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Ottendorfer Zeitung : 31.12.1920
- Erscheinungsdatum
- 1920-12-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-192012318
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19201231
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19201231
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1920
-
Monat
1920-12
- Tag 1920-12-31
-
Monat
1920-12
-
Jahr
1920
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 31.12.1920
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Vertagung äes Keickstages. (Aus der 50. Sitzung.) Das Gesetz betreffend die Ein- und Ausfuhr von Kriegsgerät wurde ohne Aussprache angenommen. Dann wurde die Vorlage über die Verlängerung der im 8 105 des Betriebsrätegeietzes vorgesehenen Frist (Betriebs- bilanz) in allen drei Lesungen angenommen. Weiter wurde der Gesetzentwurf betreffend die Verlängerung der Ver jährungsfrist des Seeversicherungsgesetzes ebenfalls an genommen. Dann kam man zu der zweiten Beratung des PenffonSergänznngsgesetzes. Nachdem Abg. Dr. Külz (Dem.) über die Ausschuhver handlungen berichtet hatte, stellte ein Regierungsvertreter die finanziellen Folgen fest: „Im laufenden Jahre bestellen 4V- Milliarden Pensionslasten. Sie werden im Laufe dieses Jahres aut 7V« Milliarden steigen. Sie Kosten dieses Gesetzes, die nach der Regierungsvorlage 900 Millionen ausmachen, kommen noch dazu Wenn die Gleichstellung der Alt- und Neupensionäre durchgeiührt wird, kommen weitere 500 Mil lionen jährlich dazu. Es wäre zu empfehlen, lieber die Re gierungsvorlage anzunehmen, wenn sich die finanzielle Lage Übersellen läßt.' Abg. v. Gallwitz (Deutschnat. Vp.) betonte: „Vor allen Dingen verlangen wir eine Erhöhung der Kriegs- und Ver stümmelungszulagen und Heraufsetzung des Existenzminimums für pensionierte Leutnants und Hauptleute. Die alten Offiziere Mlen sich ungerecht behandelt gegenüber den Kriegsoffizieren." Reichsfinanzminister Dr. Wirth bemerkte: „Den Antrag v. Gallwitz verstehe ich. Es ist aber unmöglich, ihn in das Gesetz aufzunellmen. Ich bitte deshalb um Ablehnung des Antrages. Falls Sie für die Erweiterung der Pensions bezüge sür die Altpensionäre einmütig eintreten, wird Ihnen nach Weihnachten die Rechnung in Gestalt einer neuen Steuervorlage präsentiert werden. Ich nehme dann das Einverständnis der Parteien auch damit an." Nach einigen weiteren Bemerkungen schloß die Aussprache. In der Abstimmung wurden die Anträge der Koalitions- Parteien und der sozialdemokratische Antrag auf Streichung des 8 8 (1V-fache Anrechnung der Kriegstätigkeit) ange nommen. Im übrigen fand das Gesetz in der Äusschnß- fassung unter Abänderung der weiteren Abänderungsanträge Annahme. In der sofort vorgenommenen dritten Lesung wurde das Gesetz mit den Änderungen in der zweiten Lesung ohne Aussprache einstimmig angenommen. Darauf kam man zu oen von allen Parteien, mit Aus nahme der Unabhängigen und Kommunisten, beantragten außerordentlichen Beihilfen sür die Invalidenrenten. Nach einigen Bemerkungen schloß die Aussprache. Die Vorlage wurde in allen drei Lesungen unter Ablehnung der unabhängig-kommunistischen Anträge angenommen, in der Schlußabstimmung sogar einstimmig. Den nächsten Punkt der Tagesordnung bildete die zweite Beratung des Gesetzes über den Erlaß von Verordnungen für die Zwecke der Übergangswirtschaft (Ermächti gungsgesetz). Danach kann die Regierung mit Zustimmung eines Reichstagsausschusses von 28 Mitgliedern wirtschaftliche Übergangsverordnungen erlassen. Nack einigen Auseinander setzungen wurde die Vorlage mit unwesentlichen Änderungen angenommen. Dann kam man zu der beschleunigten Erhebung des Neichsn,topfers. Der 8 1 dieses von den Regierungsparteien eingebrachten Gesetzentwurfes lautet: Das Reichsnitopfer ist, soweit es 10°/° des abgabepflichtigen Vermögens nicht übersteigt, mindestens aber zu einem Drittel der Abgabe beschleunigt zu entrichten. Die Abgabe ist dis zur Höbe eines Drittels in zwei gleichen Teilbeträgen am 1. Mrz und 1. November 1921 zu zahlen. Der überschießende Tkil (bis zu 10 °/° des abgabepflichtigen Vermögens) ist bis zum 1. Mai 1922 zu zahlen. Ist ein Steuerbescheid am 1 Februar 1921 noch nicht zugestellt, so ist die erste Teilzahlung am Schluß des auf die Zustellung folgenden Monats fällig, die zweite sechs Monate später, jedoch nicht vor dem 1. November 1921 und die dritte weitere sechs Monate nach der Fälligkeit der zweiten Rate. Diese Vorschriften finden keine Anwendung, soweit der AbgcheMchtige glaubhaft macht, daß die beschleunigte Entrichtunc ter Abgabe die Ge fährdung der wirtschaftlichen Existenz, die Entziehung des für die Fortführung des Betriebes erforderlichen Kapitals der Betriebe >oder die Beeinträchtigung Les angemessenen Unter haltes für sich oder seine Familie zm Zolge haben würde. In diesen Fällen kann die Zahlung in Kn im Gesetz über das Reichsnolopfer vorgesehenen Teilbeträgm bewilligt werden. Es lagen verschiedene Abänderungtalträge von Sozial demokraten und den Deutschnationale, ior. Diele wollten abschwächende Bestimmungen treffen. De Anträge wurden von Dr. Helfferich (Leutschnat. Vp.) btzr'mdet. Dabei kam es zu heftigen Zurufen, die den Deutsckwat analen vorwarfen, sie wollten die Erhebung der Steuer sadoteren. Der Redner lrat lebhaft für die Zwangsanleihe ein. dst bester sei als diese Vorlage, und für die ja anfänglich auch der Leichsfinanzminister gewesen fei. Reichssinanzmimster Dr. Wirth ersucht, der Vorlage der Regierungsparteien zuzustimmen. „Eine Edrosselung ist das Relchsnotopfer nicht. Dem Reichsbankpgsidenten bin ich heute noch für seine Ausführungen sehr dankbar. Mir war eine Einführung der Zwangsanleihe sogar erwünscht. Es war Sache der Regierungsparteien, sich zu entscheiden. Ich brauche deshalb noch keine Zwangsanleihevorlage einzubringen, denn das Kabinett entschied sich für die Vorlage der Regierungs parteien." . - . — Die Parteiredner Abgg. Becker (Deutsche Vp.). Dr. Blunck (Dem.), Dr. Braun (Soz.) erörterten den Standpunkt ihrer politischen Freunde, wobei sich Abg. Braun namentlich gegen die von Dr. Helfferich empfohlene Zwangsanleche wandte. Abg. Henke (U. Soz.) griff den Abg. Dr. Helfferich scharf an. Abg. Dr. Helfferich erwiderte ebenso scharf. An den weiteren Auseinandersetzungen beteiligten sich der Reichs- sinanzminister, die Abgg. Dr. Roesicke (deutschnat.), Riesser (Deutsche Vp.) u. a. Danach wurde die Aussprache ge schloffen. Die Anträge des Abg. Dr. Helfferich wurden abgelehnt, und die Vorlage wurde so, wie sie von den Regierungs parteien einaebracht worden ist, angenommen, ebenfo in der sofort angefchlossenen dritten Lesung. Dagegen stimmten nur die Deutfchnationalen. Bei der Abstimmung über die Interpellation der Unab hängigen betr. die Beziehungen zu Rußland stellte sich die Beschlußunfähigkeit des Hauses heraus, worauf sich das Haus bis zum 19. Januar 1921 vertagte. pellimillilcbeStimmungmSrUllel Der Eindruck von Havensteins Rede. Der Sondervertrer der „Agence Haoas" gibt eine sehr pessimistische Schilderung der Verhandlungen in Brüssel, die im wesentlichen durch die Ausführungen des Reichsbank präsidenten Havenstein beherrscht war. Der Vertreter der „Agence Haoas" kommt zu folgendem Schluß: Die Deutschen erklären: Verlangt für den Augenblick nichts mehr von uns, wir sind mit unserem Atem zu Ende, laßt uns noch die Luft zu atmen. Wenn das eintreten sollte, dann werden die Alliierten unter sich beraten und daran gehen, eine« Fragebogen aufzusetzen, der schon in Vorbereitung ist und der den deutschen Delegierten unter breitet werden würde. Wenn dieser Versuch zum Zweck eines Zusammenarbeitens mit den Vertretern Deutschlands keine zufriedenstellende Lösung ergeben sollte, dann bleibt nur noch übrig, daß die Alliierten unter sich die Modali täten ausfindig machen, wie der Vertrag von Versailles in einer Weise angewandt werden solle, die mit der Lage Deutschlands am besten im Einklang steht. Diese Modalitäten werde man dann in dem Verfahren, wie es im Friedensoertrag für das daselbst festgesetzte Datum, den I.Mai 1921, vorgesehen sei, durch die Reparationskommission notifizieren lassen. Trotz dieses in Ententekreisen herrschenden Eindrucks hege man noch die Hoffnung, daß die Konferenz von Brüssel nicht mit diesem grellen Mißerfolg enden werde. Zu diesen Ausführungen wird an zuständiger Berliner Stelle mitgeteilt: Es war unbedingt nötig, der Gegenseite zuerst die außerordentlichen Schwierigkeiten der gegenwärtigen wirtschaftlichen und finanziellen Lage Deutschlands darzu stellen. Es ist nicht verwunderlich, daß diese ungeschminkte Darstellung auf die Sachverständigen der Alliierten zunächst einen vielleicht unerwarteten Eindruck gemacht hat. Diese Lage schließt jedoch nach Ansicht maßgebender deutschen Stellen nicht aus, daß auf der Basis der durch die deutschen Darlegungen gewonnenen Erkenntnis im Zusammenarbeiten mit den Sachverständigen Ler Alliierten eine positive Lösung in der» Neparationsfrage gefunden wird. Neue Drohungen Frankreichs. In der französischen Kammer erklärte Ministerpräsident Leygues: „Den französischen Unterhändlern in Brüssel seien klare und bestimmte Instruktionen gegeben worden. Es bandle sich nicht darum, Deutschland zn zwingen, alles in Goldmark zu zahlen, aber alle Vertragsklauseln müßten durchgesübrt werden. Es müsse bestimmt werden, ob Deutsch, land in Geld oder in Waren bezahle. Auf keinen Fall dürfe Frankreich als ein Land erscheinen, das Mißbrauch mit seinen Kräften treibe. Der Ministerpräsident sagte, Deutschland werde bezahlen, weil es bezahlen muffe. Zahle es nicht, so werde Frankreich Pfänder nehmen oder Sicherheitsleistungen verlangen. Niemals sei das Einverständnis zwischen Frank reich und England besser gewesen wie jetzt." Gericktskatte. sovoov Mark Geldstrafe für Zollhinterziehung. Zu einer Geldstrafe von 300000 Mark und der Einziehung von 15 000 Kilogramm Kakao wurde der Kaufmann Paul Frank aus Köln vom Landgericht in Cleve verurteilt. Frank hatte bei der Verzollung zweier Waggons Kakao auf dem Begleit schreiben eine Null „veraessen", wodurch der Staat um 100 000 Mark Einfuhrzoll geschädigt worden wäre. Zum Tode verurteilt. Das Schwurgericht in Stettin verurteilte die 21jährigen Arbeiter'Guttmann und Schaft schneider, die den Kutscher Altermann in der Nähe von Stargard auf Ler Chaussee überfielen und ermordeten, zum Tode. Verurteilung wegen Beleidigung der Reichswehr. Das Schwurgericht München hat den verantwortlichen Redakteur der unabhängigen sozialistischen Zeitung Kampf wegen Be leidigung des Reichswehrgruppenkommandos, dem er den Vorwurf der Lügenhaftigkeit gemacht hatte, zu LOO Mark Geldstrafe verurteilt. Von un6 fern. Die gefälschte Unterschrift des Reichspräsidenten. Auf eine törichte Art versuchte der Techniker Golz aus Chemnitz sich in den Besitz von 25 000 Mark zu setzen. Er erschien bei der Reichshauptkaffe und legte eine Quittung über diesen Betrag vor, den er ausgezahlt haben wollte. Die Quittung war mit Bleistift geschrieben und trug die ebenfalls mit Bleistift geschriebene Unterschrift des Reichs präsidenten. Da die Beamten die Fälschung sofort er kannten, wurde der Betrüger verhaftet. Schmuggel und Schiebungen. Es hat sich heraus gestellt, daß im Hamburger Freihafen Hunderttausende von Litern Sprit -lagern, die aus dem Ausland dahingebracht worden sind und nach dem Zollinland verschmuggelt werden sollten. In einer der letzten Nächte war der erste Transport in dem Schlepper „Faike" unterwegs. Zollbeamten, denen ein Schweigegeld von 15 000 Mark versprochen worden war, wenn sie den Transport der 27 Fässer Sprit, die einen Wert vsn 1V, Millionen Mark umfassen, durchließen, waren scheinbar darauf eingegangen und benachrichtigten ihre Kollegen an Ler nächsten Zollsperre. So gelang es, einen Kaufmann und einen Barkassenführer als Beteiligte fest-, zustellen. Die Schmugglerware wurde beschlagnahmt. — Bet der Firma Ortel u. Komp, in Eilenburg ist man großen Schiebungen mit Süßstoff, Sublimat, Morphium und Kokain im Werte von über 600000 Mark auf Hie Spur gekommen. An den Verschiebungen sind mehrere Kaufleute aus Eilen burg und verschiedene Personen aus Leipzig und Magdeburg beteiligt. Brand im Eisenacher Museum. Durch einen Brand erlitt das Thüringer Museum in Eisenach einen Schaden in der Höhe von mehr als 200 000 Mark. Dem Feuer fielen u. a. ein Schrank mit Thüringer Porzellan, ein Werk von Lukas Cranach dem Alteren und ein Jagdstück von Jan Brcughel zum Opfer. Ein Flüchtlingslager für die Grenzdeutschcn. In Salzwedel soll ein großes Flüchtlingslager für Deutsche errichtet werden, die aus den bedrohten Grenzgebieten in die Mitte des Deutschen Reiches flüchten müssen. Eisendahnkatastrophen. Ein schweres Eisenbahn unglück ereignete sich in der Nähe von Dingelstedt bet Kassel. Ein Zug der Obereichsfelder Kleinbahn kam, als er eine starke Steigung zu überwinden hatte, infolge der Glätte und des starken Gefälles ins Rollen und stürzte einen Abhang hinunter. Zehn Wagen wurden zertrümmert. Unter den Trümmern lagen zehn Tote und fünf Schwerverletzte. — Bei Salzgitter fuhr einem Personenzuge ein Güterzug in die Flanke, wobei die beiden ersten Wagen des Personenzuges umstürzten. Drei Personen wurden schwer, mehrere leichter verwundet. für keut unä morgen. Beihilfe für ehemalige Kriegsteilnehmer. Die ehemaligen Kriegsteilnehmer von 1864, 1866 und 1870/71 leiden, soweit sie vermögenslos und infolge des Alters oder von Krankheit erwerbsunfähig find, besonders unter den jetzigen Teuerungsverhältnissen. Wenn es auch bei der schlechten Finanzlage des Reiches nicht möglich ist, diesen alten verdienten Männern durch eine der Entwertung des Gelves entsprechende Erhöhung der Kriegstcilnehmerbeihilfe dauernd zu helfen, so soll die 50. Wiederkehr der Tage der Kriegsereigniffe von 1870/71 doch nicht vorüdergehen, ohne baß ihnen durch Gewährung einer Ehrengabe in Form einer einmaligen Beihilfe von 150 Mark Ler Dank des Vater landes zum Ausdruck gebracht wird. Die Beihilfe wird an alle am 20. Dezember 1920 lebenden Empfänger der Beteranenbeihilfe möglichst noch vor Weihnachten zur Aus zahlung kommen. Der verschwundene Schatz. Nach dem Amerikanischen von Emm Giehrl. Itz) (Achdruck verboten.) Noch ahnte er nichts vom dem Vorgag zwischen Mitter und Kind, nnd seine Eitelkeit war immerhin groß genug, um jenen erschrockenen Widerstand Barbaras, ihnSU küssen, lediglich ihrer mädchenhaften Scheu und Svrödigkeit uzuschreiben, ohne nur entfernt an den ganzen Umfang iher Abneigung zu denken. Vergebens juchte die Mutter in der Kfhe und im Holz- verschlag, in Speicher und Keller, aber nirgens war eine Spur von dem Mädchen. Aeußerst vorsichtig, uu dem ungeduldig wartenden Bräutigam nicht zu begegnen, Ware sie sich vor das Haus bis zum Eingang in den Wald und riejdort halblaut der Tochter Namen, aber niemand antwortete. Nun hoffte sie aufs neue, sie möchte doä im Sause selbst verborgen sein und kehrte abermals nach ihre Kammer zurück, und siehe da, als sie die Klinke niederdrückte,bot diese Wider stand. Ez war jemand drinnen, gottlob das zhme Vöglein war wieder eingeflogen in seinen Käfig! -Barbe, bist Du da?' Im selben Augenblick trat der blöde alte later David, eine weiße Schlafmütze auf dem Kopf, aus einer erade gegenüber liegenden Tür: „Wa — wa — was gibtS denn heute im nuse?" fragte er seine Frau, die er im Dunkeln zwar nicht grsetzll doch aber am Schall ihrer Stimme erkannt hatte. »Hast Du etwas gehört, David?" .Ja freilich, ein Laufen und Nennen Stieg auf. Stiege ab, erst vorhin wieder, ganz kurz wieder, nach Ba>es Kammer zu — ist denn das Haus verhext?" .Du bist verhext, alter Dummkovf", gab !e mürrisch ent gegen, .mach, daß Du in Dein Bett kommst! M erkältest Dich tonst im leichten Nachtkleide hier draußen; sei »besorgt, es ist «Les in OrdnunLlT, * Der arme Greis verschwand brummend hinter seiner Zimmer tür; sein Weib aber erzwang sich den Eingang in das Schlaf- gemach ihrer Tochter. Im dunkelbraunen Sonntagskleide, den eingewirkten Shawl bis zum Halse hinauf um sich geworfen, das Hütchen auf dem Kopfe mit blauen Bändern ausgesucht und dem gleichfarbigen Schleier, der das Gesicht völlig verhüllte, so daß man kaum die Umrisse eines feinen Ovals erkennen konnte, so stand jetzt Barbara vor ihrer Mutter, die, über solches kindliche Entgegenkommen halb versteinert, nur mühsam die Worte her- vorbrachte: .So ist es recht, Barbe, schau, jetzt bist Du vernünftig. Du weißt ja doch, daß eine Million auf dem Spiel steht!" Das Mädchen wandte sich um, ohne ein Wort zu erwidern. Nur wie ein leises Schluchzen wurde es unter dem Schleier ver nehmbar, und eine kleine Hand fuhr mit dem Tuch häufig über die Augen. Don unten hörte man die Stimme des Bräutigams: »Der Wagen sei zum Wegfahren bereit und das Pferd scharre un geduldig die Erde." Auf das bin nahm die alte Frau die Hand ihrer Tochter und führte sie, die noch einmal ernstlich zögern zu wollen schien,- mit bestimmter Gewalt aus der Kammer, die Treppe hinab, wo sie von Simonds empfangen und in den Wagen gehoben wurde, den er nach kurzem Verweilen ebenfalls bestieg. Dann hieb er scharf auf sein Pferdchen ein und setzte es in raschem Trab nach dem nächstgelegeucn Ort in Bewegung. Während der ganzen Fahrt wurde nur äußerst wenig ge sprochen; der Bräutigam hatte heldenmütig den Schmerz zn ver beißen, Len ihm sein verletztes Bein verursachte, in Frau LinS- kotts Gehirn stürmte und wogte eS unklar durcheinander. Furcht und Freude, Bangen und Hoffen, alles drängte sich indem einen Gedanken zusammen, „ehe vielleicht zwei Stunden hingehen, ist eine halbe Million Dollars mein Eigentum!" Nebst dieser ent zückenden Aussicht gab ihr auch Barbaras seltsames Betragen manches zu denken. Sie hütete sich wohl, auf ihre Drohungen und Mißhand lungen auzuspiclen und dankte Gott, daß sich das junge Ding nun doch so vernünftig ins Unvermeidliche ergab, was aber die Schuld trug au dieser plötzlichen Wendung ihres Sinnes, was sie zur Rückkehr bewog, war vorerst noch ein Rätsel. Am allerstillsten verhielt sich die Braut; sie saß in die Wagen ecke gekauert, beide Hände im Schoß gefaltet und blickte fast be wegungslos vor sich bin. Ihr Verlobter wagte, nach dein, was zwischen ihnen vorgefallen war, vorläufig keine Annäherung, er war schon froh, daß sie ihm sanft und willig folgte und sah in dieser Nachgiebigkeit mit Befriedigung eine lobenswerte Eigen schaft seiner künftigen Hausfrau. Endlich hielt der Wagen vor dem Hause des Ortsvorstandes. Zwei jugendliche Mädchenkvpfe guckten neugierig zum Fenster hinab nach den Ankömmlingen. „Vater, hier kommt ein Wagen angefahren, offenbar ein Brautpaar, das Du beute noch Zusammengehen sollst. Zn welch später Stunde! Das muß eine Einführung sein!" — und ehe der alte Herr Zeit gefunden hatte zu antworten und sich vom Tisch zu erheben, ließ sich schon die Hausglocke laut schallens vernehmen und eine tiefe Männerstimme begehrte Einlaß. Die beiden Töchter des Beamten hatten bereits in einem an da? eigentliche Geschäftslokal stoßenden Kabinett, dessen Lür offen stand, Platz genommen und brannten vor Begierde, *§n diesem dunklen Versteck aus das versteifte Pa«: und namentlich die Braut zu beobachten. Die Hochzeitsgesellschaft trat inzwischen in d«S Z-mmer und Simon Simonds, den der Bürgermeister bereits kannte, brachte in ziemlich bündiger ErÜärung den Wunsch vor, derselbe möge auf Grund dieser Bekanntschaft außerordentlichen Umständen Rechnung tragen und die staatsrechtliche Trauung zwischen ihm und seiner werten Braut sogleich vornehmen. Er werde alle nötigen Zeugnisse aufbringen und in nächster Zeit auch die kirch liche Hochzeitsfeier uachholcn. (Fortsetzung folgte
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