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Gelckicktmacder. Von einem politischen Mitarbeiter wird uns ge schrieben: Während die Ärzte und Heilgehilfen Europas sich in Genua um die Gesundung der alten Welt bemühen, haben zwei Prozesse die Bazillen aufgedeckt, die sie vergifteten. Der Fechenbach-Eisner-Prozeß in München hat die Fäl schungen Eisners über die deutsche Schuld am Kriege bloßgelegt. Die Voruntersuchung gegen den Fälscher Erich Anspach lieferte eine unglaubliche Fülle schändlich ster Erfindungen zutage, durch die sich die alliierten Kom missionen, ja die alliierten Regierungschefs haben täuschen Hassen. Erschreckend zeigt dies eine Sittenverderbnis, die Saum zu überbieten ist. Beide Fälscher sind durch die Großmannssucht kleiner Fähigkeiten, eine politische Rolle zu spielen und die Zeitgenossen zu beeinflussen, zu ihrem Verbrechen getrieben. Beide haben ihrem Volk und Vater lande unermeßlichen, nicht gut zu machenden Schaden zu gefügt, den Generationen zu büßen haben. Die ganze Weltgeschichte ist durch die erlogene Be hauptung von der deutschen Kriegsschuld in eine falsche Bahn gedrängt. Ob nur Eisners Veröffentlichungen daran schuld sind, kann man nicht sagen, die Lüge spukte schon lange vorher herum, sie ward zur geistigen Kriegs- Waffe gegen Deutschland, sie war die Grundlage des Frie- denSdiktats, doch ihr fehlte der Beweis, bis Eisner aus dem bayerischen Staatsarchiv verstaubte Akten vorholte und die, die er dort nicht mehr fand, sich in Abschriften besorgte, die Stellen, die die deutsche Kriegsschuld wider legten, fortstrich und die so gewonnenen Fälschungen dem Feinde übergab. Amtlich war somit von deutscher Seite die deutscG Urheberschaft am Kriege bezeugt, so daß alle Versicherungen der Wahrheit unfruchtbar bleiben mußten. Das wurde die Grundlage des Versailler Schandfriedens, die noch heute besteht, nachdem freilich reichlich spät die Wahrheit durch eine Privatklage erwiesen ist. Sind die alliierten Staatshäupter durch die Machen schaften eines Ministerpräsidenten getäuscht, itt ihrer vor gebildeten falschen Meinung im guten Glauben bestärkt worden, so ist das bis zu einem gewissen Grade verständ lich, um so eher, als die deutschen Regierungen die Fäl schungen nicht aufgedeckt haben. Aber das ändert nichts an der Tatsache, daß der Artikel 231 des Friedensvertra ges, der die deutsche Kriegsschuld besiegelt, eine Unwahr haftigkeit ist, zu deren Berichügung die deutsche Regierung nichts unterlassen dürste, auch wenn es bei dem Stande der nenen Verhandlungen augenblicklich-eine Verzögerung für diese Hervorrufen würde. Es handelt sich um das heiligste Gut eines Volkes, um seine Ehre, die zu verteidigen oberste Pflicht der Regierung ist. Das Urteil im Eisner- Fechenbach-Prozeß muß mehr werden als dir Feststellung einer Tatsache. Das Verlangen nach Revision des Frie dens erfährt hier seine moralische Begründung nicht nur für Deutschland. Daß Deutschland aber inzwischen nicht zur Ruhe kommen konnte, daß die Haßinstinkte weiter auf gepeitscht, scharfe Noten geschickt und Sanktionen auferlegt wurden, das ist der traurige Ruhm eines Schurken, der mit scheußlicher Niederträchtigkeit aus der Verleumdung des Volkes eine verbrecherische Liebhaberei machte. Ein vier- nndzwanzigjähriger Mensch ist dieser Erich Anspach. Er hatte nicht einmal wie Eisner die Illusion, durch seine Fälschungen von seinem Volke die Schuld auf das kaiser liche Regime abzuwälzen, er freute sich an der Qual seines Volkes, wenn er durch seine Lügen eine neue Schikane gegen Deutschland hervorrief. Wie konnte es nur möglich sein, daß offenbar gegen eigene bessere Überzeugung die alliierten Kommissionen auf plumpe Fälschungen eines Verbrechers hin die folgenschwersten Entscheidungen tra fen, Volksmeinungen entstehen konnten wie in Frankreich, die auch nicht die geringste tatsächliche Grundlage außer der eignen Voreingenommenheit hatten? Wir könnten über diesen argen Hineinfall der Fran zosen und Polen natürlich herzhaft lachen, wenn wir nicht selbst den Schaden davon zu tragen hätten. Man 'st bei der Unwahrscheinlichkeit, hierbei guten Glauben der Miierten anzunehmen, fast zu der Vermutung veranlaßt, daß die gehässige Macht, die die Vernichtung Deutsch lands anstrebt, dieses Individuum nur als Ausführungs organ benutzt habe. Daß Anspach auch Fälschungen ande rer Art begangen hat, spricht nicht unmittelbar dagegen, sondern würde höchstens die Organisation des Verbrechens beleuchten, und Anspach dürfte nicht der einzige sein, den Frankreich zu Spitzel- und ähnlichen Diensten in Deutsch land mißbraucht. Den wirklichen Tatbestand wird man mit Sicherheit wohl niemals feststellen können, aber nur durch eine solche Aufklärung könnten die angeblich ver führten Negierungen glaubhaft machen, daß sie ihre Fin ger nicht in das schmutzige Gewerbe gemischt haben und daß sie ihre Irrtümer revidieren. Aber für eine solche Änderung der Haltung haben wir leider noch keinen An haltspunkt. Genua vor clem Snäe? Poincar 6 gegen die Russen-Kommission. Die „Stimmungsberichte" aus Genua, die allerdings mitunter sehr schnell ihre Farbe wechseln, stehen gegen wärtig aus „baldiges Ende". Die Franzosen zeigen sich in der Russen-Frage unnachgiebiger, als man anfangs hoffte. Barthou hat neuerlich scharfe Weisungen von PoincarS erhalten. Infolgedessen trat die französische Delegation in der Kommissionssitzung gegen die längere Fortsetzung der Konferenz und gegen die Einsetzung der „Russen-Koin- mission" auf. Die Anschauungen darüber, wann die Kon ferenz endgültig zu Ende gehen wird, sind geteilt. Wäh rend man auf englischer Seite glaubt, die Konferenz werde noch mindestens acht bis zehn Tage dauern, sind die Fran zosen der Ansicht, daß bereits in den nächsten Tagen zum Schluß kommen werde. Die große Frage ist vorläufig nur noch, ob der Friedensplan Lloyd Georges noch erledigt wird, oder ob er infolge des französischen Vorstoßes unter den Tisch fällt. Bedenklich ist es, daß auch Chamberlain in einer Rede in London erklärte, er sehe die Aussichten für die Genueser Konferenz augenblicklich als nicht sehr hofsnungsreich an. In Londoner ministeriellen Kreise erwartet man, daß Lloyd George schon in kur zem nach London zurücklchre- Sicheres aber weiß im Augenblick noch niemand. politische Auncllckau. veutscklLnL Der Arbeitsplan des Reichstages. Der Ältestenrat des Reichstages hat sich entschlossen, in der laufenden und nächsten Woche die Plenarsitzungen von 1i Uhr vormittags bis 7 Uhr abends auszudehnen, um bis zum 31. Mai mit dem Etat und mit der großen politischen Debatte aus Anlaß der Konferenz in Genua fertig zu werden. Diese Debatte wird selbstverständlich erst nach der Rückkehr der deutschen Delegation aus Genua stattfinden. Tie Autonomie der Neichsbank. Im Hauptausschuß des Reichstages wurde der Gesetz entwurf über die Autonomie der Reichsbank beraten. Da bei führte Reichsbankpräsident v. Havenstein aus, daß die Rcichsbank ausschließlich auf Privatkapital gegründet sei und als eine selbständige vom Reichssiskus völlig unab hängige juristische Person errichtet sei. Angesichts der großen wirtschaftspolitischen Bedeutung des ihr ver liehenen Notenausgaberechts stehe sie jedoch unter Aufsicht und Leitung des Reiches. Nach Lage der Verhältnisse er scheine es geboten, der Neichsbank eine autonome Stellung einzuräumen Demgemäß müsse die dem Reiche zustehende Leitung in Fortfall kommen. Abg. Dr. Dernburg (Dem.) wies auf die außerordentlich schweren Bedenken hin, die bestanden, ehe man sich entschließen konnte, die Autonomie der Reichsbank durchzusühren. Eine solche Autonomie könne die Geldpolitik des Deutschen Reiches und damit auch die ganze Finanzpolitik in verhängnisvoller Weise be einflussen. Deutsch Österreich. Kredit und Teuerung. Im Nationalrat unterbreitete die Bundesregierung einen Gesetzentwurf, durch den der 'Finanzminister ermächtigt wird, im laufenden Budgetjahr die Mittel zur Deckung des Defizits bis zu einem Höchst betrag von 120 Milliarden Kronen durch weitere Kreditoperationen zu beschaffen. In der Begrün dung wird auf die Geldentwertung und die unentwegt fortschreitende Teuerungswelle, sowie auf die Erhöhung der staatlichen Ausgaben hingewiesen. KuManä. Ein neues Dluturteil. Nach fast zweiwöchiger Ver handlung wurde vom Nevolutionstribunal in dem Sen- Am die Heimgck. Sloman von Bruno Wagner. 42) (Nachdruck verboten.) Karoline wußte ganz genau, daß sie die hellblaue Schürze, die ihr so gut stand und die sie jeden Morgen kragen wollte, an den Kleiderhaken hinter der Eckgardme im Wohnzimmer gehängt hatte; und wenn es da nicht ge wesen war, hatte sie sie gewiß auf den Stuhl am Küchen fenster gelegt oder aber in die Tischschublade, vielleicht auch in den Wäschepuff im Schlafzimmer. An einen dieser vier Orte hatte sie die Schürze bestimmt getan; und nun hatte sie alles durchsucht und sie nirgends finden können. Gesine konnte sie nicht fragen; mit der redete sie seit drei Tagen nicht mehr. Blieb ihr also nur Johannes. An wen sollte sie sich wenden als an ihren Mann? Da war sie schon angekommen. Mitten in die Nechenstunde war sie hineingrplatzt und hatte ihm ihr Leid geklagt. Den Augen blick konnte er doch hrrüberkommcn und ihr suchen helfen. Sie wollte die Schürze doch umbinden. Und was hatte er getan? Er hatte sie zur Schulstube hinaus geleitet und ihr ganz streng und ernst gesagt: Dreimal hätte sie ihn nun schon beim Unierricyr gestört; nun sollte sie sich merken, daß er fü, häusliche Angelegenheiten nicht zu sprechen sei. Da mit hatte er die Tür zwischen sich und ihr zugemacht; und sie hatte draußen gestanden. Das hatte man nun davon, daß man verheiratet war. Zu Hause war das ganz anders gewesen. Da hätte Mama suchen helfen, und wenn sie aus den Knien Halle unter dem Sofa herumkriechen müssen. Bei dem Gedanken flossen Karolinens Tranen aufs neue. Hier war sie ganz allein. Die Mutter war noch in Natzeburg geblieben, weil es ihnen nicht gelungen war, das Haus zu verkaufen. Fast wollte es Karoline scheinen, als fei die Mutter ganz gern in Natzeburg geblieben, ob wohl sie versprochen hatte, oft zum Besuch nach Neuen damm zu kommen. Natürlich, mit Gesine Jessen, die man nun glücklich auf dem Halse hatte, war es kein angenehmes Husammeuhausen. Aber im Frühjahr sollte Frau Diestel nach Neuendamm ziehen. Bis dahin mußte sich doch ein Käufer für das Haus gefunden haben. Karoline hörte hinter sich die Tür gehen. Das war Gesine. Sie tat, als bemerke sie die Schwägerin nicht. „Ist das etwa deins?" hörte sie jetzt die unangenehme Stimme; dabei wurde sie unsanft an der Schulter gefaßt. Sie drehte sich um. Gesine hielt ihr ein zerknülltes Etwas entgegen, das man auf den ersten Blick nicht gleich er kannte. Doch Karoline wußte sofort Bescheid und riß der Schwägerin den Gegenstand aus der Hand. „Das ist ja meine seidene Schürze!" „Die du vorhin drüben in derSchulstube gesucht hast?" Karoline blickte mit Entsetzen auf den unsauberen Lappen. „Wie kommst du dazu?" fragte sie, blaß vor Ärger. „Im Abfalleimer hab' tch's gesunden. Du hast die Schürze wohl mit den Kartofselschalen zusammen hinein- gesiopft!" — Dann ging sie hinaus und knallte die Tür hinter sich zu. — Nach einer Viertelstunde stand Karoline noch immer am Fenster; und jetzt lachte sie. Da ging ja Heinrich Stahmer vorbei. Gott, sah der aus! Halbe Rittergüter hingen ihm lehmgelb an den Stieseln. Er war natürlich wieder den ganzen Vormittag draußen gewesen, wo sie die Kartoffeln in Mieten über der Erde aufstellten und Futterrüben in frostsreie Keller einfuhren, oder er war hinter dem Pfluge gegangen, um die Äcker, die nicht schon mit der Herbshemsaat versehen waren, für die Frühjahrs bestellung um zNb rechen. Das hatte sie alles hier draußen gelernt, und sonder bar, der ihr das hergebracht hatte, war ihr Mann ge wesen. Sie halte nie geglaubt, daß der eNvas von solchen praktischen Dingen verstände; aber als sie ihm das gesagt, hatte er lustig gelacht und gemeint, er wollte gern mit dem Stahmer um die Wette einen Morgen umpslügen, und man sollte nicht merken, welchen der Lehrer, und welchen der Hofsohn gepflügt habe. Warum war er denn nicht Landwirt geworden? Nun sah Heinrich Stahmer herüber und winkte mit der Hand. Er hätte hereinkommen kömren und guten Tag Sammelmappe für bemerkenswerte Tages- und Leiteüetgniss«. * Die Amerikaner verlangen von Frankreich und Belgien als Vorbedingung für eine Anleihe den Verzicht auf einen neuen Einmarsch in deutsches Gebiet. * Das sächsische Gesamtministerium hat beschossen, die Ab stimmung über das Volksbegehren nunmehr sirr den 6. bis 19. Juni zuzulaffen. * Bei einer Sitzung der Interalliierten Kommission in Oppeln wurde mit den deutschen und polniscben Bevollmächtig ten Einigkeit über die Übergabebedingungen des Abstimmungs gebietes erzielt. sationsprozeß gegen die Popen und Zivilpersonen, die wegen Widerstandes gegen das Dekret über die Ent nahme von Kirchengut angeklagt waren, das Ur teil gefällt. Es lautet: Elf Angeklagte, meist Popen, werden erschossen. Sechs Popen erhalten je 5 Jahre Gefängnis, die übrigen Angeklagten erhielten geringere Gefängnisstrafen oder wurden freigesprochen. * Berlin. Bei der Umarbeitung des Haushaltes für die Ausführung des Friedensvertrages wurde anstelle des bis herigen Umreckmungssayes von 45 Papiermark für eine Golo- mar k ein solcher von 70 Papiermark zugrunde gelegt. Berlin. Mit Polen sind neue Vereinbarungen über den Korridorverkehr erzielt worden, die bereits am 1. Juni in Kraft treten. Das neue Abkommen wird die Zugverbindung mit Ostpreußen verbessern. Für den sogenannten „privi legierten Verkehr" ist eine ganze Reihe neuer Linien frei ge geben worden, die ohne Reisepaß oder sonstige ReiseauS- weise besahren werden können. Berlin. Der NeichSverkehrsminister teilte in einem Schrei ben an die Handelskammern mit, daß für den 1. Juli eine or ganische Neubearbeitung der Etsenbahntarife vorgesehen ist. Von einem Rückgang des Verkehrs infolge der bisherigen Tariferhöhungen könne keine Rede sein. Hamburg. Die Hamburger Hafenarbeiter haben in der Urabstimmung den Lohnschiedsspruch des Schlichtungsaus schusses mit 4200 gegen 2500 Stimmen abgelehnt. Die Lage im Hafen ist dadurch kritisch geworden, daß bei werteren Verhandlungen, wenn es dazu überhaupt kommen sollt«, eine Einigung erzielt wird, ist kaum wabrscheürlick. Die Werst- ange-tellten hatten mit 7900 gegen 400 Stimmen den Beschluß ge faßt, einen neuen Reickstarif.zu fordern. Oppeln. Der Vorsitzende des außerordentlichen Schwur gerichts Landgerichtsrat Scholtz aus Ratibor ist durch das Justizdepartement der Interalliierten Kommission seines Amtes enthoben worden, weil er die Herausgabe von Akten an den besonderen Gerichtshof verweigert hat. handel uncl Vei'kekr. Aufnahme des Telcgrammverkchrs nach Rußland. Seit dem 12. Mai werden von den deutfchen Telcgraphen- ämtern Depeschen nach Rußland ausgenommen, und zwar nach dem europäischen Rußland, nach dem Kaukasus, Transkaukasien, der Ukraine, Grusien, Aserbeidschan und Armenien. Auch nach dem asiatischen Rußland, mit Aus nahme des Küstengebietes und Wladiwostok, können Te legramme befördert werden. Eine Gewähr wird für die Depeschen jedoch nicht übernommen. Der Tarif für ein Wort auf dem Wege über Lettland, Litauen, Memel oder Polen beträgt 22,86 Mark, über Schweden 26,88 Mark. Depeschen nach Südrußland, Grusien und dem Kaukasus können auf Wunsch über die Schweiz und Italien geleitet werden, wobei ein Wort 66,08 Mark kostet. Vorsicht bei Postkarten. Amtlich wird mitgeteilt: Es wird vielfach nicht beachtet, daß bei Postkarten die rechte Hälfte der Vorderseite für die Anschrift des Empfängers, die Freimarken und die dienstlichen Vermerke (Einschreiben usw.) Vorbehalten ist. Am häufigsten wird gegen diese Vorschrift dadurch verstoßen, daß die Angabe des Absen ders sich über die ganze Breite der Vorderseite erstreckt. Dies führt im Verkehr mit dem Ausland, besonders mit den Niederlanden, zu erheblichen Unzuträglichkeiten, weil solche Postkarlen als Brief behandelt und demgemäß mit hohen Nachgebühren belegt werden. Denselben hohen Nachgebühren unterliegen Postkarten nach dem Ausland, deren Ausdehnnngen 14:9 Zentimeter überschreiten. Größere Karten (bis 15,7:10,7 Zentimeter) sind nur im Inland und im Verkehr mit Danzig, Memel und Öster reich zugelassen. Auf die Innehaltung obiger Vorschriften werden daher die Versender im eigenen Nutzen erneut dringend hingewiesen. sagen. So waren die Bauern immer; wenn di« Arbeit drängte, waren sie für nichts anderes zu haben. Auf der Hochzeit in Natzeburg aber, da war Stahmer nicht lang weilig gewesen. Was hatte sie Wer ihn lachen müssen. In der Kirch« war er nicht mitgewesen; das hatte sie erst etwas geärgert. Denn furchtbar feierlich war es doch hergegangeu. Der ganze Dom voll Menschen, — wenig stens vorn am Altar auf Len Bänken. Und wie sie alle die Köpfe gereckt und gewispert hatten, als sie mit Jo hannes den langen Gang heruntergekommen war; voran die kleinen Mädchen mit Papierrosen im Haar und mit Blumenkörben, aus denen sie streuten, und dann Frida Küster und Gretchen Brandt als Brautjungfern, und schließlich das Brarttpaar. Johannes hatte doch auch recht gut ausgesehen. Mama Diestel hatte gemeint, er hätte sich was Feines angewöhnt, seit er so viel in Poggenhagen verkehrte; und Karoline selbst! Sie hatte ein so schweres elfenbeinfarbenes Atkas- klehd angehabt, mit ganz langer Schleppe, wie man es hier gar nicht gewohnt war. Allein der Brautschleier, was hatte der für ein Geld gekostet! Von der Traurede hatte sie wenig verstanden; aber es sollte sehr schön gewesen sein. Gretchen Brandt hatte hinter ihr auf ihrer Bant fortwährend laut geweint uttv geschluchzt vor Rührung; und man hatte sie schließlich nach Hause bringen müssen. Das arme Kind dachte natürlich an den in Afrika begrabenen Bräutigam; und sie hatte auch anfangs gar nicht Brautjungfer sein wollen. Das Gräßlichste war nach der Trauung draußen in der Vorhalle das Abküssen durch alle Tanten, Basen, Freundinnen und sogar «in paar alte Onkel gewesen. Ader es gehörte dazu. Und dann das Festessen. Karoline wurde noch jetzt rot vor Stolz, wenn sie daran dachte. Das hatte st« bei ihrer Mutter mit vieler Mühe und Not durchgesetzt, daß es nicht zu Hause im kleinen Kreise, sondern im Hotel gefeiert wurde. So eine» Abschluß mußt« die Mädchenzeit doch haben. Man mußte den Leuten doch zeigen, wer man war und daß mau rS, hatte. (Fortsetzung folgt.)