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Aeick, l-änäer unct Gememäen. Neuregelung dringend notwendig. Im weiteren Verlauf der Konferenz der deutschen Finanzminister in Würzburg führte Reichsfinanzminister Dr. Hermes ans, die Ausgaben der Länder wiesen der artige auffallende Unterschiede auf, daß der Gedanke nicht fortzuweisen sei, es könnte in einem oder andern: Falle doch noch größere Sparsamkeit angewendet wer den. Tatsächlich schließe die braunschweigische Haushaltrechnung für 1921 mit einem Überschuß von 20 Millionen ab, und der hessische Finanzminister habe erklärt, die Veranlagung der Einkommensteuer für 1920 habe alle Erwartungen derart übertroffen, daß für Zuschüsse an bedürftige Gemeinden erhebliche Mittel zur Verfügung gestellt werden könnten. Die Real st euern, betonte Dr. Hermes, seien nicht überall entsprechend ausge- nützt. Die Gewerbesteuer gehe in Preußen bi's 15 und 20 Prozent, Hamburg nur 2 Prozent, Bayern habe die Arealsteuer neuerdings sogar herabgesetzt. Die Lage der Gemeinden hält Dr. Hermes für wesent lich schwieriger als die der Länder. Jedenfalls liegt die zwingende Notwendigkeit vor, die finanziellen Beziehun gen zwischen Reich, Ländern und Gemeinden einer ein dringlichen Nachprüfung zu unterziehen und ihre Neu regelung auf einer Grundlage anzustreben, die allen Be teiligten die finanzielle Lebensfähigkeit gewährleistet. * Notruf auS Schleswig-Holstein. Der schleswig-holsteinische Städtetag, der in Neumünster zusammentrat, nahm nach einem Vortrag über die Finanzlage ber Städte eine Entschließung an, in der es heißt: „Die Städte haben immer wieder daraus hingewiesen, daß ihnen der Staat' die nötigen Geldmittel für die Erfüllung ihrer Aufgaben ent zieht und vorcnthält. Sie erheben zum letzten Male ihre Stimme und erklären mit allem Nachdruck, daß sie, falls nicht umgehend Abhilfe geschaffen wird, die Ausführung der ihnen von Reich und Staat zugewiesenen Auftragsangelegenheiten aus Mangel an Mitteln einstellen müssen. Diese Entschließung wurde der Ministerkonferenz in Würz burg übermittelt. AomcaresANäerstanä gegen äen frieäen Wie sich die Lage in Genua Ende April darstellte, er sieht man aus nachstehendem Bericht vom 30. April, der, obwohl er inzwischen durch die Ereigisse zum Teil über holt ist, auch jetzt noch Beachtung verdient: Gegen die umfassenden Friedenspläne Lloyd Georges wehrt sich Poincarö mit Händen und Füßen. Dem an Barthou ergangenen Rufe, umgehend nach Paris zurück zukehren, um Poincarö persönlich Bericht zu erstatten, ist ein Schreiben des französischen an den englischen Minister präsidenten gefolgt, in den: Poincarö kurz und bündig erklärt, daß er erstaunt und peinlich berührt gewesen sei, als er entdecken mußte, daß Englands Minister präsident die in Boulogne feierlichst gegebenen Ver sprechungen umgehe und das Reparationsproblem in Genua erörtern lassen wolle. An Pariser amtlicher Stelle erklärt man, daß es zum erstenmal geschehe, daß ein französischer Ministerpräsident so energisch zu Lloyd George spreche. Falls Barthou nach seiner Rückkehr nach Paris melden sollte, daß Lloyd George auf dem Zu sammentritt des Obersten Nates beharre, erscheine die weitere Teilnahme der französischen Abordnung an der Konferenz zweifelhaft, und ebenso zweifelhaft sei eine Rückkehr Barthous nach Genua. Lloyd George selbst hat in einer Unterredung mit Barthou erklärt, er hoffe, daß die Abwesenheit Barthous nur vorübergehend sein werde, und daß man nicht werde sagen müssen, auf zwei aufeinanderfolgenden Konferenzen sei der führende französische Unterhändler durch seine Regierung verleugnet worden. Dieses hin und her gehende Wortgefecht der beiden Verbündeten Regierungschefs ist ein bedenkliches Stimmungsbarometer für Genua. * Neue Forderungen an Rußland. Zu dem bekannten englisch-italienischen Memorandum an die Russen, das weit entgegenkommender ist als die Londoner Denkschrift, haben die französischen Sach verständigen eine Note ausgeai beitet, in welcher der ab - lehnende französische Standpunkt dargeregt wird. Die französische Denkschrift betont, die Ausländer müßten in die Lage versetzt werden, an der Ilm die Heimat. Roman twn Bruno Wagner. 87) (Nachdruck verboten.) Alice war stehengeblieben. Jetzt wandte sie sich nach einer andern Richtung, um die Rehs nicht weiter zu scheuchen. In wenigen Minuten hatte sie Len Waldrand erreicht, an dem sie dahinschritt. Dir kurze Ablenkung hatte genügt, um ihre erste Aufregung zu dämpfen. Sie fing an, ruhiger über sich nachzudenken. Was war es, das sie zu dem jungen Lehrer hingezogen hatte? Sie wußte sich keine Rechenschaft darüber zu geben. Aber das eine gestand sie sich selbst, es war keine be gehrende Glut, kein heißes Verlangen, was mit einem Schlage über sie gekommen war. Leise und unbemerkt war es entstanden, wie eine Blume, die langsam den Kelch dem Frühling öffnet. Der Mann, den sie liebte, stand nicht im Schimmer einer Jdealgestalt vor ihr; nicht bewundernd sah sie zu ihm auf. Sie war auch für seine Schwächen nicht blind, ja, sie lächelte zuweilen über ihn. Und doch, die einfache Schlichtheit seines Wesens, der ruhige Ernst, der aus seinen Augen sprach, — sie hatten stärker aus sie gewirkt! als es vielleicht blendende Eigen schaften de- Geistes getan haben würden. Fest und zu verlässig ging dieser Mann seinen Weg; und doch wußte sie, daß in ihm Eigenschaften ruhten, die nur der Stunde harrten, um ans Licht zu treten. Der einfache Schulmeister war ein Held, der keine Furcht kannte, wenn es galt, die ganze Persönlichkeit ein zusetzen. Sie sah ihn noch vor sich, wie er in jener Sturm nacht mannhaft sein Leben eingesetzt hatte, um sie und ihren Bruder zu retten. Würde der Knabe sich so innig an ihn angeschlossen haben, wenn er nicht mit dem feinen Empfinden der Kindesseele Len verborgenen Adel in diesem schlichten Menschen geabnt hätte? St« mußte lächeln. Ja, sie gestand «S sich jetzt offen ein, daß sie ihn heimlich oft angesehen und ihn schön ge funden harte, — nicht wie die eitlen Männer, die etwas aus sich zu machen wisse.», wenn Schneider und Lriseur industriellen Wiederherstellung Rußlands unter sicheren Bürgschaften teilzunehmen. Betreffs Ler Wiederherstellung der Transportmittel regt die Denk schrift die Gründung einer Gesellschaft für den Bau, den Unterhalt und die Reparaturen des rollenden Materials an. Da alle diese Pläne finanzielle Beihilfe erforderlich machen, wurde die Gründung eines internationalen Konsortiums zur Finanzierung der Wiederaufbau- Unternehmungen beschlossen. Der Vorschlag eines Ab kommens in der französischen Denkschrift legt den Sowjets besonders die Verpflichtung aus, sich jeder Propagan- d a in fremden Ländern zu enthalten. Die Sowjets müssen die finanziellen Verpflichtungen ihrer Vorgänger aner kennen, aber die Gläubigermächte sind bereit, ihnen Zah lungserleichterungen zu gewähren. Sie müssen ihre Schulden oder die ihrer Vorgänger gegenüber aus ländischen Staatsangehörigen anerkennen, ebenso die finan ziellen Verpflichtungen aller russischen Behörden und öffent lichen Unternehmungen. Man glaubt in Genua, daß dieses Memorandum, wenn es wirklich die Meinung der franzö sischen Regierung und nicht nur der Genueser Delegatton darstellt, einen großen Schritt vorwärts in der Richtung einer Einigung sowohl mit England, als auch mit Rußland darstelle. Russische Zugeständnisse. Rakowski erklärte, daß Rußland bereit sei, die Schuldverschreibungen bis zum Jahre 1917 anzuerkennen, und zwar in vollem Umfange. Ferner werde das Erb recht für Ausländer in Rußland wieder hergestellt, auch sollen Ausländer, die früher Besitz in Rußland hatten, ent schädigt werden, entweder durch Rückgabe der Nutz nießung, oder durch Beteiligung an Aktiengesellschaften. Die Kapitalisten, die in Zukunft nach Rußland kämen, würden alle Garantien dafür erhalten, daß sie nicht bloß ihr Besitzrecht vollkommen ausüben können, sondern auch ihren Kindern das Erbrecht zuerkannt werde. Rakowski führte weiter aus, Rußland sei gewillt, dem Burgfrie densverlrag beizutreten, aber nur, wenn es formell anerkannt werde. politische Kunälckau. veutfcklrnL Polens Begehrlichkeit nach Ostpreußen. Die polnische Gesandtschaft in Berlin hatte sich beim Auswärtigen Amt in Berlin über eine Rede beschwert, die der ostpreußische Oberpräsident Siehr bei der Eröffnung des ostpreußischen Landtages Mitte März gehalten hatte. Auf diese Note hat das Auswärtige Amt eine Antwort erteilt, in der darauf hingewiesen wird, daß Siehr aus drücklich den Wunsch betont habe, daß Deutschland mit den Nachbarvölkern in freundschaftlichen Wirtschaftsbeziehun gen leben möge. Die Rede drückt nur die Besorgnis aus, daß polnische Elemente durch einen Gewaltakt ! ersuchen würden, O st Preußen ansichzu reißen. Daß diese Besorgnisse entstehen konnten, bedauert das Auswärtige Amt aufrichtig, aber sie seien durch verschiedene aufreizende Reden bekannter Polenführer, wie z. B. des Generals Zeligowski, sehr bestärkt worden. Sonntagsruhe und Landwirtschaft. Das Reichsarbeitsministerium hat dem Vernehmen nach den Entwurf eines Abänderungsgesetzes für die Be stimmungen der Sonntagsruhe aufgestellt, der einen Mittelweg zu finden versucht, um einerseits den Wünschen der Landbevölkerung durch Vermehrung der für den Ver kauf in kleineren Orten freigegebenen Sonntage Rechnung zu tragen, ohne jedoch andererseits die Lage der Handels- angestellten in bezug auf die Sonntagsruhe zu verschlech tern. Dieser Entwurf soll demnächst dem Kabinett vor gelegt werden. Den Antrieb dazu bildeten zahlreiche Be schwerden der landwirtschaftlichen Bevölkerung über die jetzige Ordnung. Die preußischen Landgemeinden gegen die Umlage. Der Gesamtvorstand des preußischen Landgemeinde- Verbandes ass Interessenvertretung der ländlichen Gemein den faßte einen Beschluß, in dem es heißt: Der preußische Landgemeindeverband kann die Absicht, 1922 erneut eine Getreideumlage durchzuführen, nicht gutheißen. Eine Um lage würde die Landgemeinden in eine solche Erregung bringen, daß diese sich auch gegen die Gemeindeverwaltung richten würde, so daß eine reibungslose Durchführung nicht für sie sorgen, nein, schön in seiner oft unbeholfen er scheinenden Kraft, in dem stillen Ernst, der auf seinem wohlgeformten Antlitz lag. Aber am meisten hatte er ihr gefallen, wenn er da- stand, die Geige im linken Arm und Len Vogen in der Rechten, das Haupt ein wenig vornüber und zur Seite ge neigt, — in den Augen ein Träumen und in dem festge schlossenen Munde Lie Kraft einer starken Mannesseele, dis sich selbst beherrscht. Und wenn dann seine Geige sang in süßen Tönen, dann traten ihr die Tränen ins Äuge — selige Tränen. Sie hatte sich längst auf einen umgestürzten Stamm gesetzt unL auf den See hinausgeblickt, Ler heute spiegel glatt sich breitete. Alle dis bösen Gedanken waren einge schlafen. Alice von Bählow war sich ihrer Liebe bewußt geworden, und ein weiches Gefühl war über sie gekommen,. das sie noch nie gekannt. Und jetzt begannen im Dorfe Lie Glocken zu läuten. Das klang fröhlich in den lachenden Psingstmorgen hinein. Aber Alics schreckte zusammen. Es war Zeit, nach Hause zu gehen. Verscheucht waren mit einem Male die Träume. Sie stand auf und schritt an dem WeißLornknick hin ab, in den sich Haselsträucher mischten, die mit ihren gro ßen Blättern dem Vieh dichten Schatten gaben, wenn es am Heckensaume vor der Sonne Schutz suchte. Die bunt- gefleckten Kühe, die im fetten Grase Nahrung suchten, blieben mitten auf ihrem Wege stehen und brüllten, als sie über die Weidekoppel ging. Dort unten grüßte das Schieferdach von Poggenhagen. Als Johannes Jessen von der Orgelempore herab gestiegen war und die Kirche verließ, sah er gerade den Wagen mit Len Gutsherrschasten davonrollen. Alice von Bählow, nach der er sich umsah, war nicht dabei. Sie war also allein nach Haufe. Heute freilich hätte Johannes gern noch einen Gruß mit ihr getauscht. Ihm war ihr Gesang der herrlichste Pfingstgottesdienst gewesen. Statt dessen sah er aus dem freien Platze vor der Kirchs, in dessen Mitte die Friedenseiche sich erhob, Hein rich Stahmer in lustigem Gespräch mit Karoline Diestel. Wie feiner Hrant die Wangen,glühten! Bildhübsch sah.Le Sammelmappe für bemerkenswerte Tage«, und —— — * Die deutsche Regierung hat in einer Note an Polen auf di« in Ostpreußen herrschenden Besorgnisse vor polnischen An- griffsabsichten hingewiesen. * Der Reichsfinanzminister Hermes bezeichnete die Neu regelung des finanziellen Verhältnisses zwischen Reich, Länder» und Gemeinden als dringend notwendig. * Der preußische Landtagsabgcordnete Heidenreich wurde in Düsseldorf von den Besatzungsbehörden verhaftet. allein die Umlage, sondern auch die Gemeindeverwaltun gen auf das ernsteste gefährden würde. TeuerungszuschlSge der Beamten. Der Beamtenausschuß des Preußischen LandtageA stellte sich auf den Boden folgender Forderungen der Spitzenverbände: 1. Der allgemeine Teuerungszuschlag zum Grundgehalt, Ortszuschlag und zu den Kinderzuschla- gen ist auf 60 Prozent zu erhöhen; 2. der bisherige Son derzuschlag auf die ersten 10 000 Mark ist in der Weise zu verändern, daß auf die ersten 15 000 Mark ebenfalls 60 Prozent (Kopfzuschlag) gewährt werden. Das Staats- Ministerium soll sich sür diese Forderungen gegenüber der Reichsregierung einsetzen.. Verhaftung eines preußischen Abgeordneten im Rheinland. Der preußische Landtagsabgcordnete im Wahlbezirk Halle-Merseburg, Robert Heidenreich (Deutsche Volks- partei), ist in Düsseldorf von der fremden Besatzungsbe hörde festgenommen und in Hast gesetzt worden. Heiden reich war nach Dortmund gereist, um für die Deutsche Volkspartei im Rheinland eine Reihe politischer Vorträge zu halten, über die Gründe der Verhaftung ist zunächst nichts bekannt geworden. fuankreick. Der Tod Paul Deschanels, des ehemaligen Präsiden ten der Republik, erfolgte nach längerer Krankheit. Vor seiner Präsidentschaft war Deschanel längere Zeit Vor sitzender der Deputtertenkammer. Ein Ministeramt ver waltete er nie. Am 17. Januar 1920 erfolgte seine Wahl zum Präsidenten der Republik, doch blieb er nur kurze Zett in diesem Amt. Der Sturz aus dem Eisenbabnwagen, der noch immer mit dem Dunkel des Geheimnisses umgeben ist, hing zweifellos mit der dann folgenden schweren Er krankung zusammen und bedeutete zugleich das Ende sei ner Präsidentschaft und seiner politischen Laufbahn. Sein Nachfolger war der jetzige Präsident Millerand. Deschanel ist 66 Jahre alt geworden. Sckweir. Freie Zufahrt zum Baseler Rheinhafen. Auf dem Bankett der 6. schweizerischen Mustermesse erklärte Bundes präsident Dr. Haab unter allgemeinem Beifall, daß die schweizerische Regierung darüber wache, daß die Zufahrt zum Baseler Rheinhafen für alle Zukunft gesichert und unabhängig erhallen werde. Auf dem Bankett sprach auch der deutsche Konsul. SnglLNck. Steuerabbau. Schatzkanzler Sir Robert Horne bringt zurzeit im englischen Unterhause den neuen Haushaltsvor- anschlag ein. Da das abgelausene Finanzjahr mit einem Überschuß von annähernd 40 Millionen Pfund Sterling abschließen dürfte und man weitere Ersparnisse erwartet, beantragt Sir Robert Horne eine Herabsetzung der Ein kommensteuer um einen Schilling für das Mund Einkom men, eine Herabsetzung des Teezolls um ed m Penny pro Gewichtspfund und der Znckerstcusr um denselben Betrag. Um den Geschäftsverkehr zu erleichtern, sollen diejenigen Sätze des Posttarifcs, die sür die Geschäftswelt besondere Bedeutung haben, gleichfalls ermäßigt werden. * Berlin. Der wirtschaftspolitische Ausschuß des vorläufigen Reichswirtschaftsratcs stimmte dem Gesetzentwurf zu, der Lie Regierung ermächtigen soll, bestehende Zölle zu erhöhen oder für bisher zollfreie Waren Zölle einzuführen. London. Die Blätter melden, daß in der Grafschaft Cork als Repressalie für die Vorkommnisse in Belfast acht führende Protestanten erschossen wurden. Funchal. Exkaiserin Zita und ihre Kinder werden dem nächst nach Spanien reisen, wo sie aus Einladung des Königs ihren Wohnsitz nehmen wollen. aus in Lem Weißen Kleide und mit den roten Blüten auf dem Hute. Und neben ihr der stattliche Bauernsohn. Das schönste PaaH das man sich denken konnte! Nach einem Bauern sah nun der Heinrich Stahmer ganz und gar nicht aus. Er trug einen schwarzen Anzug, der so tadellos saß, daß er die hohe Gestalt des Mannes noch mehr hervorhob. Unwillkürlich sah Johannes an sich selbst herunter. Der schwarze Gehrock, Len er sich in Lübeck gekauft, hatte sich schlecht gehalten; schon waren die Nähte blank und das Tuch an den Schultern und Ärmeln glattgescheuert; und Lie Falten im schlecht sitzenden Rock traten jetzt noch stärker hervor als zu Anfang. Früher hatte Johannes für so etwas kein Auge gehabt; heute war ihm der Unterschied zwischen seiner Kleidung und Ler Stahmers ein wenig peinlich. Nun hatten ihn die beiden bemerkt und sahen ihm lachend entgegen. Er fühlte sich geniert, über den freien Platz auf sie zuzuschreiten. Es war ihm, als lachten sie über ihn. Etwas abseits standen Ler Vater mit Frau Diestel und Anna. Sie nickten ihm zu und gingen dann voraus. „Ich habe deine Braut für den zweiten Tanz um den Pfingstbaum geworben," rief ihm Stahmer zu, als er herankam. „Den «rsten wollte sie mir nicht lassen, der ist für dich reserviert, du glücklicher Bräutigam!" Karoline strahlt« vor Freude. Sie war noch nie zur Pfingstheesch — so nannte man das alte Lauenburger Volksfest — gewesen; und Stahmer hatte ihr Wunder dinge davon erzählt. „Ich träume zwei Wochen vorher und nachher davon," sagte er mit Ler HanL aus dem Herzen. „UnL Sie sotten sehen, mein gnädiges Fräulein, Ihnen geht es ebenso." Johannes sah ihn sprachlos vor Staunen an. „Alter Junge," sagte er endlich, „was ist in dich gefahren? Meine Braut ist kein gnädiges Fräulein; das ist, Gott sei Dank, bei uns nicht Mode. Bleib du nur getrost beim Fräulein Diestel, unL da Lu mein alter Schulkamerad bist, will ich nichts dagegen haben, wenn du einfach Fräulein Karo line sagst, falls sie damit einverstanden ist." . (Fortsetzung folgt.)