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Ottendorfer Zeitung : 04.12.1918
- Erscheinungsdatum
- 1918-12-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191812042
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19181204
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19181204
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1918
-
Monat
1918-12
- Tag 1918-12-04
-
Monat
1918-12
-
Jahr
1918
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 04.12.1918
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vle Ergebnisse -er Keichs- Konferenz. Die Beschlüsse, die in der Konferenz der dsusichen Bundesstaaten gefasst worden sind, spiegeln znm ersten Male mehr wider als die Meinung einer örtlich begrenzten oder Hassen« mäßig adgeteilten' Schicht. Was bisher zu Worte gekommen war, waren mehr oder weniger willkürlich ausgewählte P-ale des Volkes. Bald riech sich hier, bald ließ sich dort ein Arbeiter- oder Sokdakenrat vernehmen; die alten Parteien knd in der Auflösung oder in der Umbildung bsxussen: was an ihre Stelle getreten ist, ist in ftmem We'en zu wenig deutlich, als dass mau daraus schon den Wtllen des Balkes ab« le»n könnte. Die Kräfte, die die Revolution berhriMührt und gemacht haben, die Ar» lenar« und Soldatekmassen, haben ihre Pksreeter mit der politischen Macht a-^xestaltet. Aber auch bei den Arbeiter« und Soldatenräten liegt vorläufig nicht die tat« sächliche politische Gewalt, solange sie nur von den ^vh«Berliner ArdeiLr- und Soldalenräten unk Mem VollrugSrat ausgeübt wird. In demselben Verhältnis, in dem die Heeresangs- hörigen entlassen und zu Bürgern werden, vsr- dsren die Arbeiter- und Soldalenräte aber überhaupt die Berechtigung, als alleinige Zer-' treter des revolutionären Bolse? zu fungieren. tFmmer lauter, weil immer berechtigter, ertönt deshalb der Ruf nach einer Vertretung, die das ganze Volk nmwsst und den Willen der Mehr heit dieses Volkes wwdergihl. Weil aber alles, was bisher sprechen konnte Md gesprochen bat, immer nur kleine Aus schnitte au? dem Volksganzen darstellle. deren Äußerungen von der Lungenkrair abhingen, Aber die sie verfügten, und deren Beschlüsse deshalb meistens mehr zur Verwirrung als zur Klärung der Situation beigetragen haben, mußte man der Neichskonserenz und dem, was sie als ihren Willen kundtun würde, mit be sonderem Interesse entgegenbl'cksn. Gewiss, man darf sich nicht darüber täuschen, daß auch diese Versammlung sehr willkürlich zusammen gekommen ist. Die Mitglieder waren Ange hörige der einzelnen sozialistische» Landes regierungen, die ebenso wie im Reich in der Hauptsache ohne Berücksichtigung der bürgerlichen Klassen zustandegekommen find. Die Vertreter der einzelnen Regierungen waren auch nicht in dem Zahlen- verhältniS erschienen, das der Größe der von ihnen vertretenen Bundesstaaten oder der Stärke der von ihnen vertretenen Partei gruppen entsprochen hätte. Aber soviel Unvoll kommenheiten die Versammlung im Reichs- kanzlerhause auch auizuweisen hatte, aus ihr war doch zum ersten Male etwas wie der Wille des Volkes herauszulesen, weil in ihr zum ersten Male alle Teile des Volkes, die sich zum Deutschen Reiche rechnen, durch gewählte Ver trauensleute vertreten waren. Sie alle haben sich für die Aufrechterhaltung der Einheit deS Reiches, für eine deutsche Reichsrepublik ausgesprochen. Das kann nach den mancherlei beglaubigten Nachrichten, die aus allen Teilen des Reiches kamen und die alle mehr oder weniger deutlich von Be strebungen zu erzählen wußten, die auf eine Absplitterung vom Reiche hinzielten, einiger maßen überraschen. Eine Erklärung da für liegt einmal wohl darin, Latz eben bisher weder im Reiche noch in den Einzelstaaten verantwortliche Körperschaften bestehen, in denen sich die wirklichen Strömlingen der Volksgenossen erkennen ließen. Solange sie aber fehlen, wird es den Treibereien unver antwortlicher Minderheiten immer gelingen, draußen den Eindruck zu erwecken, als ob ihre eigenbrödlerischen Bestrebungen den Volkswillen darstellten. Heute darf man behaupten, daß die Bestrebungen auf Losreißung einzelner Teile vom Reich in ganz Deutschland verurteilt werden. Vorhanden sind sie allerdings, und es wird von der Politik abhängen, die in absehbarer Zeit in Berlin getrieben werden wird, und von den praktischen Ergebnissen, die diese Politik mit der Erreichung eines schnellen Friedens und mit der Verhütung von Kata ¬ strophen im Innern haben wird oder nicht, ob dis Separationserscheinungen bald wieder völlig verschwinden oder ob sie an Umsang gewinnen und dadurch tatsächlich die G-lahr herauf» beichwören werden, die unmittelbar noch nicht von ihnen droht. Eng beieinander liegen des halb das Verlangen der Aufrechterhaltung der Einheit Deutschlands und der Rui nach der konstituierenden Nationalversammlung. Mülons hilfsbereitlcdäft. Zu der Frage der Versorgung Deutschlands mit Lebensmitteln hat sich jetzt Präsident Wibon durch den Mund seines Staatssekretärs Lansing etwas bestimmter geäußert, und man darf die Hoffnung hegen, dass wir auf amerikaniicheS Zureden von den Derbandsmächlen in einer nicht akizuiernen Zeit vielleicht mit notwendigster Nahrung versehen werdet!, vorausgesetzt, daß „in Deutschland die öffentliche Ordnung aufrecht- erhalten wird und auch weiterhin aufrecht- eryalten bleibt". So Nämlich lautet die Be dingung, an die Wilion seine Hilfsbereitschaft knüpfen zu müssen glaubt. Wilsons Antwortnote auf die Hilferufe der deutschen Negierung beendet eine Warieperiode, tue nicht nur im Interesse Denttchlands. sondern des gesamten Weltfriedens und der Menschlich keit schlechthin kürzer hätte sein dürfen. Wochen sind verstrichen, seit die deutschen Unterhändler den Waffenstillstand unterzeichnet haben und seit Deutschland in ernstester Weite darauf auf merksam machte, dass es zur Erfüllung der Be dingungen nur imstande sein werde, wenn die sofortige Aushebüng der Blockade und die Ver sorgung des ausgehungerten Landes mit über seeischen Lebensmitteln die Aufrechterhaltung der Ordnung garantiere. Die Per. Staaten und ihre Verbündeten beschränkten sich zunächst auf vage Versprechungen, obwohl sie den Ernst der Lage tenncn mußten. Zu sofortigen praktischen Maßnahmen konnten sie sich nicht entschliessen, so daß in Deutschland der Eindruck entstand, dass die EnHute den von England begonnenen grau samen TuShungerungskrieg gegen die deutsche Zivilbevölkerung sortzmetzen und die neue Ord nung der Dinge auf der völligen Vernichtung Deutschlands äuszubauen gedenke. Wenn die neue Regierung in Deutschland trotzdem in der Lage gewesen ist, das schwierige Werk der Demobilisierung einzuleiten, die Ordnung im Lande aufrecht zu erhalten und die neue poli tische Einrichtung nach Möglichkeit zu befestigen, so ist dies lediglich ihren säst übermenschlichen Anstrengungen, der opferwilligen Haltung der deutschen Beamtenschaft und der vernünftigen Zucht des deutschen Volkes zu verdanken. Aber mit immer größerer Besorgnis musste man der Weiterentwicklung der Dinge eutgegensehen, wenn die Entente ihre Taktik fortsetzte, auS dem Waffenstillstand für sich nur Rechte, aber keinerlei Pflichten abzuleiten. Die amerikanische Note gibt der Hoffnung Naum, daß die feindlichen Regierungen sich endlich zu besserer Einsicht bequemen. Aller dings ist es nur eine Hoffnung. Denn auch setzt werden nicht sofortige Schritte angekündigss sondern nur die Geneigtheit Amerikas ausge sprochen, mit den Verbündeten über die Frage der Versorgung Deutschlands in Verbindung zu treten, und wieder wird die Hilfe an die Bedingung geknüpft, daß in Deutschland die Ordnung aufrecht erhalten bleibe. Diese schleppende Formel übersieht erstens, daß Eile dringend notiut, und zweitens, daß die Auf rechterhaltung der Ordnung in Deutschland zum größten Teile eben von der sofortigen Lieferung von Lebensmitteln abhängt. In keiner Frage ist die Bureaukratie verwerflicher als in der der Menschlichkeit. Es ist bedauerlich, daß der Druck, den die öffentliche Mei nung in den Entenleländern auf ihre Regierungen ausgeübt Hai, so gering gewefen ist, daß diese eine so entscheidende Frage wie eine Nebensächlichkeit behandeln konnten, und baß erst amerikanische Journalisten den well notorischen Hunger deutscher Kinder und Frauen in den Spatien ihrer Zeitungen beschreiben mußten, ehe man sich zur Hisse entschloß. Deutschland darf nun wohl verlangen, baß diele höchst moderne Fober für abgsschafft er klärt wird, und daß eS schleunigst in die Rechte deS Friedens eingesetzt wird, die es durch den Waffenstillstand teuer genug erkauft hat. In Deutschland aber wird die Note der Ver. Staaten die Wirkung auf Volk und Regierung' haben, sich noch enger in dem Ziele der Auf rechterhaltung der Ordnung zufammcnzu- schließen. PolltW)S ^MsÄ)LU. Deutschland« * Don einflussreichen Kressen wird aut die Regierung dahin eingewirkt, daß von deutscher Seite eine Einladung an den Präsi denten Wilson gerichtet werden möge, auch Deutschland oder einen deulschen Hafen zu bemchen, falls er sich zur Friedenskonferenz nach Europa begeben follte. *Die das preußische Ministerium deS Innern leitenden Volksbeaustragten haben dis Pco- vinzialbehördsn angewiesen, sämtliche Poli zeiverordnungen erneut aut ihre Gesetz mäßigkeit, Notwendigkeit und ZweckmWgksi! zu prüfen. Alle Verordnungen und Be stimmungen, die nach einer dieser drei Rich tungen Bedenken erwecken, insbesondere also auch die veralteten, sollen beseitigt werden. *Das preußische Kultusministerium demen tiert das Gerücht, wonach die Trennung von Kirche und Staat durch ein blosse? - Dekret unverzüglich durchgeführt werden solle. Es sei die Gewähr dafür geboten, daß nichts geschehen werde, ohne Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen und Empfindungen der kirchlich denkenden Kreise des preußischen Volkes. Südslawien. * In Agram sand eine Sitzung des südslawi schen Nationalrates statt. Den Gegenstand der Erörterung bildete die engste Verbindung mit dem Königreich Serbien. In der Versammlung waren alle südslawischen Parteien vertreten. Nach langer, erregter Debatte wurde ein Be schluß mit allen Stimmen gegen eine an genommen, der besagt: Der Natioual-AuZichuß der Serben und Kroaten proklamiert in Über einstimmung mit der serbischen Negierung die Vereinigung aller früher zu Osterreich-Ungarn gehörigen süd slawischen Gebiete mit dem Königreich Serbien und Montenegro zu einem Staat. Die Regentschaft über den Südftawenstaat wird dem serbischen Thron folger überiragen, der nach Ssrasewo den ge meinsamen Siaalrat einberufi und aus Mit glieder» des Staalsrats die Regierung ernennt. Zremkreich. *In einer Sitzung des Vollzugsausschusses der radikalen und radikalsossalistischen Partei sprach sich der Präsident der Kammerkommission für auswärtige Angelegenheiten für die voll ständige Bezahlung der Kriegskosten durch Deutschland, die Wiedergutmachung der ver ursachte» Schäden, die Rückkehr Frankreichs in seine Grenzen vom Jahre 1814 mit Einschluß deS SaarbeckenS und sür eine große Anzahl politischer und wirtschaft licher Garantien auf dem linken Rheinufec aus, welche Frankreich gegen jede Invasion endgültig schützen sollen. England. ",Daily Chronicle' sagt: Irgendeine ver antwortliche Regierung oder verantwortliche Regierungen müssen vom deutschen Volk ein gesetzt werden, sonst können wir keine andere Wahl haben, als Deutschland se! bst zu besetzen, bis die Schwierigkeiten behoben sind. Zu diesem Vorgehen würde man sich natürlich nur mit größtem Widerstreben ent schließen. * Lord Robert Cecil hat in Hitchim über die Friedensbedingnngen gesprochen und betont, daß diejenigen, die an dem im Kriegs begangenen „Wettoerbrechen" schuldig seien, be strast werden müßten: keine Ansicht sei im Lande weiter verbreitet und tiefer eingewurzelt als die, daß jede Regierung, die m einem demokratischen Lande zur Macht gelange, dieser Ansicht Rechnung tragen müsse. Besonders diejenigen, die an Mißhandlungen und Grau« iamkeiten gegen hilflose Kriegsgefangene schuld seien, müssten die schwere Hand der inter nationalen Rechtspflege zu süPen bekommen; die Bestrafung „internationaler Verbrechen" sei dis Grundlage des ganzen Begriffs eines Völkerbundes. Belqie». * Der Wgeordne?« Tavercuil leynte in einer Geheimsitzung der belgischen Kammer im Namen der Volksvertretung Gebiets erweiterungen auf Kosten anderer Staaten ent schieden ab. Der Redner wies aber darauf hin, daß die luxemburgische Frage nicht unter den Gesichtspunkt gewaltsamer Gebietserwei terungen falle, fo daß Belgien gegen die Angliederung Luxemburgs keine Einwendung erheben würde, wenn die Alliierten die? auf der allgemeinen Friedens konferenz Vorschlägen sollten. Dänemark. * Der Minister des Äußern hat dem deutschen ReichstagSabgcordneien Hanssen auf dessen Schreiben bezüglich Nordfch^s« w'igs eins Antwort gesandt, in der es heißt: Die dänische Regierung wird sich jetzt an die Regierungen der verbündeten Mächte wenden, um bei den Verhandlungen über den Welt frieden- für das Recht der dänischen Nord- schleSwiger Anerkennung z« erlangen. Die dänische Regierung drückt ihr Verstauen aus, daß damit der brennende Wunsch aller Dänen bezüglich der Wiedervereinigung feiner Erfüllung nahe sein wird. Rumänien. "Die Rumänen wollen nicht in Ostgalizien flehen bleiben, sondern von dort ans nach Ungam ziehen und die rumänischen Bezirke besetzen, um sie der Herrschaft König Ferdi nands zu unterstellen und ei» Groß-Ru mänien zu proklamieren. Dis Nachrichten auS der Bukowina und aus Ost-Galizien übsr daS Vordringen der Rumänen haben in ruthe- nischen Kreisen Aufsehen und Bestürzung hervor gerufen. Amerika. * Sehr, ernste Unruhen find in den chilenischen Häfen Iquique und Wagu« ausgebrochen. Das Eigentum zahlreicher Peruaner wurde geplündert. Auch in Antofagasta haben Kundgebungen stau- gefunden. Infolge dieser gegen Peru gerichteten Unruhen hat Peru seine Konsuln an? Chile abberufen. MÄ Gefälschte Ztnsscheme von Kriegs anleihen sind wieder zahlreich im Umlaw. Die Fälicher hatten zunächst echte Zinsschcine durch Vordruck einer Zahl gefälscht, indem iie z. B. auS einem Zinsschein über 2,50 Mk. durch Vordruck einer 1 einen solchen über 12,50 Nik. machten. Neuerdings bringen sie jedoch Zinsscheine in Verkehr, die von ihnen ganz neu angefertigt sind. Trotz der mangsl- hastsn Nachahmung ist eS ihnen auch gelungen, eine größere Anzahl abzusetzen. Es handelt sich um Ztnsicheine über 12,50 Mk. der Serie 5 446 327, Olt. v, zahlbar am 2. Januar 1919. Während die echten Scheine blaugrün sind, sehen die Fälschungen dunkelgrün aus. Die geheimnisvoll« Einmauerung. Bei dem Soldatenrat in Schleswig würde Anzeige erstattet, daß im herzoglichen Schosse zu Louisen- !u»d eine Einmauerung stattgesunden habe, u. a. sollten 50 Anzüge, 70 Paar Stiefel usw. deS Prinzen Friedrich von Schleswig-Holstein, der zwei Jahre Frontdienst in Flandern gelan hat, vermauert worden sein. Mrt Hilfe des zu ständigen Gendarmen wurde die Stelle im Keller des Schlosses entdeckt und aufgebrochen. Die Annahme, daß die Schloßkellergruit allerlei Geheimnisse bergen würde, bestätigte sich nicht. Gefunden wurden vier Wolldecken, ein Badetuch, acht Jacketts, ein Bettuch, acht Hosen, zwei Reithosen, sechs Paar Stietel, ein Mantel und 25 Stück Seife. Die Sachen wurden be schlagnahmt. / In bösem 8 cd ein. Ls Kriminalroman von Heinrich Le«, Bort ehu»^) 3. Nm nächsten Tage bskchäsiigke der sensationelle Kriminalfall, nachdem sich die Zeitungen seiner bemächtigt hatten, alle Gemüter in der Stadt und weit darüber hinaus. Jetzt erst zeigte sich, welches Ansehen und welche Beliebtheit der alte Herr genossen hatte. Gleichzeitig tauchte die Frage auf, war nun da? Schicksal der .blühenden Fabrik sein würde. Aber die Maß nahmen, die, wie man hörte, Holsseld im Auf trage der Erbin schon ergriffen hatte, gaben darüber bereits eine umfassende Antwort. Noch am Abend des Mordlages, in später Slunde, war dir Leichr auf Anordnung der Staatsanwaltschaft zur Obduktion abgeholt worden und Renate hatte kniend von ihrem Vater Avschied genommen. Eine merkwürdige Fassung war über sie gekommen. AlS sie mit jenem läiielhaiien Schrei ohnmächtig zusunmen- brach, ließ sie Tante Pinchen, obwohl sie schon mit sich selbst genug zu tun hatte, unter dem Beistände Hollfelds und Annas auf ein Sofa schaffen und dort gelang eS, sie Wied" zum Vewnßttem zu bringen. Die Tränen der Tante erinnerten fie, was geschehen war. Wieder sah Hollfeld, wie sie zufammeistchansrte, und wieder schien eS der so schreckliche Tod deS Vaters nicht allein zu sein, an den sie dabei dachte. Ein Rätsel mischte sich hinein. Dann sprach d?, als hätte sie etwas mit sich allein abzu« machen, zur Tante mit matter Stimme: „Ich bitte dich, sorge dafür, daß ich einige Minuten allein bleibe '" Sie gingen alle hinaus. Eben schlug es Feierabend, und wie sonst, als wäre nicht? ge schehen, sah man die Leute die Fabrik verlasse», nur daß sie heute zu erregten Gruppen sich zu- sammenianden. - Auch Hollfeld verließ fönst um diese Stunde die Fabrik — heute aber ließ er durch Schmiedecke dem „jungen Fräulein", wie Renate in der Fabrik znm Unterschieds von ihrer Tante genannt wurde, sagen, er befände sich noch im Kontor — für den Fall, daß er das Fräulein, da eS sich nm die nächsten zu ergreifenden geschäftlichen Maßregeln handele, noch heute abend sprechen könnte. Rsnq'e wandte sich an ihre Tante. „Holl feld schickt her," sagte sie in ibrer ruhigen äußeren Fassung — „er hat über Geschäftliches mit mir zu sprechen. Ich möchte nicht allein mit ihm fein. Ich bitte dich also, so lange hier zu bleiben." Tante Pinchen nasim sich eben ein frisches Taschentuch aus dem Wäsche» spind. .So ein Ende! So ein Ende!" jammerte sie, „und nicht einmal wissen, wer der Mörder ist!' Renates Gesicht nahm einen steinernen Ausdruck an. „ES wird nicht verborgen bleiben," sagte sie, — „daiür wird Gott sorgen." Dann gab sie Schmiedecke den Auftrag, Herrn Holstels zu sagen, daß sie ihn erwarte. „Wie du jetzt bloß an f'owas denken kannst," wart die Tante ein — „ans Geschäft!" .Ich denke an die vielen arme» Leute, um deren Zukunst es sich dabei handelt, an ihre Frauen und Kinder," erwiderte Renate — „und ich bin Hollfeld dankbar, das er mich das nicht hat vergessen lassen." Hollfeld trat ein. Wohl erinnerte sein An blick mitten in ihrem Schmerz, in den geheimen sie folternden Gedanken wieder an die Ab- neigung, dir er ihr fönst erweckte, aber die neue Ausgabe ließ sie dieses Gefühl jetzt über winden. „EZ ist sehr gut von Ihnen," begann fie, indem sie ihn zum Sitzen entlud — „das; Sir mich, an die Pflicht mahnen, die ich als dir Erbin meine? Vaters nun habe. Sie haben an meinem Vater gewiß nicht viel weniger ver loren als ich selbst und deshalb werden wir unS verstehe!-." Er verneigte sich stumm. Sie sah dabei in sein Gesicht, in dem nichts als eine achtungs volle Ergebenheit und Trauer zu lesen war. WaS er ihr vorzuschlagen hatte, war. daß die Firma in unveränderter Weise weiter ge führt werden solle. Gern würde er, wenn ihm das gnädige Fräulein dasselbe Vertrauen schenken wollte wie ihr Herr Vater, auch ferner hin seine ganze Kraft daiür einfetzen. Das fühle er als seine Heisigs Pflicht — schon im An denken an den seligen Herrn und die Wohl taten, die er von ihm empfangen. Das alles sagte er in einer schlichten einfachen Art, ohne irgendwie seine eigenen Verdienste um den Ver storbenen hervorleuchten zu lassen, und Renate, die sich diesem Eindruck nicht entziehen konnte, reichte ihm zum Schluffe der Unterredung un- willtürlrÄ die Hand. „Ich danke Ihnen," sprach sie. Auch Tante Pinchen gab ihm die Hand. „Herr Hollfeld," weinte sie — „Sie haben es immer gut mir meinem armen Bruder gemeint. Sie sind e«« guter Mensch." Jedenfalls, so dachte Renate, nachdem er gegangen war — vnd sie dachte es zum ersten Male — hatte ihr Vater .die tüchtige und" trevc Stütze an Hollfeld gehabt. Auch ihr wollte er so eine Stütze sein. Vielleicht war fie bisher nicht ganz gerecht gegen ihn gewesen. Und mußte sie ihm nicht dankbar sein? Jawohl, wenigstens Gerechtigkeit wollte sie fortan gegen ihn üben. Ein neues Leben lag vor ihr, schwer iind einsam — und ein zuverlässiger Beistand war ihr nölig. ,Nm nächsten Morgen wurde, wie schon an« gedeutet, in der Fabrik bekannt, daß-der Geschäfts betrieb ohne Änderung fortgesührt werden würde, vnd die „Leute" brauchten sich keine Sorgen mehr zu machen, wenn auch mancher von ihnen sich vielleicht sagen mochte, daß eS mit den guten, alten milde» Zeiten, wie man sie unter Herr» Rosenau gehakt, nun vorbei war. Am nächsten Morgen gab der Postbote sür die beiden Damen auch zwei länglich;, mit dem Ge-ichtsstempel versehene Briete och. ES waren die Vorladungen zu den Zeugenaus sagen. Tante Pinchen bekam einen Scheck, als ob sie zu ihrer Hinrichtung beordert würde, und nur die Gesellschaft Renatens gab ihr einige Beruhigung. Amtsrichter BrauMch empfing die Damen in seinem Amtszimmer. Renale wünfage tt
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