ehemaligen deutschen Gebieten versagt ihre Kunst, und das ist ein glänzendes Zeugnis für die deutsche Arbeit, das die Lüge von dem mangel haften deutschen Verständnis für Kolonisation schlagend widerlegt. Die Verwaltung der deutschen Kolonien wird auf diese Weise für die Mandatare eine immer größere Last. Deutschland gab seinen Überschuß an Vslkskraft und an finanziellen Möglichkeiten für seins Kolonien aus. So machte die Erschließung solche Fortschritte, daß dis Kolonien nicht mehr unrentabel waren. Aber der Krieg hat auch hier vieles zerstört, und so gilt es jetzt, von neuem anzufangen. Wenn die fremden Mandatare glaubten, sie würden eine weitere Einnahmequelle erhalten, haben sie sich geirrt, die Verwaltung der Kolonien kostet ihnen weit aus mehr, als sie einbringt. Dabei geht der Wohlstand unserer ehemaligen Kolonien dauernd zurück. Die sozialen Verhältnisse haben sich erheblich verschlimmert, die Ein geborenen fühlen sich unglücklich und verlangen die deutsche Verwaltung zurück. Noch ist die Mandatsverteilung nicht endgültig erfolgt. Es ist nicht ausgeschlossen, daß, wenn die Befriedung der Welt weitere Fortschritte macht, auch Deutschland wieder herangezogen werden muß zur Ver waltung seiner alten Arbeitsgebiete. Aber das hat noch gute Wege, und nur die Verhältnisse, die stärker sind als die politischen Interessen der Mächte, können dazu führen. Aber die wirtschaftliche Entwicklung geht darauf hinaus. England namentlich macht es wenig aus, ob es zu seinem Kolonialbesitz, der an sich schon übergewaltig ist und dem Mutterlands die größten Schwierigkeiten macht, einige Ge biete behält, die ihm auf lange Zeit hinaus nur um so größere Kosten machen. Es fühlt den Ausfall in doppelter Hinsicht. Wenn England für die Revision der Reparations bedingungen eintritt, so wird es dabei durch seine wirt schaftlichen Notwendigkeiten gezwungen, durch die es darauf angewiesen ist, Deutschland unter seinen Kunden zu sehen. Wenn aber diese Revision glücklich sein sollte, wird es sich zeigen, daß das deutsche Wirtschaftsproblem trotzdem noch ungelöst bleibt. Deutschland kann als Kon sument um so eher für England eine Quelle des Gewinns sein, als seine Volkswirtschaft die früheren Grundlagen ihres Gedeihens zurückerhält. Deutschland wurde aber in seiner ganzen Entwicklung immer mehr auf seine kolo niale Tätigkeit angewiesen, wo es den im Mutterlands nicht notwendigen Zuwachs an Menschen und Werten anlegte. Nur wenn diese Voraussetzungen wieder be stehen, kann es ein zufriedeneres und kaufkräftigeres Deutschland wieder geben, und England würde bei einer teilweisen Rückgabe der Kolonien an Deutschland min destens durch Einsatz Deutschlands als Mandatarmacht auf der einen Seite die Ausgaben für diese Kolonien und die Verwaltungsarbeit einsparen, auf der andern Seite durch Deutschlands gehobene Kaufkraft Nutzen ziehen. Frankreich wird freilich die gewonnene Vergrößerung mit äußerster Zähigkeit verteidigen, wie es überhaupt einer Revision des Friedensvertrages die größten Widerstände entgegensetzt. Der Kolonialbesitz dürfte also auf lange Zett hinaus nicht in vollem Umfange zu Deutschland nneverrehrrn, aber die Entwicklung bereitet es vor, daß wenigstens ein Teil zur Stützung der deutschen Volks wirtschaft zum alten Mutterlands zurückkehrt, und zwar rein aus wirtschaftlichen Notwendigkeiten, die ebenso im Interesse Englands wie in dem Deutschlands liegen. Oie Tagung der Koloniaweutfchen. Berlin, tm Mai. In der Aula der Universität fand der Hauptfestakt der Ar beitsgemeinschaft der kolonialen und kolonial interessierten Vereine Berlins statt. Der Rektor der Universität Geh. Rat Prof. Dr Nernst hielt die Begrüßungsansprache über das Thema Wissenschaft und koloniale Betätigung, in der er aussührte, die Veranstaltung der gegenwärtigen Ko lonialtagung bezeuge, daß Verständnis und Sinn kür Deutsch lands koloniale Betätigung jetzt noch weiterleben. Prof. Nernst hob hervor, welche Leistungen die deutsche Wissenschaft auf dem Gebiete der Kolonialforschung und der in den Kolonien auf- troienden Seuchen auszuweisen habe. Es sei zu hosfen, daß auf den Stillstand unserer Kolonialpolitik wieder ein Ausstieg folge» werde. Der ehemalige Gouverneur von Deutsch-Sttd- West-Afrika Seitz besprach die Wirksamkeit Deutschlands in Togo, Kamerun und Deutsch-Südwest-Afrika. Der jetzige Zu stand sei unhaltbar. Es müße die Forderung erkämpft werden, daß die deutschen Kolonien wieder unter die deutsche Hoheit gelangen. Oie kommende Twangsan leibe. Annahme des Gesetzes im Reichsrat. In seiner letzten Sitzung beschäftigte sich der Reichsrat mit den Einzelheiten des Zwangsanleihegssetzes. Dis Ausschüsse haben die Vorlage in wesentlichen Punkten ge ändert, teilweise unter Widerspruch der Reichsregienmg. Die Ausschüsse beschlossen, daß unmittelbar nach Ab schluß der zinslosen Zett, also vom 1. November 1925 ab, bereits 4 Prozent Zinsen gezahlt werden. Eine weitere Änderung bezieht sich auf die Freigrenze. Die Ausschüsse haben sie erweitert in der Weise, daß einmal ohne Rück sicht auf dis Art des Vermögens INO 000 Mark sreibleiben, dann aber auch die Freigrenze sich auf 800 000 Mark er höht, wenn das Vermögen hauptsächlich aus Vermögen im Sinne des 8 9 des Vermögenssteuergesetzcs besteht und das Gesamteinkommen für 1921 30 000 Mark nicht über steigt. Die Freigrenze von 1 Million ist hauptsächlich aus den Fall beschränkt worden, daß das Einkommen beson ders aus diesem Vermögen herrührt und das Gesamtein kommen 50 000 Mark nicht übersteigt, soweit es sich um Personen handelt, die entweder über 60 Jahre alt oder erwerbsunfähig sind. Der Tarif, der für die natürlichen Personen ursprüng lich für die ersten 250 000 Mark 2 Prozent vorsah, ist da hin geändert, daß für die ersten 100 000 Mark 1 Prozent und für die nächsten 150 000 Mark 2 Prozent gezeichnet werden sollen. Der Reichsrat nahm die Beschlüsse des Ausschusses an/ flolitilebe AimälckAk. veutfMLNck. Die deutschen Men von 1871 bis 1914. Unter dem Titel „Die große Politik der Europäischen Kabinette 1871 bis 1914" beginnt demnächst die Samm lung der diplomatischen Akten des Auswärtigen Amtes zu erscheinen. Die Drucklegung der ersten sechs Bände dieses großen Aktenwerkes der deutschen Regierung ist jetzt beendet. Das Werk ist ein Ergebnis der Öffnung der deutschen Archive. Das diplomatische Aktenmaterial des deittschen Auswärtigen Amtes zur Geschichte der euro päischen Politik in der Zeit vom Frankfurter Frieden im Jahre 1871 bis zum Beginn des Weltkrieges soll hier der Öffentlichkeit übergeben werden. Die erste jetzt fertig- gestellte Gruppe enthält das Menmaterial der Zeit vom Frankfurter Frieden bis zur Entlassung des Fürsten Bismarck. Erhöhung der Gebühren für Geschworene. Der Neichsjustizminister Nadbruch hat soeben im Reichstag den Entwurf eines neuen Gesetzes über die Ent schädigung der Schöffen, Geschworenen und Vertrauens- Personen eingebracht. Der neue Entwurf sieht folgendes vor: Die Schöffen und die Vertrauenspersonen des Aus schusses erhalten eine angemessene Entschädigung sür den ihnen durch ihre Dienstleistung entstehenden Ver dien st ausfall und den mit der Dienstleistung ver bundenen Aufwand sowie Ersatz der Fahrkosten. Die Sammelmappe für bemerkenswerte Tages» und Zeitereignisse. * Die amerikanischen Finanzleute machen eine Anleihe cm Deutschland davon abhängig, daß die Entente auf weitere Ge- wultmaMahmen gegen Deutschland verzichtet. * ReichZwirtschaftsminister Schmidt erstattet« im Reichs tagsausschuß einen Bericht über Genua. * In Blumenau bei Wiener Neustadt flog eine Dynamit fabrik in die Lust. Die Zahl der Toten und Schwerverletzten wird auf etwa 2S0 geschätzt. Höhe der Entschädigung und der Fahrkosten bestimmt dte Reichsregierung mit Zustimmung des Reichsrats durch allgemeine Anordnung. Entschädigung und Fahrkosten werden nur auf Verlangen gewährt. Die Neuerung des Gesetzes besteht darin, daß für die Höhe der Entschädi gung kn erster Linie der Verdienstausfall maßgebend ist, daneben aber auch der Aufwand für die Ausübung des Ehrenamtes noch vergütet wird. Dke Einführung einer Fremdensteuer. Die Vorberatungen der Rekchsstellen sind jetzt so wett vorgeschritten, daß in der allernächsten Zett eine gemein same Besprechung über die Einzelheiten der geplanten Fremdensteuer stattfinden kann. Dabei fall der Weg zur Erreichung des Zieles genau festgelegt werden. Maßnahmen gegen Seucheneinschleppnng. In Berlin sand nnter Beteiligung aller zuständigen ministeriellen Ressorts «nd Gesundheitsämter eine Konfe renz statt, um Maßnahmen für den Fall einer Einschlep pung von Cholera und Fleckfieber aus Osteuropa zu tref fen. In Frage kommt dabei die Überwachung der Eisen bahnen, der Schiffe, eine Kontrolle der Wasserversorgung und gegebenenfalls die Einrichtung von Quarantäne- stationen. Die Pensionskürzungen km Reichstagsausschuß. Das Pensionskürzungsgesetz beschäftigte den Haupt ausschuß des Reichstages. Angenommen wurde ein Zen trumsantrag gegen die sozialistischen Stimmen, nach dem erst Arbeitseinkommen über 60 000 Mark den Kürzungen unterworfen werden fallen. Ausgenommen wurde die Bestimmung, daß das Gesetz keine Anwendung finden soll auf Personen, die nach Vollendung des 60. Lebensjahres auf Wartegeld oder in den Ruhestand versetzt werden. Der Demokrat Delias will in der zweiten Lesung einen Antrag stellen, daß die Bestimmung auf zwangsweise auf Grund ärztlicher Atteste pensionierte Beamte ausgedehnt werde, die bereit seien, wieder in den Dienst einzutreten. Kelgien. Genua vor der Kammer. Der Minister des Äußeren, Jaspar, hat den Verlauf der Genueser Konferenz in der Kammer geschildert und erklärt, daß die Genueser Be schlüsse auf eine sehr glückliche Weise eine neue Zeit er öffneten. Sodann sprach er von der Wirtschaftskommission, der die ungeheure Aufgabe gestellt gewesen sei, Mittelund Wege zu finden, um den internationalen Handel wieder zu einem regelmäßigen Rhythmus zu verhelfen. Er er innerte an den durch den Vertrag von Rapallo geschaffe nen Zwischenfall und sagte, dieser sei einer von denjenigen gewesen, die dem Erfolg der Konferenz den schwerste« Schlag versetzt hätten. Berlin. Der NeichSrat hat daS deutsch-polnische Abkomme« von Genf über OSerschlesien angenommen. Hamburg. Die Tagung des Reichsverbandes der deutschen Industrie wurde nach einem letzten Vortrags des früheren preußischen Landwirtschastsministers Dr. Warmbold über das Verhältnis von Industrie und Landwirtschaft ge» schlossen. Oppeln. Den Beamten der oberschlesischen Abstimmung-» Polizei ist die Stellung zum 25. Juni gekündigt worden. Sie werden durch Schutzpolizei ersetzt. Ebenso wurde den An» gestellten der Kreiskontrolleure gekündigt. Warschau. Der Ministerrat billigte einen Gesetzentwurf über die Anwendung der Verfassung der Republik Polen und die Einführung von Änderungen in der bisherigen Gesetz gebung für das Polen angeschlosscne Gebiet Ober» s ch l e i i e n s. Moskau. Der Rat für Arbeit und Verteidigung hat dem Revolutionären Kriegsrat der Sowjetrepublik den Vorschlag gemacht, die im Jahre 1900 geborenen Rotarmisten auf unbestimmte Zeit zu beurlauben. Eine idyllische Sommerfrische. Von Lotte Winfeld. (Nachdruck verboten.) „Dä ist e?,* stöhnte die Rätin. Es schien ungewiß, wer die Ehre hatte, dieser „Er" zu sein: der Omnilms, der die zahlreich versammelten Sommergäste von der Bahnstation abholen wollte, der bebrillte, furchtbar wurstig aussehende Kutscher auf dem Bock oder ser seine grünen Vorposten bis an das Stations gebäude aussendende Wald, von dem die Frau Rätin die ganze Eisenbahnfahrt über geschwärmt hatte. Als der Wagen feine vorsintflutliche Rückklappe ein ladend herabließ, um die Tragfähigkeit seines blankge scheuerten Trittbrettes an den Füßen der seiner Harrenden zu erproben, wußte man, daß Frau Rätin ihn gemeint. So viel Indignation lag in ihrer Miene, während sich ihre kurze Gestalt an dem hohen Wagen emporwuchtete. Ziehende Hände halfen von oben, stoßende — an der Kehrseite der Medaille — von unten. Das Trittbrett ächzte, hielt aus Rache dke eine Rockseite der Rätin fest und entschleierte auf der andern ein sittsam tief bis zu den Stiefeln hinabgehendes weißes Hosenbein. — Endlich saß man. Frau Rärin mit wogendem Busen und böse herabhärigender Unterlippe neben einer schmächtigen Kleinen, die bald schüchtern zu dem männlichen Koloß an ihrer linken Seite, bald zu der imposanten Weiblichkeit der Alten hinüberschielte. Der Kutscher, dessen runde Augen eulenhaft ruhig durch die Brillengläser schauten, klappte die Wagenwand hoch. Wie Mäuse in der Falle saßen die Sommersrischler. Im schmalen Mittelgang blähten sich, jede Bewegung un möglich machend, Handkoffer, Schachteln und Körbe. „Fertig —sagte der biedere Rosselenker. „Fertig!" echote die Rätin wütend. „Haben Sie mir nicht im vorigen Jahre versprochen, Herr Knusemeher, nicht wieder mit diesem Wagen zur Bahn zu kommen?" Alle horchten auf. Das war also Knusemeher Per- WM. - „So siehste aus —!" brummte der Dicke neben dir blassen Kleinen. Knusemeher hatte auf die An zapfungen der Rätin nur ein breites, beschwichtigendes Grinsen. Die Sitzflächen der Eingepferchten reagierten schmerzhaft auf die Tücken des federlosen Wagens. In schwarz-weißem Übermut lachten dis Grenzpfähle auf den über die Chausseesteine hüpfenden Wagen herab. Wie der Alte noch immer springen konnte —! Frau Rätin, so weit es das Wabern ihrer Körperfülle zuließ, begann die Reifegefährten eingehend zu mustern. Wie hatte sich die Knusemeyern diesmal das Haus voll geladen —! Plötzlich begegnete ihr kritisches Augenpaar einem andern, lustig lachenden. — — „Nee, Frau Korf, Sie sind das —? Ist Las aber schön —! Nun können wir wieder gemeinsam Erdbeeren pflücken —. Dieser ent setzliche Wagen —I Nein, Frau Korf, wie halten Sie das bloß aus —I" Das boshafte Unterstreichen des Wortes — Sie — man konnte nämlich durch Frau Korfs blaue Mantille sämtliche Rippen ihres mageren Körpers zählen — war die Introduktion zu einem kleinen Geplänkel, wie es Frau Rätin noch vom vorigen Jahre in dankbarer Erinnerung hatte. „So gut wie Sie, Frau Rätin, bin ich natür lich nicht gegen Schlag und Stoß gepolstert," gab die Hagere spitz, aber gutlaunig zurück. „Dafür schnappe ich Ihnen nachher die besten Erdbeeren weg, weil ich mich schneller bücken kann." Der Falstaff neben der bleichen Kleinen lachte dröh nend. — Schlingernd zuckelte das Gefährt durch die be törend duftende schmale Straße, die der Wald vor den Reisenden auftat. Purpurn schimmerte es zu beiden Seiten im Moose. — „Erdbeeren!" riefen die blonden Mädels, die sich bisher, wie Küchlein unter den Flügeln der Henne, hinter den Jackenärmeln ihrer kleinen Mama verkrochen. Alle reckten die Hälse nach den Früchten. Der Wagen hielt. Der Falstaff, der sich seinen Reise genossen als ein Herr Brümmer aus Pankow vorgestellt, brach sich kraft seines furchterregenden Umfanges als erster Bahn, stellte sich breitbeinig Vorm Schlage auf uns machte sich ans Geschäft des AbladenS. Wit derselbe« federnden Eleganz setzte er die dicke Rätin wie die hagere Frau Korf auf die grasbewachsene Straße. Aus dem Gittertor des „Waldwinkels" hatte sich in zwischen eine seltsame weibliche Erscheinung gelöst. Schwar zes Haar krauste sich zigeunerhaft um ein braungebranntes rundes Gesicht, aus dem zwei furchtbar erstaunt blickende vorquellende Äugen die Sommergäste ankugelten. DaS nicht ganz einwandfreie Gewand hatte Ähnlichkeit mit einem Balletteusenröckchen, aber die schweren Holzpan toffeln an den nackten Füßen der Frau sirafte« dte Illu sion Lügen. „Na, Frau Knusemeher, Sie haben ja dies Jahr heidenmäßiges Glück mit den Gästen," sagte dte Rätin, ironisch den Anzug der Wirtin musternd und sich an der entsetzten Verwunderung der fremden Gäste weidend. „Ja, fo viele neue Herrschaften!" Frau Knusemeyers Augen wurden immer größer. „Das mit dem brieflichen Vermieten, liebe Frau Rätin, hat mir meine Nichte be sorgt. Die is aber nu weg. — Aujust!" rief sie ver zweiflungsvoll, „nu sag' bloß, wo sollen die Herrschaften alle wohnen?" „Wird schon Platz sein," war dis gemütliche Antwort. „Die Sache kann gut werden," lachte Falstaff-Brämmer. „Achott, achott!" jammerte Frau Knusemeher, indem sie hochgeschürzt vor ihren Gästen her ums Haus trippelte. „Und ich bin mit meine Wäsche nich' fertij jeworden!" Und „Aujust" stampfte mit einem gemächlichen: Komm' Se man alle mit!" ins Haus. Sauber war's auf Diele und Stiege, und die puppen stubenähnlichen Stuben entbehrten nicht einmal aller Be haglichkeit. Aber es zeigte sich, daß die abwesende Nichte jedes Zimmer dreifach vermietet hatte. Falstaff entpuppte sich als ein organisatorisches Talent ersten Ranges. Im Nu waren die ratlosen Sommerfrischler in den Zimmern verstaut. Frau Knusemeher wurde von der Pumpe im Hofe, wo sie nackten Fußes Wäsche spülte, weggeholfl mußte Kafsee kochen, Betten vom Boden holen, die kleine, wir ein gerupftes Huhn ausschauende Magd auf Borg «ach Geschirr untz Stühle« in da» Dorf schicken, bis sich