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Dsullcklanäs ^ok!enkrile. Von einem volkswirtschaftlichen Mitarbeiter wird unS geschrieben: Jüngst hat der Reichskohlenrat über die deutsche Kohlennot beraten. Die Lage wird in allernächster Zeit dadurch eine Verschärfung erfahren, daß der größte Teil deS oberschlesischen Kohlengebietes den Polen zufällt. Es ist zum mindesten sehr zweifelhaft, ob die Polen ihrer Ver pflichtung, die Kohlen in bisheriger Weise und in bis herigen Mengen über die deutsche Grenze zu lassen, nach kommen werden. Ein« Weitere Quelle ernster Sorgen sind die weit gehenden Ansprüche, besonders Frankreichs, in bezug auf die von uns zu liefernden Kohlenqualitäten. Von Monat zu Monat haben sich die Kokssordetungen erhöht. Im Juni 1S21 brauchten wir nur 214 OM Tonnen Koks zu liefern, im Januar 1922 dagegen 640 OM Tonnen. Da- durch wird der westdeutschen Eisenindustrie der wichtigste HilMofs entzogen. Die Reparationskommission besitzt daS Recht, die freie deutsche Kohlenausfuhr zu verbieten. Auf ein deutsches Gesuch, die Reparationskommiffion möchte auf dies Recht verzichten, ist eine abschlägige Ant wort erfolgt. Nur für die wenigen Monate, für welche LieferungSvereinbarungen über die Kohlenqualitäten vor- liegen, soll Deutschland das Recht des freien Exportes' haben. Damit werden wir außerstande gesetzt, eins der wichtigsten Austauschgüter zu verwenden, um unS die nötigen Nahrungsmittel und Rohstoffe aus dem Ausland zu verschaffen. Allerdings müßte hierfür die deutsche Kohlenerzeugung noch ganz erheblich gesteigert werden. Der Nutzeffekt der bergmännischen Arbeit hat sich im Jahre 1S21 gegenüber dem Vorjahre etwas gebessert. Eine um 4,7 Prozent stärkere Belegschaft im Ruhrgebiet hat 6,9 Prozent mehr Ausbeute erzielt als im Vorjahre. Soweit di« Eisenbahn dem Abtransport der Kohlen schon bei der heutigen Produktion nicht voll gerecht zu werden vermag, sind di« Einwände gegen die vorgeschlagene überarbeit verständlich. Gelingt es aber, die Verkehrsschwierigkeiten zu beseitigen, so wird die Frage der Mehrerzengung drin gend. Es ist ein unleidlicher Zustand, daß die Kohlen- einfuhren in den letzten Monaten eine erhebliche Stei gerung erfahren haben. Im Oktober und November 1921 wurden zusammen 115 000 Tonnen ausländischer Kohle eingesührt, in den Monaten Januar und Februar 1922 volle 5M MO Tonnen. Das bedeutet eine gefährliche Erschwerung der Einfuhr lebensnotwendiger Auslands- Produkte. Grundsätzlich ist darauf aufmerksam zu machen, daß die Deutschland im Versailler Vertrag und im Abkommen von Spa auferlegte Verpflichtung zur Kohlenlieserung als Ersatz für die Kohlenmengen anzusehen ist, welche die Ver bündeten in ihren eigenen Kohlengebieten weniger fördern. DaS gilt insbesondere für Frankreich und Belgien. Die Verpflichtung zur Kohlenlieferung ist deshalb auch rechtlich begrenzt. Aus dieser rechtlichen Begrenzung läßt sich ableiten, daß auch der Umfang der Lieferung sich nach dem tatsächlichen Ausfall richten muß. So hat Belgien die während deS Krieges zum Teil zerstörten Kohlenberg werke vollständig wieder in Betrieb gesetzt, so daß seine Kohlenförderung die der Vorkriegszeit wieder erreicht hat. Sie könnte sogar noch gesteigert werden, wenn nicht die deutsche LieferungSkohle den Absatz der belgischen Kohl« behinderte. Nichtsdestoweniger läßt sich Belgien weiter mit deutscher Kohle beliefern. Die Kohlenausbeute Bel giens betrug in der Vorkriegszeit jährlich rund 23 Mil- Konen Tonnen. Im Jahre 1921 wurden bereits wieder 81 Millionen Tonnen gefördert, während 1922 voraus sichtlich eine weitere Erhöhung eintreten wird. Bestim mend hierfür sind nicht technische Schwierigkeiten, sondern die allgemeine Marktlage. Heute erzeugt Belgien seinen Kokt mit deutscher Zwangskohle, soweit nicht im Rahmen deZ Kohlenabkommens unmittelbar deutscher Koks ge liefert wird. Nicht viel anders liegen die Dinge für Frankreich. Don Monat zu Monat steigert sich die Aus beute der Gruben in der Kriegszone. Sie hat 35 Prozent der Vorkriegszeit überschritten, so daß auch Frankreich gegenüber eine Ermäßigung der Kohlentribute erfolgen müßte. Davon will eS aber nichts wissen, besteht vielmehr hartnäckig aus seinem Schein, weil es so die deutsche Zwangökohle zu Schleuderpreisen erhält und seiner Schwerindustrie die Möglichkeit verschafft, auf den Aus landsmärkten die Preise anderer Völker zu unterbieten, von diesen erweislichen Tatsachen nimmt die letzte Note des Wiederherstellungsausschusser in dieser Angelegenheit keine Notiz. Der Ausschuß möchte mit allen Mitteln seine ", Ilm die Heimat. Voman von Bruno Wagner. -tf Machdruck »erboten.) Johann«- hatte sein» »raut -ebtten, heut« nachmittag mit ihm einen Besuch in «enendamm zu machen. DaS war «in Hpaziirgan« durch Wald imd «in Seeufer, den man z« Fuß in einer keinen Stunde von Ratzeburg aus macht«. Aber Frau Diestel wußte, was sich schickte. Ersten? mußte st« s«Sst »ittommen, und zweitens würde man zur Feier d«s T«>«S im Wagen fahren, der sie dann auch des Abends «bh»l«n konnte. Karoline kam sich sehr wichtig vor bei diese« Besuch. Sie war zwar schon als Kind in Neuendamm gewesen, aber sie hatte sich dort immer schreck lich gelangweilt, während die Erwachsenen sich unter hielten. Diefe-mal war sie nun die Hauptperson. Vor der Tür empfing sie der alte Jessen mit Anna und half seiner Jugendliebe, die noch jetzt eine leise Ver legenheit nicht überwinden konnte, wenn sie den Vetter traf, aus dem Wagen. Anna und die junge Braut be grüßten sich mit einem Kuß. Karoline hatte schon von weitem mit aufmerksamem Blick ihre zukünftige Heimat gemustert. Als sie am Pfarr hause vorbeigeschritten waren, hatte sie sich im stillen ge ärgert. Wie lag das stattlich da in seiner behaglichen Wohlhabenheit. Das Schulhaus sah nüchterner aus. Aber es war doch immerhin ein ganz ansehnlicher Bau aus roten Backsteinen mit grauschwarzem Schieferdach und drei hohen Blitzableitern darauf. Leider würde man es nicht für sich allein haben. Den Hauptraum im Erdgeschoß be anspruchte doch das große Klassenzimmer, und daneben zwei kleinere Räume für Schulzwecke. Und wie dumm, daß dahinter der große Schulhof mit den Turngeräten lag. Wenn man den mit zum Garten hätte verwenden köüuen. Neugierig sah sich Karoline um, als ihr Verlobter sie halb ins Haus zog, halb schob. In dem breiten Flur mit den Steinfliesen sah es kahl und unbehaglich aus; cs roch nach Feuchtigkeit. Der alle Jessen schritt in die Wohn- DesugniS zu wahren suchen, zu jeder Zeit wieder in die deutsche Kohlenwirtschaft einzugreifen. Nun ist es wieder erweisliche Tatsache, daß die Kohlenlage in Deutschland außerordentlich ernst ist. Als die Regierung Fehrenbach- Simons das Abkommen von Spa unterzeichnete, setzte sie als sicher voraus, daß Oberschlesien beim Reiche verbleiben würde. Die Steinkohlenausbeute Deutschlands erreichte 1921 rund 136 Millionen Tonnen; dabei ist die schlesische Förde rung noch mit eingerechnet. Für 1922 steht uns also eine gleichgroße Menge nicht zur Verfügung, selbst dann nicht, wenn im Ruhrkohlengebiet die überschichten wieder ein geführt werden. Wird das Abkommen von Spa nicht ge lockert, so sind wir gezwungen, entweder die Industrie ab zudrosseln, oder aber teure Auslandskohle einzusühren. Völlig unerträglich ist die Einmischung des Wiederher- stellungsausschusses in Sachen der deutschen Kohlenaus fuhr. Wenn die internationale Preisentwicklung weiser fortschreitet, werden wir nicht viel anderes als Kohlen ausführen können, da unsere Fertigerzeugnisse infolge der wachsenden Herstellungskosten nicht mehr auf den Aus landsmärkten in Wettbewerb zu treten vermögen. Ohne Ausfuhr erhalten wir keine Devisen, keine Möglichkeit, Barzahlungen zu leisten, aber auch nicht die Mittel, Roh stoffe und Nahrungsmittel einzuführen. politilcks KunäscbLu. veutfeklanä. Die „Treue" der rheinischen Sonderbündler. Die Delegierten der rheinischen republikanischen Volkspartei (Smeets-Gruppe) haben kürzlich eine Ent schließung gefaßt, die sie der alliierten Rheinlandkom- mission übersandten und in der sie dieser fremden Behörde ausdrücklich ihre Treue versichern! Im übrigen bitten sie in der Entschließung die alliierte Kommission, alle Maß nahmen der preußischen Verwaltungsbehörden und der preußischen Gerichte zu untersagen, die unter dem Bor wand und unter Mißachtung und Außerachtlassung des Formalrechles darauf hinausgingen, die rheinische „Frei heitsbewegung" zu unterdrücken. Nach ihrer Ansicht sei die Ausweisung aller nichtrheinischen Beamten und ihr Ersatz durch Rheinländer in Verbindung mit einer stren gen Kontrolle der preußischen Behörden die richtige Po litik, um die politische Freiheit im Rheinland zu sichern. Verschärfter Belagerungszustand in Duisburg. Die strengen Maßnahmen, die die belgische Bs- satzungsbehörde nach dem Hamborner Zwischenfall angs« ordnet hat, haben zu einer großen Erregung der Bevöl kerung geführt. Schlägereien sind an der Tagesordnung. In Duisburg führte ein Streitfall zwischen Zivilpersonen und belgischen Soldaten zu wüsten Szenen, in deren Ver lauf ein Belgier verletzt worden sein sott. In Verbindung damit steht die weitere Verschärfung des Belagerungs zustandes, dergestalt, daß die Polizeistunde für Kaffees und Wirtschaften auf 6 Uhr abends festgesetzt worden ist. j^orä-Umeriks. Der WcltglSuüiger. In Washington plant man für den Monat Juni eine allgemeine Konferenz zur Konso lidierung der Schulden der interessierten - ausländischen Nationen. Da die Zahlungsfähigkeit der Schuldners! raten ungewiß sei, werde es notwendig werden, nach einem Ab kommen mit Großbritannien vom Kongreß weitestgehende Vollmachten für die Regelung der Frage zu verlangen. Die Spitze dieser ganzen Aktion zielt selbstverständlich nicht gegen England, sondern gegen Paris und die französischen Rüstungen. Berlin. Der HauptauSschuß deS Reichstages beschloß, die vom Reiche zur Erhöhung der Bezüge der Kleinrentner zur Verfügung gestellten Gelder von 200 auf 500 Millionen Mart zu erhöhen. Wien. Der Nationalrat nahm das neue Preßgesetz an, daß u. a. auf folgenden leitenden Gedanken beruht: Schutz der Jugend gegen die Gefahren der Schmutz- und Schund literatur, weitgehende Beschränkung der polizeilichen Beschlag nahme, Befreiung der Redakteure vom Zeugniszwang und An gabe deS wirklichen Besitzers in der Zeitung. Paris. Die Kammer nahm den Gesetzentwurf an, durch den Österreich ein Kredit von fünfundsünfzig Millionen Frank gewährt wird. Brüssel. Der militärische Sicherheitsdienst hat den mut maßlichen Mörder deS Leutnants Graff, einen gewissen Ha bicht, im besetzten belgischen Gebiet verhaftet. — Sammelmappe —, für bemerkenswerte Ta,«»- «»d Zeitereisniss«. * Auf Grund einer Besprechung der Landwirtschaft mit dem neuen Ernährungsminister wurde eine Kommission eingesetzt zur Untersuchung der Brotversorgungsfrage. * Die Einfuhr von Weizen- und Roggenmehl aus dem Aus lands ist bis auf weiteres zugelassen worden. * Der frühere preußische Kriegsminister und Chef deS Ge neralstabes des Feldheeres, General der Infanterie v. Falken- hayn, ist ans Schloß Lindstedt bei Wildpark gestorben. * Im Deutschen Beamtenbund wurde nach erregten Dis kussionen eine Einigung erzielt, die eine gemeinsame Weitem arbeit der Rcichsgewerlfchaft deutscher Eisenbahner mit den anderen Gruppen des Bundes ermöglicht. * In Glciwitz explodierte ein polnisches Handgranatenlager. 23 Franzosen wurden getötet, 10 schwer verletzt. * Der Papst richtete ein Handschreiben an den Erzbischof von Genua, in dem er seine Wünsche für die Konferenz zum Ausdruck bringt. Kairo. Nahezu alle bedeutenderen Staaten haben den neuen politischen Status Ägyptens anerkannt. Diese Anerken nung wird auch äußerlich sehr bald darin ihren Ausdruck fin den, daß die Mächte sich in Kairo durch bevollmächtigte Minister diplomatisch vertreten lassen werden. Dem Vernehmen nach ge denkt Frankreich schon in kurzer Zeit einen eigenen Gesandten nach Ägypten zu schicken, desgleichen auch Persien Das König reich Ägypten hat auch bereits seine neue Nationalflagge ge wählt: sie zeigt auf grünem Grunde einen weißen Halbmond und drei weine Sterne. kianclel unä Verkehr. Zeitkarten für Eisenbahnsahrten. Es verlautet, daß die Neichseiscnbahnverwaltung Zeitkarten, die für das ganze Gebiet der Reichseisenbahn auf die Dauer von 30, 45 und 60 Tagen gelten und für die erste, zweite und dritte Klasse aufgelegt werden sosten, einzuführen beabsichtige. Der Preisberechnung soll der regelrechte Tarifsatz für eine tägliche Fahrt von 6M Kilometern zugrunde gelegt werden. Ter Preis wird in vollen hundert Mark abgerundet. Die Karten gelten für alle Züge, mit Ausnahme der Expreß- und Luxuszüge. Bei Benutzung von Schnellzügen wäre also kein Zuschlag zu bezahlen. Die Karten sollen in Buch form hergestellt werden und das Lichtbild des Inhabers tragen. Die Entscheidung über die Einzelheiten dieses Planes ist erst in einigen Wochen zu erwarten. Vorläufig ist die Eisenbahndirektion Erfurt mit der Anfertigung einer Musterzritkarte betraut worden. für keut unä morgen. Fälligkeit der Umsatzsteuer für das 1. Quartal 1922. Nach den neuen Ausführungsbestimmungen zum Umsatz steuergesetz sollen die Zinsvergütungen für Vorauszahlun gen nunmehr in Wegfall kommen; von welchem Zeitpunkt ab dies der Fall sein wird, steht noch zur Erörterung, da es fraglich ist, ob auch hierbei die Zurückbeziehung des Inkrafttretens der Novelle auf den 1. Januar 1922 Platz greift. Jedenfalls würde es sich empfehlen, schon zur Ver meidung der nack> Ablauf des Monats April fällig werden den Vorzugszinsen, im Laufe des Monats April und so bald wie möglich die abschlägigen Zahlungen auf das erste Vierteljahr zu entrichten, da unter Umständen dio Möglichkeit bleibt, daß für diesen Monat die Zins vergütung noch gewährt wird. Volkswirtschaft. Die Höchstpreise in der Eisenindustrie waren zu Beginn deS vorigen Jahres infolge der sinkenden Konjunktur anher Kraft gefetzt worden. Von Arbeitnehmerfeite wurde im Eisen- wirtfchastsbund ihre Wiedereinführung beantragt, als im Herbst sich die Wirtschaftslage wieder verbesserte. Da aber auch einige staatliche Verwaltungen gegen die Wiedereinführung waren, wurde der Antrag mit Stimmengleichheit abgelehnt. An- scheinend beabsichtigt man nun auf Arbennehmerseite einen neuen Vorstoß zur Wiedereinführung von Höchstpreisen. Der Saatcnstand. Nach dem preußischen Saatenstands bericht für Anfang April 1922 ist der Stand der Feldfrüchte im wesentlichen erheblich ungünstiger als im Dezember vorigen Jahres. Verschlechtert hat sich Weizen um 0,5 (von 2,S auf 3,4), Gerste um 0,8 (von 2,7 auf 3,5), Raps und Rübsen um 0,9 (von 2,9 auf 3,8), Roggen um VF (von 2,7 auf 3,0); der Klee hat seinen von vornherein recht mäßigen Stand von 3F behalten. stub« voran; die andern folgten Mit einer Art gruseliger Neugier sah Kurilin« den armen Krüppel im Lehnstuhl am Ofen sitzen. Sie kannte ihn ja schon von früheren Be suchen, und als Kind hatte sie geschrien, wenn sie ihm die Hand hatte geben sollen. Diesesmal nahm sie sich zusam men und trat gleich zu ihm heran. Er war doch ihres Johann«- Bruder, und sie hatte sich unterwegs genau überl«gt, wie sie sich hier wohl betragen müßte. Deshalb beugte sie sich zu ihm nieder und sagte ihm freundlich .Guten Tag". Doch er hob kaum den Kopf und lachte mit blödem Grinsen vor sich hin. Da klammerte sie sich angst voll an Johannes' Arm. Wie unheimlich das doch war. Dann kam die ältere Schwägerin herein und sagte mürrisch: .Guten Tag". Sie roch nach grüner Seife und brachte eine Wolke von frischem Kaffecdunst aus der Küche mit herein. „Wir können gleich Kaffee trinken," sagte sie kurz. „Anna wollte in der Wohnstube decken. Aber das ist ja Unsinn. Wozu am Sonntag erst die Unordnung machen? Wir sitzen ebenso gut draußen in der Küche am großen Tisch." „Aber Gesine," sagte Johannes vorwurfsvoll und sah von einer Schwester zur andern. Als er aber merkte, wie Anna ganz blaß und verweint auSsab, nahm er rasch Karo linens Arm und führte sie in die Küche, wo der Kaffe« auf dem gescheuerten Tannrntisch stand. Gesine ging hinter ihnen her. „Wenn Karoline erst deine Frau ist und ihr hier ein- gezogen seid, könntet ihr eS ja anders halten," hörte er sie sage-. Und nun saß man um den Tisch. Anna hatte Ro sinenkuchen gebacken, aber er war „klitschig". Die Kaffee tasse schob Karoline nach dem ersten Schluck zurück; das war ja Zichorienbrühe. Sie wunderte sich nur, daß ihre Mutter so tat, als ob er ihr schmecke. Johannes dagegen trank mit vollem Behagen. Währenddessen erzählte Vater Jessen weitschweifig, wie schön eS im Schulhause sei. wenn im Frühjahr die Obstbäume blühten und die Stachelbeeren ansetzten. Und Fische bekam der Lehrer alle Woche reih um von den Seefischern. Die Schulbrote, die es früher gegeben, waren freilich abgelAt, und das war besser so; man hatte immer Streit deswegen mit der Gemeinde ge habt. Und ebenso war's mit dem Schnlacker. In früheren Jahren hatte Jessen den selbst bewirtschaftet. Die Bauern waren zu Spanndiensten pflichtig und hatten Stalldung und Saatgut zu liefern. Aber das war nie ohne Streit abgegangen. Die Bauern lieferten nie rechtzeitig, und was sie brachten, war von schlechter Beschaffenheit. Ihre Pferde konnten sie immer dann am wenigsten entbehren, wenn der Lehrer ihre Hilfe brauchte. So hatte Jessen denn eines TaaeS kurz entschlossen den ganzen Schulacker verpachtet. Viel brachte es nicht, aber man war die Quäle rei los. Die Pachterträge waren freilich von Jahr zu Jahr gesunken, und das war schlimm, denn der Acker wurde mit zum Gehalt gerechnet. Dafür hatte sich der Lehrer.auf die Imkerei geworfen. Hinten im Schulgarten standen die Körbe. Karoline war froh, eine Gelegenheit zu finden, vom Kaffeetisch fortzu- kommen, und so schlug sie vor, die Imkerei zu besichtigen. Der alte Jessen mit Frau Diestel gingen voran; Anna folgte mit Karoline. Johannes blieb zurück. Er mußte mit Gesine sprechen. Er wollte sie bitten, es Karoline nicht so schwer zu machen, sich in die Familie ihres Verlobten h'meinzufinden. Aber Gesine lachte bitter, als er ihr daS sagte. Ob er ihr's denn verdenken könne, wenn sie sich auf dio Schwägerin nicht freue? Was wollte daS Putzpüppchen überhaupt im Schulhause? Die sollte einen wohlhaben den Stadtherrn heiraten, aber keinen Lehrer, der selbst nichts zu beißen hatte. Gesine war immer gegen diese Verlobung gewesen. Nattirlich, der Vater und Frau Diestel hätten sich nicht davon abbringen lassen. Alter schützt vor Torheit nicht. Nun sollte aber Johannes nicht von Gesine verlangen, daß sie freundlich tue und aus ihr gutes Recht im Schulhause verzichte, ohne den Mund p» verziehen. . Fortsetzung folA) »