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Ottendorfer Zeitung : 26.02.1915
- Erscheinungsdatum
- 1915-02-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191502266
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19150226
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19150226
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1915
-
Monat
1915-02
- Tag 1915-02-26
-
Monat
1915-02
-
Jahr
1915
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 26.02.1915
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Der 8unä äer ^reue. Der deutsche Reichskanzler bat in diesen Tagen im österreichisch-ungarischen Haupt quartier geweilt, um den Besuch zu erwidern, den der österreichische Minister des Äußern Baron Burian im deutschen Hauptquartier vor einiger Zeit gemacht dat. An sich mag solcher Besuch nur die Bedeutung einer Höflichkeits bezeugung haben, aber die Begegnung der beiden Männer, die die Politik der verbündeten Kaisermächte leiten, hebt sich doch vom Hinter gründe bloßer diplomatischer Höflichkeitsaus- tausche gewaltig ab. Die Annahme, es de- dürse nach außen eines Beweises, daß die Bundestreue beider Länder unerschüttert ist, wäre töricht. Selbst der Blindeste und Un wissendste muß wissen, daß das Zweikaiser bündnis keiner äußeren Bekräftigung bedarf. Der Bund, den einst beide Länder nach Tagen harter Prüfung schlossen, ist heute fest verankert in Lem Bewußtsein der Völker beider Staaten. Blut ist dicker als Wasser. Nun wohl, der Bund, der bis zu den August tagen 1914 sein Rückgrat in den Interessen Deutschlands und Oslerreich-Ungarns hatte, darf jetzt für sich in Anspruch nehmen, daß er mit dem Blute der Heldensöhne der Vertrags schließenden für immerdar besiegelt ist. In Polen und Galizien wie in den Karpathen haben sie in mörderischen Schlachten Schulter an Schulter gestanden und nach verlustreichem Ringen gesiegt. Da ist das Bündnis aus dem wesenlosen Papieroertrag zur Weihe höchster Gemeinsamkeit geworden. Herrlich hat sich hier im Kampfe mit einem entschlossenen, zähen, an Zahl weit überlegenen Gegner erfüllt, was vor wenigen Jahren, als zuerst die schweren Wolken am Horizont auf zogen, die besten Männer in Deutschland und Österreich-Ungarn erhofften und ersehnten. Wir alle wissen, daß der besondere Kriegs anlaß, wenn man von dem englischen Neid auf den deutschen Konkurrenten absieht, aus dem Jahre 1908 herrührt, als Osterreich-Un garn Bosnien und die Herzegowina an gliederte. Damals fand England, das gleich sam als europäische Oberaufsicht Krieg führen wollte. Widerstand in Frankreich und Rußland, weil — Deutschland auf die Seite Österreich- Ungarns trat. »Was sind das für Verbündete?" hat damals König Eduard VII. gesagt. „Der eine will nicht und der andre kann nicht." Aber Tatsache ist, daß seit jenen Tagen der Dreiverband den Vernichtungskrieg gegen Deutschland und Osterreich-Ungarn ernsthaft ins Auge faßte. Er begann das seltsame Spiel mit den französischen Milliarden, die nach Rußland wanderten. Der Haß dreier Regierungen hatte sich zusammengefunden: Frankreich, das schwer unter unlösbaren inneren Wirren litt, Rußland, das seine diplo matische Niederlage auf dem Balkan nicht verschmerzen konnte, und England, das sich von der Tüchtigkeit der deutschen Industrie und des deutschen Handels auf dem Weltmarkt bedroht sah. Die Dinge entwickelten sich ganz folge richtig, und nur Blinde konnten sich in den letzten Jahren der Überzeugung verschließen, daß der Dreiverband mit allen Mitteln zum Kriege rüste. Immer wieder gab Frankreich Milliarden an das Zarenreich und wachte über ihre Verwendung, mit Eifer baute Ruß land sein strategisches Bahnnetz aus, und England gab im Hintergrund zu allen Vor bereitungen den Segen: es ließ keinen Zweifel darüber, daß es im Falle von Verwicklungen auf dem Festlande sofort 100000 Mann herüberwerfen würde. Schon 1910, noch mehr aber 1912, ließen englische Zeitungen keinen Zweifel mehr darüber, daß England zum -Kriege treibe, .da es kein friedliches Mittel gebe, den lästigen Mitbewerber loszuwerden". In Rußland aber gärte es seit der bos nischen Krise. Ein Stachel war zurückgeblieben. Die erste Folge war die Schöp'ung des Balkanbundes, der nicht nur die Türkei in Europa vernichten, sondern nach ihrer Über windung über Österreich-Ungarn herfallen sollte. Dieser feine Plan scheiterte an der Er kenntnis Bulgariens, daß es eine Gemeinsam keit mit Serbien und Griechenland, am wenigsten aber mit Rußland nicht pflegen könne. So mußte Rußland denn auf eigene Faust handeln. Und es hat gehandelt. Das Komplott war bereits in allen Einzelheiten sertig, als Anastasia, des Großsürstin Nikola jewitsch' Gattin, mit ihrem Manne in Frank reich den Manövern beiwohnte. Damals sah sie mit einem zärtlichen, schmerzerfüllten Blick von den Vogesen herab nach den »verlorenen Provinzen", und die Franzosen verstanden die schöne Geste. Wenige Wochen danach war in dem,Nowoje Wremja' zu lesen: »Rußland ist bereit, Frankreich muß es auch sein!" Und Frankreich machte sich schußbereit durch die Einführung der drei jährigen Dienstzeit. Alle diese Dinge haben den Bund zwischen Osterreich-Ungarn und Deutschland nur fester fügen können. Und während Rußland nahezu am Ende ist und Frankreich für England verblutet, schließt sich der Bund der Treue zwischen Osterreich-Ungarn und Deutschland immer sester gegen eine Well von Feinden. Väodtsr. verschiedene Uriegsnachrichten. Von der mil. Zensurbehörde zugelassene Nachrichten. Ter Unterseebootkrieg gegen England. Die ,Hamburger Nachrichten' melden aus Stockholm: Ein englischer Mili tärtransport von zweitausend Mann ist mitsamt dem Transportdampfcr im englischen Kanal versenkt worden. ,Goeteborg Aftonbladet', das diese Mel dung erhielt, verbürgt sich für die Zuver lässigkeit der Quelle. — Die Nachricht wird aus andern Quelle« bestätigt. Natürlich schweigt die englische Admiralität über alle Verluste. Wie sie aber gestimmt ist, zeigt die Antwort an Amerika, in der Sir Edward Grey es ablehnt, den englischen Schiffen die Führung der amerikanischen Flagge zu verbieten. Die Regierung hat vorläufig 120 Millionen Mark für etwa notwendig werdende Entschädigungen englischer Reeder festgesetzt. — Der Dampfer „Cambank", der sich auf der Fahrt von Cardiff nach Liverpool be fand, wurde auf der Höhe der Insel An- glessea von einem deutschen Unterseeboot ohne Warnung torpediert. Drei Mann der Besatzung wurden bei der Explosion getötet, zwei Mann, die über Bord sprangen, er tranken. Die übrige Besatzung wurde ge rettet. Tas Eiserne Kreuz für die Mannschaft des „L L". Die gesamte Mannschaft des Zeppelinluft schiffes »L 8" ist für die erfolgreiche Tätigkeit, die sie mehrfach vor dem Feinde bewies, mit dem Eisernen Kreuz zweiter Klasse ausge zeichnet worden. Aus Ostpreussen verschleppt. Der ,Rußkoje Slowo' meldet nach Kopen hagener Blättern aus Wilna: Vom Beginn des Krieges an bis Ende Januar sind 6680 zivile Einwohner aus Ostpreußen als Kriegsgefangene auf dem Transport ins Innere Rußlands hier durchgekommen. * Ein verbrecherisches Anerbieten. Von der holländischen Grenze meldet die .Köln. Ztg.': Der Kapitän eines holländischen Schiffes erklärte in Rotterdam: Die englische Regierung habe ihm 100 000 Pfund (über zwei Millionen Mark) anweisen lassen, falls er sein Schiff versenken und dann in Rotterdam melden wolle, es sei durch ein deutsches Unterseeboot zum Sinken gebracht worden. — Es mußte von vornherein mit solchen Manövern der englischen Regie rung gerechnet werden, die ja vor allem uns in Konflikt mit Neutralen bringen will. -st Rustlands Heer versagt. Im russischen Heer ist ein GeheimSrlaß be kannt geworden, in dem den Stäben mit- geteilt wird, daß die revolutionäre Propaganda sich in der Armee immer mehr ausbreite. Die Kommandostellen wer den ersucht, dieser schädigenden Werbearbeit mit allen Mitteln entgegenzulreten. -st Ruhe vor den Dardanellen. Nachdem der Angriff der englisch - fran zösischen Flotte auf die Dardanellen, bei dem drei Kriegsschiffe schwer beschä ¬ digt wurden, abgeschlagen worden ist, herrscht wieder Ruhe vor dem Dardanelleneingang. Keine japanischen Freiwilligen für den Dreiverband. Die russische Zeitung .Rjetsch' erfährt aus Tokio von einer Äußerung des japanischen Kriegsministers in bezug auf die Freiwilligen korps zur Unterstützung der Dreiverband mächte. Danach erklärte der japanische Kriegsminister, daß die japanische Re gierung nichts mit diesen Freiwilligenkorps zu tun habe. Er warnte gleichzeitig die militärisch ausgebildeten Japaner vor dem Eintritt in diese Verbände, da diese weder den Interessen Japans entsprächen, noch den wirklichen Aufgaben des japanischenHeeres. Vas ^riegSLiel. Von manchen Seiten — so schreibt die ,Nordd. Allgem. Ztg.' an leitender Stelle — wird es der Reichsregierung verdacht, daß sie Erörterungen über die Kriegsziele in der Presse noch nicht zulni'cn will. Noch nicht. Die Zeit wird kommen, und dann wird die Reichsregierung dankbar sein, dann ivird sie es bedürfen, wie sie es immer bedarf, von einem starken Volkswillen gestützt zu sein. Ohne den vermag sie nichts. Genau so wie zu den Zeiten Bismarcks im Jahre 1870. Aber jetzt und zunächst gibt es nur ein einziges Kriegsziel, die Niederlage der Feinde, eine Niederlage, die, wie der Reichskanzler in der Reichstagsrede vom 2. Dezember sagte, uns die Sicherheit bringen mutz. Laß keiner mehr wagen wird» unseren Frieden zu stören, einen Frieden, in dem wir deutsches Wesen und deutsche Kraft entfalten wollen — als freies Volk! Diesen klaren und festen Willen dürfen wir uns nicht fälschen lassen durch eine Entfesse lung der Diskussion über die künftigen Frie- densbedingungen. Wie wäre sie möglich, ohne daß sofort die Parteirichtungen und die äußersten Gegensätze, von romantischen, zum Teil auf die mittelalterlichen Westgrenzen des Reiches eingestellten Eroberungsplänen bis zur größten Genügsamkeit an dem, was wir besitzen, Heroorträten und ein verworrenes Bild des Volkswillens entstände, mit dem wir weder dem Kriegsziel näher kommen, noch das künftige in einem Koalitionskrieg doppelt verwickelte Friedensgeschäft erleichtern, ja vielleicht neue Hemmungen und neue Gegner schaften Hervorrufen würden. Wir über winden diesen Weltkrieg siegreich durch die einige innere Kraft aller Gedanken und Hand lungen. Sie heißt es ungebrochen nach innen und nach außen zu bewahren, dis es nach möglichst schnellem und wuchtigem Nieder ringen der Feinde wieder Parteien und nicht bloß Deutsche geben darf. Will es das deutsche Volk wirklich anders? Sein wichtigster Teil steht draußen im Felde, um in schwerer Kampfesnot mit wuchtigem Hammerschlag die ehernen Grundlagen zu schaffen, auf denen der deutsche Friede ruhen soll. Aus zahlreichen brieflichen und münd lichen Mitteilungen wissen wir, daß draußen im Felde mit tiefem Unmut die Stimmen ver nommen werden, die schon jetzt den Streit um das Fell des Bären beginnen möchten. Die Kämpfer empfinden es bitter, daß man heute schon Fahnen auf Wällen von Festungen oder Küstenplähen aufpflanzt, die noch zu erobern sind. Und das Volk daheim? Das wirkliche Volk arbeitet und duldet und hofft, aber es drängt nicht. Denn es weiß und fühlt, daß die nächste Frage nicht lautet: Was soll uns der Friede bringen?, sondern: Wie wollen wir ihn erringen? Ihm ist jeder Musketier, der in den Schützengräben Flanderns, in den Wäldern der Argonnen, an den polnischen Sümpfen oder auf den Schneefeldern der Karpathen seine Knochen daran gibt, zunächst mehr wert als die geistvollste Erörterung über die künftigen Grenzen des deutschen Macht bereichs. Die obersten Gewalten im Felde und daheim, Schwert und Feder, stimmen auch darin völlig überein, daß zwingende Gründe der Landesverteidigung wie der Politik dem Wunsche entgegenstehen, schon jetzt mit be stimmten Erklärungen über unsere Friedens bedingungen heroorzutreten und eine öffent liche Diskussion zuzulassen. Der Zeitpunkt hierzu kann nur durch die militärischen Er eignisse bestimmt werden, über das.Hernach" zu streiten hat erst Sinn und Wert, wenn wir in diesem notgedrungenen Kampfe mit der Abwehr unserer Feinde am glücklichen Ende sind. Dann wird die Reichsleitung ohne Zögern ihre Friedensziele aufdecken, dann sei dem freien Volk die Rede frej! PoiMleke AunÄlWau. Deutschland. *Der Tod des Erzbischofs Dr. Likowski in Posen erfolgte ganz uner wartet. Er hatte sich den letzten Tag hindurch sehr wohl gefühlt. Plötzlich lehnte er sich im Bett zurück und war tot. Ein Schlaganfall batte seinem Leben ein Ende gemacht. Der Reichskanzler v. Bethmann Hollweg hat an das Metrvpolitankapitel in Posen ein herzlich gehaltenes Beileidstelegramm gesandt. Frankreich. "In einem Pariser Brief der römischen .Tribuna' wird berichtet: In weiten Kreisen Frankreichs wird die Wahl König Alberts von Belgien zum König von Frankreich gefordert. Bereits fanden mehrere geheime Versammlungen statt. Der König der Belgier genieße heute in Frankreich eine Volkstümlichkeit, wie keiner der Thron prätendenten. Weiter wird in der.Tribuna' gesagt, es bestehe kein Zweifel, daß zwischen dem Präsidenten PoincarS und den Staats männern, die zurDruppe Clemenceau-Caillaux gehören, eine Spannung eingetreten sei. Poincars Habs den Krieg um jeden Preis gewollt, während Caillaux mit Deutschland verhandeln wollte. * Senator Humbert beklagt sich im Pariser .Journal', daß die aus den von den Deutschen besetzten Gebieten Nordfrankreichs geflüch- teten Franzosen von den französischen Behörden wie Land streich er und Bettler behandelt werden. Es wird bet jeder Gelegenheit in Erinnerung gebracht, sie hätten auf Unterstützung keinen gesetzlichen Anspruch. Asie». * Die Petersburger .Rietsch' schreibt über den chinesisch-japanischen Konflikt: »Das, was man für eine Zeitungsente hätte halten können, hat sich als eine Tatsache herausge stellt. Die Tokioter Regierung bat Forde rungen an China gestellt, deren Ver wirklichung im vollen Umfange für China offenbar undenkbar ist. Das weite Pro gramm, das in der Erklärung der Tokioter Regierung enthalten ist, richtet eine Vor mundschaft für alle Zweige des staatlichen Lebens der Republik der Mitte ein. Wichtiger ist, daß die Ver. Staaten von Amerika dazu nicht gleichgültig bleiben und kaum einen Machtzuwachs Japans in China zulassen können, noch viel weniger aber die Monopo lisierung des ganzen chinesischen Marktes. Wenn die japanische Regierung trotzdem fest entschlossen ist, die Verwirklichung ihrer For derungen durchzusetzen, so ist sie offenbar be reit, es auf einen Konflikt mit Len Ver. Staaten ankommen zu lassen. "Der japanische Gesandte in Peking über reichte, wie der,Rußkoje Slowo' aus Tientsin erfährt, dem Pekinger diplomatischen Korps ein Memorandum seiner Regierung, in Lem betont wird, daß die japanischen Forderungen die Selbständigkeit Chinas nicht berühren und Japan nicht die, Absicht habe, China in seine Abhängigkeit zn bringen, son dern daß die Forderungen lediglich zum Zwecke hätten, den Handel und das Wirtschaftsleben Chinas zu heben. * Wie die .Central News' melden, habe China seine sämtlichen Flußkanonenvoote nach den Küstengewässern entsandt. Alle Ja paner verlassen Peking. Der Enkel der Grafen Haudegg. Erzählung von Marga Carlssen. lALrUeSUNg.) Alfred dachte an den nächsten Tag. an dem der geplante Ausflug stattfinden sollte: denn auch er und sein Freund hatten eine Einladung erhalten, da Ernst ein ent fernter Verwandter der Familie Andrion war, und er ihn. Alfred, bei Frau von Andrion ein geführt hatte. Er wußte, daß Felizitas von Brenken auch eingeladen war; er hatte sie gestern danach gefragt. Sie freute sich darauf. Und er? Em glücklicher Ausdruck trat in seine Augen. Ihn hatte das lieb reizende Geschöpf ganz gesangengenommen, zu einem andern Menschen gemacht. Die Aussicht, stundenlang sie zu sehen, sie zu sprechen, machte ihn. den ernsten Mann, glücklich. Er vergegenwärtigte sich den gestrigen Nachmittag, und ein Gefühl der Rührung beschlich ihn. Wie vertrauensvoll hatten ihn Lie strahlenden, dunklen Augen angeschaut! Wie lieblich war das Erröten, wenn sie seinen Blick auf sich ruhen fühlte. Alfred Orlano war indes nicht der Mann, der sich müßigen Träumereien hingab. Er versuchte sich klar zu werden über seine Ge fühle, über das, was er vorhatte. Unruhig schritt er auf und ab. Der Grund all' seiner Unruhe, seiner Gedanken, seiner Gefühle, seines Glückes lag in dem einen Wort: Felizitas. Es quälte ihn und machte ihn doch so glücklich. Wie lange er so hin- und herge gangen war, wußte er nicht, dis ein energisches Klopfen und die Stimme Ernsts ihn in Lie Wirtlichkeit zurückriej. Der Tag des Ausfluges war einer jener wundersam klaren, sonnigen Tage, wie sie im September häufig sind. Punkt ein Uhr hielt vor des Generals Hause das leichte Gefährt des Grafen Felsen, der, als interessanter Mann, als gewandter Gesellschafter nicht fehlen durste. Behende sprang er aus dem Wagen und trat ins Haus. Nach wenigen Minuten kehrte er bereits zurück, begleitet von dem General und Lessen Tochter. Man stieg ein, der Kutscher zog die Zügel an und fort ging's zum Bahnhof. Ernst und Alfred waren bereits dort und begrüßten die Ankommenden freudig. Des jungen Seemanns Blick hastete entzückt auf dem jungen Mädchen, das ihm heute lieb licher denn je erschien. Ein einfaches, graues Leinenkleid mit dunkelblauer Borte umschloß die schlanke Gestalt. Ein großer dunkelblauer Strohhut saß auf dem lockigen Haar und beschattete das schöne Gesicht, aus dem die braunen Augen voll Lebenslust strahlten. »Nun, kleine Freundin," sagte Ernst von Haidberg scherzend, »freust du dich?" „Sehr," entgegnete Felizitas vergnügt, »ich wandere so gern durch Wald und Feld." IN diesem Augenblick erschienen die noch Fehlenden: Frau von Andrion, eine schlanke Dame in mittleren Jahren, mit feinen sym pathischen Gesichtszügen, Maria, ihre Tochter, ein fröhliches, sehr lebhaftes Mädchen, eine Zeitlang die Pensionsgefährtin Felizitas' von Brenken: dann, als letzte, Baron von Landorf und seine Nichte Elly von Harden. Ersterer war ein jovialer, älterer Herr, der seines un verwüstlichen Humors wegen allgemein be liebt war. Elly von Harden, ein großes, schlankes, blondes Mädchen mit freundlichen angenehmen Zügen, war eine intime Freundin der zwei Jahre jüngeren Felizitas. Ihre gleichmäßige heitere Ruhe hatte etwas unge mein Vertrauenerweckendes, und Felizitas hatte sich eng an sie angeschlofsen. Wenige Minuten nach ihrer Ankunft lief der Zug ein. Man stieg ein und machte es sich in Len zwei ineinandergehenden Abteils bequem. Graf Felsen behauptete seinen Platz neben Felizitas, welcher Umstand dem jungen Mäd chen nichts weniger wie angenehm war. Sie machte jedoch gute Miene zum bösen Spiel, um sich nicht selbst die Freude zu verderben. Ihr gegenüber saß Alfred Orlano. dessen ernste blaue Augen ost warm auf seinem schönen Gegenüber ruhten. Felizitas merkte es und fühlte sich dadurch beglückt. Sie war zu unerfahren, um sich über die Art des Gefühles, das sie durchströmte, so oft ihre Augen denen des jungen Seemannes be gegneten, klar zu werden. Graf Felsen, Lem es nicht entging, wie be wundernd der .Bürgerliche" das junge Mädchen anschaute, sah ihr liebliches Erröten. Es kochte in ihm, denn er erkannte, daß ihm in dem Fremden ein gefährlicher Gegner er standen sei, vor Lem er daher auf der Hut sein müsse. Aber noch hatte er ja die Ober hand, und er würde sie auch behalten. Er wußte, daß er den General, der ja selbst sehr adelsstolz war, auf seiner Seite hatte und das gab Len Ausschlag. Natürlich, wie konnte er uuch nur einen Augenblick daran zweifeln, daß er Sieger ol eiben würde. Ein verächtliches, siegesgewisses Lächeln umspielte seine Lippen, als er jetzt sein Gegenüber herausfordernd maß. Fest und ruhig gab der Seeoffizier den Blick zurück, und beide fühlten dabei niehr denn je, daß sie nie harmonieren würden. Unter heiteren Gesprächen verging die Zeit rasch, sodaß man ordentlich verwundert war, als die Tür aufgerissen wurde und die Schaffner „Zabern" riefen. Wenige Minuten später schritten die vornehmen Wanderer durch den reizend gelegenen Ort. Als sie die letzten Häuser hinter sich hatten, begannen sie den Berg zu besteigen, dessen Gipfel die Trümmer des Schlosses Hoh-Barr krönten. Felizitas, die das Bemühen des Grafen, an ihrer Seite zu bleiben, vereiteln wollte, hatte den Arm ihrer Freundin Elly ergriAen, an der anderen Seite ging Maria von Andrion, dann eilten die drei jugendlichen Gestalten den schattigen Waldpfad hinan. Die anderen in langsamerem Tempo. Alle waren heiterer Laune, Scherzworte flogen hinüber und herüber, auch der Graf be mühte sich, seinen Ärger über Felizitas' ge schicktes Manöver zu verbergen und vergnügt zu sein. Einmal flüsterte Felizitas ihren Ge fährtinnen eifrig zu, und das Ende dieser an scheinend wichtigen Unterredung war, daß Felizitas, trotz Ellys warnend erhobenem Finger, sich sreundlich lächelnd umwandte und neckend rief: „Ernst, wenn du Lust hast, dann hol' uns ein: ich bin sicher, wir bleiben Sieger." Bei diesen Worten begannen die Mädchen zu laufen, allen voran Felizitas. Bei den Worten seiner kleinen Freundin hatte Ernst aufgeblickt: rasch hatte er dis Situation .erfM: »Hasso. MM.* rief
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