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Ottendorfer Zeitung : 29.01.1915
- Erscheinungsdatum
- 1915-01-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191501292
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19150129
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19150129
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1915
-
Monat
1915-01
- Tag 1915-01-29
-
Monat
1915-01
-
Jahr
1915
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 29.01.1915
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Oer Luftkrieg. In ihrer Verlegenheit und Hilflosigkeit hat die englische Presse den Angriff unterer Marinelustschiffe auf die Ostküste Englands als völkerrechtswidrig bezeichnet, ebenso wie sie dies seinerzeit bei der Beschießung eng lischer Küstenplätze durch unsere Kreuzer getan hat. Ihre Vorwürfe sind indessen auch dies mal gänzlich unbegründet. Für die Verwendung von Luftstreitkräften, insbesondere auch für die Beschießung durch solche, kommen im gegenwärtigen Kriege völkerrechtliche Vertragsbestimmungen nicht in Betracht. Die.Haager Erklärung betr. das Verbot des Werfens von Geschossen und Sprengstoffen aus Luftschiffen, ist in ihrer srüheren Fassung abgelaufen und in ihrer neuen Faltung von Deutschland ebensowenig wie von Frankreich und Rußland unterzeichnet worden, kann uns daher auch England gegen über nicht binden. Dis Haager Landkriegs ordnung und das Haager Abkommen über die Beschießung durch Seestreitkräfte haben nur den Landkrieg und den Seekrieg, nicht dagegen den Luftkrieg geregelt, finden also im vorliegenden Falle nicht an sich, sondern nur insoweit Anwendung, als sie allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätzen entsprechen. Immerhin kann es keinem Zweifel unterliegen. Laß solche Grundsätze einer Beschießung durch Luststreitkräste nicht entgegenstehen, wo sie eine Beschießung durch Land- oder Seestreit- kcäfte gestatten. Hiernach dürfen durch Luststreitkräste zu nächst alle verteidigten Plätze beschaffen wer den, da deren Beschießung sowohl nach Ar tikel 25 der Landkriegsordnung wie nach Ar tikel 1 des erwähnten Haager Abkommens zu lässig ist. Der Beschießung unterliegen weiter alle militärisch verwendbaren Einrichtungen in unverteidigten Plätzen, wie dies der Artikel 2 des Haager Abkommens für Seestreitkräste vorfieht. Daneben muß aber auch für den Luftkrieg der allgemeine kriegsrechtliche Grund satz gelten, daß Streitkräste einer kriegführen den Partei jeden gegen sie gerichteten feind lichen Angriff durch einen Gegenangriff er widern dürfen. Für uns bedeutet der Zeppelinangriff auf England eine irohe Zukunslshoffnung, umso mehr, als der Schaden, den unsere Luftschiffe bet ihrem ersten Besuche verursachten, ungeheuer groß zu sein scheint. Wird doch aus Kopenhagen gemeldet: Der Schaden muß sehr groß sein, denn der englische Zensor läßt nicht die ge ringste Schätzungsangabe nach dem Auslande durch. Wie über Stockholm gemeldet wird, ist das Marinedepot von Darmouth durch ab geworfene Bomben zum Teil zerstört. Wie sehr England durch diesen Angriff in Schrecken gesetzt worden ist, zeigt ein Artikel der Londoner.Times', in dem es u. a. heißt: »In jedem Fall find die Lufiüberfälle der Deutschen mit zweifacher Absicht unter nommen: sie verbinden Erkennungszwecke mit Bombenwerfen. Das letztere wurde sicher nur deswegen getan, um unsere Verteidigungs- Mittel gegen einen der Luftangriffe an der Ostküste aus probieren und um etwaige weitere Angriffe vorzubereiten. Die Deutschen mögen einige Genugtuung darüber empsunden haben, daß die .Zeppeline" unbehelligt davon kommen konnten. Angesichts der bekannten Fähigkeiten des Zeppelin - Luftschiffes kann diese Fahrt nur als eine Probefahrt betrachtet werden. Sie find wahrscheinlich bedeutend schneller, als sie gekommen sind, zurückgekehrt infolge der Wind- und Wetterbeöingungen. Da diese Luftschiffe jedoch einen Aktions radius von ungefähr 1200 Meilen bei einiger maßen günistgen Umständen haben, so gibt es keinen Punkt auf den englischen Inseln, den sie nicht erreichen könnten, falls sie sich dam verstehen wollten. einen Teil ihrer Reise bei Tageslicht zu machen. Die letzten starren Luftschiffe können dreißig Stunden mit voller Geschwindigkeit fliegen. Wir lönnen gegen die Benutzung der Luft flotte selbst gegen die im Jniande liegenden Pun ke nichts anderes tun. als Vorsichtsmaß regeln zu Hessen, die in der Beschaffung von Gegenflugzeugen und der Verdunkelung unserer Städte bestehen. Die Verteidigung liegt teil weise in den Händen unserer Marine, und so möge es sein, daß diese die beste Verteidi gungswaffe wählt, das heißt Gegenangriffe durch Luftfaprzeuge. Die Admiralität ist jedoch nicht für die Verteidigung des Landes überall verantwortlich. Es muß daher betont werden, daß es einen Selbstmord für die Pläne der Admiralität bedeuten würde, falls diese ihre Dispositionen ändern und unsere Seekräfte so verteilen würde, um die ganze Küste gegen jeden Luftangriff zu schützen." verschiedene ttriegsnachrichten. Von der mil. Zensurbehörde zugelaffene Nachrichten. Die Militärattaches der neutralen Staaten auf den östlichen Schlachtfeldern. Die Militärattaches der neutralen Staaten (vertreten sind Schweden, Rumänien, Spanten, Italien, Nordamerika, Schweiz, Brasilien, Chile, Argen tinien) sind auf ihrer Reise nach dem östlichen Kriegsschauplätze in Petrikau angekommen, nachdem sie die Schlachtfelder in Ost- und Westpreußen und die deutschen Truppen dort besucht haben. Sie werden ihre Reise ent lang der Schlachtfront in Polen fortsetzen. Bezeichnend ist es, daß in Rußland die Militär attaches neutraler Staaten noch nicht an die Front gelaffen wurden. Die „Basis" der „Karlsruhe" in Haiti? Nach einer Pariser Blättermeldung aus Port- au-Prince konnte sich der deutsche Kreuzer .Karls ruhe" an der Mole von Saint-Nicolas bei Haiti verproviantieren und dort eine Basis errichten. Dampfer aus New Aork und New Orleans laden Kohlen, um die „Karlsruhe" damit zu ver sorgen. Bon Lodz nach Lille. Wie Stettiner Blätter berichten, ist jetzt der Personenverkehr zwischen Osirowo und Lodz ausgenommen worden, so dasi man nun auf deutschen Bahnen nach Lille fahren kann. — Zwei belgische Flugzeuge ver suchten, wie die ,Tyd' aus Sluis meldet, über dem Meere bet Hegst einen Flug in das Innere Belgiens. Ein Flieger wurde von deut schen Truppen heruntergeschossen, und der zweite durch deutsche Flugzeuge ver folgt. Russlands Geldklemme. Der russische Finanzminister Bark begibt sich in diesen Tagen nach Paris und London (über Bulgarien), um dort eine große Anleihe abzuschließen, „weil Ruß land sonst nicht imstande wäre, den Krieg über März hinaus fortzu setzen und gezwungen wäre, einen Sonder frieden abzuschließen. — Rußlands Nöte scheinen sich tatsächlich mit jedem Tage zu steigern; denn der Versuch, über die Buko wina nach Siebenbürgen durch zudringen und so Ungarn zu bedrohen, ist endgültig ge scheitert. Zugleich aber sind die Türken im Kaukasus und in Nordpersien überallsiegreich gewesen. Es wäre also immerhin möglich, daß gewisse Kreise sich immer ernsthafter mit dem Gedanken an einen Sonderfrieden beschäftigen, wenn — das Geld knapp wird. Englische Verteidigungsmaßnahmen. Aus dem Haag wird berichtet: Um eiue etwaige Landung deutscher Truppen auf eng lischem Boden zu erschweren, sind, wie der ,Daily Chronicle' mitteilt, an der Ostküste Englands auf meilcn weite Strecken Zäuue aus Stacheldraht errichtet worden. Auch Land Minen sind gelegt worden, die» wenn deutsche Soldaten die Felder betreten, zur Explosion gebracht würden. Bedingte Friedensstimmung in England. Der Londoner Korrespondent des.Giornale d'Jialia' schreibt, mit der Rückkehr des SicherheitsgefühlsM im englischen Volke nehme in England eine gewisse Friedens st immung zu. Man möchte Frieden schließen, vorausgesetzt, Lag Englands Machtstellung aus dem Kriege siegreich, mindestens aber unberührt heroorgehe.(!) * Portugal will doch nicht. Die Madrider ,El Liberta' meldet: Die portugiesische Regierung hat ab 18. Januar die gesamte Zensur für Zei tungen und Briese nach dem Auslande auf gehoben. Die Telegrammzensur wurde auch für Telegramme politischen oder mili tärischen Inhalts gemildert. Man schließt hieraus in Lissabon, eine Teilnahme Portu gals am europäischen Kriege sei ausge schloffen. Tie Unruhen in Marokko. Nach Konstantinopeler Meldungen Haden die Franzosen nach der Besetzung von Fez durch marokkanische Stämme, die unter dem Oberbefehl von Abdul Malik standen, bei diesem wiederum Schritte unternommen und ihm den Königstitei angeboten. Abdul Malik hat aber geantwortet, daß er ohne den Befehl des Kalifen vom Heiligen Kriege nicht ablaffen könne. — Inzwischen be drohen die Stämme der Riatta und Branes die Stadt Taza. Dort haben die Franzosen starke Streitkräste zusammengezogen. Halten auch sie dem Ansturm der Eingeborenen nicht stand, so ist die Schutzherrschaft über das Scherifenreich den Franzosen vorläufig — wenn nicht für immer verloren. Japans Absage an feine Bundesgenossen. Nach einer Tokioer Korrespondenz der »Kölnischen Zeitung' gibt die japanische Zei tung .Kokumin' zu der Frage der Entsen dung japanischer Truppen nach Europa den Standpunkt wieder, den die Militärpartei und die älteren Staats männer einnehmen. Das Blatt schreibt, die englische Presse überschwemme die ganze Welt tagtäglich mit Meldungen von den glänzenden Siegen der Verbündeten über Deutschland. Es sei deshalb völlig überflüssig, daß auch Japan noch den Siegern zu Hilfe komme. (Dieser Hohn gebührt den Lügnern.) Klar Lum Gekeckt! Eine packende Schilderung des kühnen Durchbruchs der „Nürnberg", die an der feindlichen Flotte vorbei zum Geschwader des Grafen Spee stieß, entwirft Maxim Hauschild, der die Fahrt mitmachte. In dem Be richt, der in ,llber Land und Meer' veröffentlicht wird, heißt es u. a.: „Mit anbrechendem Morgen fuhren wir am 31. August in den Hafen von Honolulu ein. Die guten Großstaatsdürger rissen erstaunt die Augen auf, als sie unser kleines schmuckes Kriegsfahrzeug hereindampfen sahen. Auch sie waren auf funkentelegraphischem Wege genau davon unterrichtet, daß es draußen auf dem Ozean ganz in der Nähe Ler glücklichen Inselbewohner für deutsche Kriegs- und Handelsschiffe nicht recht geheuer sei. Da waren vor allem der australische Panzer kreuzer „Australia" und der englische Tor pedobootszerstörer „Marego", die uns gar zu gern mal einen eisernen Morgengruß gesandt hätten. Leider hatten wir aber diesen Herr schaften mit ihren schwerfälligen Kähnen einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht, in dem wir, die volle Geschwindigkeit unseres kleinen wackeren Kreuzers ausnützend, kreuz und quer durch den Ozean sausten, bis wir außer Sicht kamen. Dabei hatten wir später noch die günstige Gelegenheit, zwei mächtigen englischen Handelsschiffen, nach Übernahme der Mannschaft, ein Ende durch ein paar wohlgezielte Schüsse zu bereiten." In großer Eile nimmt die „Nürnberg" nun Kohlen und Proviant ein, und die deut schen Landsleute in Honolulu überschütten fie geradezu mit Liebesgaben; mit ihnen wett eifern die Herren und Damen der amerikani schen Kolonie, der Mannschaft Auimerksam- keiten zu erweisen. „Der Höhepunkt der Be geisterung wurde aber erreicht, als sich bei uns vierzehn Freiwillige und Reservisten der deutschen Kolonie meldeten, die bisher durch den englischen Reseroistenfang auf dem Meere keine Möglichkeit batten, in die Heimat zu gelangen, um an dem Kampf fürs Vaterland teilzunehmen. Punkt 9 Uhr 20 Minuten glitt unsere brave „Nürnberg" im Dunkel der Nacht zum Hafen hinaus, begleitet von den brausenden Ab schiedsrufen unserer Landsleute und den be- , geistert gesungenen Strophen der „Wacht am Rhein", in die die anwesende Menge hinge rissen mit einstimmte. Der letzte, der unser Schiff verließ, war der Konsul Rodick, dem unser Kapitän vor versammelter Mannschaft die stolzen Worte mit auf den Weg gab: „Die „Nürnberg" wird unser Grab werden, aber wir werden uns niemals ergeben!" Diese Worte, die wohl jedem von uns aus dem Herzen gesprochen waren, erschütterten den Konsul lies, er konnte unserem furchtlosen Führer nur noch wortlos die Hand drücken, ehe er von Bord ging . . . Mit gänzlich abgeblendeten Lichtern und „klar zum Gefecht" glitten wir wie ein Ge spensterschiff in die dunkle Nacht hinaus, um den „sogenannten" Beherrschern des Meeres tüchtig zum Tanze eins aufzuspielen . . . Alles war „klar zum Gefecht!" Vorbereitet zu einem etwaigen Kampfe mit einem über mächtigen Gegner. Trotz des Ernstes der Lage sah man nur freudig erregte, erwartungs volle, frohe Gesichter, keine Spur von Todes furcht! Endlich erfuhren wir auch, um was es sich handelte: so allein konnten wir keinen Kampf mit einem Geschwader aufnehmen, wir mußten vielmehr versuchen, auf jeden Fall durchzubrechen, um uns mit den auch in diesen Gewässern befindlichen großen deut schen Kreuzern, ich glaube, es sollten „Scharn horst" und „Gneisenau" in der Nähe sein, zu vereinigen. Einige Stunden fiebernder Ungeduld und steter Kampfbereitschaft vergingen, als am Horizont ziemlich klare dunkle Umrisse und einige Lichter auftauchten, denen fich noch bafd, immer näher kommend, andere Schiffe zügesellten, deren Scheinwerfer im Dunkel der Nacht über der Wasserfläche hin und her huschten. Freudige Erregung ergriff uns alle: La hatten wir ja das ganze feindliche Geschwader, jetzt hieß es: durch! oder . . . ? Mit voller Kratt, aber selbstverständlich immer noch ohne daß ein Lichtschimmer von uns ausging, so sausten wir gespensterhaft ge radezu dem feindlichen Geschwader entgegen. Jeder Mann stand mit gewannten Nerven an seinem Platz. Lie Bedienungsmannschaft an ihren Geschützen. Schon in ziemlicher Nähe, wurden wir immer noch nicht bemerkt. Endlich wurde es drüben lebendig, der total überraschte Feind hatte uns jetzt bemerkt. In sausender Fahrt ging es weiter! Durch . .. durch . . . Hurra! Die verschlafenen Herren Engländer, die uns keinesfalls so früh er warteten, hatten kaum Zeit zu manövrieren und sich vor allem zu orientieren, da waren wir schon vorbei! Ohne einen einzigen Schuß passieren wir die feindlichen Linien, und hinaus geht es in den . . . offenen Ozean! Endlich knallen einige Schüsse hinter uns her, aber wir sind in sicherer Entfernung und, ehe der Feind Zeit findet, sich einzuschießen, schon lanae außer Sichtweite!" Politiscbe Kunälckau. Deutschland. "Der Wechsel in der Leitung des Reichsschatzamtes wird dem Vernehmen nach bereits in den ersten Lagen des nächsten Monats vor sich gehen. Österreich-Ungarn. * Nach endgültiger Feststellung betragen die Zeichnungen aus Lie Kriegsanleihe in der Monarchie 8306 Millionen Kronen, wovon aus Österreich 2138 Millionen und auf Ungarn 1170 Millionen entfallen. Frankreich. "Über die letzten Verhandlungen, betreffend ein Eingreifen Japans in Europa will das »Giornale d'Jtalia' erfahren Haven: Japan verlange für seine Waffenhilfe in Europa nicht ganz Indochina, sondern nur einen Teil dieser reichen französischen Kolonie. Die französische Regierung habe diese Forde rung im Grundsatz angenommen, aber die Schwierigkeiten lägen in Petersvurg. Die Russen widersetzten sich mit aller Ent- schiedenheit einem Machtzuwachs ihres alten Feindes in Ostafien. Die Nachricht, Frankreich wolle einen Teil von Indochina an Japan ab treten, habe in der Umgebung des Zaren Empörung hervorgerufen. 6s braust ein Kuf. S2! Erzählung von Max Arendt-Denart. aiorvebuna.1 Am schlimmsten stand es um eine Batterie, die am rechten Flügel die etwaige Abzugs straße der Franzosen sperren sollte, um ihren direlten Rückzug auf Beifort zu verhindern. Dort standen nach dreistündigem Feuer nur noch wenige Mann, ia, zwei Geschütze schwiegen völlig, weil die Bedienung seh-te. Da meldete sich bei dem kommandierenden Otfi ier ein Mann, der im Gewühl der Schlacht und in der Wirrnis des Vorrsickens und Zurück gehens von seinem Geschütz abgekommen war. „Sehen schlimm aus, Mann!" meinte der Offizier, „können sich ja kaum auf den Beinen halten!" Der Soldat, dem die Uniform schlapp um die Gliever säst, schüttelte den Kopi. „Es geht schon, Herr Leutnant!" „Na, also dann das da drüben rechts! Einige Mann kann ich hier noch entbehren. Alfo Visier. . ." „Zu Befehl, bin Richtkanonier, Herr Leut nant!" „Na, dann in Gottes Namen, feste!" Das Geschütz, an das der fremde Soldat postiert worden war, stand etwas abseits von den übrigen am Abhänge einer unübersehbar langen Höhe, die fich hinter Mülhausen in die Ebene zu verlieren schien. Der Beobachter war von seiner zwischen Hollunderbüschen ver steckten Leiter heruntergeschossen worden. Der bleiche Kanonier nahm den Feldstecher des Toten und den Hörer des Fernsprechers, Las seiner Hand entglitten war. „Feuer!" tönte es aus Lem Apparat. Im selben Augenblick aber traf eine seindliche Granate die Batterie. Der Leutnant, der noch weben den fremden Kanonier an das Geschütz postiert hatte, sank nieder — die Batterie war iührerlos. Da aber rief eine mächtige Stimme über die Geschütze hin: „Brennzünder Schrappnell, 1 hoch! 45 hundert —!" Donnernd entluden sich die sechs Kanonen. Qoer die bleichen Züge des Fremden glitt ein Lächeln. Drüben beim Feinde, der un mittelbar vor Mülhausen in Stellung ge kommen war. entstand eine fürchterliche Ver wirrung. Alles, was in der vorderen Reihe stand, war wie hingemäht von dem Feuer aus der einsamen Batterie. Und abermals rief die Stimme des bleichen Mannes, der jetzt die Leiter Les Beobachters erklommen batte: .48 hundert, 2 höher feuern, 150 Meter rechts — 2 Gruppen!" Und wieder sausten die Geschosse in den Menschenknäuel da drüben. Die Kanoniere blickten mit einem Gefühl der Scheu auf den Mann da oben, der, wie seine Uniform bewies, einer der Ihren war und dessen Wesen sie doch so sremd an- mutete. Aber er ließ ihnen keine Zeit zu Betrach tungen. „Noch eins höher!" gellte wieder seine Stimme, und seine Augen schossen Blitze, „44 hundert — links halten!" Die feindliche Batterie kam ins Wanken. Die deutsche Infanterie arbeitels sich in- zwischen langsam im Gelände vor. Ein Flug zeug erschien über der feindlichen Stellung und meldete dem deutschen Stabe, daß der Feind große Verluste habe und die Stellung nordwestlich Mülhausens gegen einen Sturm angriff nicht mehr halten könne. „Sturm!" rasten die deutschen Hörner. „Sturm!" riefen die Führer. Alles jauchzte. Was tat's, daß rechts und links ein Kamerad fiel. Sein letztes Röcheln galt dem Siege, fein brechendes Auge strahlte nach Genug tuung, daß wieder ein Sieg erfochtet! sei. Die Batterie, die der fremde Kanonier so glänzend ins Gefecht gebracht hatte, erhielt den Befehl, das Vorrücken Ler Infanterie zu begleiten. Die tief in ihren Höhlen liegenden Augen des Mannes strahlten in einem selt samen Feuer. Mit weithin vernehmbarer Stimme, die das Fauchen der Granaten, das Krachen der Schrap nells und Len Donner der eigenen Geschütze zu übertönen schien, kommandierte er immer wieder mit der fürchterlichen Gleichmäßigkeit eines Uhrwerks, und immer brachten die Ge schosse seiner Batterie Tod und Verderben in die seindlichen Reihen. Rastlos strebte er vorwärts. Nie fehlend sandte er seine Geschosse in den Feind. Und dann warf sich die Infanterie auf die feindlichen Massen, drang siegreich in ihre Schützengräben und nahm nun den Kampf auf, der Mann gegen Mann fast um jedes Haus der Stadt geführt werden mußte. * * O Während die siegreichen Truppen in Mül hausen ein kranken, waren vor den Toren die Samariter tätig. Es war ein entsetzliches Blutopfer gewesen. Neben einem Wasser graben lag mit einem Schuß durch den Kopf der sremde Kanonier. Man legte ihm an Ort und Stelle einen Notoerband an. Als sie ihn auf die Tragbahre legten» kam er zu sich. . „Zum Kommandeur! sagte er mit matter Stimme, aber mit einer Bestimmtheit, die keinen Widerspruch zuließ. Aber seine Willenskraft war doch nicht stärker als sein Körper, der unter dem Blutverlust und den Aufregungen der letzten Stunden zusammengebrochen war. So brachte man ihn ins Feldlazarett, um zunächst seine Personalien festzustellen. Einen Augenblick hatte es den Anschein, als sei der Sieg der Deutschen mit diesem energischen Vorstoß im Nordosten cntfchieden; aber man hatte den zähen Widerstand der. Franzosen und wohl auch ihre Zahl unter schätzt. Schon unmittelbar nach seinem Erfolg bei Mülhausen hatte General Vautier aus Beifort alle entbehrlichen Mannschaften er beten, und General Curs hatte seine gegen Metzeral angesetzten Streitkräfte bedeutend geschwächt, um diesem Wunsche nachzu kommen. Den Marsch über Mülhausen und Kolmar hielt man für die wichtigste Vor bedingung zum Erfolg. Deshalb waren noch in dieser entscheidenden Nacht ungeheure Reserven in Bewegung gesetzt worden» um Lem deutschen Ansturm zu begegnen. Wenn also auch die nordöstlich kämpfende« Deutschen ihre Gegner auf die Stadt zurück- geworfen hatten und nun im erbitterten Nah kampf standen, so stand nördlich von der Stadt auf der ganzen Linie die Schlacht. Immer neue Schützenlinien entwickelten die
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