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Ottendorfer Zeitung : 05.04.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-04-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-192204052
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19220405
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19220405
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-04
- Tag 1922-04-05
-
Monat
1922-04
-
Jahr
1922
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 05.04.1922
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Der deutsche LüstschWau in Amerika. K> Was Geheimrat Schütte sagt. Der Gesellschafter der bekannten Cchütte-Lanz-Firma, Geheimrat Schütte, hat in einer Unterredung über das neue deutsch-amerikanische Unternehmen zur Ausnutzung der ^chütte-Lanz-Pmente in Amerika u. a. geäußert: Ausschlaggebend für den Gedanken, deutsche Luftschiffahrt in Amerika einzuführen, war die Erkenntnis, daß Deutsch land selbst auf Jahrzehnte hinaus nicht in der Lage sein wird, Luftschiffe großen Umfangs zu bauen. Deshalb lausen seit 1919 die Unterhandlungen zwischen der Schütte- Lanz-Gesellschaft und den Vereinigten Staaten. Sie sind aufgebaut auf der Basis, daß Amerika das Kapital, Deutschland die Erfindung, die Erfahrungen und die Arbeit in die zu gründende Ge sellschaft einbringt. Der Gewinn wird beiden, Deutsch land wie Amerika, direkt und indirekt zugute kommen. Wann die Gesellschaft anfangen kann zu arbeiten, kann noch nicht gesagt werden, denn zunächst gilt es, in Amerika bis zu 50 Millionen Dollar Aktien unter zubringen. Sodann sollen zunächst drei große Luftschiffe von je 4 Millionen Kubikfuß Rauminhalt in Auftrag gegeben werden, die 100 Personen und 30 Tonnen Post und Fracht befördern können. Welche Aus maße die Gesellschaft annehmen wird, ist vorläufig gar nicht zu übersehen und ebensowenig ihre Bedeutung für die Entwicklung des Weltverkehrs. politische KuncAcdau. veutfcklLNck. Protest gegen Behelligung deutscher Abgeordneter. Die pfälzischen Abgeordneten Dr. Hammerschmidt und Burger wurden von der französischen Besatzungsbehörde in eine hohe Geldstrafe wegen verschiedener Äußerungen in Versammlungen genommen. Auf Veranlassung der Laherischen Negierung ist nun die Reichsregierung durch den Gesandten in Paris bei der französischen Regierung in dieser Sache vorstellig geworden. Die französische Re gierung wurde darauf aufmerksam gemacht, daß die Un antastbarkeit der Abgeordneten auch von der Besatzungs- Lehörde respektiert werden müsse. Außerdem wurde die Rückerstattung der von den beiden Abgeordneten bereits gezahlten Geldstrafen gefordert. Vorbildung der höheren Beamten in Preußen. Im Unterrichtsausschuß des Preußischen Landtages wurde die Beratung über die Durchbildung der Anwärter des höheren Justiz- und Verwaltungsdienstes abge schlossen. Dabei war für die stärkere Betonung des staats- wissenschaftlichen Studiums, die Reform der Prüfung, die Verlängerung der Studiendauer eine Mehrheit vorhanden. Angenommen wurde der Zentrumsantrag, der das Staats ministerium auffordert, möglichst bald dem Landtag end gültige Vorschläge für eine durchgreifende Reform des Studiums und des Vorbereitungsdienstes vorzulegen. Ab- gelebnt wurde ein sozialdemokratischer Antrag, der zum Referendar- und Nssessorexamen auch nicht auf der Univer sität vorgebildete Bewerber zulassen will. Die letzten Gefangenen in Avignon. Nach mehrjähriger Gefangenschaft ist in Karlsruhe der Sohn des Masseurs Wilhelm Strähle aus dem fran zösischen Gefangenenlager Avignon zurückgekehrt. Der Zurückgekehrte erklärte, daß in etwa 14 Tagen der ganze Rest der noch in Avignon befindlichen deutschen Gefange nen nach der Heimat befördert werden soll. , V KuManä. Die Gegenrevolutionäre rühren sich. Aus Belgrad Und Wien wird berichtet, daß die russischen Gegenrevolu tionäre, die sich längst nicht mehr im Bereich der Sowjet- Herrscher befinden, aus Anlaß der Konferenz von Genua einen Vorstoß zu unternehmen beabsichtigen. Es wurde unter Vermittlung des französischen Gesandten in Belgrad ein Pakt geschlossen, der jetzt Wrangel, Miljukow, Petl jura und Sawinkow umfaßt. Wrangels Ansicht ist, daß im Augenblick des Zusammentritts der Genueser Konfe renz die verschiedenen Gruppen der russischen Konterrevo lution nicht nur politisch ihre Existenz dokumentieren, son dern auch militärisch als unversöhnliche Feinde Sowjet rußlands auf dem Plan erscheinen müßten. Die in Wien lebenden Wrangel-Offiziere erzählen ganz offen, daß es Demnächst wieder losgehen werde. Berlin. DaS Präsidium des Hansa - Bund « S wählte, nachdem Geheimrat Dr. Riesser zum Ehrenpräsidenten ernannt worden ist, zu Vorsitzenden des Präsidiums folgende Herren: DQ Endemann (Hannover), Dr. Hermann Fischer, M. d. R. (Berlin) und Generaldirektor Meyer-Leverkus, Präsident der Elberfelder Handelskammer. Berlin. Gegen den früheren Sowjetvertreter in Berlin, Wigdor Kopp, ist in Moskau eine gerichtliche Unter suchung etngeleitet worden. Sie erstreckt sich vor allem auf die zahlreichen Beschuldigungen wegen Bestechlichkeit und Er pressungen, die namentlich einem Mitarbeiter Kopps zur Last gelegt werden, der es vorzog, nicht nach Moskau zurückzukehren. Paris. Der Völkerhundsrat hat sich mit dem Saargebiet beschäftigt, und zwar hat er die kürzlich von der Regierungs- kommisfion des Saargebietes aus eigener Initiative angeord- nete und beschlossene Schaffung eines mehr oder weniger unter französischem Einfluß stehenden Saarparlaments sanktioniert. Nom. Eine aus vier Legionären bestehende Patrouille unter Führung des Leutnants Viola hatte den Auftrag, an der Fiumaner und serbischen Grenze die Bewegungen ge wisser Emissäre Zanellas zu überwachen. Bei dieser Ge legenheit wurden sie von jugoslawischer Gendarmerie überfallen, es entspann sich ein heftiger Kampf, wobei der Füh rer der Patrouille schwer verwundet wurde. Die Legionäre gerieten in die Gefangenschaft der serbischen Gendarmen. Bis her sind alle Schritte von feiten der italienischen Behörden, die Befreiung der Gefangenen zu erlangen, ohne Erfolg geblieben. In Fiume herrscht infolge dieses Vorfalls erneut große Auf regung. Die Legionäre sollen beschlossen haben, ihre gefangenen Kameraden mit Waffengewalt zu befreien. Das grLMe Sckiff 6er Ablieferung an England. Hamburg, im März. Der deutsche Riesendampfer „Bismarck", der hier auf der Werft von Blohm u. Voß erbaut wurde, hat dieser Tage Hamburg verlassen, um nach einer kurzen Probefahrt an England abgeliefert zu werden: er wird auf Grund einer Bestimmung des Friedensvertrages Eigentum der White Star Line. Die Größenverhältnisse des Dampfers dürften in aller Welt imponieren. Die obere Kommandobrücke liegt 40 Meter über dem Kiel. Die Gesamtlänge des 56 500 Vruito- registertonnen (etwa 8600 Tonnen mehr als der „Impe rator") fassenden Schiffes beträgt 291 Meter, die Breite 30,5 Meter, der Tiefgang über 11 Meter. Die Feuerung des Schiffes erfordert jeden Tag vier Millionen Mark. Tie Kcsselanlagen sind für Olfeuerung eingerichtet. - Die Ma- schinenanlage leistet 61 000 Pferdekräfte und gibt dem Schiff mittels vier Schrauben eine Fahrgeschwindigkeit von 22 bis 23 Seemeilen die Stunde. Das Personal um- faßt rund 1000 Köpfe. Riesenhaft, wie die äußere Gestalt des Schiffes, sind die Dimensionen der neun Decks. Kein Dampfer der Welt kennt solche Luxuswohnungen, wie sie sich auf dem „Bismarck" befinden. Der Bau des Schiffes begann im April 1913; er hat drei Milliarden Papiermark verschlungen. Als engli sches Luxusschiff wird der Dampfer natürlich nicht mehr „Bismarck" heißen: er erhält jenseits des Kanals den Namen „Majcstic". Von un6 fern. Sammlung „Brüder in Not". Der preußische Staats kommissar für die Kriegswohlfahrtspflege hat eine Reichs sammlung für die hungernden Rußlanddeutschcn und für deutsche Auslandsflüchtlinge unter der Bezeichnung „Brü der in Not" genehmigt. Zum Zwecke dieser Sammlung hat sich ein Reichsausschuß unter d;m Vorsitz des Lega- tionsrates Rienaecker gebildet. Russenattcntat in Berlin. In der Berliner Philhar monie hielt der frühere russische Kadettenführer und erste Außenminister der Kerenski-Republik, Miljukow, einen Vortrag. Während des Vortrags wurde aus dem Publikum auf Miljukow ein Schuß abgegeben. Die Kugel traf den Professor Nabokow, der zu Boden sank und sofort tot war. Darauf wurden weitere Schüsse abgegeben, wodurch meh rere Personen verletzt wurden, darunter schwer die Frau eines russischen Redakteurs. In dem Saal entstand eine wilde Panik und wüstes Gedränge. Zwei Personen, die die Schüsse abgegeben hatten, wurden verhaftet. Der eine der Täter ist ein früherer russischer Leutnant Schalki-Brok. 18 Millionen Mar! Brandschaden der Löwen- ürauerei. Die polizeiliche Besichtigung der Brandstelle der Münchener Löwenbrauerei ergab leinen Beweis dafür, daß es sich bei dem Riesrnfeuer um Brandstiftung handelte. Der angerichtete Schaden wird auf 16 bis 18 Millionen Mark beziffert. Don der Frankfurter Messe. Der Reichskanzler Dr. Wirth hat für Dienstag, 4. April, seinen Besuch auf der Frankfurter Frühjahrsmesse (2. bis 8. April) zugesagt. — Die italienischen Staatsbahnen haben für die Besucher der Frankfurter Messe eine 20prozentige Fahrpreisermäßigung eintreten lassen. Die Ermäßigung gilt für Hin- und Rück fahrkarten über die fünf italienischen Grenzstellen. Keine Spur von Heinz v. Opel. Lie von Innsbruck aus verbreitete Nachricht, daß der auf einer Skitour ver schwundene Student Heinz v. Opel, der Sohn des bekann ten Großindustriellen Heinrich v. Opel, und sein Begleiter, der ehemalige österreichische Hauptmann Say, wohlbehal ten dort eingetroffen seien, hat sich als unrichtig herausge stellt. Die Hoffnungen, daß die beiden Touristen noch am Leben sein könnten, schwinden immer mehr. Notgeldausstellung. Vom 27. bis 29. Mai soll in den Sjadthaussälen in Erfurt eine große Mitteldeutsche Not geldmesse und -ausstellung stattsindcn. Der Notgeldaus- stellung wird eine reichhaltige Münzen- und Porzellangeld ausstellung angegliedert. Englische Wetten. Eine Engländerin hatte gewettet, daß sie aus einem Drahtseil über den Niagarafall laufen werde. Die Behörden von Buffalo haben ihr jedoch die Ausführung der Wette verboten. Es wird daran erinnert, daß vor Jahresfrist einem Engländer untersagt wurde, sich in Ausführung einer Wette in ein Faß zu setzen und dieses Fatz den Niagarafall hinabschwimmen zu lassen. SchisfSuntergang. Nach einer Meldung aus Reik- javik (JSland) ist das Motorschiff „Talisman" in den is ländischen Gewässern beim Fischen untergegangen.. Von der Besatzung sind zwölf Mann ertrunken, während sich vier im Schiffsboot retten konnten. * Berlin. Der Dichter Gustav Frenssen tritt aus der „Rvn- dam" von Rotterdam auS die Überfahrt nach Amerika an. Er folgt, im Einvernehmen mit dem Deutschen Roten Kreuz, einer Einladung det Central Relief Committees in Newpork und wird Gelegenheit nehmen, in den größeren Städten der Ver einigten Staaten unseren hilfroereiien und Werktätigen Stam- me-genossen in Amerika den Dank der alten Heimat zu über mitteln. Gleiwitz. In da» Uhren- und Goldwarengeschäft von Grzondziel in der Kronprinzenftratze wurde eingebrochen. Die Täter sägten die Tür deS Geldschrankes anscheinend mit elek trischer Kraft auf und raubten die darin ausbcwahrtcN Gold waren, Uhren, Brillanten usw. Auch etwa 80 Uhren, die dem Geschäftsinhaber zur Reparatur übergeben waren, wurden geraubt. Der Gesamtverlust beträgt über 300 000 Mark. Voikswirtlcl'Lft. ErwerLSlssenzissrr im Reiche. Die Zähl der unterstützten Vollerwerbslosen im Reiche zu Ende Februar betrug 209 000, dar heißt rund 10 000 mehr als zu Ende Januar Die Zu nahme entsält ausschließlich auf die männlichen Erwerbslosen, während die Zahl der weiblichen noch eine geringfügige Ab nahme aufweist. Die Zahl der Zuschlagsempsängcr — daS heißt der unterstützunaSocreckügtcn Familienangehörigen Voll erwerbsloser — ist im Februar von 279 000 aus 302 000 gestiegen. Zurzeit ist, falls mildere Witterung eintritt, eine Abnahme der Erwerbslosen zu erwarten. Die Jndustriedisfcrcnzen in Obcrschlcsien. Wie die „Dena" au§ Warschau erfahren haben will, habe der bekannte ober- schlesisch« Großindustrielle Gcbeimrat Hilger, Generaldirek tor der Königs- und Laurahütte, dessen Ausscheiden aus dem Bergmännischen Hüttenverband kürzlich Aufsehen erregte, bei dem Verbände der polnischen Eisenhüttenwerke in Warschau um die Mitgliedschaft für die Königs- und Laurahütte nachge sucht. Der Verband der polnischen Eisenhüttenwerke habe Herrn Geheimrat Hilger eine Absage erteilt. Die Konkurrenz deS deutschen Kalis in Amerika. Die amerikanischen Pottasche-Fabrikanten ersuchten den Kongreß um Schutz gegen die Unterbietung seitens des Deutschen Kalisyndikats, das nach ihrer Behauptung die während des Krieges mit einem Kapitalaufwand von 30 Millionen Dollar geschaffene amerikanische Pottasche-Industrie völlig ver nichtet. (ZencktskaUe. 1464(M Mark Geldstrafe wegen Steuerhinterziehung. Der Türke Sarafian, der Armenier Keletjan und der Ägvpwr Soliman halten sich in Berlin wegen Hinterziehung von Ban- derolensteuer vor Gericht zu verantworten. Die treibende Kraft bei den Geschäften war die Firma Sarafian u. Co., die unver steuerte Zigaretten in den Handel brachte uns unter Aus nutzung de» behördlichen Komingents für Soliman sen pflicht gemäßen Steuersatz hinterzog. Da die gesetzliche Strafe daS Vierfach« der Steuerhinterziehung auSmacht, lautete das Urteil gegen Sarafian u. Co. auf t 464 000 Mark Geldstrafe und graex Soliman auf 7S OM Mark Geldstrafe; außerdem wurden saft SMkM Zigaretten beschlagnahmt. Am die Heimat. Roman von Bruno Wagner. 121 . v (Nachdruck verboten.) ' Sechstes Kapitel. Wochen waren vergangen. Der Oktober hatte die Buchenwälder rot gefärbt, und goldgelb leuchteten da zwischen die Eichen. Noch einmal hatte sich die Welt ge schmückt in Heller Pracht, wie ein lodernder Brand. Aber der Wind fuhr kalt über die kahlen Felder, und der See trug Schaumkronen, die am Ratzeburger Steindanrm hoch- aufpritzten und das Ufer mit mächtigem Wogenprall unter- jpülten, daß große Erdmassen in den See stürzten. Johannes Jessen hatte seine Stelle als Hilfslehrer in Ratzeburg augelreten. Er wohnte in einem einfachen Stübchen) das er sich gegenüber Frau Gesine Diestel ge mietet hatte. In Poggerrhagen war er seit acht Taoen nicht ge wesen. Von seinem Bater wußte er, daß Bernhard von" Bählow, der die schwere Krankheit zwar überstanden hatte, nur wie ei» Schatten dahinvegetiere. Vor jedem Luftzug mußte er gehütet werden. Den ganzen Ta, lag er im Lehnstuhle in Kissen verpackt. Kein Mensch glaubt«, daß er sich je ganz erholen würde. Der Baron selbst hatte «s dem Vater erzählt, wie schlecht es stand. Und dazu schienen noch andere Sorgen den Mann zu drücken. Die Ernte war nicht glänzend gewesen, und in der ganzen Gegend wußte man, daß das schöne Gut nicht rationell be wirtschaftet wurde. Die ersten Schultage in den neuen Verhältnissen hat ten Johannes vielerlei Anstrengung gebracht. Mit einem Gefühl der Freude fah er dem freien Samstagnachmittag und dem Sonntag entgegen, den «r zu einem Besuche bei seinem Bater benutzen wollte. So schritt «- die Derminer Straße hinab und wollte gerade die Haustür seiner Wohnung öffnen, als er drü ben von jenseits der Straße her ein lebhaftes Pochen an die Fensterscheiben hörte. Mit einer etwas resignierten Miene ging er über die Straße und trat ins Haus., .. Karoline empfing ihn schon an der Tür, während Tanir Gesine voll gespannter Aufmerksamkeit im Hinter gründe wartete. „Weißt du es denn schon, wer bei dir ge wesen ist?" fuhr Karoline auf ihn ein. „Nein, solch eine Ehre! Aber du rätst es ja nicht. Der Herr Baron von Bählow war bei dir. Mit dem Wagen ist er vorgefahren. Aber natürlich, du warst in der Schule. Ich bin gleich hinübergesprungtn und habe es ihm gesagt." Unangenehm überrascht sah Johannes sie an. „Aber Karoline, was soll er denn davon denken?" Sie machte eine beleidigte Miene. „Man konnte doch nicht wissen, was er von dir wollte. Und als deine Ver lobte war ich doch Wohl dazu berechtigt." „Run? Und was hat er dir gesagt?" fragte Johan nes erivartungsvoll. Karoline errötete. „Er hat mich gefragt, wer ich sei; und „schönes Kind" hat er mich genannt, und unters Kinn hat er mich gefaßt, — ganz väterlich natürlich. Dann hat er mir seine Karte gegeben. Er erwartet dich heute aLend um sechs Uhr." Der Varon von Bählow erhob sich von dem Arm sessel mit den eichrngeschnitzten Löwenköpfen vor dem breiten Diplomatentisch, auf dem die grüne Lampe brannte. Johannes Jessen war mit höflicher Verbeugung tn der Nähe der Tür stehen geblieben. „Treten Sie näher, Herr Jessen," sagte der Baron und Lot seinem Besucher die Hand. Einen Augenblick sah der Baron den jungen Lehrer mit einem prüfenden Blick aus kalten grauen Augen an, die hochmütig unter der hohen weißen Stirn in die Welt schauten und zu denen der stolze Mund und die kühne Adlernase paßten. „Sie sind verlobt? Ja, ja, Sie wissen, daß ich keinen unverheirateten Lehrer auf Neuendamm will. Es freut mich, daß Sie meinen Wunsch respektieren. Hübscher Rädchen übrigens, — gratuliere. Das neben bei! — Sie habm sich meines Jungen angenommen. Meine Tochter hat Ihnen ein glänzendes Zeugnis ausge stellt, und der Junge hängt an Ihnen. Freut mich zu hören. Leider steht es schlecht mit der Gesundheit des Knaben. Die rechte Lunge ist schwer angegriffen, und Herr Sanitätsrat Wolf empfiehlt einen Aufenthalt im Süden. Mit einem Wort, der Jungs mutz nach San Remo, wenn er wirder genesen soll. Na, da hilft nun ein mal nichts, obwohl es eine verdammt kostspielige Sache ist. Haben Sie Lust, den Jungen zu begleiten?" Er hielt einen Moment inne, als ob er eine sofortige Antwort erwarte. „Kommt Ihnen etwas unerwartet? Was? Meine Schwester, Fräulein von Bählow, die Sic kennen, und meine Tochter werden natürlich mitgeheu. Sie sollen also eine Art Reisemarschall und Hofmeister in einer Per son sein, den Damen die geschäftlichen Angelegenheiten abuehmen, wenn eS dem-Jungen besser geht, ihn vielleicht ein wenig unterrichten, damit er nicht alles verlernt. Ver standen? Ich denke, Sie werden das können? Also sind- wir einig?" Johannes Jessen hatte schweigend zugehört, halb er starrt und kaum begreifend vor Überraschung. Das erste Gefühl, daS sich in ihm regte, war das einer wahnsinnigen Freude. Wie ein Geschenk vom Himmel fiel ihm daS in den Schötz. Er sollte hinaus — Welt und Menschen sehen. Seine geheimste Sehnsucht sollte erfüllt werden. Und das alles mit ihr! Ein heißes Gefühl von Glück und Dank wallte in ihm auf. Aber dann legte sich eine schwere Decke über den inneren Jubel. DaS war ja alles unmöglich, — es war zu schön, um möglich zu sein. Was würde seine Braut dazu sagen? Und Frau Diestel? Er sah schon, wie sie mit mißtrauischen Blicken in allem etwas suchen würden. Und konnte er es ihnen verdenken? Er war nach Ratze burg gekommen, um seiner Verlobten nahe zu sein. Sie hatte sich wie ein Kind gefreut auf diese zwei Vrauijahre. Und jetzt sollte er fori-ehen, — vielleicht auf Monate, in ein fremdes Land? Und schließlich dir Schule? Seit acht Tagen hatte er sein Amt angetreten. Es war ganz ausgeschlossen, daß man ihn beurlaubte. Dieses Bedenken brachte er in be« schribener Neffe vor. (Fortsetzung folgt.)
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