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Nieder ein „Abkommen". Von unserem O-Mitarbeiter wird uns geschrieben: Welchen Deutschen überläuft nicht nachgerade eine Gänsehaut, wenn er von neuen Verträgen mit der Entente oder diesem oder jenem Ententestaal hören muß? Früher waren es Diktate, jetzt spricht man von Verträgen. Aber diese Verträge unterscheiden sich allenfalls in der Art ihres formalen Zustandekommens von jenen Diktaten, inhaltlich werden sie uns im großen und ganzen ebenso aufgezwun gen, wie es mit den .Abmachungen" von Spa und London und Paris der Fall war. In Berlin ist jetzt ein neuer Sachlieferungs vertrag mit Abgesandten der Reparationskommission geschloffen worden, dessen letzte Genehmigungen zwar noch ausstehen, dessen Inhalt aber wohl schon als endgültig angesehen werden muß. Er ist dazu bestimmt, in der Frage der Sachlieferungen Deutschlands an die Stelle der bis herigen gebundenen Wirtschaft durch die Staatsbehörden die freie Wirtschaft der Interessenten zu setzen. Die Umständlichkeit des bisherigen Verfahrens ist den fremden Regierungen schließlich auf die Nerven ge fallen, und auch in Deutschland wird man möglicherweise der Beseitigung der Staatswirtschaft auf diesem Gebiete nicht allzu viel Tränen nachweinen wollen. Ihr ist es zu danken, daß von Anforderungen bis zu endgültigen Auf. trägen gar vieles unter den Tisch fiel, daß der Umfang der tatsächlichen Lieferungen hinter dem Bedarf weit zu rückblieb. Bis Cannes konnten und mußten die nicht zu- standegekommenen Sachleistungen in Gold ersetzt werden. Da diese Bestimmung für die Zukunft aufgegeben wurde, glaubte die deutsche Regierung sich Vorschlägen, die zu einer wesentlichen Beschleunigung des Verfahrens führen sollen, nicht widersetzen zu dürfen. Fortan soll der franzö sische oder belgische Geschädigte direkt bei deutschen Liefe ranten bestellen dürfen, und nur die Zahlung wird, unter Kontrolle des Vertrages, durch die Regierungen ausge führt. Bisher konnte das Reich gelegentlich die erteilten Aufträge billiger vergeben, als von der Neparationskom- miffion vorgeschrieben war. Diese Möglichkeit fallt jetzt fort, ebenso aber auch die andere, daß das Reich unter Um ständen zu höheren Preisen liefern mußte, als ihm zu gestanden waren. So wird berichtet, daß das Reich zum Beispiel bei den Viehlieferungen hundert Millionen Goldmark zuzusetzen hatte. Man nimmt an, daß die Bestellungen in Zukunft voraussichtlich zu Weltmarktpreisen erfolgen werden, die die deutsche Regierung den Lieferanten in Papiermark zu erstatten hätte. Natürlich erheben sich gegen diese Art der Regelung sofort vom deutschen Standpunkt aus schwere Bedenken. Wie zum Beispiel, wenn Frankreich aus politischen Grün den seine Aufträge besonders stark ins Rheinland vergäbe, um es so wirtschaftlich nach Westen zu orientieren? Ferner kann es nicht ausbleiben, daß der normale deutsche Export unter dm Reparationslieferungen leidet, und daß ein großer Teil des Deviseneinkommens wegfällt, das wir bisher zu verzeichnen hatten. Um in der Frage der aus ländischen Rohstoffe entgegenzukommen, wird bestimmt, daß Sachleistungen, die zu mehr als 25 Prozent aus solchen bestehen, vollständig bezahlt werden sollen. Einen schwachen Versuch gegen die Einmischung von Schieber firmen stellt die Abmachung dar, daß von deutscher Sette nur anerkannte Handelsfirmen oder die Hersteller selbst als Lieferanten zugelassen werden sollen, und daß auf der Gegenseite als Besteller nur quftreten können die Geschä digten selbst, Vereinigungen von Geschädigten und Be hörden für ihren eigenen Bedarf. Eine erfreuliche Folge des neuen Vertrages bestünde in der Entbehrlichkeit der geplanten großen Organisationen der Lieferungsverbände, sowie der Abbau des gewaltigen Behördenapparates im Wiederaufbauministerium. Da nur wenige Waren von der freien Lieferung ausgenommen werden, so wird sich der Umfang auch der Reichs- und Staatsbehörden für diesen Zweck arff ein sehr bescheidenes Maß zurückführen lassen. Auf der Gegenseite wird in Aussicht gestellt, daß die zu erteilenden Aufträge sich besonders auf die Ein richtung großer Elektrizitätswerke, auf Eisenbahnmaterial, auf Elektrisierung der Eisenbahn, Ausbau von Kanälen, von Telephonanlagen und dergleichen erstrecken werden. Mit Kleinigkeiten will man sich natürlich nicht abgeben; es sollen keine Auftrage unter 1500 Goldmark oder etwa 4000 Frank vergeben werde«. Dagegen besteht keine HölUtgrenze für die Aufträge. Alle, auch die größten Re parationsarbeiten, müssen im freien Verkehr vergeben werden. Des Vaters Vermächtnis. Original-Roman von 48) Wrrner Sim». „Ich hatte Inge mein Wort gegeben, daß ick zu keinem Menschen etwas von ihrem Besuch bei mir würbe verlauten lassen. So mußte ich schweigen. Ich durfte mein Wort nicht brechen; denn dazu habe ich Inge zu lieb/ „Fräulein Ingeborg," wandte sich Ross an das junge Mädchen, „weshalb legten Sie Ottomar denn eigentlich dieses Schweigegebot aus?" „Es durfte doch niemand erfahren, Herr Kommissar, daß er am Vorabend des Todes meines armen Vaters bei uns ge wesen war." „Aber weshalb denn nicht?" „Es war der ausdrückliche Wunsch meines Vaters, der letzte, den ich aus seinem Munde vernahm, und den mußten wir heilig halten." „Fräulein Ingeborg, Sie dürfen es mir nicht verargen, wenn ick Ihnen gestehen muß, daß mir dieser Wunsch unver ständlich bleibt. Wünschte Ihr Herr Vater etwa nicht die Ver bindung mit Ottomar?" „O ja, nur wollte er keineswegs, daß unsere Verlobung schon jetzt bekannt wurde, und darum gebot er uns Schweigen." „Ja, auch mir," mischte sich Helmholtz ein, „blieb dieser sonderbare Wunsch immer unverständlich. Ich lebte unter dem ständigen Eindruck, daß Irmler sich vor einem vorzeitigen Be kanntwerden unserer Verlobung geradezu ängstigte. „Lieber Ottomar, das sind Hirngespinst«, auf die ein ver nünftiger Mensch nichts geben sollte." „Ich wollte, es wäre so gewesen. Du darfst jedoch über zeugt sein, daß diese ewige Geheimnistuerei mir selbst am wenigsten behagte." . „Ja, um alles in der Welt, welchen Grund mochte Irmler denn hierzu haben?" „Das blieb In« mL mir ei« Rätsel, und wird es auch mm leider ewig blewen." DaS Abkommen bedarf fekbstverfiändNch noch der Zu stimmung der maßgebenden Stellen, und es wird sicher lich, aus politischen wie aus wirtschaftlichen Gründen, von den verschiedensten Seiten stark angegriffen werden. Dem einen wird es unerfüllbare Anforderungen an die deutsche Industrie, dem andern unerträgliche Gewinnchancen für das Privatkapital mit sich bringen, dem dritten wegen der Ausschaltung jeder Regierungskontrolle unannehmbar er scheinen. Aber, wie gesagt, es ist kaum anzunehmen, daß Deutschland mehr als ja und amen wird sagen können. So war es bisher und so wird es, es mag uns gefallen oder nicht, Wohl noch eine ganze Weile bleiben. Zwangsanleihe und Aeuerkompromitz. Äußerungen des Reichskanzlers. Der Reichskanzler Dr. Wirth hat in seiner badischen Heimatstadt Freiburg über die augenblicklich beherrschen den politischen Fragen zu einem Journalisten geäußert, es handle sich in den nächsten Tagen darum, zu sehen, ob das Steuerkompromiß marschiert. Die Regierungsparteien hatten Gelegenheit, das Mantelgesetz, das alle Steuern einschließlich der Zwangsanleihe umfaßt, kennen zu lernen. Dieses Mantelgesetz müsse in den nächsten Tagen seine Erledigung finden. Dann werde man sehen, wie die Parteien sich selbst zur Übernahme politischer Verantwortung stellen. Über das Steuerkompromiß brauche man nicht so pessimistisch zu denken, das Werk sei eine staatspolitische Notwendigkeit und damit für die Parteien eine eiserne Pflicht, daran mitzuarbeiten. Zur Konferenz von Genua meinte er, wenn man nicht raschestens be ginnt, die europäische Wirtschaft als Ganzes zum Gegenstand eingehender Erwägungen zu machen und danach zu handeln, so steht man vordemUntergang desAbendlandes. Europa ist durch und durch wirt schaftlich krank, und Diktate, Sairktionen, wie die Besetzung deutscher Städte und Gewaltmaßnahmen können den euro päischen Kontinent nicht seiner Gesundung entgegenführen, -l- Eine halbamtliche Mitteilung über die Beratungen zur Schaffung und Ausgabe einer Zwangsanleihe besagt, daß diese Beratungen jetzt so weit vorgeschritten sind, daß Sachverständige aus Bankkreisen, Industrie, Land wirtschaft, Handel und Arbeiterschaft gehört werden kön nen. Es stehe bereits soviel fest, daß die Zwangsanleihe ein Opfer des Besitzes sein wird. Aus anderen Quellen verlautet, daß die Ver anlagung zur Zwangsanleihe wahrscheinlich nicht nach der Reichsnotopferveranlagung mit dem 31. Dezember 1919 als Stichtag erfolgen soll. Es wird vielmehr erwogen, die Veranlagung zur Zwangsanleihe nach der Vermö genssteuerveranlagung für 1922 vorzunehmen. Voraussichtlich werden auch bestimmte Vorauszahlungen auf die Zwangsanleihe, etwa in Höhe eines Notopfer drittels, angeordnet werden und man rechnet überdies mit vierteljährlichen Einzahlungsraten. Die neuen Steuerge setze selbst dürften, soweit sie nicht rückwirkend sind, wahr scheinlich im April in Kraft treten, vierzehn Tage nach der Veröffentlichung im Reichsgesetz- blatt. Die reguläre Erhebung der Zwangsanleihe wird dagegen in diesem Jahre kaum möglich sein, da die Fi- nanzämter viel zu stark mit anderen Steuererhebungen überlastet sind. Neue Sparsnmleitsversuche? AuS parlamentarischen Kreisen wird berichtet, daß man im Kreise der Parteiführer Pläne erwägt, die auf eine ver besserte Wiederholung der seinerzeit gescheiterten SparsamkeitS- aktion des Kommissars Dr. Carl hinauslaufen. Man will aber . diesmal einen möglichst kleinen Ausschuß des Reichstages bil den, mit dessen Unterstützung ein Minister ohne Portefeuille den gesamten Etat mit dem Ziele der Verringerung der Mini sterien durchprüfen könnte. politileke Kunäsekau. DeutlÄKIrnL Für den Abbau der Getreidezwangswirtschast trat der Landwirtschaftsminister Dr. Wendorff im Hauptausschuß des preußischen Landtages ein. Dr. Wen dorff führte aus, über die Aufhebung der Zwangswirt schaft könne er keine amtlichen Erklärungen abgeben. Er sei aber zu der Erklärung bereit, daß nach seiner An sicht auch die letzten Reste der Zwangswirtschaft beim Brot- „Sonderbar, höchst sonderbar. Und ihr habt euch nie be müht, ihn um eine EÄärung deswegen zu bitten?" „Bemüht? . . . bemüht . . . Rolf? Wir ließen nichts un versucht, von ihm eine Erklärung zu erlangen. Wer alles war umsonst. Eine maßlose Erregung ergriff ihn in der letzten Zeit, wenn wir ihn darum angingen. Darum schwiegen wir lieber, um weitere peinliche Szenen zu vermeiden." „Und deswegen besäten Sie Otwmar, Fräulein Inge borg, um ihn an dies merkwürdige Schweigegebot zu erinnern?" „Ganz gewiß, Herr Kommissar, lediglich deswegen." Kopfschüttelnd hörte Brandt diese Antwort. Mit seinen Ohren vernahm er sie, aber begreifen konnte er sie nicht. „Aber das war doch immerhin kein Grund, Fräulein Inge borg, auch mir gegenüber in diesem hartnäckigen Schweigen zu verharren, als Sie wahrnehmen mutzten, daß Sie dadurch Ottomars Lage höchst schwierig gestalteten." „Anfänglich rechnete ich damit keineswegs, alles erkannte ich erst später klarer. Da aber hatte ich bereits Ottomars Wort. Und ich wußte, daß ich darauf bauen konnte." „Das haben Ihnen die Tatsachen bestätigt. Denn nichts konnte Ottomar zum Reden bewegen." Brandt schwieg. Angestrengt dachte er über das Gehörte nach und suchte seine Schlüsse daraus zu ziehen. Ingeborg sprach die Wahr heit, das stand für ihn fest. Welche Gründe mochten den Verstorbenen zu diesem sonderbaren Verhalten bewogen haben? Aus diese Frage vermochte Brandt sich keine Antwort zu geben. Er stand vor einem Rätsel. „Und versteckten Sie etwa auch deshalb die Skizze von Otto mars Kopf, Fräulein Ingeborg?" fragte der Kommissar weiter. „Ja, Herr Kommissar, ganz allein darum, damit niemand sie fände; änn jeder Eingeweihte sah, daß sie von Vaters Hand stammte. Er hatte sie in einer Künstlerlaune hingeworfen auf ein Stückchen Papier, wie so oft, wenn Ottomar 'bei uns im Atelier saß. Papa zeichnete Ottomars Kops gern wegen seiner charakteristischen, recht männlichen Form; Papa liebte diese Form. Ich wünschte nicht, daß man aus dem Vorhandensein dieser Skizze aus Ottomars Bestich bei uns schließen sollte." Sammelmappe — . ' s für bemerkenswerte Lage»« »ab L«tteratg»W«» - ,, . - - * Der ReichSkohlenrat hat ein« neue Erhöhung der Sohle»« preise mit Wirkung vom 1. März ab beschlossen. * Die Finanzmtnister Frankreichs, Englands, Italiens u«d Belgiens werden in den nächsten Tagen in Paris zusammen kommen, um u. a. die Verteilung der deutschen Zahlungen, die Verrechnung der Besatzungskosten und das Abkommen von Wiesbaden zu besprechen. * Die englische Regierung hat an die Reichsregierung eine» scharfen Protest wegen der Flucht der verurteilten U-Boot-Offi ziere Boldt und Dittmar gerichtet. * Im englischen Unterhause erklärte Chamberlain de« Dov» Wurf für unberechtigt, daß Deutschland sich absichtlich uud systematisch der Abrüstung entziehe. getreide fallen müßten. Nur so sei die Vermehrung der Anbaufläche und die Erhöhung der Erzeugung möglich. Er befürwortete daher die Aufhebung der Zwangswirt schaft im Brotgetreide aufs wärmste. Die kommend« große Arbeitslosigkeit werde zu einer Umschichtung der Bevöl kerung führen und die Arbeitslosen auf das Land bringen müssen. 92 Milliarden Fehlbetrag im Reiche. Der Bericht über die endgültigen Einnahme,» und Ausgaben des Reichshaushalts im Rechnungsjahr 1922 ergibt einen Fehlbetrag von über 92 Milliarden, genaE 92100 Millionen. Im außerordentlichen Haushalt wollte man über 92 Milliarden, genauer 92110 Millionen Ein nahmen errechnen, bekam aber nur etwas über 18 Mil liarden und gab mehr als 93 Milliarden aus, so daß sich ein Fehlbetrag von 72 Milliarden, genauer 72 752 Mil lionen ergab. Dazu kommt der Fehlbetrag der Reichs bahn mit 17122 Millionen und der der Reichspost mit 3178 Millionen. Zieht man den Überschuß der Reichs druckerei mit 94 Millionen ab, so bleibt ein Gesamtfehl-> betrag von 92110 Millionen, also über 92 Milliarden. Groß-Hamburg. ? Im preußischen Staatsministerium haben die Ver handlungen über Groß-Hamburg begonnen. Der preußische Ministerpräsident Braun erklärte dabei, daß die' fachgemäße Ausgestaltung des Hamburgischen Hafen gebiets zur Ermöglichung der wirtschaftlichen Höchst leistung nicht nur im besonderen Hamburgischen, sondern im allgemeinen deutschen wirtschaftlichen Interesse lieg«. Die preußische Regierung sei mit dem Senat Hamburgs sonach im Ziele einig, und wenn beide parttkularistische Sonderinteressen zurückstellten, würde es möglich sein, das Problem in kürzester Zeit befriedigend zu lösen. Der Verkehr mit Ostpreußen. - Dem Reichstag ist der Haushalt des Reichspostmini steriums zugegang'en. Zur Verbesserung und Sicherstel lung des Telegraphen- und Fernsprechverkehrs an der Ost seeküste zwischen dem Reich und den abgetretenen Gebieten ist die Anlegung eines weiteren Fernsprechkabels zu den bereits bestehenden in Aussicht genommen und für das neue Etatsjahr für ein Seekabel von der pommerschen nach der ost- und westpreutzischen Küste eine Ausgabe von 8 800 000 Mark vorgesehen. — Der Seedienst Ostpreußen, der infolge der ungewöhnlichen Eisverhältnisse auf der Ostsee einige Zeit aussetzen mußte, ist jetzt nach Eintritt milderer Witterung wieder ausgenommen worden. Flaggrnvorschriften für Preußen. i Das preußische Staatsministerium hat über die Be flaggung der preußische« Dienstgebäude folgenden Be schluß gefaßt: Die Beflaggung der Gebäude erfolgt künf tig grundsätzlich nur aus Anordnung des Ministerpräsi denten. Die Beflaggung aus lokalem — nicht politischem — Anlaß erfolgt aus Veranlassung der Lokalbehörden; nötigenfalls entscheidet der Oberpräfident im Einver nehmen mit dem Oberlandesgerichtspräsidenten, über Be flaggung bei Veranstaltungen von parteipolitischem Ge präge entscheidet in jedem Fall der Ministerpräsident. Ge flaggt wird mit schwarz-weißen Fahnen. Soweit die Möglichkeit besteht, ist neben der schwarz-weiße» Fahne die schwarz-rot-goldene Reichsflagge zu hissen. * Genf. Der Völkerbundsrat hat den Vorschlag der polni« schen Regierung, in Warschau eine europäische Konferenz zur Bekämpfung der Epidemien in Osteuropa einzube rufen, einstimmig angenommen. „Hatte denn die Dienerschaft MchtS von diesem Besuche gewußt?" „Nein, ich selbst öffnete meist, wenn Ottomar kam, PapaS wegen, der es der Leute wegen so wünschte." Diese Auskunft schien Brandt zu befriedigen; denn er nickte leise zustimmend. Aber das unbegreifliche Ansinnen des Verstorbenen, die Verlobung Ingeborgs mit Ottomar ohne irgend welchen ersicht lichen Grund möglichst lange geheim zu halten, war damit durch aus noch nicht weiter geklärt worden. Immer mehr setzte sich bei Brandt der Gedanke fest, daß e- damit eine besondere Bewandtnis haben müsse. Und je mehr er über das Gehörte nachsann, um so deut licher kam es ihm zu Bewußtsein, daß der „Fall Irmler" hier durch immer nur noch geheimnisvoller und dunkler wurde. Und säst als ob Ingeborg seine Gedanken erriete: noch ein mal kam sie gerade in diesem Augenblick auf den Selbstmord ihres Vaters zu sprechen und auf ihren mißlungenen Versuch, die Welt darüber hinwcgzutäuschen. Denn mit zager Stimme wandte sie sich noch einmal an Brandt: „Lieber Herr Brandt, Ottomar hat mir längst alles ver ziehen. Ich wußte es ja. Auch Sie möchte ich herzlichst und aufrichtig bitten: verzeihen Sie mir auch! Wo ich immer noch ein glimmendes Fünkchen Hoffnung hegte, daß der Selbstmord meines Vaters unentdeckt bleiben würde, da konnte ich nicht anders handeln. Sie wissen ja, wie ich an ihm gehangen und wie entsetzlich der Gedanke für mich sein mußte, daß sein tragisches Ende die Erinnerung der Welt an ihn schänden müßte." „Ich will und darf nicht mit Ihnen rechten, Fräulein Inge borg. Es handelt sich ja Nicht um den Toten, es handelt sich hier um die Lebenden; noch ist ja fast nichts verloren, es kann noch alles wieder gut werden. Hätten Sie mir gleich alles rück haltlos offenbart, wie jetzt, so hätten Sie mir's leichter gemacht und vor allen Dingen unserem armen Ottomar einen großen Kummer erspart. Aber er hat Ihnen verziehen, und mir steht es wirklich nicht zu, Sie zur Rechenschaft zu ziehen." Noch lange blieben die Drei beieinander. Es gab ja noch so vielerlei zu besorgen, zu regeln und anzuordnen. (Fortsetzung folgL)