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Ottendorfer Zeitung : 18.12.1918
- Erscheinungsdatum
- 1918-12-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191812184
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19181218
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19181218
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1918
-
Monat
1918-12
- Tag 1918-12-18
-
Monat
1918-12
-
Jahr
1918
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 18.12.1918
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Vie kommenden Steuern. Der von der jetzigen Volksregierung auf- gestellle Grundsatz, das; Kriegsgewinne möglichst restlos steuerlich zu erlassen sind, entspricht dem allgemeinen Empfinden, daß niemand nach dem Kriege reicher sein darf als vor dem Kriege. Zu bedauern ist, daß nicht bereils früher, wie z. B. in England, eine schärfere Erfassung der Kriegsgewinne erfolgt ist. Je länger man damit zögert, desto größer wird die Gefahr der Verschiebung und Verschleierung der Kriegsge- winne. Es muß aber anderseits auf die Be denken hingewiesen werden, die gegen die Aus schreibung von Steuern irgendwelcher Art seitens dsr jetzigen Regierung zu erheben sind. Es ist pesifeliwer Rechtslatz, daß Steuern nur von eintr legalen Regierung ausgeschrieben werden dürfen. Die derzeitige Regierung sieh! sich selbst nur als ein Provisorium an. Das Recht, neue Steuern zu erheben, kann nur der Nationalversammlung zuerkannt werden. Dasselbe gilt für die geplante große Ver- mösensavgabe. So erhebliche finanztechnische und volkswirtschaftliche Bedenken auch gegen sie bestehen, es ist anzunehmen, daß wir nicht um sie herumkommen, und zwar nicht so sehr zwecks Abstoßung eines Teils der Ikriegssfluld, son dern zur Begleichung der an die Feinde zu zahlenden Entschädigung. Auf einen Gesichts- pvnrt bei der Umlage dieser Abgabe ser hin gewiesen, der viel mehr als bisher bei jeder direkten Steuer in Zukunft beachtet werden muß: Die Abstufung nach dem Familienstands des Steuerpflichtigen. Zwar berücksichtigt z. B. die preußische Einkommensteuer den Familienstand insofern, als sie dem für mehrere Personen NnisrhaltunsZpflichügen eine Steuerermäßigung von ein oder mehr Stufen gewährt. Aber das ist nur ein Anfang der Durchsetzung dieies Grundsatzes steuerlicher Gerechtigkeit. Direkte Steuern sollen nach der Leistungsfähigkeit um gelegt werden. Es liegt auf der Hand, daß ein alleinstehender Steuerpflichtiger mit z.B. 6000 Mk. Einkommen um das Mehrfache leistungsfähiger ist als ein Familienvater mit demselben Ein kommen, der Frau und mehrere Kinder zu unterhalten hat. Daher muß bei jeder direkten Steuer weitestgehend berücksichtigt werden, wie viel Personen von dem besteuerten Einkommen leben, wieviele auf das besteuerte Vermögen angewiesen sind. Dieser Grundsatz ist in der Weise durchzu- sühren, daß von dem Einkommen für jede zweite und weitere beteiligte Person eine be stimmte Summe oder ein bestimmter Bruchteil oder eine Zusammeniaflung dieser Heiden Be rechnungen lBruchteil mit Mindest- und Höchst- grenze) abgezogen wird. Nur der Rest wird versteuert. In dieser oder einer ähnlichen Form ist der geschilderte Grundsatz steuerlicher Gerechtigkeit bei der Neufassung des preußischen Einkommensteuergesetzes und Ler kommenden Reichsemkommenstsuer durchzusühren. Auch bei der einmaligen großen Vermögensabgabe ist hiernach zu verfahren, und zwar ist der Prozentsatz, der vom Vermögen abzugeben ist, mit Zunahme der Zahl der Familienmitglieder zu verringern. Daneben hat sowohl auch bei der Vermögensabgabe wie bei der Einkommen steuer eine scharfe Progression Platz zu greisen. Ebenso ist bei der Einkommensteuer in ganz anderer Weife als bisher die Steigerung aus- zubilden. Bisher betrug der höchste Satz bei der Staatssteuer ödes Einkommens. Es kann ohne Bedenken von einer gewissen Höhe an, etwa 100000 Mart Einkommen, der Satz von 50 °/o mit weiterer Steigerung bei größeren Einkommen, eingeiührt werden. Allerdings müßte dann die einheitliche Neichseinkommen- steurr mit Abgabe eines Teils des Ertrags an Staat und Gemeinde nach bestimmtem Schlüssel eingejöhrt werden, unter Beseitigung der jetzt üblichen Gemeinvezuschtäge. Weitgehende Berücksichtigung des Familien standes und schärfste Steigerung nach der Höhe deS Einkommens — beide vereint — werden eine gerechte Verteilung der kommenden Steuer lasten ermöglichen. Gs ist kein erfreuliches Bild, das der Staats sekretär von unserer Finanzlage entrollt hat. Uber sein Bekenntnis, daß ein einiges Deutsch ¬ land volkswirtschaftlich zu feder Leistung be- f sähigt ist, wollen wir freudig unterschreiben. Die Arbeit wird uns helfen. MtpreuKens Tukunft. Die preußische Regierung hat. vor einigen Tagen einen Erlaß veröffentlicht, in dem sie sich energisch gegen alle Bestrebungen, Teile Preußens abzuttennen, wendet. Darüber wird die Friedenskonferenz, über die staatsrechtliche Gestaltung Preußens die Nationalversammlung entscheiden. Im Zusammenhang damit sind Ausführungen interessant, die der Oberpräsident von Ost preußen, v. Batocki, macht und in denen es u. a. heißt: Die Frage, ob der preußische Staat, wie bisher, als geschloffener Staats körper innerhalb des Deutschen Reiches aufrecht zuerhallen sei, hat mit der Beziehung der ein zelnen Teile Preußens zum Deutschen Reiche nichts zu tun. Die Lösung dieser für Ost preußen ganz besonders bedeutungsvollen Frage sieht Herr Batocki darin, daß unter Aufrechter haltung der vollen Geschlossenheit des Reiches die nach Lage, Geschichte und wirtschaft lichen Verhältnissen eng zusammengrhören- den Teile Preußens jxder für sich die selbe Selbständigkeit erhalten, wie sie den bisherigen mittleren Bundesstaaten unh den durch den Zusammenschluß von Kleinstaaten zu schaffenden staatlichen Gebilden gewährt wird. One baldige derartige Entscheidung über Preußen würde den Bestrebungen auf Ablösung vom Reiche am besten den Boden abgraben. Be sonders gefährdet« Gebiete, wie Allpreußen, müssen überdies unbedingt eine weitgehende Mitwirkung bei der bevorstehenden Entscheidung über ihre Zukunft, vor allem über die Be ziehungen zu ihren Nachbarstaaten fordern. Herr v. Batocki tagt dann weiter: Die nene Regierung hat bisher nicht den Beweis er bringen können, daß sie und ihre Organe, bei allem selbstverständlich auch bet' ihr vorliegenden guten Willen, die der früheren Regierung fehlen den Eigenschaften besitzt, soweit es dis sachge mäße Wahrnehmung der Interessen Alt-Preußens aulangt. Mein Versuch, durch Entsendung eines mit den Verhältnissen vertranten ständigen Ver treters nach Berlin den Einfluß der Provinz aui ihr Schickml zu stärken, ist zwar wohlwollend ausgenommen, hat aber bei der Verworrenheit der Lage in Berlin praktischen Erfolg bisher kaum haben können. Der naheliegende Gedanke, daß diejenigen Stellen, die im Auswärtigen Amt, im Reichsamt des Innern, in den noch besetzten Ostgebieten usw. Vorbereitungen tür die Friedenskonferenz treffen und Beziehungen mit den gegenwärtigen Machthabern von Palen und Litauen pflegen, sich in dem zunächst von der Entscheidung betroffenen Gebiete, ins besondere in Ostpreußen, persönlich durch Fühlungnahme mit den beteiligten Kreisen über deren Wünsche und Auffassungen unterrichten, ist bisher nicht verwirklicht, und der ebenso naheliegende Gedanke, Vertretern der Provinz Gelegenheit zu direkter Fühlungnahme mit den Machthabern der Nachbarstaaten zu geben, ist gleichfalls von den Berliner Stellen bisher nicht verfolgt worden. Daß das baldigst anders wird, liegt nicht nur im Interesse der Provinz, sondern auch in dem des Reiches; denn bleibt es bei dem alten System, alles ohne ständige Fühlung mit den Beteiligten von Berlin aus ordnen zu'wollen, so wird sich die Forderung, daß die Provinz ihr Schick al nach dem Vorbild« anderer Teile des Reiches selbst in die Hand zu nehmen ver sucht, auf die Dauer nicht mehr zurückdrängen lassen. Die Gefährdung der Reichssinheit auch vom Osten her läßt sich dann nicht mehr ver meiden. Politische KMLÜcdau. Deudschl«^. * Entgegen andern Meldungen hat die Regierung den Russen, die vsm Bollzugs rat zur Teilnahme an der Sitzung des Zenrral- rates der deutschen Arbeiter- und Soldatenräte etngeladen worden sind, die Einreise nicht untersagt. Sie hat jedoch gebeten mit Rücksicht auf die politische Lage, in der sich Deutschland befindet, von einer Teilnahme an der Sitzung abzuiehen. * Reichstagspräsident Fehrenbach ist vom Kölner Oberbürgermeister ersucht worden ange sichts der Gefährdung der Rheinlands den Reichstag schnellstens nach Koblenz oder Limburg a. d. Lahn einzuberusen und durch 'Bestätigung der Regierung Ebert-Haase «ine verhandlungsfähige Regierung zu schaffen. — Nach der Auffassung der gegenwärtigen Re gierung soll bekanntlich der Reichstag nicht zu sammentreten. "Wie aus München gemeldet wird, stehen Veröffentlichungen bevor, die dem deutschen Volke die Tatsache enthüllen werden, daß wieder und wieder, sogar noch in den letzten Stunden vor der Revolution, König Ludwig von Bayern versucht hat, gegen das Reich zu konspirieren. Nicht nur das Gerücht über den Plan eines südwestdeutschen Rheinbundes hat sich als wahr erwiesen. In seiner Eifersucht auf Norddeutschland soll er es gewesen sein, der den Mut hatte, in der Stunde der höchsten Not die Einheit des deutschen Volkes zu ver raten, um das heilige römische Reich deutscher Nation als katholisches süddeutsches Reich wieder erstehen zu lassen und für diese Neugründung den Sonderfrieden unter Preisgabe Norddeutschlands zu erkaufen. Frankreich. * Nach Pariser Blättermeldungen wird den Friedenskongreß ein Werk von höchster Bedeutung krönen. Es ist bestimmt damit zu rechnen, daß zwischen Paris, London und Brüssel militärische, wirtschaftliche und politische Bündnisse abgeschlossen werden. — Nach einem Havasdericht erklärte Bonar Law in einer Rede in Glasgow, er sehe voraus, daß das Ergebnis des Krieges in einem festeren Bündnis Eng lands mit den Ver. Staaten bestehen werde. * Premierminister Lloyd George sagte in einer großen Wahlversammlung der Frauen: „Wir dürfen keine neur elsaß-lothringische Frage haben. Dis für die Schrecken des Krieges Verantwortlichen müssen zur Verant wortung gezogen werden. Dies ist um so not wendiger, je höher sie stehen. Unser Urteil muß derart ausfallen, daß Könige, Kaiser und Kronprinzen für alle Ewigkeit wissen, daß, wen« sie Verruchtheiten dieser Art über die Erde bringen, die Strafe unausbleiblich auf ihr Haupt fallen wird. Aber auch das deutsche Volk, das im Kriege sich gut gehalten hat, dsS mit voller Begeisterung in - den Kampf zog und das jetzt über den Sieg jubeln würde, wenn er ihm zuteil geworden wäre, muß zur Verantwortung gezogen werden." * In einer Rede teilte der britische General- flaatsanwalt Smtih mit, er sei damit beschäftigt, eine Denkschrift sür das englische Kriegskabinett über die Freiheit der Meere aus- zuarbsiten. Am Schluß seiner AnsfützrMMN über die Notwendigkeit dsr Erhaltung der alt hergebrachten Rechte zur See, die eine Seemacht zur'Kriegszeit haben müßte, erklärte Smith, er wolle jetzt nur sagen, es sei wohl möglich, daß England auf dem Friedenskongreß zu seinen Verbündeten sagen werde: Wir würden durch aus zusrieden sein mit einer Auslegung der Freiheit der Meere, die es der englischen Flotte ermöglichen würde, in einem künftigen Kriege genau dasselbe zu tun, was sie mit Hilfe der amerikanischen Flotte in den letzten 18 Monaten getan hat. Belgien. "Der belgische Minister Huysmans teilte in Beantwortung einer Anfrage mit, Belgien werde an Deutschland vor allem die RÜck er st attungdes Milliarden schade ns verlangen. Über etwaige Gebietsveränderungen tönne er nichts sagen. Er deutele indessen an, daß die S ch u ld s r a g e auf der Friedensfrage eine Regelung im Sinne Belgiens finden werde. Gpame«. *Aus Madrid wird halbamtlich gemeldet, daß der neue Ministerpräsident Ro manones den deutschen Gesandten Prinzen Ratibor answeisen wird. Bekanntlich hat Spanien schon vor einigen Tagen seinen Gesandten aus Berkin abberufen. Wie spanische Blätter erkläre«, wird, die Maßnahme der spanischen Regierung mit oer Spionagepropaganda des deutschen Ver treters in Madrid begründet. — (Deutschland gerät immer mehr und mehr in die Gefahr völliger diplomatischer Vereinsamung. Es tut not, daß Männer ins neutrale Ausland ent sandt werden, die uns wieder Vertrauen und Sympathien erwerben.) Amerika. * Gegenüber der Anregung, auf seiner Europafahrt auch Deutschland zu besuchen, verhielt sich Präsident Wilson ablehnend. Er sagte in einer Unterredung: „Das deutsche Volk wird lange Jahre Buße tun müssen, um die Verbrechen zu sühnen und aufrichtig« Reue zeigen. Kein Amerikaner kann daran denken, Deutschland jetzt zu besuchen, ohne daß er durch amtliche Pflichten dazu gezwungen wäre. DaS heißt, daß ich selbst jeden Gedanken daran zu rückweise." Wilson tadelte dann auch die amerikanischen Journalisten, die, nachdem ihnen die Pässe verweigert worden waren, über die Schweiz nach Deutschland reisten. Ne Preise nach dem Kriege. Das Problem der Preisbildung nach de« Kriege ist ein schwieriges und verwickeltes. Die Schweizer ,Ecpoitrevue^ hat sich der Mühe unterzogen, diese Frage eingehend zu unter suchen und kommt zu dem Schluß, daß man sich sehr bald auf außerordentliche Preisstürze gefaßt machen müsse. Die Bedingungen hierfür findet sie in folgendem: Die Gesamtverluste an Wslttonnage durch den Unterseebootkrieg spielen gegenüber der Tatsache, daß die Vereinigten SMaten von Nordamerika heute fast die zweit größte Handelsflotte der Welt besitzen, lein« Rolle mehr. Und erst, wenn die Kriegstrans porte aufgehört haben werden, wird die Welt sehen, in welch bedeutendem Maße sich die Welthandelsflotte überhaupt vermehrt hat. Jn- iolgedeffen wird auch ein Zurückgehen der Transportsätze auf ein normales Maß unaus bleiblich sein. Alle Vergrößerungen der industriellen Pro duktion werden sich weiteres von der Kriegs produktion auf die FriedenserzSuguug einstelleu und so das Angebot fertiger Ware außer ordentlich vermehren, überdies lagern heute in aller Welt sehr große Mengen von Rohstoffen und anderen Erzeugnissen, die noch nicht ab- tranSportiert werden können, aber bereits kurze Zeit nach dem Kriegt auf dem Weltmarkt in Wettbewerb treten werden. Durch die zurück- kehrcnden Soldaten wird ein Überangebot an Arbeitskräften cinsetzen, und es ist mehr als wahrscheinlich, daß trotz der Gegenbestrebungen der Gewerkschaften die Löhne eher sinken, keines wegs aber weiter steigen werden. In den ersten Jahren nach dem Kriegs wird auch die Konkurrenz auf dem Gebiete der landwirtschaftlichen Erzeugung eine erhebliche sein und ein bedeutendes Sinken der Preise für ländliche Produkte zur Folge haben. Ein großer Teil der heutigen Preissteigerung beruht auf der Tatsache, daß durch den Wegfall der Konkurrenz der Käufer dem Lieferanten nach- lauien muß und nicht wie früher, der Lieferant dem Kunden. Die Wirkung dieses Berhäti- niffes ist dieselbe wie bei der Preissteigerung durch Monopol. Im Augenblick des Wieder auflebens der Konkurrenz fällt aber die Mono polwirkung wieder fort, da sich dann der Lie'e- rant wie vor dem Kriege nach dem Kunden richten mutz. Hon Der Wohnsitz der früheren Kaiserlichen Ka^rilie. .Nieuwe Roiterdamsche Courant' meldet, daß das Landgut Belmonte auf dem Wageningenberg, das jetzt im Besitz und be wohnt ist von einem Grasen von Pnckler ds Constant Nebeque, als Wohnung sür die frühere kaiserliche Familie hergerichtet wiro. Man ist bereits mit der Ausstattung der bisher unbe wohnten Gemächer beschäftigt. Auch mit Be sitzern von zwei Gasthöfen in unmittelbarer Mhe wird unterhandelt, weil man beabsichtigt, auch dieie Gebäude aut einige Monate zu mieten. In bösem Lmem. Hf Kriminalroman von Heinrich Le«. (Fortsetzung.) Usdskf brütete vor sich hin, dann kehrte er in leine Dachkammer zurück, öffnete dort Inm Schein eines LichtflumpseS seinen Koffer, i nhm auS diesem etwas heraus, verließ die K ammer wieder und eilte, während der Morgen graute, «ach dem Bahnhof. In aller Frühe, wie ib« bekdnnt war, ging ein Zng nach Herrn- stadt ab, am Vormittag konnte er dort ange laugt und am Nachmittage mit dem Gelde Wied« ;urück fein. Mochte sein Ausbleiben im Bür« bis dahin auch schon Verdacht erregt l aben — eine Ausrede dafür würde sich sÄ ihn spät« schon finden. Gr flieg in den Zug. Seine Gedanke« aber flogen den rollenden Rädern voraus.... Tie Saaltür wurde geöffnet. ES war der Professor — er bekleidet» zugleich dar Amt deS KrankenhauS-DirektorS — der mit den AWenz- krtts« leinen vormittäglichen Rundgang machte. L«S Biötz i« dem R«dolf lag, befand sich nahe d« Er schrak auS feinem Sinnen und Sr^te« imd der Erinnerung an das Geschehene ans, and dem Professor, einem Manne von l-stwr kräftiger Gestalt und von freundlich- jwn«1«n West», daS auf die Kranken ost eine bessere Wirkung ausübte als alle Medizinflaschen, war seine Bewegung nicht entgangen. „Na," sprach er, zu „Unbekannt" heran- tretend, „sind wir heute bei Wege? Wie geht's?" Ohne auf eine Antwort zx warten, iüblte er seine« interessantes Patienten des Puls, uniermcht« ihn und sprach dann: „Gut geht's! Melden Sie," io wandte er sich a« den ihn begleitenden Wärter — „melden Sie im Büro, daß von dem Patienten die Perso nal!«« ausgenommen werden können." k. über dem gelben Strome, der nicht weit von der Rasenauschen Fabrik durch die Ebene floß, stiegen morgen» jetzt schon die ersten grauen Hrrbst- neb«l auf; auf den Kartoffeläckern sah man alte Frauen di« letzten Knollen aus der Erde holen, und von der Votznenlanbe, die sich Portier Schmiedecke kunstreich vor seiner Loge im Früh jahr zurechtgezimmert hatte, flogen, obwohl die roten Blüten immer noch von neuem aus den Ranken schossen, die ersten welken Blätter davon. Wieder wie damals vor Wochen strahlte die Sonne vom blauen Himmel, aber nicht mehr in unbarmherziger Glut; über die Felder und di« Chaussee weht« ein kühler Lutthanch und er weht« auch i« das hasbsffE, mit einem bunten Asiernstrauß geschmückte Fenster — «in Fenster in de« zu der Rosenau'chen Fabrik gehörige« Wohngebäude — hinter Kem man eins» üoer einer Stickerei gebeugten schönen stillen blassen Mädchenkspf sah. Wie Tante Pincken erkundet, hatte Hollfeld demnächst sei»«« S»4urtStag. Es war allo eine Gelegenheit da. sich ihm für die groh«n Dienste, die er der Waise golnflet, er kenntlich zu zeigen. Mit war dich« Er kenntlichkeit nicht abg«tan. Auch würde ihn eins Arbeit, die sie selbst augesert^t Katte — sosisl gestand sich Renate — «ehr erfreuen alt irgend eme kalt» Kostbarkeit. i Eine Handstickerei ist ein« Sache,' bei der ! dir Gedanken müßig spazieren gehen, und wohin hätten sich diejenigen Renatens wohl anders i wenden sollen als in die Vergangenheit. Di« Nadel m ihrer Hans ruhte. War in > ihrer Seels nagte — vergaß sie für einen Augenblick. Sie dachte an den, für den dies« Arbeit bestimmt war. Hollfeld! Etwas unaus gesprochenes lag zwischen ihm und ihr. ES war zwffcken ihm und ihr ein geheimnisvoller Band; ein Band, da» sie manchmal fast wie eine zwingende Fessel empfand, tan der er fie fest- bie.lt, ans der sir sich, selbst wenn fw den Wille« dazu gehabt hätte, nicht mehr besteien konnte . . . Scho» wieder, wie schon so manch mal in ihrs« stillen Stunden, ertappt« sie sich auf diesem merkwürdigen Gefühl, diesem Spiele ihrer Phaulaste. ES fehlte nicht viel und er erschien ihr noch am Ende in dem Lichte einer jener dämonischen Per'önlichkeiten, di« durch eine ih-ien innewohnende übernatürliche Kratt andere West«, auf die sie es abgesehen haben, in einen Bann zu zwingen vermögen. Aber nein — das war nur ein Überbleibsel jenes altrn Vorurteils, das ns einst gegen ihn hegte. Er war «ur eöen anders als all« anderen Menschen, die fie bisher in ihrem Lrben kennen geiornt hatte. Er war klüger, er war scharf sichtiger — uud eben deshalb, nnd da von Kindheit an ihr Leben »ffen vor seinen Augen gelegen hatie, warum sollte er sie nicht auch besser als die »«deren verstehen, gauz ver stehen ? I« ihrem Leben war einmal die Knospe cmiaesauaen. die Liebe, die Liebe eines iünaen. noch kinderhaften — eine» dummen Dings, daS noch nicht einmal lange Kleider trug. Aber eben darum war dieie Liebe, wenn auch — trotzig versteckt, fo wild, so leidenschaftlich ge- wesen. Ein Frühreif kam, die Knospe wurde zerstört und keine Blüte entfaltete sich mehr auS ihr. Der Mann, den fie geliebt hatte, galt al» verschollen. Manchmal stellte sie sich vor, daß er viel leicht gestorben wäre — schon längst fern in weitem unbekannte« Land, wo er nun auch be graben lag. ES war eist Gedanke, der sie mit einer merkwürdigen Beruhigung erfüllte. Wenn er tot war, dann hatte er gebüßt. Dann würde sie ihm auch vergeben haben. Und dann dacht« sie plötzlich an dis unselige Stunde zurück, WS sie ersahren sollt«, daß er nicht tot war, an ihren Schreck, an ihr Entsetzen,' an seine wahn sinnigen Worte, seine Drohung, an daS, waS an demselben Tage wenige Stunden später ge schah — an ihres Vater» Tod. Kein Wort von dem, WaS sie Mein nur wußte, war gegen den Richier oder sonst einen Menschen über ihre Lippen gekommen. Sie hatte mit ihrem Gewissen gcrungrn, nach einer menschlichen Seele geschrien, der - sie sich hätte anverlrauen können, die ihr den rechten Weg, den sie ja selbst nun nicht mehr kannte, wies. Schon bei dsr Rückkehr von dem Grabe hatte fie einen Entschluß gefaßt, aber im letzen Augen blick verschloß ihr die Furcht wieder die Lippen. Er, Hsstfeld, hatte auch wohl von ihrer Absicht niHtS gemerkt nnd sse blieb ihren iolternvcn Zweiteln überlassen nach wie vor. Sie hatte sich getröstet mit dem Wort der Schrift: .Di«
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