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CefäkrUede OstgLlte. Don einem unserer politischen Mitarbeiter wird un geschrieben: »In Rußland herrscht der Absolutismus, gemildert durch Meuchelmord." Dieses ironisch-tragische Uneil über die inneren Zustande des Zarenreichs früherer Jahrhun derte scheint heute noch seine, wenn auch abgewandelte und veränderte Bedeutung für gewisse Geistesrichtungen unter den Angehörigen des großen Slawenreiches zu besitzen. In Berlin haben einige russische Flüchtlinge, ehemalige Offiziere und Anhänger der gestürzten zaristischen Regie- rungsform, die ihnen gewährte deutsche Gastfreundschaft mißbraucht, um ein scheußliches Attentat zu begehen und dadurch die an äußeren Verwicklungen wahrlich nicht armen deutschen Behörden mit einer neuen Verlegenheit belastet. In einem Augenblick, wo die Auseinandersetzung mit unsern Gegnern auf dem Schachbrett der äußern Politik vielleicht am kritischsten Punkte angelangt ist. erlauben es sich ein paar Russen, von denen die Offiziere Scha- belski-Bork und Taborrtzki festgestellt sind, unter dem Ruf »Rache für den Zaren!" einen Revolverangrifs auf den früheren russischen Minister des Auswärtigen Miljukow zu unternehmen. Dabei kommt dieser glück licherweise unverletzt davon, aber sein Begleiter Dimitri- jew Nabokoff. als juristischer Gelehrter von Ruf in der ersten Duma bereits Abgeordneter, als Politiker in der Ara Kerenski an mehreren verantwortlichen Stellen und Minister der Krimregierung, bleibt auf dem Platze. Das alles vor einer großen Menge in einem der bekanntesten Versammlungssäle Berlins, in dem Miljukow einen Vor trag gehalten hatte. Miljukow wie Nabokoff Maren keine Vertreter der jetzigen Machthaber in Petersburg und Moskau, sondern »Kadetten", also Anhänger der im Gegen satz zu den Bolschewisten als Sozialrevolutionäre oder Menschewisten bezeichneten gemäßigten Sozialisten. Beide ebenfalls Flüchtlinge. Da der größte Teil der VerfammlungSLesucher aus Russen bestand, das Attentat von Russen gegen Russen «usc übt wurde, könnte oberflächliche Betrachtung zu dem Resultat kommen, es handele sich auch nur um eine rein russische Angelegenheit, die der Inländer, abgesehen von dem kriminellen Moment, sich nicht allzu sehr zu Herzen zu nehmen brauche. Das wäre natürlich grundfalsch. Wenn man schon auf dem Standpunkt steht, daß iüner- politische Streitigkeiten dcS Auslandes für uns keinen Gegenstand überschäumendcr Erregung zu bilden batten, folange sie unsere eigenen Interessen nichi einschneidend berühren, darf nicht vergessen werden, daß neben der Ver letzung der allgemeinmenschlichen Ethik durch einen wüsten Mord in diesem Falle der MS in einen Gefahren abgrund gelenkt wird, dem wir ohne eigene Verschuldung zwangsläufig näher gebracht werden. Die Umwälzungen und Erschütterungen in der ehe maligen Riefenmonarchie der Romanows bilden heute eine Weltfrage von überragendem Maßstab. Ohne eine Stabi lisierung in dem Ostreiche kein Frieden in Europa, keine Beruhigung der Welt, kein gründlicher Aufbau, keine Ba lancierung der wirtschaftlichen Kräfte nach der Zertrüm merung durch die Kriegskatastrophe. Deutschland aber steht dicht neben dem brodelnden Kessel Rußland, strömt er über, ergießen sich die brennenden Fluten zuerst über unser« Glieder. Ob daS nun wirtschaftliche Verheerung oder blutiger KriegSgreuel ist, auf jeden Fall sind wir die Milleidenden. Deutschland hat den russischen Emigranten bereitwillig Ashlrecht gegeben. Das war Menschenpflicht, die sich zu gleich deckt mit der zeitgemäßen Auffassung, die den ge meinen Verbrecher der Sühne nicht entziehen will, dem wegen politischer Meinungen Verfolgten, dem Armen und Bedrängten aber überhaupt Schutz zubilligt, ungeachtet zu fälliger Staatsangehörigkeit oder wohl Nationen, nicht aber Menschen trennender Grenzlinien. Loch dieser Grund satz bat seine Schranken, die treffend charakterisiert werden durch daS englische Sprichwort „Otucrit/ dsxins at doms" — Wohltun beginnt zu Haufe. Berlin ist Heute eine halbrussische Stadt. Russische Theater, russische Buchhandlungen, russische Zeitungen, russische Vereine und Körperschaften sind in Masse entstan den, die Physiognomie der Straße und der gesamten Öffentlichkeit ist stark slawisch beeinflußt. Solange diese Überfremdung sich ruhig verhält, ihr Wesen als daS eines nachsichtig und barmherzig geduldeten Gaster offenkundig macht, läßt sie sich ertragen. Schon wird aber geklagt über Anmaßung, über unverhüllt in die Erscheinung tretendes mit Miseren Sitten kontrastierendes Gebaren. Reiche Russen, die ihre Schätze trotz aller Bolschewistenäufmerk- samkeit anscheinend leichthin über die Grenze tragen konn ten, jagen ungehindert dem Einheimischen Wohnungen und sonstige- Lebensnotwendigkeiten ab. Unter den einge wanderten übrigen Russen bildet die Zunft der Beutel schneider, der Schieber, dch Übeltäter jeder Klassifizierung einen recht "hoben Prozentsatz. Die Kriminalchronik der letzten Jahre gibt dafür vielfältige Belege. In anderen ZentiHlpunkten des Reiches liegen die Tinge möglicher weise nicht ganz so schlimm, jedoch ähnlich. Aus Breslau, Dresden, Leipzig und München lauten die Berichte über einstimmend. Gerade im vorliegenden Falle führen die Spuren des unter so häßlichen Begleitumständen verüb ten Mordes nach München. Einige Zeitungen bezeichnen München als den Verwaltungsmittelpunkt eines über ganz Deutschland verzweigten Netzes rnssisch-w anarchistischer Propagandavereinigungen, aus denen das Attentat gegen Miljukow bervorgewachsen sei. Es mügen dabei Übertreibungen unterlaufen, jeden falls kann die öffentliche Beunruhigung durch das Russen wesen nicht mehr länger geleugnet werden. Ob diese so wieso wachsende Beunruhigung und Beeinträchtigung der Rechte der Einheimischen durch bolschewistische Werbetätig keit oder durch entgegengesetzte Bestrebungen verstärkt wer den, ist gleichgültig. Rußland mag seine inneren Streitig keiten nach alter oder neuer Manier auf seinem Boden aus machen, wir wollen in unserem Hause von Meuchelmördern nichts wissen, mögen sie ihre Geschäfte unter der Flagge mit dem Sowjetstern oder unter dem Zarenbanner betrei ben. Wir babrn in den eigenen Stuben genug anfzuräu- men und wollen uns von Desperados dieser oder jener Art dabei nicht stören lassen. Dem .Hilfsbedürftigen Barm herzigkeit, dem sich Lberhebenden, Schmutz ins Land tra genden Eindringling die feste Hand der Abwehr und unter Umständen den gebührenden Tritt. Das ist die Forderung, die angesichts'des Berliner Mordes gegenüber der Russen- gesahr erhoben werden muß. Oie belgische Gekakr Lm Abem. Wünsche gegen den Friedensvertrag. Nach einer Meldung der „Agence Betge" soll die bel gische Negierung in einer Rote a» die Botschasterkonlereuz die Behauptung ausgestellt haben, dass die Truvpcn in den unbesetzten Zwischenräumen zwischen den Rheinbrückrn- köpfcn Gefahren auSgesctzl seien, und um Erweite rung dieser Brücken köpfe ersucht haben. Eine Bestätigung 'dieser Nachricht liegt an Berliner zuständiger Stelle nicht vor. Die Grenzen des besetzten Gebietes und der besetzten Brückenköpse sind im Friedens vertrag festgelegt. Eine Abänderung dieser Grenzen hätte die Zustimmung der deutschen Regierung zur Voraus setzung. * Verhaft»», von 38 deutschen Polizisten. Am 29. März wurde die 23 Warnte starke Ab lösung für die Wache der Schutzpolizei m Oberhausen-Al staden auf dem Wege zum Wachlokal von belgischen Trup pen verhaftet und i n das besetzte Gebiet ge bracht. Die Verhaftung erfolgte, weil die Beamten die für das besetzte Gebiet vorschriftsmäßige weiße Armbinde nicht trugen. Die Verhafteten befinden.sich unter belgi scher Bewachung im Polizeigcfängnis von Duisburg. Unter den belgischen Truppen im besetzten Gebiet herrscht angeblich wegen der Ermordung des Leutnants Gras große.Erregung. Es heißt, daß die belgischen Komman danten neue Befehle erhalten haben, die Wachen zu ver stärken und strenger gegen die Deutschen varzugeben. politische Aunciscdrm. veutscklsnä. Die deutsche Delegation für Genua. Nach vorläufigen nichtamtlichen Blättermeldungen werden der deutschen Delegation in Genua voraussichtlich angeboren: als Vertreter der Reichsregiernng Reichs- Minister Dr. Rathenau, ReichswirtschastSminister Schmidt und Ncichsfinanzminister Dr. Hermes. Ms Vertreter der Gewerkschaften werden wahrscheinlich der demokratische Abgeordnete Erkelenz, der frühere preutzULe Minister präsident Stegerwald sowie der frühere deutsche Reichs- arbeitsminister Wissel mit nach Genua gehen. Alles in allem dürfte die deutsche Abordnung etwa 50 Personen Am die Heimat. Roman von Bruno Wagner. 19f , (Nachdruck verboten.) Der Baron hatte schon eine ganze Weile ungeduldig mit den Fingern auf dem Lisch getrommelt. Dieser junge Mensch schien sich noch lange zu bedenken, anstatt mit bei den Händen zuzugrcifen. Nun aber lachte der Baron doch. Also bloß die philiströse Angst, die Schule zu schwänzen? Wenn es weiter nichts war! Mit dem Herrn Superin tendenten, der als Kreisschulinspektor die maßgebende Per sönlichkeit war, hatte er schon gesprochen. Er bekam vor Ärger einen roten Kopf, als Jessen sich Bedenkzeit Lis morgen ausüat. Was gab es da zu be denken? Den Vater wollte Jessen um feine Ansicht fragen? Nun, der hatte in vievzcg Jahren noch nie eine anoere Ansicht gehabt als fein Gutsherr. Na, kurz und gut, der Baron hoffte, daß der Alte keine Einreden machen werde. Und wer sonst? Ach so, das Fräulein Braut! DaS wäre ja noch schöner! Ter Varon lachte hellauf. So ein forscher junger Mann, — eine Erscheinung, als könnte er Offizier sein statt Schulmeister, würde doch nicht schon vor der Hochzeit ins Mauseloch kriechen? Oder —? Und plötzlich wurde der Varon unruhig; er machte beinahe einen verlegenen Eindruck. „Ja, ja, das habe ich noch gar nicht gesagt. Die Ge- haltssrage — aber natüAich, wir kommen da nicht drum herum. Ist das etwa der Wunde Punkt?" Jessen legte lebhaften Widerspruch ein. Daran hgbe er noch keinen Augenblick gedacht. Er sei dem Herrn Baron so vielen Dank schuldig, daß er sich freuen würde, wenn er sich auch einmal nützlich zeigen könne. Ter Baron strich hastig den großen graublonden Schnmrbart. »Freut mich, freut mich sehr, mein Lieber, daß Sic die Sache von dieser Seite ansehen. Tenn im ^Vertrauen, Schätze sammelt der Landmann heutzutage nicht. Die Reise wird so wie so schon teuer genug. Aber Me bekommen etwa- r« jehen, etwas, , was fürs ganze Leben eine Erinnerung bleibt. Und an einem Taschengeld für Ihre Keüren Ausgaben soll es natürlich nicht fehlen. Im übrigen haben Sie freie Reise und freie Sration, und für standesgemäße Equipierung werde ich sorgen." Johannes war entlassen. Draußen wartete das Stubenmädchen auf ihn. Der junge Herr wollte ihm gern guten Abend jagen; und sie öffnete die Tür zu dem Zimmer. Bernhard saß noch im Lehnstuhl; er hatte nicht zu Bett gehen wollen, bevor Johannes bei ihm gewesen. Mit einem müden Lächeln streckte er dem jungen Lehrer, zu dem ihn ein unnennbares Gefühl zog, die Hand weit entgegen. Wir er ihn liebte, ohne es jemandem zu sagen! Auch der Schwester hatte er es nicht vertraut. Wie ein hei liges Geheimnis hütete er dieses Empfinden in seiner zärtlichen Kindrsseele. Ihm war der einfache Hilfs lehrer in dem etwas blank gewordenen, aber stets sauberen schwarzen Nock wie eine: der Helden, von denen er in fieberndem Eifer in seinen Büchern gelesen, Er sah ihn noch vor sich in jener Sturmn'acht, als er tapfer fein Leben eingesetzt, um ihn und die Schwester Zu retten. Und sogar das Boot hatte er nachher noch ans Ufer geholt. Wie stark mußte er fein! Und heimlich hatte er ihm einen Namen gegeben, den niemand wußte. Nach seinem Lieblingsheldcn hatte er ihn genannt, nach jenem letzten Ritter ohne Furcht und Tadel, und wenn er an ihn dachte, dann gab er illm dessen Namen, Bayard! Das klang ganz anders als Johannes, wobei man inzmer an mitten gescheitelte, lange, braune Locken denken mußte. Und nun saß der heimlich Verehrte neben ihm und mußte ihm von der Schule erzählen. Im stillen beneir-ete Bernhard alle diese Volksschüler. Die brauchten kein La tein und Griechisch zu lernen und nicht französisch. Dafür balgten sie sich auf der Straße und durften nachmittags im Walde herumlaufen. Für Gymnasiasten schickte sich das nicht, und die hatten immer Schularbeiten zu machen. Bernhards Kopf war ganz rot geworden vor Auf regung bei all dem Erzählen; und nun stand Alice, die ihm gegenüber gesessen und schweigend zugehört hatte, auf und legte die Hand auf seine Stirn. „Es wird Zeit, ——— Ssmmermsppe --— — für bemerkenswerte Tages- und Zeitereignisse. * Die Neparalionskommissivn hat die drei Sachleistungsab kommen mu Deutschland ratifiziert. * In Oberhausen wurde eine Schupowache durch belgische Truppen verhaftet. * Der durch den früheren Abgeordneten Sepp Oerter bloß, gestellte braunschweigische Ministerpräsident Junge ist zurück getreten. * Der Präsident des Wiederherstellungsausschusses Dubois hat in Paris eine Rede gehalten, in der die Alliierten aufge« fordert werden, gegebenenfalls mit Kanonen und Bajonetten gegen Deutschland vorzugehen. * Die französische Delegation für Genua soll an der Be ratung aller Fragen des wirtschaftlichen Wiederaufbaus in wei testem Umsange leitnehmcn, aber jedes Ubergreifen aus die An- erkennung Sowjenußlauds oder die Wiedergutmachung ab lehnen. * Die Belgier verlangen eine Ausdehnung ihres Besatzungs- Gebietes am Rhein. umfassen. Ob der Reichskanzler Dr. Wirth. auch nach Genua fährt, wird wahrscheinlich davon abhängen, ob auch die Chefs der andern Negierungen an der Konferenz teilnehmen. Forderungen der Handels- und Gewerbekammern. Auf der Braunschweiger Tagung der deutschen Han dels- und Gewerbekammern wurde eine Entjchlie- ßung angenommen, in der die Beibehaltung der Hand werks- und Gewcrbekammern als gesetzlicher Be- r u s s v e r t r e t u n g von Handwerk und Gewerbe ge fordert wurde. Weiter wurde in der Entschließung ge fordert, daß die Handwerks- und Gewerketammern auf der Grundlage des allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlrechts sämtlicher selbständiger Berufsangehöriger zu bilden feien. Ferner wird die alsbaldige Vorleibung der öffentlichen Rechtsfähigkeit gewünscht, unbeschadet einer endgültigen Regelung auf Grund des vom Reichsverband des deutschen Handwerks vorgelegten Bernssgesetzes. Die Verfolgung der Erzberger Mörder. In einem Berliner Blatte war kürzlich die Behaup tung ausgestellt worden, die siosten des Ermittelungsoer- fahrens gegen die Mörder Erzbergers hättet) bereits an nähernd 200 Millionen Mark erreicht. Demgegenüber.wird vom Ministerium des Innern festgestellt, daß "die bisheri gen Kosten zur Aufklärung der Tat, zur Verfolgung der Mörder und anderer verdächtiger Personen, zur Vornah. me einzelner Verhaftungen sowie sämtliche Reisekosten aller in der Sache tätig gewesenen Beamten bis heute nach nicht 400 000 Mark betragen haben. Das deutsche Eigentum in Amerika. Ter amerikanische Botschafter für Berlin, Houghion, wird voraussichtlich am 18. April in- Berlin eintreffen. Er erklärte, eine seiner ersten Obliegenheiten in Berlin werde die Führung von Verhandlungen über die Schaf fung einer Kommission sein, welche über die deutschen und die amerikanischen Ansprüche hinsichtlich des fremvlänvi. scheu Eigentums entscheiden soll. Der Treuhänder der Bereinigten Staaten Miller ist im Einvernehmen mit Präsident Harding der Ansicht, daß die amerikanischen Ansprüche an Deutschland sich, wie es heißt, aus 415 Milli onen Dollar belaufen. Aolen. Ein stattliches Defizit. Im polnischen Reichstag gab der Finanzminister bei der Vorlage des Budgets für 1922, des ersten, das in Polen ordnungsmäßig ausgestellt und genehmigt werden soll, eine Bilanz der bisherigen Geld wirtschaft Polens. Abgesehen vom Budget des laufenden Jahres, das ein Defizit von rund 133 Milliarden vorsteht, betrugen die inneren Schulden am 1. Januar 251 Milli arden und die ausländischen Schuloen, die zu fast 30A für Ankäufe franzöfifcher Waften und Munition entstanden sind, 1134 Milliarden Volenmark, was in Dollar »ungerechnet etwas über 283 Millionen Dollar ergibt. * - .v .-. Reval. In Sowjetkreisen verlautet, daß die ans Kranken- lager LeuinS berufenen Ärzte fortschreitende Gehirnerwei- chnng festgestellt hätten. Aus Nom wird bereits ein Gerücht verbreitet, wonach Lenin gestorben sein soll. zu Bette zu gehen," sagte sie und gab Johannes ein leises Zeichen. Dann begleitete sie ihn zur Tür hinaus. Draußen blieb sie stehen. »Papa hat Ihnen unser» Reiseplan mitgeteilt," sagte sie. „Der Junge weiß noch nichts; er soll sich nicht vorher aufrcgen. Aber Sie haben gesehen, wie er an Ihnen hängt. Nun werden Sie uns hoffentlich nicht die Enttäuschung bereiten und nein sagen?" Das war in dem herzlichen Tone hcrvorgebracht, der ' ihr so natürlich war. Verwirrt zögerte Johannes einen Augenblick und sagte stockend: »Ich habe mir vom Herrn Baron Bedenkzeit bis morgm ausgebeten." Es war, als legte sich cive Maske über das Gesicht des jungen Mädchens. Wie mit rascker Hand wegge wischt war des freundliche Lächeln. Plötzlich trug sie die kalten Züge ihres Vaters, und in ihrer Stimme lag der hochfahrende Ton, den Johannes mit Simmen zuweilen an ihr bemerkt hatte. „Ganz, wie Sie wollen» Herr Jossen," sagte sie kurz. „Nur teilen Sie es uns, bitte, bald mit, damit wir uns gegebenenfalls nach einer andem ge eigneten Persönlichkeit nm sehen können." Mit einem kurzen Nicken- hatte sie ihn stehen lassen und war ins Zimmer zurückgekehrt. Mit harten unwir schen Bewegungen brachte sie den Jungen ins Bett. Eine trotzige Falte lag auf ihrer Stirn. Dann lachte sie nervös halblaut vor sich hin. Warum hatte sie ihn ge beten? Es war doch eine rein geschäftliche Sache. Was ging sie dieser junge Lehrer an, der gesellschaftlich so tief unter ihr stand? Da hatte sie es nun: sie bat herzlich, wie eine Freundin einen Freund. Und erl Johannes Jessen war auf einen vorüberfahrendett Schlächierwagem gestiegen, dessen Besitzer sein Haus-nach bar in Natzcburg war. Neben dem redseligen Mann, der das scharf trabende, wohlgenährte Pferd mit fester Hand zügelte uird dabei unter beständigem Lachen in seinem ge mütlichen Platt die Geschichten erzählte, während hinter ihm die beiden Schweine grunzten, die er am Nachmittags in Groß-Grönau gekauft hatte, kam Johannes kernen Augenblick zum Nachdenken. Ohn-e zu einem Entschlüsse StlömmLN zu fein, stieg er vor dem Neuendammer Schul- -^MoMMuLMgL^