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Ottendorfer Zeitung : 28.02.1917
- Erscheinungsdatum
- 1917-02-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191702288
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19170228
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19170228
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1917
-
Monat
1917-02
- Tag 1917-02-28
-
Monat
1917-02
-
Jahr
1917
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 28.02.1917
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fügen. Seine Schiffe führten sie ihm ans allen Himmelsgegenden zu. Jetzt sperren die deutschen II-Boo!e diese Zuiahrtswege, und mit Englands Herrlichkeit und Kraft wird es täglich wackeliger. Mag man in London noch immer rufen: llrl- tannia rulsL tds reavas! Wir wissen, das; das eine „oberflächliche" Redensart ist. Englands große Flotte hält sich ängstlich im Hafen. Englands Handelsschiffe aber sinken zu Hunderten unter den Torpedos unserer V-Boote. Die Neutralen meiden die Gefahren der Sperrgebiete oder erliegen ihnen, wenn sie es doch versuchen, den großen Kuckuck im Weltennest zu atzen. England spürt, dqß der Spieß umgedreht ist. Geht der O-Boot- Krieg noch einige Wochen weiter, so wird John Bull den Hunger spüren, den er uns auf den Hals schieben wollte. verschiedene Uriegsnachnchten. Die Explosion in Neuville. Die Lyoner Presse enthält infolge der strengen Zeilsurbestimmungen nur lückenhafte Berichte über die furchtbare Katastrophe der Fabrik chemischer Produkte in Neuville-sur- Saone, die jetzt der M u n i t i o n s h er st e l l u n g dient. Die gegenwärtige Verwaltung beschäftigte außer französischen Technikern auch . zahlreiche ausländische Arbeiter, Asiaten, vor nehmlich Chinesen; auch einige Griechen waren darunter. Über die Entstehung der Explosion wollten die zuständigen Behörden nichts mit teilen. Die Lyoner Feuerwehr bekämpfte den gewaltigen Brandherd. * Wirkungen des V-Boots. Die Reeder von Barcelona haben sich ver sammelt, um die Bedingungen zu studieren, unter denen diespanischen Schisse wieder in See stechen könnten. Es wurden Prämien festgesetzt für die Besatzungen, die das Sperr gebiet befahren. Die Mannschaften erhalten doppelten Sold und eine Lebensversicherung und Entschädigung für jeden Schiffbruch, den sie auf einer Reise in der Gefahrzone erleben. Englische Erpressung an Schweden. ,Nya Dagligt Allehanda' teilt mit, daß Eng land die während der deutschen Sperrgebiets erklärung in den englischen Häfen ver bliebenen schwedischen Handelsschiffe nur unter der Bedingung absahren lassen will, wenn die betreffenden Reedereien sich ver pflichten, jedes hinausgekassene Handelsschiff in Schweden sofort zu verfrachten und mit Ladung nach einem französischen oder englischen Hafen zurücksahren zu lassen. Unter der gleichen Bedingung sollen dann jedesmal schwedische Handelsschiffe aus den englischen oder sranzöstschen Häsen zur Rückreise freigegeben werden. Bei diesen von britischer Seite der neutralen schwedischen Schiffahrt zugemuteten Strasreisen handelt es sich um eine Tonnage von nahezu 260 000 Tonnen, die gegenwärtig in den englischen Häfen zurückgehalten wird. Dolitiscbe Deutschland. * Anläßlich der Erhebung der Getreide bestände und der sür den 1. März angeordneten Viehzählung und Kartosfelbestandsaufnahme ist eine Mahnung des Reichskanzlers an die Land.wirle ergangen, die ihnen die äußerste Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit bei der Feststellung der vorhandenen Vorräte zur Pflicht macht. Der Reichskanzler verkennt nicht, daß die Bestandsaufnahmen erneute Anforde rungen an die Zeit und Arbeitskraft der Land wirte und der zum größten Teil mit Amts- geschästen wie mit eigenen landwirtschaftlichen Arbeiten überlasteten ländlichen Ortsbehörden stellt. Aber es gilt die Versorgung unseres Heeres und der größtenteils mit Arbeiten für dessen Rüstung beschäftigten städtischen Be- ! völkerung. Der Reichskanzler vertraut, daß die ! deutschen Landwirte und Landwirtssrauen ihre Pflicht gegen das Vaterland voll erfüllen werden. Italien. * Trotz aller Anstrengungen des englischen Botschasters Rennest Rodd und der Konteren; in Rom will die italienische Regierung von der Ei n h e i t s fr o n t d e s Ver b a n d e s immer noch nichts wissen. Der italienische General Marazzi, der die - Einheitsfront in einem Zeitungsartikel als unumgängliche Forderung bezeichnete, ist vom italienischen Oberkom mando verleugnet worden und hat oben- . drein noch ein territoriales Kommando er- ' haltem Außerdem hat das Oberkommando verboten, daß Offiziere, dis irgendwie am Krieg keilgenommen haben, während der Dauer des Krieges irgendeinen Artikel über Kriegs- führung schreiben. Damit nicht genug, bringt Mercito Jtaliauoh das italienische Militär wochenblatt, noch einen langen Artikel gegen Marazzi, in dem dargelegt wird, daß die Ein- sübrung einer einheitlichen Leitung praktisch ein Ding der Unmöglichkeit sei. Der Verband habe bisher noch keinen Napoleon gefunden, dem sich alle Heere willig beugen würden. — Italien führt eben nach wie vor seinen eigenen Krieg und steht seinen Verbündeten mit wohl berechtigtem Mißtrauen und Eifersucht gegen über. *Die Presse wendet sich scharf gegen die Wirkung, die das amerikanische Kulturgesetz, das den Zuzug von Analphabeten unterbinden will, auf die italienische Einwanderung in Amerika haben müsse. Italien werde durch das Gesetz an erster Stelle getroffen werden. Von 700 000 Einwanderern in Amerika habe Italien etwa 300 000 gestellt, von denen der größte Teil weder hätte lesen noch schreiben können. Türkei. *Der türkische Finanzminister Dschawid Bei hat in seiner Antrittsrede dem Ausbau der türkischen Wirtschaftspolitik mit d e u t s ch e r H i! f e die günstigsten Aussichten eröffnet. Die deutsche Regierung hat der Türkei eine Vorichußanleihe von 42'/- Millionen türkischer Pfund bewilligt. Seit Beginn des Krieges find von Deutschland und Österreich der Türkei 79 Millionen vorgeschossen worden, alle rückzahlbar spätestens elf Jahre nach dem Kriege. Die deutschen Staatsmänner hätten erklärt, daß sie der Türkei das" nötige Geld zu geben ge willt seien, um ihr zum wülschailüchen Auf blühen zu verhelfen. Es bestände dis Hoffnung, nach dem Kriege Kapitalien von 100 bis 150 Millionen Pfund ins Land zu bringen, dann fei unter der Bedingung, daß dieses Land sür Ackerbau, Eisenbahnen, Slraßenbauten, Fabriken usw. gute Verwendung finde, die Türkei zehn Jahre später imstande, ihre ordent lichen Ausgaben sowie die Zinsen und Amorti sierung de,r Staatsschuld, die vor dem Kriege . bestand, als auch derjenigen Staatsschulden, die im Laufe des Krieges hinzukamen, zu decken. Aber es genüge nicht, daß Deutschland das Geld leibe. Es tue auch not, daß die Türkei eine gesichelte finanzielle und wirtschaftliche Politik befolge. Amerika. *Bei der AbreisedesGrafenBern- storff aus New-Jork wurde nach der .Agence Havas' ein Attentat auf ihn versucht. Ein In dividuum stürzte sich auf daS Automobil, das den Grafen zur Landungsstelle brachte. Der Täter scheint geisteskrank zu sein, er. wurde ver haftet. Im Gefolge des Botschafters befanden sich nicht nur die Angestellten der deutschen Bot- .schait, sondern auch eine große Reihe von Per sönlichkeiten, die mit der deutschen Propaganda in den Vereinigten Staaten betraut waren. * Die a u s st ä u d i s ch e B e w e g u n g auf Kuba ist anscheinend sehr ernst. Zahlreiche Offiziere der Regiernngsarmee sollen sich ihr an- geschloffen haben. Natürlich versäumt dir Hetz presse des Verbandes nicht, sie auf deutsche Machenschaften zurückzuiühren. Der amerikanische Staatssekretär Lansing warnt die Bevölkerung von Kuba in einer Note, indem er darauf hin weist, daß die amerikaimche Regierung keine aus der Revolution hervorgegangene Regierung an erkennen könne. Kuba ist dem Namen nach ein Freistaat unter „Schutzherrschast" der Ver einigten Staaten. Prästdent ist zurzeit Mario G. Meuocal. Die Revolution steht, wie man weiter hört, unter Führung des früheren kon- servabven Präsidenten Game- der w't dem Oer umgecireble 8pLe6. John Bull ist in den Krieg gezogen, indem er sich auf das wohlgenährte Bäuchlein klopfte und hohnlachend auf den Augenblick wartete, wo die dummen Deutschen am von britischer Arglist ge webten Hungertuche nagen würden. Jetzt, nachdem fast drei Kriegsjahre ins Land ge gangen sind, muß der biedere John mit Er schrecken gewahren, daß der Spieß' nm- gedreht wird. Deutschland, das ausgehungekt werden sollte, dessen bleiche und abgehärmte Frauen und .Kinder die Männer aus den Schützengräben nach Hause locken sollten, dieses Deutschland hält sich noch immer in alter Krait ausrecht. Es embehrt zwar, aber es kommt aus, wenn auch scharf und strenge mit den Vorräten Hausgehallen werden muß. An Englands, des sonst übersatten, Pforte aber klopft mit knöchernen Fingern das Gespenst des Hungers, das die britischen Staatsmänner fxivol in ihrem Kampf sür Sitte und Zivilisation auf Deutschland Hetzen wollten. Unsere V-Boote haben den Engländern den Schrecken in alle Glieder gejagt. Wenn auch die großen Kanonen der englischen Parlaments- redelunst ihre Angst hinter den gewöhnlichen Nodomontaden zu verstecken suchen, man weiß jenseits des Kanals nur zu gut, daß unsere E-Boote den Hungerspieß umgedreht haben. Einst wird kommen der Tag, wo das Roastbeef und der Plumpudding dahin sind. Das sind die bangen Sorgen der englischen Regierungs leute. Sie wissen genau, daß das englische Volk für Entbehrungen nicht zu haben ist. Man hat ihnen Bereicherung und Wohlleben durch den Krieg versprochen. Soll es Opfer bringen, so wird es versagen und mjt denen ins Gericht gehen, die sie ihnen leichten Herzens auferlegt haben. Die Stunde der Verantwortung nähert fick für die Asquith, Lloyd George, Bonar Law und ihresgleichen mit jedem von den deutschen V-Booten versenkten Frachtschiff, das englischen Mägen Vorrat zuführen sollte. Es sieht schon recht leer aus in den eng lischen Speisekammern. Das zeigt uns uns soeben vom englischen Handelsamte ver- Sffentlichte Statistik über den englischen Außen handel im verflossenen Jahre. Zwar ist der Wert der nach England importierten Lebensmittel gestiegen. Das ist auf eine allgemeine lebhafte Preiserhöhung sür alles Eßbare im Kriege zurückzuführen. Die Mengen, die England, ms ganz auf das Ausland angewiesen ist, er- ceichten, sind aber im Verhältnis zu früher ganz bedeutend gesunken. England hatte sich aus den V-Boot-Krieg überhaupt nicht vorbereitet. Es glaubte, un gestört seine Nahrungsmittel weiter beziehen zu können, nachdem Herr Wilson bei dem ersten Male, wo wir den Hungerspieß umdrehen wollten, uns in den Arm gefallen war. England hat, das zeigt die Statistik über seine Lebensmitteleinsuhr genau, keine Maß nahmen zur Ansammlung größerer Vor räte getroffen. Da die Ergänzung der vor handenen Lebensmittel durch die Unterbin- tumg der Zufuhren dank der Tätigkeit unserer V-Boote außerordentlich erschwert wird, so ist es nur mehr eine Frage der Zeit, daß sich in England große Knappheit und Teue rung einstellen werden. Freilich kann diese Entwickelung durch Streckung der vorhandenen Vorräte eine Weile aufgeschoben werden. Aber auch nur eben aufgeschoben und auch nur für eine gewisse Zeit. Die Gefahr sür England ver größert sich in dem Maße, in welchem der Ver brauch der im Lande befindlichen Vorräte nicht durch ständige Zufuhren aufgesüllt werden kann, bis die heimische Produktion wenigstens teil weisen Ausgleich schafft. Wobei zu berück sichtigen ist, daß sür gewisse Artikel wie Zucker, Wein usw. England ausschließlich auf die Ein fuhr angewiesen bleibt, da sie im Lande nicht erzeugt werden. Im übrigen trifft das Gesagte nicht nur sür den Import von Lebensmitteln, sondern erst recht für die Einfuhr von Roh stoffen usw. zu. Bezifferte sich doch die englische Gesamteinfuhr im verflossenen Jahre auf 949,2 Millionen Pfund. - Das meerbeherrschende Albion war gewöhnt, über die Reichtümer der ganzen Welt zu ver- Ocr fall Guntram. L5j Kriminalroman von Wilhelm Fischer. (srorüedungl Sein Haß gegen die Mörder seiner Ge mahlin, der heute morgen an den Leichen des unseligen Weibes und des verächtlichen Mannes infolge der versöhnenden Vermittlung des Todes abgeklärt war, loderte wieder heiß und brennend in Guntram auf. Auge um Auge, Zahn um Zahn, Schade um Schade! „Sie sehen, Wrede," wandte er stich lächelnd an den Privat detektiv, „ich hatte recht, als ich Ihnen heute morgen vöraussagte, daß wir nach Paris müßten." Wrede verbeugte sich dankend; ihm war so Gelegenheit, sich zu rehabilitieren, geboten, und Brand, dem er seine geheimsten Wünsche in dieser Hinsicht anvertraut hatte, war vornehm genug, um dem entgleisten Kameraden, den man einst nur feiner Schulden wegen ausgeichifft batte,- hier nicht hinderlich zu sein. „Sechs Augen sehen mebr als zwei," dachte er. „Wir reisen also heute abend," es war ein seltsamer Blick, den Brand jetzt dem Baron zu warf, „übernachten in Straßburg und iahren dann mit dem Orientexpreßzug nach Paris! Aber sagen Sie mal, Baron: interessiert Sie denn gar nicht, daß wir in dem Prozeß auch das Zeugnis der Frau ^Jerschke nötig haben werden?" „Natürlich, lieber Freund! Allo unbedingt nötig! Konnten Sie denn das nicht ver hindern?" fragte er mit gut gespieltem Ent setzen. .Habe der Dame auch in Ihrem Name» versichert, daß sie verschont bleibt. Sogar mein Wort verpfändet." „Wenn die Dame einen gefälligen Haus arzt hat, kann sie ja fern von Madrid dieses Sensationsprozesses ihre Gesundheit pflegen; raten Sie ihr doch zur rechten Zeit eins Kur in San Nemo oder Mentone an," memte Brand mit leichtem Lächeln. „Das einfachste Mittel bei Prozessen, die keinen Staub auiwirbeln; bei dieiem Prozeß aber, der eine Sensation ersten Ranges zu werden verspricht, wird Frau Jerschke wohl in den sauren Apfel beißen müssen. Selbst ihr Nicht erscheinen in der Verhandlung schützt sie nicht vor einer Erörterung ihrer Beziehungen zu Larisch," sagte Wrede. „Die Affäre ist eben von beute an eine offizielle." „Kommt Zeit, kommt Nat! Sie wissen wohl gar die Adresse des Flüchtlings, daß Sie von einer Reise nach Badenweiler abfehen?" wandte sich Guntram aufseuizend an den Kriminal kommissar. „Wir fanden an der Leiche Erna Grafs einen Brief ihres Bruders, in welchem dieser seiner Schwester über den geplanien Verrat einen Wink gibt und von seiner Pariser Adresse und einer Braut spricht, auf die ich aus ge wissen Gründen sehr neugierig bin. Im Notiz buch fand ich nur die Adresse eines Hotel Garni Pfister, verzeichnet. Ich denke, daß wir dort den Raubvogel und in seinem Neste die goldblonde Hebe aus der „Palmengrotte", von der ich Ihnen, Baron, zu Hauie erzählte, zu suchen haben," versetzte Brand mit beißendem Spott. r ' ß Der Varon nickte: „Ihre Kombinationen dürften stimmen; ich bin froh, daß wir bald zu Ende kommen werden, denn ich sehne mich nach. Ruhe." „Ich bin meiner Sache so sicher, daß ich von einer Durchsuchung der von der Ermordeten in Badenweiler zurückgelassenen Effekten vorerst absehen will. Obwohl ich mit den Badenweiler Herrschaften aus mancherlei Gründen noch ein Hühnchen zu pflücken habe, will ich so schnell wie möglich dis Klappe zumachen. Meine kleine Privatabrechnung schenke ich den Badenweilern natürlich nicht; sie werden Augen machen, wenn sie erfahren werden, weshalb ich so energisch die lächerliche Rolle des „Schattens" der gold blonden Nachtwandlerin spielte." „Dieser Spitzname hat Sie wohl mächtig gewurmt, Brandchen," lachte der Baron lustig auf. „Deuwel auch! May ist doch nicht gerne komisch. Wenn ich an das verkniffene Gesicht voll schlecht verhehlter Ironie denke, mit dem der Hotelier sich von mir verabschiedete, krümmt sich in mir alles. Lachen Sie mich aus, aber ich konnte es mir nicht verkneifen, für das dortige Blättchen das heutige Extrablatt mit dem Bericht der Katastrophe umzuredigieren und mir den hämischen Zusatz zu leisten: „Die Ermordete wohnte längere Zeit hier. Ihrer ausfallenden Schönheit und ihrer Verträumtheit wegen nannte man sie hier in der Gesellschaft: „Dis gold blonde Nachtwandlerin". Einen Herrn, der mit der spleenigen Energie eines Engländers er rötend ihren Spuren folgte, nannte man des halb den Schallen der Nachtwandlerin und feierte leine hoffnungslose Liebe in wunder konservativen Kandidaten Zayas dem Liberalen Monaco! die Präsidentschaft streitig macht. Die Vereinigten Staaten sympathisieren mit dem letzteren und drohen mit Intervention. — Auch in Mexico ist die Lagt! sehr beunruhigend. Sin befolg im Mnenkriege. über das im jüngsten Generalstabsbericht erwähnte schneidige Unternehmen eines Stoß trupps im Minenkriege wird geschrieben: Zu den ungewöhnlichsten Taten dieses ereignisreichen Krieges gehört daS schneidig durchgesührte Unter nehmen eines Stoßtrupps Zlozow—Tarnopol Die Ruffen hatten hier ein weit ausgedehntes Netz von Minengängen errichtet und unter unsere Stellung mehrere geladene Stollen geführt. Die Bedeutung derartiger Maßnahmen ist bereits hinlänglich bekannt, da eine erfolgreiche Minen sprengung dem Gegner beträchtlichen Schaden nicht nur an Menschenleben zufügt, sondern auch die Zerstörung des in Betracht kommenden Frontabschnittes, sowie des gesamten sich darin befindlichen Kriegs-Materials bringt. Die Bedeutung der Minentrichter geht aus den heftigen Kämpfen hervor, die sich meist um ihren Besitz entspinnen. Das Bestreben der Truppen besteht nun aus diesem Grunde darin, die feindlichen Stollen auf irgendeine Weise unschädlich zu machen, indem man Gegenstollen in ihre Flanke treibt oder mit eigenen Spren gungen den feindlichen Absichten zuvorkommt. Eine neue glänzende Art der Unschädlichmachung, eines gefährlichen Minennetzes haben nun die obenerwähnten Stoßtrupps an der Bahn Zlozow—Tarnopol mit größtem Erfolg durch- gesührt. Sie sind in einer Tiefe von 100 Metern in die feindlichen Gräben eingedrungen und haben hier zuerst die ganze Besatzung von 2 Offizieren und 275 Mann gesangengenommen, um dadurch das gefahrvolle Unternehmen, das sie vorhatten, zu sichern. Fünf Stunden lang hielten sie sich in den feindlichen Gräben gegen alle Angriffe und bildeten die tapfere Rückendeckung für das Haupt werk der Mineure, das die" eigentliche Ursache des ganzen Unternehmens war. Auf die Fest stellung hin, daß die Russen diese geladenen Siollen unter unsere Stellung geführt hatten, wurde nämlich der Angriff unserer Stoßtrupps gemacht. Während sie nun fünf Stunden hin durch den Feind abwehrten, waren unsere Mineure eifrigst an der Arbeit, um das feind liche Zerstörungswerk recht gründlich zu ver nichten. Es gelang den tapferen Truppen, die ausgedehnten" Minengänge völlig zu zerstören und alle unter unsere Stellung geführten ge ladenen Stollen unschädlich zu machen. Das Werk der Feinde, das sicherlich mehrere Wochen in Anspruch genommen hat, da dis Minengänge möglichst geräuschlos und un bemerkbar vom Feinde vorgeschoben werden müssen, ist völlig vergeblich gewesen. Diese Abwendung des Vernichtungszweckes der seind- lichen Minen bedeutet für uns an sich bereits einen recht beträchtlichen Erfolg, der noch durch die große Anzahl von Gefangenen erhöht wird. Weit darüber hinaus geht aber der moralische Wert dieser tollkühn zu nennenden schneidigen Unternehmung, die in jeder Minute von der größten Gefahr begleitet war. Es war ein sehr gefährlicher Boden, auf dem unsere tapferen Truppen arbeiten mußten. Jeden Augenblick konnten die ungeheuren Massen von Spreng stoffen, welche in den Siollen aufgehärist waren, zur Entladung gebracht werden und die todesmütige Schar war vernichtet. Ohne jede Rücklicht gingen aber unsere Leute vor — und den Tapferen half das Glück in vollem Maße. Der Geist der Truppen, die zu solchen helden haften Unternehmungen fähig sind, ist über jedes Lob erhaben. So bedeutet dieses prachtvolle Unternehmen nicht nur einen höchst bemerkenswerten Erfolg im Minenkriege, sondern stellt' auch einen Be weis dar sür den ungebrochenen Mut, der noch heute jeden Mann in unserem Heere beseelt. Die ausführliche Erwähnung dieses Unternehmens in dem Heeresbericht beweist auch, Ivie hoch unsere Heeresleitung selbst diesen Erfolg in mora- li'cher Hinncht mit Recht bewertet. fchönen Knittelreimen. Welcher Art diese Liebe aber war, geht daraus hervor, daß der schmach tende Seladon ein bekannter Berliner Kriminal kommissar ist, der die goldblonde, träumerische Circe als eine der gefährlichsten Verbrecherinnen der Neuzeit hier zu observieren hatte." „Das haben Sie eingesandt?" rief Guntram in ungläubigem, verwundertem Ton und mit tadelndem Kopsschütteln. „Pardon, lieber Baron, nur geschrieben, aber nicht auch abgeschickt," wehrte Brand lachend. „Wenn mich jemand geärgert hat, dann schreibe ich ihm einen saugroben Brief, der, wenn der Empfänger klagen würde, mir von dem mildesten Kadi drei Wochen einbringen müßte. So, das ist von der Leber herunter, sage ich mir, zer reiße den groben Brief, setze mich hin und schreibe dem unverschämten Patron den aus gesucht höflichsten Brief von der Welt, erreiche aber durch meine Höflichkeit meist das. was ich will. Dies Rezept gebe ich allen mit, denen, wie man sagt, der Gaul durchzugehen pflegt." „Ich wollte, ich hätte dies Rezept früher ge kannt, aber ich habe aus meinem Herzen niemals eine Mördergrube gemacht und mir durch mein heftiges Temperament mehr verscherzt, als ich gulmachen konnte," meinte Wrede in seiner be scheidenen Weise, die ihm Guntrams Sympathie in so hohem Maße gewonnen hatte. „Mut, Herr Kollege." sagte Brand und ließ seine Hand schwer auf die Schulter des jüngeren Mannes fallen. „Wir, der Baron mit seinem Einfluß und ich mit meinen Beziehungen werden Ihre Sache schon „fingern", wie es in „Frau Luna" heißt!"
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