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Ottendorfer Zeitung : 04.05.1913
- Erscheinungsdatum
- 1913-05-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191305046
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19130504
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19130504
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-05
- Tag 1913-05-04
-
Monat
1913-05
-
Jahr
1913
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 04.05.1913
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Oer Streit um Skutari. Starrsinn König Nikitas. — Österreich zum Vorgehen entschlossen. Da sich die Mächte noch immer nicht zu einem einmütigen Entschluß hinsichtlich Skutaris haben ausraffen können, ist natürlich König Nikitas Widerstandskrast bedeutend gewachsen. „Wir müssen Skutari haben/ sagte er einem Berichterstatter. „Zu viel montenegrinisches Blut ist um die Stadt geflossen, zu große Opfer sind gebracht. Volk und Armee verlangen seit Beginn der Belagerung nach dem Besitz Skutaris. Un'er Wahlspruch lautet: „Skutari oder der Tod/ Ich befinde mich zwischen dem Volks» willen und dem Willen der Großmächte. Selbst wenn ich Skutari abgeben wollte, habe ich das Volk und die Armee gegen mich. Das Volk ist zu neuen Opfern bereit, um das Ziel zu erreichen. Ich zweifle nicht, daß der Zar Montenegro in schwerer Lage unterstützen wird/ Nikita verläßt sich eben auf die Uneinigkeit der Mächte. Es ist ja ein öffentliches Geheim nis, daß sich bei der letzten Botschafterkonferenz ergeben hat, daß die Mehrheit der Großmächte nicht geneigt war, kriegerische Maßnahmen gegen Montenegro zu ergreifen. Man ist sich zwar darüber klar, daß es notwendig sein wird, irgendwelche Maßregeln zu ergreifen, falls Montenegro nicht in befriedigender Weise auf die Note der Mächte antwortet, aber man sagt, daß man noch die Antwort auf diese Note ab warten müsse. In der Absicht der Mächte sei die Flotten kundgebung keine kriegerische Maßnahme, son dern ein Akt friedlichen Druckes. In dem Fall, daß mehr erforderlich werden sollte, werde man sich möglicherweise über die Besetzung einer Stadt an der Küste einigen. Obgleich es nötig sei, noch zu warten, um die Ansichten der Mächte und hauptsächlich Rußlands kennen zu lernen, so erscheine es wahrscheinlich, daß Ruß land an einem neuen Akt deS Druckes nicht teilnchmen werde und möglicherweise auch dieses Mal Frankreich nicht zur Beteiligung daran auf- fordern werde. Da auch England sich völlig abwartend ver hält, so scheint also der alte Gegensatz zwischen Dreiverband und Dreibund wieder die politische Lage zu beherrschen. Angesichts dieser Tat sache ist eine in London verbreitete amtliche Note ziemlich unverständlich, die folgendes be sagt: „Das Publicum darf nicht aus den Augen verlieren, daß die hauptsächliche Auf gabe der Botschafter darin besteht, den euro päischen Frieden zu wahren, und daß die ver schiedenen durch den Krieg aufgeworfenen Fragen nur den zweiten Rang einnehmen. Die f Diplomatie hat den Frieden Europas sechs i Monate schwerer Zeit aufrechterhalten, es ist s nicht zu viel, zu hoffen, daß die Diplomaten weiter Erfolg mit diesem Werke haben. Möge man sich über diese Hauptfrage Rechenschaft ob legen, und man wird die Fragen, die jeden Lag sich ergeben, in ihrem richtigen Verhältnis wahrnehmen." Wie die Dinge nun aber liegen, ist die Frievenssrage nicht mehr zu trennen von der Entscheidung über Skutari, und die österreichische Negierung läßt darüber keinen Zweifel, indem sie amtlich verkündet: „In verschiedenen Ländern scheint die Meinung zu bestehen, daß Osterreich- Mgaril mit seinen Erklärungen bluffe. Diese PleiNung , auf deren Gefährlichkeit verwiesen werden mag, ist vollständig irrig. Die nächsten Tage werden diesen Irrtum beweisen. Österreich ist entschlossen und bereit, sich von Europa zu trennen, um durch Räumung Skutaris sein An sehen auf dem Balkan herzustellen/ — Die Bstschasterkonserenz wird sich also beeilen müssen, einen Ausweg zu finden, sonst dürfte der Balkankrieg ein schlimmes Nachspiel haben. . '-----SS Politische Kunstbau. Deutschland. * Die Meldung verschiedener Blätter, Kaiser Wilhelm werde nach dem Pfingst fest seine Reise auf dem Dampfer „Imperator" nach den Kanarischen .Inseln unternehmen, ist unzutreffend. *Bei einer Ansprache an die Truppen nach der Parade sagte der Prinz-Regent von Bayern: „Sollte je die bayrische Armee vor den Feind treren — und auf das müssen wir uns ja jederzeit gefaßt machen — so zweifle ich nicht, daß die bayrische Armee unter dem Oberbefehl Seiner Majestät des Kaisers als obersten Feldherrn einer der besten und voll wertigsten Bestandteile im deutschen Heere sein wird I" *Jn Gmunden behauptet sich das Gerücht, daß die Thronbesteigung des Prinzen ErnstAugust von Braunschweig im Bundes rat eine gesicherte Sache sei, daß ferner die bereits erwähnte Erweiterung Lüneburgs aus hannoverschem Gebiet der Wirklichkeit entspreche und der Prinz den Titel „Herzog zu Braun schweig und Großherzog von Lüneburg" führen werde. — Danach würde ein Teil der preußischen Provinz Hannover abgetrennt und dem neuen Grobherzogtum zugeschlagen werden. Allerdings wird halbamtlich in Berlin erklärt, daß von einer in Aussicht genommenen Angliederung des Regierungsbezirkes Lüneburg an das Herzogtum Braunschweig und dessen Erweiterun g zu einem Großherzogtum an zuständiger Stelle nichts bekannt sei, aber in Braunschweig ist man von der Wahrheit der Meldung überzeugt. — Man wird also die Entscheidung des Bundes rates abwarten müssen. * Die Budgetkommission deS Reichstages hat die ersten entscheidenden Abstimmungen über die geforderte Erhöhung derMann - schaftsbe stände unsres Heeres vorge nommen. Mit Ausnahme der Sozialdemo kraten und eines elsässischen Zenirumsabgeord- neien stimmte die Vudgelkommisfion der Vorlage zu. Es wurde die Erhöhung der Etatsstärke bei der Infanterie angenommen, im ganzen 252 Bataillone zu je 721 Mann und 216 Bataillone zu je 641 Mann; ebenso die Kavallerievermehrung, und zwar 516 Eska- drons mit 744 Mann und 726 Dienilpserden. Der künftige Etat bei den fahrenden Batterien der Feldartillerie soll bei 255 Batterien je 143 Mann und 1lX) Dienstpferde betragen, bei 345 Batterien je 124 Mann und 75 Dienstpferde. Bei den 33 reitenden Batterien foll der Etat je 137 Diann und 144 Dienstpferde betragen (statt bisher 108 Mann und 118 Pseroe). Ferner wurden die angeforderten Verstärkungen für die Fußartillerie, die Pioniere, die Ver kehrstruppen, den Train bewilligt. Schließlich wurcen auch Lie beantragten 18 neuen Jn- santeriebataillone bewilligt. *Jn der Zweiten württembergi- schen Kammer erwiderte auf eine Anfrage Ministerpräsident Dr. Weizsäcker, daß der Bundesratsausschuß für auswärtige Angelegenheiten seit dem Jahre 1908 regelmäßig jedes Jahr zusammengetreten sei. Es beständen enge persönliche Beziehungen zwischen der Reichsleitung und den Einzel- staaten. Der Reichskanzler habe auch seinerzeit die leitenden Staatsnumster nach Berlin ge beten, um die politische Lage, die zur Be gründung der Heeresvorlagen geführt hätte, zu besprechen. Deshalb habe es sich erübrigt, den Bundesratsausschuß noch besonders einzuberufen. Im übrigen sei aber die äußere Politik Deutsch lands offenkundig, und die ganze Welt kenne sie als friedfertig. Frankreich. *Der französische Marineminister Baudin hat den Seepräfekten und die Geschwader- befehlshaber angewiesen, die Opiumsucht unter de» Seeoffizieren energisch zu bekämpfe«. Portugal. * Obwohl die regierungsfeindliche Bewegung in Portugal schnell unterdrückt worden ist, so scheint es sich doch um ein weitverzweigtes Komplott zu handeln, dessen Gefährlichkeit erst aus neuen Bomben att e n t a t e n und aus einer Matrosen- meuteret zu erkennen ist. Vor einer Kaserne wurden nachts zwei Bomben geschleudert, die Materialschaden anrichteten. 13 Arbeiter, die Soldaten für die Bewegung zu gewinnen i suchten, sind verhaftet worden. Zur setben Zeit ! feuerten zwei Mann der Besatzung des Kreuzers „San Gabriel" auf See drei Schüsse ab. Während die Besatzung des Schiffes zusammen lief, gelang es den Urhebern der Schüsse, sich unter die andern zu mischen, so daß sie un erkannt blieben. Zu welchem Zweck die Schüsse abgegeben wurden, ist unbekannt. Asien. * Die chinesische Anleihefrage stößt erneut auf Schwierigkeiten, da das Ober haus des chinesischen Parlaments die vom andern Hause beschlossene Anleihe für ungesetz mäßig erklärte und Annahme durch beide Häuser des Parlaments verlangte. Englische Rüstungen. Die Werbearbeit gewisser unionistischer Kreise für die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in England, die mit heftigen Angriffen auf die Wehrpolitik der Regierung verbunden ist, wird in unterrichteten Londoner Kreisen lediglich als eine Phase des üblichen Parteikampfes be trachtet, in dem die Opposition dem Ministerium mit allen Mitteln Schwierigkeiten zu machen sucht. Die Wehrpolitit der Regierung steht sest, und man darf annehmen, daß, wenn die Unionisten in absehbarer Zeit zur Regierung kommen, auch sie diese Politik fortsetzen Verden. Der Gedanke der allgemeinen Wehrpflicht ist bei der englischen Nation so unbeliebt, daß auch ein unionistisches Kabinett es schwerlich wagen würde, sie in das Regierungs-Programm aufzunehmen. Den Ausschlag gibt die Über zeugung der weitaus größten Mehrheit der Nation, daß ihr Jnselrerch sie dieses Opfers enthebt, und daß die Sicherheit des Landes und des englischen Reiches durch die Über legenheit der Flotte, durch ein kleines Expe ditionskorps und die Territorial-Armee genügend geschützt erscheint. Der Vorschlag der englischen Admiralität für 1913/14 ist mit 46 309 300 Pfund zur An nahme gelangt, welche Gesamtausgabe gegen den Etat pro 1912/13 eine Erhöhung von 1,2 Millionen Pfund bedeutet. Von dieser Summe sind zwei Millionen Pfuno als erste Anzahlungen auf die Neubauten dieser Bau legungsperiode bestimmt, um programmgemäß drei Dreadnoughts, zwei Schlachtschiffkreuzer, sechzehn Torpedobootszerstörer, zwölf Untersee boote und sechs Trainschiffe m Bauangriff nehmen zu können. In den die Mannschaft betreffenden Budget titeln sind Mehrauslagen vorgesehen, um den Gesamt-Personalstand der königlich englischen Marine um weitere 8500 Mann zu erhöhen, sodaß die er Mitte 1914 im ganzen 146 000 Köpfe (Offiziere, Unteroffiziere und Matrosen) betragen wird. Für den Ausbau der Kriegs hasenanlagen (Kaibaulen, Baggerungen, Dotie rung mit Schwimmdocks, Heizöltanks, Minen- anlagen und Flantierbalterien, Drahtbarrikaden und Schutznetze) wurden 7Mill. Pfund eingestellt. In erster Linie sind Dover, Rosyth, Cromarty und Portsmouth bedacht worden. Kielenäampfer. Wurde früher ein lebhafter Kampf um das „Blaue Band", den Schnelligkeitsrekord über den Atlantijchen Ozean, zwischen der deutschen und der englischen Handelsmarine geführt, so spielt sich jetzt, wenn auch mehr im stillen, ein Wettbewerb um den Besitz des größten Dampfers ab, wobei auf der einen Seite die Hamburg-Amerika-Linie, auf der andern die Cunard- und die White Star-Lime die führende Rolle übernommen haben. In dem Kampf um das „Blaue Band" hatten unsre Reedereien die Genugtuung, daß ihre Dampfer zehn Jahre lang, von 1897 bis 1907, unbestritten die schnellsten waren; den Ruhm aber, den größten Dampfer zu besitzen, hat die deutsche Handels marine in den letzten dreißig Jnhren nur kurze Zeit für sich in Anspruch nehmen können. 1896 war die „Pennsylvania" der Hamburg- Amerita-Linie, 1897 der „Kaiser Wilhelm der Große" des Norddeutschen Lloyd der größte Dampfer; beide wurden aber 1899 ourch dw englische „Oceanic" übertroffen. Erst 1906 1 kam die „Kaiserin Auguste Viktoria" der Hamburg-Amerika-Linie wieder an die Spitze, da sie ihren englischen Zeitge nossen „Adriatic" um einige Tonnen über traf. Im Jahre 1907 ging jedoch durch die beiden neuen Cunard-Dampfer „Lusitania" und „Mauretania" nicht nur der Schnelligkeits-, sondern auch der Größen-Rekord an England verloren. Im Jahre 1910 baute dann Eng-- land noch die beiden Ozean-Riesen „Olympic" und „Titanic" (je 45 000 Brutto-Register tonnen), von denen der letztere ein so tragisches Ende fand. Aber auch in Deutschland war man inzwischen nicht müßig gewesen. Auf der neuen Hamburger Werft des Stettiner Vulkan war ein Dampfer auf Stapel gelegt worden^ der beim Stapellauf am 23. Mai 1912 den Namen „Imperator" erhielt und der den eng lischen „Olympic" um etwa 5000 Tonnen an Größe übertrifft. Selbst der letzte , englische Neubau, der Cunard-Dampfer „AquitaMa", der am 21. April d. Js. von Stapel lief, reicht an die Größe des „Imperator" nicht heran, denn sein Raumgehalt beträgt nur 47 000 Brutto- Registertonnen gegen etwa 50 000 des „Im perator". Noch größer ist schließlich - der am 3. April d. Js. zu Wasser gebrachte Dampfer „Vaterland", von dem noch ein Schwesterschiff im Bau ist und der zwar nur ebenso lang ist wie der „Imperator", dagegen aber etwas größere Breite und infolgedessen auch größeren Raumgehalt hat. k)eer un<1 floNe. In Wilhelmshaven fand zu Ehren der aus dem Torpedoboot „8 178" geborgenen Toten ein Trauergottesdienst statt. Dann wurden drei Leichen auf dem Garnisonfriedhof beigesetzt und vier Leichen zur Beförderung in die Heimat nach dem Bahnhof übergeführt. Die Kasernen, alle öffentlichen Gebäude und im' HaMviertel viele Häuser hatten halbmast geflaggt. Die in Wilhelmshaven anwesenden Admirale, das Osfizierlorps der zweiten Tordedodiviffön- und Abordnungen aller Marineteile hattew sich dem Zuge angeschlossen, den viele Tausende in den Straßen schweigend und entblößten- Hauptes umsäumten. Bei Sturm und Unwetter hatte die Nordsee ihre Opfer gefordert, und bei Donner und Blitz erfolg e auch die Beisetzung. Von uncl fbn Verhängnisvolle Folgen der Hitze. Die drückende, für den Monat April ganz ungewöhnliche Hitze der letzten Tage hat zu schweren Unfällen geführt. Als das .Infanterie regiment Nr. 132 zu einem Ubungungsmarsch Straßburg — Wanzenau — Hoerdt und zurück (45 Kilometer) ausrückle, blieben einige Merzig Mann der Truppe schlapp auf der Straße liegen. Mehrere von ihnen wurden wegen Hitzschlagverdachts ins Lazarett eingeliesert. Zu bemerken ist, daß die Leute gegen Mittag in Biwakstellung abgekocht hatten. Der Aus gang des Marsches hatte in der Stadt-zu übertriebenen Gerüchten geführt. Danach sollten über 100 Mann auf der letzten Strecke marschunfähig geworden sein. Plan sprach sogar von acht Toten. Unfall eines -entschen Dampfers im Atlantische« Ozean. Der deutsche Dampfer „Sigmaringen" erlitt bei der Ausfahrt von Baltimore durch Zusammenstoß mit dem ameri kanischen Dampfer „Jakob Luckenbach" nicht sehr beträchtlichen Schaden am Backbordbug, der eine etwa achttägige Reparatur im Dock er forderlich macht. Der Kapitän des Dampfers „Sigmaringen" macht den Kapitän des ameri kanischen Dampfers für den Zusammenstoß allein verantwortlich. Eine 60jährige Mörderin. Im Juni vorigen Jahres wurde in Cronberg die achtzig jährige Witwe Zimmermann ermordet. Die Polizei nahm in der Zwischenzeit einige Dutzend Verhaftungen vor, die jedoch sämtlich nicht auf recht erhalten werden konnten. Jetzt hat die Untersuchung dazu geführt, eine 60jährige .ledige Verwandte der Ermordeten.unter.dem t Verdacht des Raubmordes festzunehmen. K Der Heimweg. 14l Roman von Ida Bock. . . -vortietzlmg..' „Böse?" Egon war bei ihr stehen geblieben und ihr Gesichtchen mit seinen Händen um fassend, küßte er sie ganz sachte auf die Stirn: „Du bist ein liebes, süßes, kleines Ding," tagte er leise. „Aber siehst du, es gibt Dinge, mit denen ein Mann allein fertig werden muß, Kämpfe, bei denen ihm niemand helfen kann. Zu wem käme ich lieber als zu dir, du treuer Kamerad aus der Kinderzeit — glaubst du mir das, Hedwig?" Se nickte wortlos mit dem Kopfe. „Und glaubst du mir, daß ich dich lieb habe wie einen Bruder, und versprichst mir, mich immer als solchen zu betrachten?" Er hielt noch immer ihr Gesicht in seinen Hänven, und iah über sie geneigt, fast zärtlich in ihre dunklen Augen- „Ja, Egon, das verspreche ich dir!" Ihre Lippen bebten nervös, es kostete sie Mühe, ruhig zu bleiben. , Er strich ihr leise über die Augen und ging dann langsam, ohne sich umzuwenden, in den Garten hinunter. Hedwig saß unbeweglich — da ertönte aus dem Park herauf ein leiser Pfiff. Sie fuhr er schrocken auf. Hansl Mn hatte sie an ihn vergessen! Ihre Arbeit auf den Tisch werfend, lief sie die Treppe hinab; richtig holte sie Egon noch ein. „Egon, bitte, ein Wort!" rief sie atemlos. Er wandte sich um. „Ich wollte dich nur bitten, ob — ob Minni nicht auf ein paar Tage kommen dürste. Es ist doch ein wenig einsam hier." „Aber Kind, mußt du da erst fragen?" „Ich dachte ja nur jetzt, weil . . ." „Weil ich ein alter Brummbär bin, gelt? Laß Minni nur kommen, ich freue mich, sie wieder zu sehen, oder besser: ich werde selbst der Tante schreiben! Eigentlich trifft sich das ganz gut! Gerade schrieb mir Kurt — du erinnerst dich doch noch an Kurt von Bergen — er möchte wieder einmal ein paar Wochen bei mir zu bringen. Ich wollte schon abschreiben. Kurt ist so lebendig und lebenslustig, und wir alle so ruhig, er müßte sich zu Tode langweilen. So hat er doch die tolle Minni. Vielleicht kommt ein bißchen Leben in die Bude. Mir scheint, schaden könnte dir's auch nicht, kleine, melan cholische Hausunke?" „Ich danke dir, Egon." Damit ging Hed wig wieder hinauf. Sein gezwungen lustiger Ton tat ihr weh. Ja, Kurts Brief hatte Egon schmerzlich er regt. Die ganze mühsam errungene äußere Ruhe^ drohte ihn zu verlassen. Alles wurde wieder lebendig. Seit seiner Abreise von Kairo hatte er Kurt nicht gesehen. In einem glückseligen Briefe zeigte er dem Freunde damals seine bevor stehende Vermählung an. Seitdem blieb Kurt verschollen. — Er wußte also noch nicht, welche entsetzliche Wendung in Egons Glück ein getreten war. Nun schrieb Kurt plötzlich aus Paris, er habe nun endlich die Bummelei satt und den Wunsch, einmal wieder ein paar Tage an genehm und ruhig zu verleben. Deshalb lade er sich selbst ein, allerdings mit der leisen Furcht, der recht unerwünschte Störenfried einer ehelichen Idylle zu werden. Indessen appelliere er an Frau Maries gutes Herz und bitte trotz dem um Unterkunft für einen müden, heimat losen Landstreicher. , Egons erstes Gefühl war, Kurts Ankunft zu verhindern. Er wollte ihn nicht sehen, nie mand sehen, der Zeuge seines kurzen Glückes gewesen. mußte vergessen! Und nun sollte er mit Kurt über sein Unglück sprechen, alles noch einmal aufrollen! Wie ihm davor graute! Aber einmal würde es ja doch sein! Einmal mußte Kurt die Wahrheit erfahren. Und viel leicht ist es sogar gut, wenn er spricht, gerade mit dem Freunde. So schrieb Egon an Kurt, daß er nur das Ankunftstelegramm abwarte, um ihm entgegen zufahren. In Kerndorf, einer Station vor Böh- lau, sollte er am Coupssenster stehen. Als vier Tage später der Schnellzug in Kerndorf hielt, sprang Egofi »rasch zu dem Freund in den Waggon. Sie waren allein in dem Coups. „Ja, ich weiß, ich sehe schlecht aus," sagte Egon hastig, als er Kurt gegenüber Platz ge nommen und den forschenden Blick des Freundes bemerkte. Ich bin dir entgegengefahren, Kurt, um vor unsrer Ankunft in Bühlau allein mit dir sprechen zu können. Onkel Fritz mit seiner Familie ist noch da. Mach' kein verblüfftes Gesicht — die Einladung hat nachhaltig ge wirkt. Aber. es ist gut so. — Man erwartet uns nicht vor Abend. Wir bleiben den Nach mittag im Ort, um ungestört reden zu könnest. Hier geht's nicht. Ich habe im Gasthaus ein Zimmer gemietet, der Wagen holt uns erst um sieben Uhr, jetzt ist es Mittag. Wir haben Zeit genug. Also frag' mich zunächst nicht. Erzähle lieber von dir, wo du warst, wie es dir ging, was du für Absichten hast?" Kurt hätte nicht einmal der Menschenkenner sein müssen, der er tatsächlich war, um sofort zu wissen, daß da etwas nicht stimmte. Egons erzwungene Ruhe vermochte ihn nicht zu täuschen. Allein er fragte nicht, er hatte Zett, -bis der andre den Weg zu ihm fand. So sprach,er von gleichgültigen Dinqen, bis sie sich in dem kleinen freundlichen Gasthofzimmer befanden. Kurt warf sich auf das Sofa, während Egotz, wie immer, wenn er erregt war, im Zimmer auf und ab rannte. In ihm wühlte eS. Alles, was er schweigend durch Wochen und Monate ertragen, strebte nach Befreiung, seine Schmqch, die furchtbare Sehnsucht, deren er nicht Hexr werden konnte. Und trotzdem wollte er nicht zeigen, wie tief verletzt er war, sein Stolz wehrte sich dagegen, den Skeptiker die ganze Zerrissen heit seiner Seele sehen zu lassen. Und dabei drängte es ihn nach Mitteilung, er braüchte einen, der ihm recht gab. „Nun muß ich aber doch fragen," rief Kurt vom Sofa herüber, „fchon um nicht für teil nahmslos gehalten zu werden." Er dachte an Hedwig, die Egon nach Jahren wiedergesehen — wenn in der Richtung —? Egon blieb vor Kurt stehen. „Erinnerst du dich an Fred Beckers?" fragte
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