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Ottendorfer Zeitung : 03.02.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-02-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-192202038
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19220203
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19220203
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-02
- Tag 1922-02-03
-
Monat
1922-02
-
Jahr
1922
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 03.02.1922
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HrotLki als SrLieber. Die Moral des Fenstersturzes. Der allmächtige Diktator Rußlands, Herr Trotzki, hat auf der Konferenz der Arbeiterjugend eine Rede ge halten, in der er u. a. sagte: Rußland ist bie einzige Arbeitermacht in der ganzen Welt. Hat uns die Bour geoisie bis jetzt nicht beseitigen können, wo wir verhältnis mäßig schwach waren, so wird es ihr jetzt niemals mehr gelingen. Die Sowjetrepublik und das bürger liche Europa sind mit zwei geschworenen Feinden zu vergleichen, die zusammen das Abteil eines Eisenbahn- zuges besteigen, beherrscht von dem Gedanken, daß nur einer von den beiden am Leben bleiben darf und jeder bereit, den anderen aus dem Fenster zu werfen. Es ver geht eine halbe Stunde, und dies ist noch nicht gelungen; vielleicht müssen sie noch eine halbe Stunde zusammen fahren. Man muß es sich also irgendwie bequem machen und die Koffer unterbringen. Aber sie bleiben deshalb doch geschworene Feinde. So müssen wir eine Zeitlang mit den Bourgeoisstaaten leben. Herr Trotzki sollte doch ein wenig nachdenklicher wer den, wenn er auf seine Kampfansage an Europa das Echo aus Europa hört. Hier denkt man nicht daran, den an deren „aus dem Fenster zu werfen", sondern denkt etwas christlicher, indem man sich der unter der furchtbaren Hun gersnot leidenden „Feinde" nach Kräften annimmt. Eben erst hat Frithjof Nansen in Genf die Hungersnot geschildert, die unaufhörlich weiter um sich greife und nun mehr ein von fast 32 Millionen Menschen bewohntes Ge biet umfasse. Neunzehn Millionen seien un mittelbar vom Tode bedroht, davon 15 Millio nen jedenfalls rettungslos dem Tode verfallen. Die Re gierungen müßten jetzt eingreifen und dürften keinen Tag mehr verlieren. Nansen empfiehlt möglichste Beschränkung der Nahrungsmittelzufuhr auf Getreide. In vier Monaten könne aber wegen der Tranöportmängel nur ein Drittel der bedrohten Bevölkerung gerettet werden. Wie aus dem Finanzbericht ersichtlich ist, sind außer gewissen Natural leistungen bisher für die Ziele Nansens in den einzelnen Ländern etwa 28 Millionen Goldmark aufgebracht worden, die aber bald aufgebraucht sein werden, sodaß eine tief greifende finanzielle Hilfe notwendig ist. Die größte Hilfs- tätigkeit hat bis jetzt Amerika entfaltet. Deutsch land, dessen Bemühungen Nansen wiederholt erwähnte, bat bis jetzt etwa sieben Millionen Mark zur Ver fügung gestellt. Der Dessauer Ukeaterbranö. FlammentodderKammersangerinHerking Das frühere Dessauer Hoftheater, das seit der Revo lution Friedrichtheater hieß, ist ein Raub der Flammen ge worden. Das Feuer brach mittags gegen 12 Uhr während einer Probe aus und griff so schnell um sich, daß an eine Rettung des Theatergebäudes und des ihm benachbarten Kammerspielhauses nicht zu denken war, obwohl zahlreiche Feuerwehrmannschaften sofort tatkräftig eingriffen. Man hatte zuerst angenommen, daß der Brand durch einen Kurzschluß verursacht worden sei. Diese Annahme erwies sich jedoch als falsch. Es ist einwandfrei festgestellt worden, daß ein Schaden in der Heißlusianlage, die wegen der strengen Kälte sehr stark geheizt war, die Ursache des Rte» fenbrand.eL_war. Eine Zeitlang war auch das städtische Elektrizitätswerk, das unmittelbar an das Theater an grenzt, aufs höchste gefährdet, doch gelang es den Lösch mannschaften, ein übergreifsn des Feuers, das fünf Stun den lang wütete, zu verhindern. Das Theater, eines der bekanntesten Deutschlands, ist vollständig vernichtet, nur die nackten Mauern stehen noch. Der Schaden beträgt mehrere Millionen, da von den wertvollen Bühnenausstattungen, Kostümen und Requisiten nichts gerettet werden konnte. Der furchtbare Brand hat leider auch ein, vielleicht zwei Todesopfer gefordert. Bei dem Versuch, sich zu retten, fand die Kammersängerin Lilly Herking, die beliebteste Künstlerin des Theaters, den Tod. Der Leich nam wurde in fast völlig verkohltem Zustande auf einer Treppe liegend aufgefunden. Frau Herking hatte, als das Feuer zum Ausbruch kam, mit dem technischen Direktor des Theaters, Herm Meyer, eine Besprechung. Meyer und der Beleuchtungsinspcktor sowie ein in der Kostümschneideret beschäftigter Gehilfe erlitten Verletzungen. Durch eine ein stürzende Decke wurden ferner ein Feldwebel und zwei Schützen nicht unerheblich verletzt. Außer Frau Herking dürste auch ein Theaterfrlseur in den Flammen umgekom men sein. Das Ensemble und das Orchester des Theaters setzten sich aus etwa 200 Personen zusammen. Die Befürchtung, daß dieses ganze Personal nunmehr brotlos werden könnte, scheint sich glücklicherweise nicht zu bestätigen, da die Mit glieder des ehemaligen herzoglichen Hauses, die von jeher sehr kunstfreudig waren und auch nach der Revolution in großzügiger Weise für den Fortbestand des Theaters sorg ten, nach Möglichkeit für die Künstler, die Angestellten und die Arbeiter eintreten wollen. Die herzogliche Familie hat auch bereits erklärt, daß sie Mittel für den Wiederaufbau des Theaters zur Verfügung stellen werde. Das jetzt ab gebrannte Theater, das etwa 1200 Personen faßte, wurde im Jahre 1856 eröffnet, nachdem das im Jahre 1798 er baute erste Softheater 1855 niedergebrannt war. Berühmt wurde das Theater vor allem durch die dort veranstalteten anhaltischen Musikfeste, die Dessau einen hohen Ruf als Musikstadt verschafften. Sepp Oerter vor Gerickt. Der Ministerpräsident und der Varietskün stier. Vor der Braunschweiger Strafkammer begann der Prozeß gegen den früheren braunschweigischen Ministerpräsidenten Sepp Oerter und den Hypnotiseur und Varietökünstler Otto Schlesinger, der sich Otto Otto nennt und eine Zeitlang „Professor" von Oerters Gnaden war. Man erinnert sich, -aß Oerter wegen der Skandalgeschichten, in deren Mittel punkt er stand, auf das Portefeuille und auf das Mandat ver zichtete oder verzichten mußte. Bei den jetzigen Landtags wahlen hat er jedoch wieder für die Unabhängigen kandidiert und ist am 22. d. M. auch gewählt worden. Er ist, wie sich aus der Feststellung seiner Personalien ergab, wiederholt bestraft worden, u. a. im Jahre 1893 wegen Aufreizung und wegen Verbrechens gegen das Sprengstossgesetz zu einer Zuchthaus strafe von mehreren Jahren. Diesmal hat er sich wegen Be stechlichkeit zu verantworten. Er soll von dem Mitangeklagten Otto Otto zweimal 10000 Mark angenommen und sich dafür verpflichtet haben, dem Hypnotiseur den Profcssortitel und für seine Heilanstalt in Blankenburg die Unterstützung der braunschweigischen Regierung zu verschaffen. Schlesinger be hauptet, daß er Oerter, den er für einen Idealisten gehalten habe, das Geld nur als freundschaftliches Darlehen zur Ver fügung stellte. Otto Otto ist tatsächlich zum Professor ernannt worden, aber der Regierung mag die Sache schließlich doch ein bißchen bedenklich erschienen sein, und das Kabinett be schloß eines schönen Tages, die Titelverleihung rückgängig zu machen. In diesem kritischen Augenblick sprang Oerter von neuem für den Freund ein, indem er erklärte, daß er die Titel entziehung hintertreiben könne und werde, wenn der Herr Pro- fessor seine (Oerters) Schulden, die 30 000 Mark betragen, be zahle und sich außerdem bereit erkläre, ihn nach England mit zunehmen und ihn dort Geld verdienen zu lassen. Otto wollte damals nämlich in England Vorträge halten und die Heil praxis auSüben: er versprach sich davon einen Millionenge- Winn. Der Ministerpräsident aber wollte diese Vortragstonr gewissermaßen als „Manager" mitmachen, und das wäre immerhin ein etwas ungewöhnliches Unternehmen gewesen. Schließlich aber zerschlug sich der ganze Reiseplan, weil Otto Otto sich die Sache anders überlegt hatte und dem Minister die Freundschaft kündigte. Volkswirtschaft. Aktive Handelsbilanz im Dezember. Nach den vorläufi gen Feststellungen deS Statistischen Reichsamts über die Er gebnisse des deutschen Außenhandels im Dezember 1921 hat im Spezialhandel betragen: Die Einfuhr 20,9 Millionen Doppel zentner im Werte von 13,7 Milliarden Mark, die Ausfuhr 19,3 Millionen Doppelzentner im Werte von 14,6 Milliarden Mark. Nachdem sich der Einfuhrüberschuß im November bereits auf 0,4 Milliarden Mark gegenüber 4,2 Milliarden Mark im Otto- ber verringert hatte, ist im Dezember, in erster Linie infolge deS weiteren Rückgangs der Nahrungsmitteleinsuhr, ein A u s - fuhrüberschuß von 0.9 Milliarden Mark eingetreten. Trotzdem weist die deutsche Handelsbilanz für das ganze Jahr 1S21 ein« starte Passiv ttLt auf. für Kem uncl morgen. Religionsbekenntnis bei polizeilichen Anmeldungen. Eine Umfrage des preußischen Ministers des Innern hat ergeben, daß die Angabe des Religionsbekenntnisses in den für Reisende vorgesehenen An- und Abmeldungsformu laren und in den Fremdenbüchern nur noch an wenigen Orten verlangt wird. Auch hier soll Anweisung ergehen, daß dies künftig nicht mehr geschieht. Nach Artikel 136 der Neichsverfassung werden die staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten durch Ausübung der Religionsfreiheit nicht beschränkt. Nach Absatz 3 dieses Artikels ist niemand ver pflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren. Die Behörden haben jedoch soweit da§ Recht, nach der Zug«. Hörigkeit zu einer Religionsgesellschaft zu fragen, als da- von Rechte und Pflichten abhängen oder eine gesetzlich an geordnete statistische Erhebung dies erfordert. Gestützt auf diese Vorschrift der Neichsverfassung verfügte der Mi nister, daß die Angabe des Religionsbekenntnisses für solche Personen notwendig sei, die an einem Orte dau ernd Aufenthalt nehmen. Von >>1ak unä fern. Millionenfälschungen einer ungarischen Bande be- schäftigen seit geraumer Zeit die deutschen und ausländi schen Kriminalbehörden. Die Mitglieder der Bande, die überall sehr vornehm auftraten, sich Automobile hielten und in den ersten Hotels wohnten, fälschten Schecks auf amerikanische und Schweizer Banken und verschafften sich darauf ungeheure Summen, zuletzt in Wien 14 Millionen Kronen. Der größte Teil der Gesellschaft wurde in Berlin von der Kriminalpolizei entlarvt und unschädlich gemacht. In Genua wurden ein Ingenieur Horwarth und ein ge wisser Harmat verhaftet. Horwarth wurde jedoch irrtüm lich wieder entlassen. Er ist jetzt in Berlin zum zweitenmal verhaftet worden. Gegen die weitere Ausgabe von Notgeld Der preu ßische Minister für Handel und Gewerbe hat der Stadt Berlin die Erlaubnis zur weiteren Ausgabe von Notgeld scheinen verweigert. In den letzten Monaten sind 15 Mil lionen Stück Notgeld, gleich 7N Millionen Mark, im Um lauf gesetzt worden. Sechzig Brände an einem Tage. Berlin wird zurzeit von zahlreichen Bränden heimgesucht. Innerhalb 24 Stunden sind einmal über sechzig Feuermeldungen erfolgt, und so geht es jetzt Tag für Tag. Kälteferien. Infolge der großen Kälte haben in Potsdam sämtliche höheren Schulen, mehrere Gemeinde schulen, die Volkshochschule und das Lyzeum ihre Pforten geschlossen. Zugzusammenstoß in Berlin. Auf der Berliner Stadtbahn hat sich durch den Zusammenstoß zweier Züge ein Eisenbahnunglück zugetragen, bei dem ein Zugführer und fünf Passagiere leicht verletzt worden sind. 15000 Kronen für ein Zeitungsabvnncment. Nach der neuerlichen Erhöhung der Papierpreise werden die Wiener Tageszeitungen im Februar wieder ihre Bezugs preise erhöhen. Die Tageszeitungen werden im Abonne ment 15000 Kronen monatlich kosten, die Morgenblätter an Wochentagen 50, an Feiertagen 54, die Abendblätter 10 Kronen. Verurteilung eines deutschen Dampfers. Der deutsche Fischdampfer L. K. 5 aus Travemünde, der an der Süh- küste von Island wegen unerlaubten Fischens aufgebracht worden war, ist in Kopenhagen zu einer Geldstrafe von 10 000 Kronen verurteilt worden. Die Fischereigeräte und der Fang wurden beschlagnahmt. Die Hochzeit im englischen Königshaus. Amtlich wurde in London bekanntgegeben, daß die Hochzeit der Prinzessin Mary mit dem Lord Lascelles am 28. Februar stattfinden wird. Zur Trauungsfeierlichkeit in der West- mtnsterabtei sind über 2000 Einladungen ergangen. Cholera an der polnischen Ostgrenze. An der Ost grenze Polens ist in einer Tiefe von 30 bis 50 Kilometern die Cholera ausgebrochen; sie breitet sich stark aus und fordert sehr viele Todesopfer. Die Krankheit soll durch Emigranten aus Rußland eingefchleppt worden sein. * Köln. In der in Deutz wohnenden Familie Hey sind inner- halb weniger Tage fünf Personen, ein Bruder und vier Schwestern an der Grippe gestorben. (ZericklskaUe. . Ein neuer Grupcn-Prozeß. Die Altonaer Staatsanwalt schaft hat gegen den in Hirschberg wegen des Doppelmorde? in Kleppelsdors kürzlich zum Tode verurteilten Grupen die Voruntersuchung wegen Ermordung seiner Frau eingeleitet. Grupens Ehefrau ist, wie man sich erinnern dürfte, plötzlich verschwunden und sollte nach Amerika gereist sein. Grupen hat dieser Tage im Hirschberger Gefängnis einen Selbstmordver such unternommen. Er versuchte sich zu erhängen, konnte aber durch einen Gefängnisbeamtcn gerettet werden. Todesurteil für ein Mörderchepaar. Das Schwurgericht in Essen verurteilte das Ehepaar Burkhardt wegen Ermordung seiner 12jährigen Tochter zum Tode und dauerndem Ehrverlust. Des Vaters Vermächtnis. Original-Roman VMt « L2) Werner Siim. Hel, da begann ekne lustige Fahrt! Mr waren wohl unserer Avanzig. Den trögen, gelben Nil hinunter gmg's zu „unserer" Insel, kurz vor den Katarakten beim Deltastauwerk. Im gleißenden Sonnenalanze erstrahlte das prächtige „Semiramis-Hotel". Auf der großen NUbrücke wogte das bunt gestattete Leben hin und her. Ist ja „Kasr el Nii" einer der belebtesten Punkte der ganzen Stadt. Bald lagen auch die lai-ggestreckten Kasernen Himer uns, nur hier und da zog sich noy der Park einer der zahlreichen arabischen Villen zum Ufer hir> Aus weiter Ferne blinkten die Pyramiden, schauten die Minarets uns nach und wölbten sich zahllose Moscheen über dem Häusermeer — dann waren wir ganz sür uns aus dem breiten, trägen Strom. Luftig waren wir und fröhlich; sangen und scherzten, ver scheuchten die Kinder, die am Ufer badeten, schossen Wasservögel, die wir aus dem hohen Schilf ausschreckten, und staunten über Lie großen Rinder, die hier und da die Wassermühlen am Ufer unmishörlich in Bewegung setzten, um die Felder zu bewässern, die der überschwemmende'Nil nicht tränkte. Endlich waren wir am Ziel. Das Brausen der über die Katarakte schäumenden Wasser drang zu uns herüber, die wir auf unserer schattigen Insel es uns gemütlich gemacht hatten. Wir ichmausten und waren guter Dinge und wiesen unseren Gästen, was deutsche Gemüt- Uchkeit und Gastfreundschaft bedeutet. Während der heißen Mittagsstunden streckten wir uns auf der kühlen Erde aus und warteten, bis die größte Hitze vorüber. ^Dann machten mir uns auf, fuhren zum User und gingen m die harte, steinige Wüste hinein. Ein Friedhof lag hier, ein alter arabischer Friedhof; mitten iu der Wüstenei, neben einer malten Karawansnstraße. Es gibt nichts Traurigeres, Oederes, denn einen arabischen FriÄrbof. Kein schattender Baum, kein grünender Strauch, nicht «in einziger GraohüMl, sondern nur unregelmäßig im Sande zerstreut einfache Grastest« mit kurzen Jnjchnfteu, Hier ertötete die glül e, sengende Sonne jegliches Leben, schnell vermodern da die Leiber in der heißen Erde. Doch sieh, dort hinten, da bewegte sich etwa? an einem Stein: etwas Dunkles, Schwarzes, «in Mensch — ein Weib. Wir gingen hin und forschten nach. Mehr tot als lebendig lehnte eine Araberin an einem Stein. Neben ihr lag auf der Erde ein kleines Bündel. Ein Kind barg's, ein Leines totes Kind. Lang dauerte es, bis Ghamihlo zu sich kam und uns ihr Schicksal berichtete. Es war so, wie so ost dort zu Lande. Ihr Mann hatte sie verstoßen. Er war sie leid geworden. Dreimal hatte er ihr sein hartes „Geh fort!" zugerusen — so heischt's der Koran — und das arme Weib war gegangen. Ihr kleines Heiratsgut batte sie mitnehmen dürfen. Biel war's nicht, nur zwei ägyptische Psunde. Sie haderte nicht mit dem Schicksal. DaS Hal Allah ihr ja bestimmt, lauge schon, bevor es sich erfüllte, wozu dagegen sich aufbäumen? Jnshallah! Gott will's! Und sie nahm ihr kleines Mädchen — was liegt ihrem Mann an einer Tochter? — nahm noch ein kleines Brot, nicht für sich, für ihr Kind. Und dann ging sie. Fort aus der Lehmhütte des Gatten zu ihren Eltern zurück, in Schmach und Schande. Aber der Weg war so weit, die nackten Füße brannten, es quälte sie Ler Durst, und die Verzweiflung kam über sie. — Wie ihr Kind gestorben — sie wußte es nicht mehr. Seine Seele ist schon bei Gott; Golt wird es trösten. Aber das Weib konnte nicht weiter. Nicht nur Hunger und Durst, auch der große Strom hielt sie aus. Denn sie war zu schwach, um bis Cairo zu wandern. Ihre beiden Goldstücke, die sie mitgenommen, waren thr unterwegs entfallen. Im Wüstensand hatte sie vergeblich gejucht. Wie sollte sie da über den Nil kommen? Wir versuchten zu helfen. Aber wie? — Da fiel uns ein, wß heute in Ler Nacht nach Lem Frühlingsfest Schiffe gen Cai« ahren würden. An die wollten wir mit unserem Boot heran- ahren und Ghamihla damit fortschicken, daß sie nicht elendiglich umlam mitten in der Wüsteneinsamkeit. Bis zur Eingeborenenstadt Sachara war's noch weit. So wollten wir warten, bis die herrliche Mondnacht heraufzog. Dann würden die Boote nach Cairo zurückfahren. So sollte Ghamihla ihr« Heimat zufahren. Das geringe Fahrgeld war schnell ge- fammkü. Das arme Weih sollte auch Chamal-Nejsim feierns Die Aermsts war so matt, kaum daß sie noch wußte, was mit ihr geschah. Es dauerte Stunden, bis sie wieder ganz zu sich kam. Ihre erste Frage war nach ihrem Kinde. Wir trösteten sie so gut es ging. Aber Ghamihla ließ sich nicht trösten. Sie schrie und klagte laut in den Abend hinein, klagte um ihr Kind. „O, mein Kind sollte mir Gott nicht nehmen. Gott ist groß! Warum aber nahm er's mir? Das war mein einziges Glück, mein kost barstes Gut. Viel habe ich darum leiden müssen. Wie ost hat mein Gatte mich geschlagen, daß ich ihm keinen Sohn gebar! Wie haßte er seine Tochter! Ich Habs seine Schläge gern ge duldet, meines Kindes wegen! Ich hielt still, wenn seine Peitsch« schwer und hart auf meinen Rücken nieüerllatschte. Ich habe nur Gott um Kraft gebeten, es zu ertragen, meines Kindes wegen. GM es mir wieder! Wo ließet ihr mein Kind?" — Wir konnten ihr nicht helfen, sie nicht trösten. Mr be- kahlen unsern Dienern, Ghamihla auf unserm Motorboot zu den Katarakten zu bringen, und dort auf einem Boote, das strom aufwärts fuhr, das Fahrgeld für sie zu entrichten, damit sie nach Ghizeh käme, wo ihr Vater wohnte. Nach langer Zeit kehrten die Diener zurück und erzählten uns das Schreckliche, das sich bei Sachara ereignet hatte. Gha- mihla hatten sie auf ein Boot gebracht. Es war überfüllt ge wesen mit Festteilnchmern, die alle Chamal-Rcssim an Len Ka tarakten gefeiert hatten und nun in der herrlichen Mondnacht die Heimfahrt nach Cairo machen wollten. Aber gerade als das Boot abfahren sollte, da stürzte sich «in Weib in den Strom. Man versuchte sie zu retten, aver um sonst, denn kurz vor dem großen Stauwerk war die Strömung zu reißend. Nur noch einmal war die Unglückliche aufgetaucht — es war Ghamihla gewesen — dann hatte sie der Strudel hinabgerissen. Und plötzlich, wie alles noch entsetzt nach der Armen Ausschau gehalten, da war das schwere Boot mit einem Dampfer zusammengestoßen, der überfüllt war mit Arabern, mit Männern, Frauen unL Kindern. Und so heftig war der An prall, daß der Dampfer fast auf der Stelle sank. Wild stürzte alles durcheinander, aber trotz der Nähe der Ufer war au Ret» tuug ntA LU denke«. - > Kortsetzm-L jolgt.) .
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