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Ottendorfer Zeitung : 22.03.1918
- Erscheinungsdatum
- 1918-03-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191803224
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19180322
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19180322
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1918
-
Monat
1918-03
- Tag 1918-03-22
-
Monat
1918-03
-
Jahr
1918
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 22.03.1918
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»erall vB schien, di! nieren und ung, Gut trägt iege uni« berzeugunz Seemacht eidigungs' eidigun^ ! Defensiv! allem wird c ihre Aus' !s noch vvl ns ihr nur ollen, wo' :cht gesazi ite Watten chäfen sich Ein bloß« ickNndiged ßenhanM )eutschland, rkehr durch er genialen taftSIebent ;n unserer s deutschen berseeischen nn Zweisei rch die Ab' lßen ein! ns mit der l nicht ge' is aber i? iarle Hoch' Ht nur ge' durch den ngland in spendenden tehrS" ab' und Unter' > einander wirksamen punkte D r auf den ind. Ohne t Anspruch in und an> erwenigsteN ltigen und den Toren er gewohnt r Weltwirt' n und di« Englands re für ein an des lg England was B bauen, ein Das gi» ilen Besttl> !s Kriegs geworden in unserer gegenstellen r Ausdeh' inge preB citische und mutzte st' wundbattN dem letzten fest über' eit unserer w Führung Aber iß auch ds ands See' „Sie bleib' ;en Wider' er Blockade »zige Mils ! ein sicher -SS«-!!- und sah, : strengste ,rer Ver' armherzig terkend«» er Leiden aufrichtige ggen rind l würdelb lande sei, reizvolle rnen, da! her Liebe e Lebens' tet sein? Mts und beileibe le? Es Vergessen ich finden seit ec dcnz m>> selben Ge> ase Arbeit -lle Ver' wir Bern' lichkeit, in atllich zn vielleicht >twaS vo» „Mag der Kein- angreifek" Hindenburg und Ludendorff zur Lage. Im Großen Hauptquariier äußerten LH die Heiden Heeriührer Generalseidmarschall v. Hinden burg und Generalquartiermeister Ludendorff über hie Lage im Osten. Di« Kette, di« «ns erwürgen sollte, ist gesprengt, sagt Hindenburg. Jetzt können wir uns mit aller Kraft gegen den Westen wenden. Uber dir Vorwüne wegen der Friedeusbedingungen, die Rußland unterzeichnen mußte, sagte der Feldmar schall, der Krieg ist keine weiche Sache: Was Ostpreußen erlebt hat, darf sich nicht wiederholen, deshalb brauchen wir Grenzsichrrunaen. Die Randstaaten HSugen für sich aliem in der Luft, müssen sich SN Karte geordnete EtastSweien anlehnen. Das ist Keographiich das Deuvche Reich. Wir mußten mit den Teilen, die sich von dem großen Ruß land loLlösten, Frieden schließen. Wir können nicht darauf wallen, daß sich alles wieder -zu «wem großen Reich zuiammenschliM. Ludendorff letzt hinzu: „Nicht wir haben, svAdern Rußland hat sich selbst in M Zwangs lage gebracht: wir hak^n ia doch miNer Ukraine und Livland uns verständigt. Dasselbe konnte Rußlemd auch haben. M wollte nicht, da mußten wir es eben zwingen. Jetzt ist die Lage im Osten fast völlig frei. Finnland und Ukraine haben uns zu Hilfe gMrfen. In Finnland finden wir bereits eine heimische, organisierte Armee, die Weiße Garde, die mit uns zuiammenyeht. In der Ukraine wird ein Heer erst geschaffen, dort müssen wir die Durchführung der ausgemachten Friedens- bedingnngen sichern, vor allem das uns vertrags mäßig zustehende Getreide. Das alles geschieht Bitten und in vollem Einverständnis mit dtt Ukraiueregierung. Wir wären froh, wenn wir uns keinen Deut mehr um Rußland zu be kümmern brauchten. Alle Behauptungen über Weitgehende Pläne sind Unsinn. Unsere Front im Westen, die noch im vorigen Jahr den Kampf gegen Italien, England, Frankreich mit stark unter legenen Kräften führen mußte, steht jetzt anders da. So schwer es war, erst mußte im Osten Ruhe geschaffen und im Süden Italien geschlagen werden. Jetzt sind wir dem Feind überlegen an Mairnschasten und Material, Luftstreilträften, Tanks, Gas, alles, steht bei uns in stärkster Weife bereit. Mag der Feind angreifen, uns kann's recht sein, und wenn er den Frieden nicht will, soll er den Kampf haben. Der wird natürlich daS gewaltigste Stück des ganzen Krieges, aber unsere prachtvollen Soldaten, denen wir alles verdanken, werden durchhalten. Derselbe Geist der Entschlossenheit und Selbstaufopferung in der Heimat ist nötig. Dann werden wir mit Gottes Hilfe einen ehrenvollen Frieden erringen, ei nendeutschen, ternenweichen Frieden. dsn HMÄ Nationalstiftung. Nach einer Mitteilung des Präsidiums der NalioualMtung für die Hinterbliebenen der im Kriege Gesallcncn haben der Reichskanzler Graf Hertling und General feldmarichall v. Hindenburg das Ehrenpräsidium der Nationalstiftung übernommen. Krtcgsblindenkolonie Haselhorst. In Haselhorst bei Spandau wird eine KnegSblindcn- kolonie entstehen. Die Direktion der Kgl. Pulverfabrik, deren Arbeiterkolonie Haselhorst ist, macht bekannt, daß die Wohnungen dort in Zukunft nur noch an Kriegsblinde vergeben werdest sollen. Zurzeit wohnt bereits etwa ein halbes Dutzend in den Spandauer König lichen Fabriken beschäftigter Kriegsblinder in Haselhorst. Der „Hauptmann von Lankwitz". Vor einiger Zeit erlchien bei dem Besitzer einer Heil anstalt in Lankwitz bei Berlin ein „Haupinnmn" mit zwei Soldaten und verlangte von ihm die Herausgabe seines Geldes, weil er falsches Geld in den Verkehr gebrockt habe. Der Nach ahmer des Hauptmanns von Köpenick hatte t.ckoch kein Glück Er wurde durchschaut und verhauet. Bald gelang es ihm, aus dem Ge fängnis zu entweichen. Unterdessen ec mittelte die Knminalpslizei, daß der falsche Hauptmann ein Tischler und iahnenstüchtiger Kanonier August Rettig aus Hannöversch-Münden war, ein ge werbsmäßiger Einbrecher. Jetzt ist es gelungen, den Entwichenen in Kleve zu erwischen. Ein lustiges Hamsterstückchen. Aus Vreden (Rgbz. Müntzer) wird berichtet: In letzter Minute e«ck:en auf dem hiesigen Bahn- Hofe eine biedere Frau mit drei Kindern, von denen sie eines auf dem Arme trug. Der den Frühzug revidierende Wachtmeister entdeckte in ihrem Handkorbe 150 Eier. Ais erfahrener Georges bis 8. Mai 4:3 gewettet, bis 30. Sep tember 2:1. Sommerzeit in Italien und Frankreich. Laut Ba'eier Blättern meldet Havas, daß in Italien und Frankreich schon jetzt die Sommer zeit emgesührt wurde. Drese voreilige Einführung der Sommerzeit ist ein Zeichen der großen Kohtennot in diesen Ländern. Von den Engländer» interniert. Der Leiter des Syrischen Waisenhauses in Jerusalem, Direktor Schneller, ein geborener Württemberger, der sich um die kulturelle Hebung Palästinas in langjähriger Wirksamkeit die größten Verdienste erworben hat, ist von den Engländern als Gessel nach der ägyptischen Grenze weggeführt und dort interniert worden. Oür,so ist LaS Äamduig des Schwarzen M-creS. DaS Korn ganz Rußlands, auf das Italien und England auch im Frieden warten und auf das sie angewiesen sind, strömt durch diesen Hafen über das Schwarze Meer durch die Dardanellen Ferner ist Odessa eine der Hauplfabrikstädte Rußlands. Während der zahlreichen Revolutionsversuche und Militär- revollen vor dem Kriege hat die Stadt immer eine hervorragende Rolle gespielt, und nach jetzt be- iämpfen sich dort die Pmteien. Jetzt mrd auch dort von uns Ordnung geschaffen. Hamstersäger fragt er aber auch, was die Frau da auf dein Arme habe. Dabei griff er selber zu und — er hat mal wieder recht gehabt — das Kind entpuppte sich als ein prächtiger Schinken. Schrecklicher Tod. Aus Börde (Bezirk Arnsberg) wird geschrieben: Ein dreijähriges Mädchen lief beim Spiel über den nur lose auiliegenden Deckel einer Jauchengrube. Der Deckel gab nach und das Kind siel in die Öffnung. Das arme Geschöpf wurde nach langem Suchen schließlich als Lerche geborgen. Im Gtansce ertr«ukcn. In derLmgeser Talsperre in Gummersbach ertranken vier Burschen und zwei junge Mädchen bei einer Vergnügungsfahrt auf dem Stausee. Leicht sinniges Verhallen soll das Unglück verschuldet haben. Selbstmord Wege» der Lebensmittel- tenerung. In Budapest erschoß sich die Gatlin eines wohlhabenden Kausmanns, der im Felde steht, in ihrer Wohnung zuerst ihr Töchterchen und dann sich selbst. In einem Briefe teilte sie mit, daß sie die Tat wegen der Teuerung der Lebensmittel begangen habe. . Englische Friedenswetten. Nach fran zösischen Blättermeldungen standen am Wochen ende die Wetten für ein Kriegsende bis Juni dieses Jahres 3:2, für den Beginn von Fnedensverhandlungen bis 30. Augnft 2:2. Seit 1. März werden in London auch Welten für den Rücktritt Lloyd Georges abgeschlossen. Am 12. v. M. wurde für den Rücürilt Lloyd VoLkTWirlWLftlickss. Beschlagnahme der Gummireifen an Wagen. Am 14. März trat eine Verordnung in Kraft, durch die sämtliche gebrauchte, ungebraucht«, montierte und nichlmontime Wagmgummibereijun«e« (z. B. Drahtreisen, sogenannte Kelly-, Reform-, Berliner, Mannheimer und Quetschreifen u!w.) be schlagnahmt werden. Trotz der Beschlagnahme ist die Wellerbenutzung der aus Wagen besladiichen Reifen bis zum 15. April 1S18 ohne weitnes, nach diesem Zeilpunkt nur nach ausdrücklicher Ein willigung der Inspektion der Kraftsahrll uppen er laubt. Krasnvagcnbereifungen werden von dieser Verordnung nicht betroffen. raunst imä MillensckAft. Et«e jahrtausende alte Töpfertechnik. Uber eine heute vergessene, vor 20 Jahren aber noch in Lopsmacherdörfern bei Vaarde m Westjütland geübte Töpfertechnik, die — jahr- tamende alt ist, weiß der,Prometheus' nach den Ermittlungen von Johannsen zu berichten. Es handelt sich um die Anfertigung der schwarzen irdenen Töpfe, die in Schleswig- Holstein „Suurtötte", ui den dänisch redenden Gegenden „Jydepoiter" genannt werden. In den genannten Gegenden fand man diese Töpfe srühcr oft auf dem offenen Feuerherd, im Herbst dienten sie auch als LocwtStöple für den Winter. Nach Art und Form find sie durchaus den in Hünengräbern gefundenen Graburnen der vorgeschichtlichen Zeit ähnlich. Die Ar beitsmethode, wie sie noch vor 30 Jahren aus geübt wurde, war so einfach, daß man tatsächlich von einer jahrtausende alten Töpfertechnik zu sprechen vermag. Die gewöhnlich blaue, gut geknetete Tonmasse wurde in einem Klumpen auf einem Brett mit der linken Hand gedreht, gleichzeitig gatt man mit der rechten Hand, die man in die Masse bineiuSrückle, dem Oberteil die gewünschte Form. Schließlich, nachdem man mit Daumen und Zeigefinger die Form vollendet hatte, das Gefäß trocknen ließ, wurde es mit gekrümmten Messern innen und außen glatt geschabt und dann mit einem dünnen Tsnbrei überzegen. Nach der letzten Glättung, zu der man sich gewöhnliche: Steine und Holzstöcke bediente, kam Ler Topf in den Dörrsten, der im Grunde nichts anderes war als eine mit Torf a^sgefüllte Grube, über die man die Töpfe ans einen Stcmgentost stellte. Die glänzenden Kerzierungen aus den Böden der „Jydepotter" wurden mit einem Flintstein auf den fertigen Töpfen gemacht. In dieser Töpferei ohne Drehscheibe waren saft aus nahmslos Frauen beschäftigt. Nach Ansicht der Forscher wurde Lie Technik drei Jahrtausende lang ausgeübt, öhne weiter au^zestaltet oder irgendwie „modernisiert" zu werden. ^ermilektes. Der Schlupfwinkel der französischen Drückeherzer. Um der Drückebergerei in Frankreich em energisches Ende zu machen, hat man eine Kommission eingesetzt, die darüber zu wachen hat, daß niemand ungestört einen Druck posten innehält. Diese Kommission hat unlängst in einem Bnreau des KriegSmlnisteriumS einen Mann entdeckt, der ihr hier durchaus nicht an cemem Platz zu sein schien. Innerhalb drei Tagen war der Drückeberger entfernt. Man sieht ihn jetzt nicht mehr in dem Bureau, wo seine Anwesenheit so skandalös wirkte. Aber man findet ihn — in dem Bureau der DlSSe- bergerkommission, daS sich als der beste Schlupfwinkel für alle frontfeindlichen Leute er- wiestn hat. Denn wenn man selbst den -Ver folgern der Drückeberger ««gehört, gibt es nie mand, der einen auch hier noch Weiler verfolgen könnte. Die Diüüeberger find also dieser wunder baren Kommission zu größtem Dank verpflichtet, den sie auch wirklich in Form beispielloser An hänglichkeit bekunden. Die „Hausschweinbewegnug" in Ame rika. Der Patriotismus der amerikanischen Heimkrieger steht gegenwärtig, wie einem Bericht der ,Daily Mail' zu entnehmen ist, im Zeichen des Hauslchweines. JnNordamenka ist Schweine braten mit Bohnen ein Nanonalgericht, das an Beliebtheit dem Roastbeef der Engländer gleich kommt. Daher hat die kürzlich beschlossene Ein sührung des „schweinelofen sonnabends" viel Aussehen hervorgerusen, und die Regierung gibt sich der Hoffnung hin, hierdurch bedeutende Fett mengen für das Heer und die Flotte freizu- bekommen. Außerdem wurde aber die Parole ausgegeben: „Jeder Amerikaner, der sein Land liebt, muß ein HauSichwrin hallen." So ent stand die Hausschweinebewegung, die gegenwärtig durch große Arlllel, Plakate usw. gefördert wird. Es wird erklärt, daß ein Amerikaner, der nicht in der Armee stehe, zumindest seine Bürgerpflicht dadurch erfüllen müsse, daß er ein Hautschwem GenMskMe. Potsdam. Dor dem hiesigen Schwurgericht stand die 65jSLrize Frau Möller suS Wannste, die beichuldizt wird, 'M Dezember v. I. ihren Ehemann, den Gäckcer Gustav Möller, gelötet zu haben. Zn der Vrri>Edl»«g sind 24 Zeugen uns vier ärztliche Sachverständize grladea. Die AngeLagte widerrief plötzlich ihr sM««» G»Ä«»dniS und versucht« die Sache so daezMellm, sch wenn Einbrecher erst ihren Monn erschlagen hätten und dann sie Kälten er- schta««i wollen. Der Erste StaatSanMalt beantragte dic BejatMng der Schawsrage Körperverletzung mit TodeSeriolg und hielt d« Erwirkung einer anderen Person als der NugeSazten für aus geschlossen. Di« Geschworenen verneinten nach lenzerer Beramna di« Echuldfrage. Der Vorsitzende, Landgerchtkrat Dr. von König, verkündigte hieraus die Freisprechung. der Familie Bernhammer zu hören und zu sehen gebraucht hätte. In seiner jetzigen Stim mung bildete er sich wenigstens ein, daß ein völliges Abbrechen aller Beziehungen ihm Ent lastung durch Schonung der brennenden Herzens- Wunde gebracht haben würde. Vermochte er sich doch innerlich nicht ganz vor ihr, der kürz lich noch Heißgeliebten zu lösen; er hatte die kleine leichtsertige Lügnerin zu innig geliebt, zu tief im Herzen getragen, vnd er lieble sie noch immer, so sehr er sich auch dieses Gesühls schäml«. Er such!« und fand sogar nach und nach Milderungsgründe iür sie, aber er wehrte sich dagegen, ihnen Gehör zu geben und ver schloß ihnen seine Seele. Es erleichierle Brüggen, als der Ausbruch Bernhardiners aus der Wohnung seiner Schwester nahe bevorstand, er wußte auch, daß Adele Ehlers verlassen und mit den Ihrigen nach Morse zmücklehreu werde. Zugleich fühlle er, daß Vater und Schwester der Sünderin ver geben hatten und sich des Wiedersehens mit ihr freuten. Oh, warum stand er außen und konnte nicht empfinden wie sie? War er doch vielleicht, angesichts der mora lischen Vemuttenheit, mit der er in seinem Be- rufsleben in Berührung kam, zu streng in seiner Forderung gewesen? Hatte er das Milde Lächeln über den Unverstand verlernt, oder lag Duld samkeit nicht in feiner Natur? Er hatte geglaubt, Adclen? Wesen sei der Inbegriff lauterster Rein heit, und nun fand er, aus einer schmerzlichen .Enttäuschung heraus, lein Verständnis sür ihre Rängst. In dieser Zeit bekam er em Briefchen von Otto Ehlers mit der Anfrage, wann er ihn sprechen tönne. Brüggen erlchrak. Kam der junge Lehrer in Adelens Auftrag, oder war der kern gesunde Mensch krank geworden und brauchte seinen ärztlichen Rat? Immerhin hatte ihm Ehlers im vorigen Sommer am Sterbebette seines Vaters so gut gefallen, und sie waren in der kurzen Zeit des Zuiammenfeius fo vertrant geworden, daß er jetzt den Besuch des verstän digen Maunes nicht schroff «blehnen konnte. So nannte er Tag und Stunde, die ihm paßten. Als Otlo Ehlers antam, begrüßten sich die beiden jungen Männer etwas gezwungen. „Womit kann ich dienen, Herr Ehlers? fragte Brüggen beklommen. Sein Gegenüber, ebensowenig frei wie er, starrte, nach einem Anfang suchend, ein paar Sekunden vor sich hin. Dann sagte er bescheiden: „Ich bitte recht herzlich um Lerzeihuna, Herr Doklor, wenn ich es wage, mich in Ihre Privat angelegenheit zu mischen." Brüggen rückte in peinlicher Regung hin und her und machte eine abwehrende Handbe wegung, die Ehlers, von seiner »reundlichen Ab sicht erfüllt, nicht beachtete. Sein gutmütiger Gesicht röleie sich in edlem Eifer und war« fuhr er fort: „Sie wissen, daß Fiäulein Adele von Bernhammer eine Schülerin meines feligen Vaters Var, auch ich habe sie manchmal umer- richtet und glaube den Charakter und das Weien der jungen Dame genau zu kennen. Aus dieser Kenntnis heraus wage ich'S, ihr das Wort du reden. Ich habe sie nun drei Wochen lang mit vieler Teilnahme beobachtet; ernst und emsig sitzt sie neben meiner Schwester im engen Cchneidersiübchen, und ich weiß, daß sie leidet, tief und schmerzlich leibet, unter Selbstanklagen und lebhaftem Bedauern ihres Unrechts. Sollte es mit dieser Demütigung, die;er Buße und Neue nicht genug sein?" „Ihr Vater hat, wie ich glaube, verziehen, und sie wird vielleicht ichon morgen mit den Ihrigen auis Gut zurückkehrenerwiderte Brüggen und bemühte sich, seiner Stimme einen festen Klang zu geben. „Ich hörte es. Die versöhnliche Güte ihres Vaters gewährte Adele eine große Erleichterung, allein — Sie wissen, Herr Doklor, daß ihr LebenSglück von einer anderen Versöhnung abhängt." „Ich bin viel tiefer verletzt!" fuhr es Brüggen heraus, der doch anfing, nicht ungern und mit Spannung dem zu tauschen, was der gutherzige Anwalt seiner Beleidig««» Vorbringen werde. „Fräulein Adele hat ohne Frage gefehlt, ich will das nicht beschönigen oder ableugnen. Sie hat sich zum Zeitvertreib auf jenes oberflächliche Liebeslpitl mit einem Schurken eingelassen, hat ihm ein Geldopfer gebracht und ist zu dem Zwecke heimlich mit ihm zusammengetroffen, dies jedoch nur, um in den Augen des Mannas, den sie liebt, nicht bloßgestellt zu werden. In der tödlichen Verlegenheit, ais sie von Ihnen auf jenes Stelldichein angeredet wurde, hat sie sich auf eine geradezu kindische Weise herausgelogen. Wäre sie abgefeimter geartet, so würde sie es klüger angeiomgen haben. Ihr naives Ungeschick rcchtlertigisie schon deshalb." „Ich habe von je her nichts so hoch gestellt und nichts so unbedingt vom Weibe gefordert wie Reinheit und Wahrheitsliebe." „Das sind auch ganz herrliche und sehr not wendige Eigenschaften, allein im Leben schitben sich die Verhüttnisse »ft so «igenartig, daß man nach den Umständen urteilen und Theorie und Praxis scheiben muß. Ich wage sogar zu be- haupien, daß Fräulein Adel« trotz allem, was gegen sie spricht, ein Wesen Vos seltener Rein heit ist und die Wahrheit nie mit Überlegung verleugnen wird. Vermutlich dient auch dhrse schwere Erfahrung dazu, sie für dir Zukunft vorsichtiger und gewissenhafter zu mach«»." Brüggen sprang vom Stuhle empor und schritt tief bewegt auf und ab. DaS war ein gewichtiges Zeugnis; durste er milderen Regun gen Raum geben? Voll stiller Genugtuung sah Ehlers, daß er keinen Lauben Ohren predige. Er fuhr mit sachlicher Ruhr fort: „Las kleine Fräulein ist von Natur leichtherzig und unbesonnen. Es entspringen daraus ihre sonnige Heiterkeit, ihre tändelnde Anmut, ihre imm«: gute Laune; es sind dies alles Eigenschaften, an denen wir «ns freuen und die tief in ihrer Natur begründet liegen. Wie können wir bei solcher Anlage zu gleich Ernst, Vorsicht und nachdenkliches Wese« erwarten? Jeder trägt die Schatten seiner Vorzüge mit sich. Und daß die geistige Physiog nomie ebenso verschieden ist wie unsere körper liche, wissen wir alle. Sie dürfen von einer Bachstelze nicht die Vorzüge des Hauihuhn» erwarten." V es (Fortsetzung folgt.)
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