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Ottendorfer Zeitung : 04.07.1915
- Erscheinungsdatum
- 1915-07-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191507047
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19150704
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19150704
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1915
-
Monat
1915-07
- Tag 1915-07-04
-
Monat
1915-07
-
Jahr
1915
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 04.07.1915
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vievalkansorge-esvierverban-s. Die Besprechungen des Reichskanzlers von Bethmann Hollweg und des Staatssekretärs v. Jagow mit den verantwortlichen Leitern der österreichischen Politik sind beendet. Einen breiten Raum in diesen Beratungen hat natur gemäß das Verhältnis der Zentralmächte zu den neutralen Balkanstaaten, vor allem Ru mänien und Bulgarien, eingenommen. Die »Frankfurter Zeitung' erhält über diesen Punkt der Verhandlungen eine Zuschrift aus Berlin, der wir folgendes entnehmen; »Das Wort, das zu Beginn deS Krieges und seitdem ost geschrieben wurde, daß für die Haltung der Neutralen in der Hauptsache die Ergebnisse auf den Schlachtfeldern ent scheidend sein werden, das gilt für die Balkan staaten ganz besonders und gilt heute noch, wie es von Anfang an gegolten hat. Die Er eignisse der letzten Monate und die Fortschritte der verbündeten Armeen im Osten und Süd osten lasten ja deutlich genug erkennen, wie die lockenden Angebote der Tripleentente an die einzelnen Balkanstaaten von der Kriegs lage beeinflußt worden sind und sich erhöht haben, je bedrängter die Lage Rußlands wurde. Sie lasten aber andererseits auch er kennen, daß die vor schwerer Entscheidung stehenden Balkanstaaten, nicht nur Rumänien allein, so sicher wie möglich gehen möchten und daß sie in der Tendenz, mit möglichst ge ringem Risiko möglichst große Vorteile zu er ringen, offenbar bemüht sind, den Zeitpunkt für ihre Entscheidung soweit hinauszuschieben, bis keine Zweifel mehr darüber bestehen können, wer in dem großen Ringen als Sieger hervorgehen wird. Daß für diese Staaten die Gefahr besteht, schließlich zu spät zu kommen und dann den Lohn von der einen oder von der anderen Seite zu verscherzen, dürfte ihren Regierungen wohl nicht verborgen sein, und wird ihnen gewiß im Laufe der sich lange hin ziehenden Verhandlungen auch zu Gemüte ge führt worden sein. Rußland bietet mit ge steigertem Eifer den Rumänen Landgebiets an, die es nicht besitzt, und auf die es sonst schon Serbien begründete Hoffnungen gemacht hat. Es wird allmählich schwer, sich in diesem komplizierten Feilschen zurechtzufinden. Im letzten Grunde wird die, für den Ausgang des ganzen Krieges sicher nicht unwichtige Entscheidung der einzelnen Balkanstaaten doch immer davon abhängen, wie bald und wie nachdrücklich der Siegeslauf der verbündeten Heere im Südosten sich vollendet." Inzwischen geht das Frage- und Antwort spiel zwischen Petersburg und Bukarest oder Sofia lustig weiter. Auch aus den jüngsten Meldungen geht nur eins mit Sicherheit her vor: die Balkanstaaten wollen freie Hand be halten. So meldet der ,Secolo' aus Bukarest, Brattanu habe der russischen Regierung be kanntgegeben, daß das diplomatische Ab kommen als abgeschlossen gelten könne, sobald Rußland die gestellten Bedingungen in ihrer Gesamtheit annehme und dem rumänischen Generalstab den Zeitpunkt des militärischen Eingreifens überlasse. Ruß land soll diese letzten Bedingungen abgelehnt haben. Die Parteiführer der Opposition machten Bratianu Vorwürfe, daß er sie ge täuscht habe, denn er habe eine Intervention Rumäniens gleichzeitig mit der Italiens ver sprochen. Das rumänische Volk verhält sich demgegenüber durchaus gleichgültig. Das italienische Hetzblatt weist darauf hin, daß die rumänische Regierung trotz der militärischen und wirtschaftlichen Vorbereitungen deutschen Agenten gestatte, ihre Werbetätigkeit zugunsten der Neutralität im Lande fortzusetzen. Aus Sofia berichtet das,Giornale d'Jtalia', der Ministerpräsident habe dem Vieroerband eine bulgarische Note überreicht, nach der Bul garien bereit sei, die Verhandlungen wieder aufzunehmen, aber Garantien in bezug auf die Besetzung der angebotenen Gebiete verlange. Zu gleicher Zeit habe Bulgarien die Verhand lungen mit der Türkei fortgesetzt. Nach Ler Entwicklung, die die Dinge in Galizien ge nommen haben, ist nicht daran zu zweifeln, daß die Balkanstaaten vorläufig in ihrer ab wartenden Haltung verharren werden. Aber die Vierverbandstaaten hoffen immer noch auf eine Sinnesänderung, sie sehen jetzt allgemach ein, Laß sie die Unterliegenden in diesem Weltkriege sind und rufen nach Hilfe. Gleiches jVla6. 4s Roman von A. L. Lindner. Korts-inna.» Die Menschen, die vorhin unten ihre Be merkungen über den beneideten und reichen Spezialisten austauschten, wären vermutlich etwas anderer Ansicht geworden beim Anblick seines verstörten, gequälten Gesichtes. Um zehn Jahre schien es plötzlich gealtert, die Züge hart und scharf. »Aber war denn die Strafe für eine einzige, törichte Stunde nicht hart genug? Soll denn mein ganzes Leben einsam und sonnenlos bleiben? Habe ich mich nicht red lich bemüht, an vielen gut zu machen, was ich an einem gefehlt?" Eine Zeit stand er unbeweglich. Dann warf er mit entschlossener Bewegung den Kopf zurück. »Sei es drum, ich wag's. Ich will sehen, ob ich nicht auch mal die Hand nach dem Glück ausstrecken darf. Wer nicht wagt, ge winnt nicht. Und überhaupt — nur das Er wiesene kann doch hier gelten, und was ist er wiesen? Gar nichts. Das Ganze wird ein bloßes Hirngespenst sein. Eine Ähnlichkeit hat mich geäfft, das ist alles. Weiter ist's nichts. Soll nichts sein. Mag kommen, was da will. Vor einigen Wochen hätte ich mich vielleicht noch zurückhalten lassen. Jetzt ist das zu spät. Ich kann sie nicht mehr aufgeben. Mich hat's zu gründlich gepackt. So wird man der Sklave seiner Neigungen." Er schob die Photographie, ohne sie weiter anzusehen', ins Kuvert, aber im Begriff, sie wiede; zu verschließen, hielt er inne. « Nein, Rian wird sich jedoch am Balkan die Sache reiflich überlegen, ob man gewillt ist, das Schicksal Belgiens zu teilen und sich auf die Seite derer zu stellen, die nichts zu bieten haben als leere Versprechungen. Darin allerdings sind die Verbündeten uns über! verschiedene Nriegsnachrichten. Von der mil. Zensurbehörde zugelassene Nachrichten. „Und jetzt?" Das Pariser Blatt,Guerrs Soziale' stellt die Frage »Und jetzt?" und schreibt: Zu An fang des Frühjahrs wurden unsere Hoffnungen von vier im Laufen befindlichen Operationen getragen: Die Blockade Deutschlands, die Karpathenschlacht, die Dardanellenaktion und die Wiederaufnahme unserer großen Offensive auf der Westfront. Wenn wir uns jedoch nicht selbst täuschen wollen, so müssen wir leider etngestehen, daß diese Unternehmungen nicht die Resultate hatten, die wir von ihnen erwarteten. Das Blatt prüft, welches die Ursachen dieser Mißerfolge seien und erklärt, man müsse sie zum Teil den Verdiensten der Zentralmächte zu- schreiben. Anderseits hätten die Verbün deten zahlreiche Irrtümer und Nachlässigkeiten begangen, über deren Natur zu sprechen von der Zensur und der »Heiligen Eintracht" verboten sei. Wenn die Verbündeten nicht auf der Hut seien, bestehe die Möglichkeit, daß eine deutsche Offensive auch den Sommerfeld zugbestimmt.... Und jetzt? * Der mißlungene Aushungerungsplan. Aus Paris wird gemeldet: Wie das .Petit Journal' und die .Information' versucht nun auch das .Journal' zu beweisen, daß die Er nährung D euts ch I ands durch Ein fuhr von Konterbande erfolge; da gegen erklärt »Journal des Däbats' offenherzig, Deutschland schütze sich gegen den Hunger mehr durch OrganisationdesLebens- mittelverbrauches als durch Einfuhr von Konterbande. * Rußland braucht Geld. ..Rußkoje Slowo' schreibt: Die Zentral mächte bemühen sich seit sieben Wochen, Ruß land als den finanziell schwächsten Gegner auf die Knie zu zwingen. Der Versuch wird keinen Erfolg haben. Rußland ist ent schlossen, den Krieg an derSeite feiner Alliierten zu einem sieg reichen Ende zu führen; es braucht aber hierfür Geld. Es erscheint deshalb dringend erforderlich, daß Rußland wirtschaft liche Unterstützung von England und Frank reich erhält. * Joffre über den italienische» Feldzug. Der bekannte dänische Militärschriststeller Oberst Holten Nielsen schreibt in .Politiken' über die Kriegslage an der italienischen Grenze: Er hat im Mai in Paris von General Joffre gehört, die Verbündeten rechneten damit» angesichts der bekannten deutschen Offensivstärke» Italien erh eblich Unter st ützen zumüssen, falls Deutschland erst einmal ernstlich nach Oberitalien vorstieße. Die Verbündeten hätten sich jedoch mit dieser Not wendigkeit abfinden müssen, da ihnen erst Italiens Eingreifen die völlige wirtschastliche Isolierung Deutschlands verbürgte. Bei einem Vordringen der Zentralmächte westlich des Jsonzotales käme Italien in eine außer ordentlich schwierige militärische Lage. Wie die Engländer die amerikanische Flagge mißbrauchen. Aus Boston wird gemeldet: Der britische Lepland-Dampfer „Colonial" hat nach Aus sage des Kapitäns vierzig Stunden lang die Flagge der Ver. Staaten zum Schutze gegen Unterseeboote geführt. Das Schiff begegnete am 30. Mai einem eng lischen Patrouillenboot, das ihm befahl, ent weder eine neutrale Flagge oder gar keine zu führen. Der Kapitän hißte sofort die Sterne und Streifen und zeigte sie, so lange er durch die Kriegszone fuhr. das muß ein Ende haben. Die Vergangen heit wird nie vergangen sein, so lange du hier bleibst. Fort mit dir!" Mit festem Ruck riß er das Bild mitten durch und warf es in den Kamin. Dann nahm er eine volle Schachtel Zündhölzer, zündete sie an und warf das hell aufflammende Kästchen auf die beiden Stücke» dis im Nu zusammenschrumpsten. Seine Brust weitete sich in tiefem Atem zug, als er mit dem Feuerhacken das kleine Häufchen Zünder auseinanderriß. »Gott sei Dank, das hätte man schon eher haben können," murmelte er. „Ich kann nicht erwarten, daß alle Erinnerungen nun ebenso schnell vernichtet sein werden, aber vielleicht werden sie etwas eher verblassen, nun dies greifbare Zeichen dahin ist. Zehn lange Jahre und nichts als Opfer und Entsagen, und be ständig unter solch einem Schatten zu leben — das könnte, meine ich, die strengste Ge rechtigkeit befriedigen. Es ist unter Umständen härter, mit dem Leben als mit dem Tode be straft zu werden. Ihn hat jedenfalls vor allen das leichtere Los getroffen. Des Daseins Plagen nicht kennen zu lernen, in der Er innerung der Seinenidealistert.inunveränderter Jugend fortzuleben, während ich —". Der Eintritt des Dieners rief ihn aus seinen Grübeleien. Der Assistenzarzt wünschte den Herrn Professor in einer amtlichen Angelegen heit zu sprechen. Olden runzelte die Stirn. „Jetzt noch? Was war denn nun schon wieder los?" „Ich lasse bitten," sagte er mißmutig. Dr. Frehse, ein joviales, dickes Männchen mit leuchtender Glatze, schnupperte umher. Bon Türken vernichtetes englisches Regiment. Major Pravitz von der schwedischen Gen darmerie in Persien berichtet in »Stockholms Dagblad'» daß die Nachrichten, die über die türkischen Kriegsoperationen in Asien nach Europa gelangten, sehr unvollständig seien. So z. B. sei in Europa niemals bekannt ge worden, daß ein ganzes englisches Regiment von den Türken bet Ähwaz an der persischen Grenze dadurch vernichtet wurde, daß es auf einen unterminierten Land st reifen gelockt wurde, wo es voll ständig verschwand. Zn -er französischen zront. Aus einem Tagebuch. Bei einem französischen Offizier, der im Zivilleben Professor an der Sorbonne ist, wurde ein Kriegstagebuch gefunden, aus dem deutlich hervorgeht, welche Cliquenwirtschaft im Lande der Freiheit und Gleichheit, in der Repuhlik Frankreich, herrscht. Er schreibt: Hier wäre es idyllisch, wenn nicht die garstigen Dinge wären, die es auch in Friedenszeiten gibt: die Bitterkeit, mit der man die Kriegs kreuze den Schreiberseelen und Bedienten hinter der Front verliehen sehen muß, den Kerlen, die dem Oberst den Wein einschenken, während unsereins im Granatfeuer steht: die Kriegskreuze, die man dem einfachen Soldaten vorenthält, der im Schützengraben seine Haut zu Markte trägt, um einem verwundeten Kame raden das Leben zu retten. Alles wird in diesem wohlorganifierten Kriege von den Leuten dahinten vereinnahmt, die Menschen, die Vorteile, die Tabakspakete und der Champagner, die neuen Uniformen, die Tressen und die Kriegskreuze. Vorn kommt überhaupt nichts hin, als was von den „Boschen" kommt. Einen von uns Osfi- zieren hat man antreten lasten, um von ihm im Namen des Ministers Rechenschaft für einen Brief zu fordern, in dem er geschrieben hatte, seine Leute hätten keine Lust mehr, und ich selbst bin gestern zartfühlend gefragt worden, ob ich nicht vielleicht in meiner Korre spondenz unvorsichtig gewesen sei. und ob nicht etwa die Zurücksetzung, die mir zuteil ge worden ist, auf diese Weise zu erklären wäre. Der Oberbefehlshaber ruft uns eines Tages zusammen, um uns Vorwürfe zu machen, daß wir nicht rücksichtslos genug seien, und um uns zu befehlen, daß wir den Mannschaften den Haß gegen alles Deutsche predigen sollten. „Machen Sie den Haß Ihren Soldaten zur Pflicht, pflanzen Sie ihn in Ihre Familien, erziehen Sie Ihre Kinder zum Haß!" Und zum Schluß verbietet er uns das Odol, die Osramlampen und die Maggi suppen. Ich übertreibe nicht und füge nichts hinzu. Ich aber, ich verstehe meine Leute und weiß, was sie gern hören möchten: „Ihr habt es lange schlecht gehabt — ihr werdet es auch wieder besser haben. Hier habt ihr Hosen, Stiefel, Tabak. Ihr möchtet gern so bald wie möglich nach Hause, ihr seid Väter und Groß väter und setd nicht zu Marsjüngern ge schaffen. Aber haltet noch eine Zeitlang in den Gräben aus: zur Heuernte könnt ihr daheim sein." Statt dessen ruft man die Leute zusammen, um ihnen zu sagen: „Ihr habt euch in Flan dern anständig geführt, jedoch habe ich in Dpern öfters Leute getroffen, die nicht vor schriftsmäßig angezogen waren und nicht mili tärisch grüßten." Wenn ich daran denke, daß wir sechs Monate lang in dem schreck lichen Ungemach des flandrischen Winters einen Abschnitt gehalten haben, der acht Tage nach unserem Weggang verloren ging. Das ist das Bild dieses ganzen Krieges: nutzlose Opfer, Leiden, Krankheit, Tod und Verwüstung ohne Ende. Und Sieger ist schließlich nicht, wer am meisten gewonnen, sondern wer am meisten ausgehalten bat. Mehr als je hat man den Eindruck, daß alles wieder von vorn angefangen werden muß. Alles ist vorbei und von den im Winter ge brachten Opfern ist nichts übriggeblieben als die Erinnerung an einen schrecklichen bösen Traum." Günstlingswirtschaft und öder Deutschen haß, das sind keine Voraussetzungen, unter denen man einen Krieg gewinnt. Frankreich »Was haben Sie denn hier getrieben, Herr Professor, es riecht so brenzlich." »Nur ein paar Papiere verbrannt." „Ach so. Muß auch mitunter sein. Ja, ja, wohltätig ist des Feuers Macht." »Und Ihr Anliegen, wenn ich bitten darf?" fragte Olden; sein Ton klang schroff. Die alleweil etwas zu kordiale Art seines Assistenten reizte ihn heute mehr als gewöhnlich und er gab sich keine Mühe, das zu verbergen. »Gott steh uns bei, heute abend ist er wieder in der richtigen Stimmung," dachte der kleine Doktor. »Am liebsten verspeiste er einen mit Haut und Haar." »Ich werde mich nach Kräften bemühen, mich kurz zu fassen," sagte er etwas pikiert. Oldens kurze herrische Art und Weise war seinem jungen Assistenten oit schwer erträglich. Dann begann er seinen Vortrag, und sein Chef gab ihm keinerlei Veranlassung zu denken, daß er etwa nicht ganz bei der Sache sei. 2. Frau von Knorrings Villa lag als letzte in der langen Reihe schmucker und teilweiser etwas phantastisch ausgeputzter Gebäude, die sich außerhalb des alten Tores zu beiden Seiten des breiten Fahrwegs bis weit in die Anlagen hineinzogen. Eine vornehme Ruhe herrschte hier draußen. Lastwagen und ähnlichen Lärm verursachendes Fuhrwerk ward nicht geduldet, die Equipagen, deren Insassen zu Visiten oder spazieren fuhren, machten auf dem gut erhaltenen Wege wenig Geräusch, und selbst das drang nur gedämpft zu den Wohnräumen hinauf, da breite, durch verteilt seine Krtegsehrenzeichen nach dem Sprichwort: „Orden und Ehrenzeichen erwirbt man nicht, wenn man da ist, wo sie verdient werden, sondern da ist, wo sie verteilt werden." Wie anders bei uns! Das schlichte Kreuz von Eisen schmückt die Brust des einfachen Soldaten wie die des Heersübrers. Politiseke AuiEckau. Italien. * Die erst jetzt der Öffentlichkeit bekannt ge wordene Rede des italienische» Ge sandten in Athen, die in Griechenland Unzufriedenheit hervorgerusen hat, ruft auch in der Türkei Mißstimmung hervor, da der Gesandte offen über die italienischen Absichten sprach, die Zwölsinselgrupps zu behalten und in Kleinasien Fuß zu fassen. ,Tanin' erinnert daran, daß Italien sich vertraglich verpflichtet habe, die Inseln zurückzugeben. Was Italiens Ansprüche auf Anatolien betrifft, stellt das Blatt fest, daß es den diplomatischen Beziehun gen zwischen der Türkei und Italien wider spreche, wenn ein Vertreter Italiens öffentlich die italienischen Gelüste nach türkischem Ge biete verkünde und drückt sein Erstaunen und Bedauern über die unbesonnenen Worte des Gesandten aus. Holland. * Aus dem Haag wird der .Voss. Ztg.' ge meldet, daß die holländische Regierung einen neuen Rüstungskredit von ungefähr neunzig Millionen Gulden fordern wird. Ein dementsprechender Gesetzentwurf ist bereits dem Staatsrate zugegangen. Schweden. * Aus Anlaß der von schwedischer Seite geführten Klagen über Hindernisse und Schwierigkeiten, welche durch die englischen Maßnahmen dem schwedischen Handelsverkehr bereitet worden sind, entsandte die englische Regierung eine Ab ordnung nach Stockholm mit der Aufgabe, über die Mittel und Wege zu verhandeln, um diese Schwierigkeiten künftig zu beseitigen. Die englische Abordnung ist von dem Minister des Äußeren empfangen worden. Alan er wartet, daß im Ministerrat eine entsprechende schwedische Abordnung ernannt werden wird. "Das Petersburger Blatt .Rjetsch' sagt, ein Verbot des schwedischen Transithandels würde den letzten Rest des russischen Außenhandels lahmlegen. Schweden sei zwecks Sicherung der Zufuhren von Deutschland und England genötigt, strengste Ausfuhrverbote zu ertasten. Die Maßregel richte sich nur gegen England als Protest gegen die Drangsalierung von Post sendungen. Unverdientermaßen treffen diese Maßnahmen Rußland aufs schärfste. .Rjetsch' hofft. Laß die Verhandlungen zu einem günstigen Ergebnis führen würden. Rustland. "Einer Meldung des ,Temps' aus Peters burg zufolge, ließ der Dumapräsident dis Führer der parlamentarischen Parteien wissen, daß ihm die Regierung die Zusicherung ge geben habe» die Duma werde in der zweiten Hälfte des Juli einberufen werden. "Dem „Rustkoje Slowo' zufolge haben die Russen in den Ostseeprooinzen die strengsten Kontrollmaßregeln über Abreisende und Zureisende ge troffen. Jeder Ausländer soll sofort dem nächsten Polizeibeamten übergeben werden. Amerika. * DaS Staatsdepartement hat den Text der Note» die an die deutsche Re gierung geschickt worden ist, veröffentlicht. Die Note ersucht Deutschland um Aufgabe der Weigerung, in direkte diplomatische Ver handlungen über die amerikanischen Ansprüche wegen der Versenkung desÄampfers „Frye" einzutreten. Sie erklärt, da Deutschland die Verantwortung sür die Ver senkung anerkenne, so sei die Verhandlung vor einem Prisengericht nicht nötig; die Ver. Staaten fühlten sich an dieses nicht gebunden und weigerten sich, den Standpunkt anm- erkennen, daß Deutschland das Recht habe, die Verfrachtung von Konterbande auf ameri kanischen Schiffen dadurch zu verhindern, daß es die Konterhande und das Schiff, das sie führt, zerstöre. schmiedeiserne Gitter abgeschlossene Vor gärten die Häuser von der Fahrstraße trennten. Frau von Knorring konnte dem modernen Villenstil mit seinen Türmchen, Galerien, Teppichen und Stuckoerzierungen wenig Ge schmack abgewinnen. Der ganze Schmuck ihres kleinen, soliden Heims bestand in zwei großen Erkern, mit Blumen und schönen Blattgewächsen gefüllt, und trug ebenso wie seine Besitzerin den Stempel anspruchsloser Vornehmheit. Dasselbe Verschmähen billigen Effekts zeigte sich auch in der Zimmereinrichtung, die auf den ersten Blick beinahe einfach anmuiete. Wer aber genauer hinsah, entdeckte freilich überall die Spuren gediegenen, lange er erbten Reichtums in den schweren, geschnitzten Möbeln, den guten Gemälden — lauter Ori ginale — keine Kopien — und den mancherlei Gegenständen von hohem Kunst- und Alter tumswert. , In dem geräumigen Salon, dessen geöffnete Flügeltüren den Einblick in ein behagliches Wohnzimmer und weiterhin in ein hübsches kleines Boudoir eröffneten, ging Klara Ullinger langsam hin und her. Sie gehörte zu den Menschen, die man sich unter keinen Umständen in kleinen, engen Verhältnissen vorstellen kann, ihre ganze Erscheinung forderte den Rahmen vornehmer Eleganz fast nicht mehr heraus, als die ihrer Pflegemutter, und kam sozusagen erst auf golddurchwirktem Hintergründe so recht zur Geltung. In irgend einer bescheideneren Umgebung hätte sie nur den Eindruck eines schönen, aber unpraktischen Luxusgegenstandcs gemacht, hier jedoch schien sie völlig an ihrem Platz.
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