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Ottendorfer Zeitung : 07.02.1915
- Erscheinungsdatum
- 1915-02-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191502072
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19150207
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19150207
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1915
-
Monat
1915-02
- Tag 1915-02-07
-
Monat
1915-02
-
Jahr
1915
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 07.02.1915
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Vie Bettler. Je weiter die kriegerischen Operationen fortschretten und die deutschen Waffen im Osten und Westen in das Her, der Feinde tragen, desto häufiger vernimmt man bald von diesem, bald von jenem Angehörigen des Dreiverbandes einen Hilferuf, der neutrale Mächte zum Eingreifen in den Weltkrieg ver anlassen soll. Freilich, derKreis der noch nicht Beteiligten ist ja nur klein, weil man, um Deutschland schnell zu Boden zu werfen, im Osten Tlcherkeffen, Mongolen und Männer aus Sibirien schnell an die Front führte und im Westen Zulukaffern, Basutoneger, Kanadier, Tunesier, Marokkaner, Buichleute und Indier zum blutigen Kriegsspiel auf Frankreichs Erde nötigte. Ja, der Kreis ist nur noch klein, es gilt also für die Dreiverbändler dort recht eifrig zu werben, ehe denn der Schlachtengott in Polen, Galizien und Flandern sein letztes Ur teil spricht. Aber die Werbearbeit ist nicht leicht, und man hat in Bulgarien, Rumänien, in Spanien und Italien, ja sogar bei den gelben Bundesgenossen Nippons schon manchen Korb eingeheimst, der das Selbstbewußtsein hätte verletzen müssen. Aber man kommt jetzt in London, Paris und Petersburg mit einem Mindestmaß von Selbstachtung aus. Und La man keinerlei Zusicherungen erhalten kann, so — fälscht man eben ein bißchen die diploma tischen Geschehnisse der Gegenwart. Dabet soll die Kinderei nicht gerechnet werden, daß die französische .Agence Havas' die Meldung verbreitet hat, König Victor Emanuel sei im Begriff, Deutschland und Osterreich-Ungarn den Krieg zu erklären. Solcher Schwindel ist zu offensichtig und zu täppisch, als daß man sich mit ihm aus einanderzusetzen brauchte. Aber unter der Oderstäche und hinter den Kulissen wird mit ernsthafteren, wenn auch nicht Erfolg ver sprechenden Dingen gearbeitet. So liest man jetzt wieder in französischen Blättern, in Diplomatenkreisen sei es offenes Geheimnis, daß Rumänien und Italien nur auf den ge eigneten Augenblick warteten, um an der Seite des Dreiverbandes an dem Kriege teil zunehmen. Freilich, man nennt keine Namen und gibt keinen Zeitpunkt an; aber gerade der Schleier des Geheimnisses, den man um die Dinge breitet, gibt ihnen den Anstrich, als sei irgendetwas Ernstes dahinter ver borgen. Aber es ist nichts dahinter, und sehr treffend fertigt der .Basler Anzeiger' alle diese Gerüchte mit. den Worten ab: »Sehr be stimmt klingen diese Meldungen zwar nicht, und man bekommt eher den Eindruck, als ob auch hier der Wunsch der Vater des Ge dankens sei; es ist auch möglich, daß man durch diese fortgesetzten Meldungen Ver wirrung herbeiführen und dadurch Deutsch land oder Österreich zu einem übereilten Schritt in Bukarest oder Rom verleiten möchte, mit dem Nebenzweck, gleichzeitig zwischen Berlin und Wien Mißverständnisse zu schaffen. Es bestehen aber anderseits be stimmte Anzeichen, daß der französische Glaube an diese Gerüchte ein gewaltsamer und ge- wollter ist, denn die in Balkanfragen zu ständigere russische Diplomatie ist in dieser Beziehung viel weniger zuversichtlich, und es sieht fast so aus, als ob man dem neu zu sammengetretenen französischen Parlament zur Versüßung der Schlappe von Soissons wenigstens Erfolge in der auswärtigen Politik vorsetzen wolle." Das ist des Pudels Kern! Die Stimmung der Bevölkerung, die infolge der fehlenden Siege des Dreiverbandes gefährlich abzu stauen beginnt, soll wieder angeiacht werden. Die Aussicht auf Hilfe anderer Mächte soll zaghaften Seelen Mut einträufeln. Und dabei nährt man den geheimen Gedanken, daß vielleicht doch noch dieser oder jener neutrale Staat mitmacht. An diese letzte Hoffnung klammert man sich mit dem fast rührenden Eigennnn von Verzweifelnden an. Hier ist ein Unterhändler tätig, dort soll ein Gesandter Versprechungen machen, hier verheißt man Ländergewinn, dort Ausbreitung der Handels macht. Aber die Neutralen sind vorsichtig. Sie wollen weder für Rußlands Ländersucht, noch für Frankreichs Eitelkeit, am wenigsten 6s braust ein Kuf. ssj Erzählung von Max Arendt-Denart. tg-rtlctzung.» In dem weiten Saale herrschte Schweigen. Am Vormittag waren drei neue Helfe rinnen aus der Kreisstadt gekommen, die dort ihre Ausbildung emp'angen hatten. Sie wurden jetzt von Amelie von d'Eströe in das Zimmer geführt und mit ihren Obliegenheiten bekannt gemacht. Seit jenem Tage, da Edwin ihr am Lager seines schwerkranken Bruders mit grausamer Energie erklärt hatte, sie müsse die Stadt und das deutsche Gebiet verlassen, war in Amelie der Entschluß immer fester geworden, unter keinen Umständen ihre Tätigkeit aufzugeben, und als Karl von Carsten nach bangen Tagen endlich so weit war, daß er in die Heimat zur Erholung reisen konnte, hatte sie sich sofort nach Mülhausen begeben, um in der Arbeit Vergessenheit zu finden. Nun war sie hier dem Geliebten abermals begegnet und hatte ihm in einer gefährlichen Lage das Leben ge rettet. Daß sie hatte töten müssen, um ihn zu schützen, daran dachte sie niemals: nur der Ge danke, daß er ihr nun verpflichtet war, be schäftigte sie unausgesetzt, und es erfüllte sie mit Mem Glück, daß er ganz gegen seinen Willen ihr Schuldner geworden war. Als nach dem Geleckt vor den Toren der Stadt unter den Schweiverwundeten auch Leutnant Carsten bet Vater Lommert einge- Itefert wurde, ging ein seltlames Leuchten über ihre Züge. Nun war er ganz der Ihre, nun konnte sie an ihm tun, was sie an seinem Bruder getan hatte, ohne daß er es mehren aber für Englands Weltherrschaft das Schwert ziehen. Vor allem aber sind Rumänien und Italien nicht entschlossen, von ihrer Neutralität zu lassen, wenn ihre Interessen nicht verletzt werden. Nun aber können die Interessen beider Staaten weder von Osterreich-Ungarn, noch von Deutschland verletzt werden. Beide Staaten könnten also nur zum Schwerte greifen, wenn — der Dreiverband sie zwänge. Abgesehen von einer kleinen Schreierschar denkt man in Rumänien wie in Italien so. Beide Staaten sind stark genug, um beim Friedensschluß auf Anerkennung ihrer Inter essen dringen zu können. Ohne Schwertstreich wird ihnen der Friede bringen, auf was sie berechtigten Anspruch haben. In Bulgarien denkt niemand daran, für Rußland die Kasta nien aus dem immer gefährlicher werdenden Feuer zu holen, die skandinavischen Staaten haben längst abgewinkt, und so bleibt denn noch — Japan. Aber auck Tokios Regierung weist die Bettler von der Tür mit dem höhni schen Wort: Wer um Hilfe bitten muß, ist fckon verloren. Ll. v. verschiedene Uriegsnachrichten. Von der mil. Zensurbehörde zugelassene Nachrichten. Neuer österreichischer Borstotz. Der Mailänder ,Secolo' berichtet aus Warschau, der S ch w erp unkt d er Kämpfe im Osten sei von Polen nach Galizien ver schoben worden, wo die Österreicher große Truppenmassen angesammelt hätten, um einen energischen Vorstoß zu unternehmen. Der Unterseeboot-Schrecken. Die Aufregung in England über die kühnen Taten der deutschen Unterseeboote steigert sich mit jedem Tage. In der Presse werden allerlei Vorschläge zur Abwehr gemacht: aber man kommt nickt über die Tatsache hinweg, daß der englische Handel bereits jetzt empfindlich gestört worden ist. Natürlich ist die allgemeine Aufregung durch die Kampf ansage des deutschen Admiralstabes noch ver mehrt worden. Englische Schlappe in Nordwestindien. Aus Konstantinopel wird halbamtlich ge meldet, dass die waffenfähige Mannschaft des mohammedanischen Stammes Hostwal in Nordwestindien die bisher von eng lischen Truppen besetzte Stadt Totschi überfallen, die Engländer daraus ver trieben habe und sich nun mit den Afghanen vereinigen werde. Dieser Vorfall hat in Verbindung mit anderen Ereignisse» die englische Regierung veranlaßt, de» in ihrem Solde stehenden berüchtigten Jsmae- litcnführer Aga Khan, den sie bisher in Ägypten benutzte, nach Judie» zurück- zuschickcu, damit er die Stimmung in einem für England günstigen Sinne beeinflusse. * Keine Mobilmachnng in Rumänien. Laut einer Meldung des Sofiaer Korrespon denten der ,Köln. Ztg.' ist die sür den 28. Januar in Aussicht genommene Einberufung einiger Jahr gänge Reservisten in Rumänien anscheinend unter blieben. In dieser Tatsache wird ein Anzeichen erblickt, daß die Regierung zögert, einen Schritt zu unternehmen, der schließlich zur Mobilmachung des rumänischen Heeres führen würde, und damit die Verschärfung der vorhandenen Gegensätze herbeiführen könnte. Eine Anfrage Rumäniens bei Österreich anläßlich der Truppenentsendung an die ungarisch-bukowimsche Grenzecke ist zur Genugtuung der rumänischen Regierung beant wortet worden, daß eine Bedrohung Rumäniens weder von österreichischer, noch bulgarischer Selle vorliegt. Schwedisches Lob der österreichisch- ungarischen Armee. In einer Artikelserie „Eindrücke von der österreichischen Front" fällt Ler militärische Mitarbeiter des schwedischen Telegraphen bureaus über die österreichisch - ungarische Armee folgendes Gesamturteil: „Die Auf gaben, die vom Beginn des Krieges ab der österreickisch-ungarischen Armee zuteil wur den, sind von ihr stets in einer Weise gelöst worden, die der Armee in hohem Grade zur Ehre gereichte. Die Armee konnte. Er konnte sie, wenn er wiederher- gestellt war, nicht von sich weisen, sie, der er doppelt sein Leben schuldete. Unermüdlich war sie an seinem Lager tätig. Tag und Nacht hielt sie Wache und duldete nicht, daß eine Ler anderen Helferinnen an sein Bett kam. Darum hatte sie auch ein unangenehmes Gefühl empfunden, als ihr der deutsche Arzt mitteilte, daß er aus der Kreisstadt Helferinnen erdeten habe. Die drei jungen Mädchen hatten das Haus der Schmerzen mit eigentümlicher Scheu betreten. Zwar beseelte sie der heiße Wunsch, mitzutun bei den Werken der Liebe, aber als sie in der Kreisstadt das große Leid und das große Elend gesellen hatten, war ihnen doch ost der Mut entsunken. Da aber war es Antonie, des Buchwaldbauern Tochter, ge wesen, die den decken andern neuen Willen zur Tat eingeflößt hatte, und so hatten sich denn auch Leonore von Carsten und Klara von Wendorff, illre Cousine, entschlossen, ihrem Vorsatz getreu, sich Ler Verwundetenpflege zu widmen. Amelie erschrak, als sie den Namen Leo nores hörte. Sie wußte sofort, daß sie vor seiner Schwester stand, und mit dem feinen Instinkt des liebenden Weibes ahnte sie auch, wer Klara von Wendorff sei, denn in den Zeilen, als Edwin ihr noch sein volles Ver trauen sckenkte, hatte er auck ost von seiner Verwandten gesprochen und von den Wünschen, die sein Vater hinsichtlich Ler Verbindung Edwins mit ihr hegte. Schweren Herzens führte sie die Mädchen zu den Verw endeten, nachdem sie ihnen in vorsichtigen Worten mitaeteilt halte, wen sie hat mit quantitativ unerhört überlegenem Gegner kämpfen müssen. Sie hat Teile der feindlichen Armee unzählige Male geschlagen, und daß sie aus strategischen Gründen ge zwungen wurde, zurückzuaehen, ist nicht mit einer Niederlage identisch. Sie hat mit großen Schwierigkeiten im eigenen Lande zu kämpfen gehabt, die in den Terrain verhältnissen und in der ungünstigen Witte rung begründet sind, die übermenschliche An strengungen erfordert haben. * Der Aufstand in Marokko. Nach Madrid sind Meldungen aus Tanger gelangt, wonach die Aufständiscken neue große Erfolge gegen die Franzosen zu verzeichnen gehabt haben. Mehrere befestigte Lager an der Eisenbahn nach Fez mußten von den Franzosen geräumt werden, wobei eine Menge Proviant und Munition verloren gingen. Die französische Zensur unterdrückt nach wie vor jede Meldung aus Marokko aufs strengste. Verschwiegene Verluste. „Im Interesse der Ruhe." Auck jetzt noch verschweigt die englische Regierung in ihren amtlichen Berichten, daß in der Seeschlacht bei Helgoland, die uns unseren „Blücher" kostete, ein englisches Schlachtschiff verlorengegangen ist. Allerdings wird jetzt mit allerhand Verklausulierungen zugegeben, daß drei Schiffe schwer beschädigt sind — eines muß zweieinhalb Monate im Dock zubringen — und daß ein Torpedoboot gesunken ist, aber sonst schweigt auch heule noch die amtliche Berichterstattung hartnäckig. Man weiß ja, daß England seinen Lands leuten bereits mehrere Kriegsschiffverluste ver schwiegen hat. Jetzt kommt aber noch eine recht vertrauenswürdige Mitteilung aus Amerika, daß die Anzahl der verlorenen Kriegsschiffe der englischen Flotte größer ist, als wir bisher geglaubt haben. Daraus geht hervor, mit welcher Kunst England seine Ver luste zu verschweigen versteht, um die Miß stimmung des englischen Volkes nicht hervor- zurufen. Weltbekannt ist Lie Latiache, Laß England den Verlust des „Audacious" bisher weder mitgeteilt, noch selbst aus englische Anfragen zugegeben hat. Englische Zeitungen haben sich sogar darüber schon lustig gemacht, daß sie in amerikanisckenBlättern die genauesten Mitteilungen von dem Verluste dieses Kriegs schiffes finden, ohne daß die englische Admira lität auch nur ein Wort im bejahenden oder verneinendem Sinne Lazu äußert. Jetzt bringt eins große Anzahl amerika nischer Zeitungen genau Angaben über den Verlust eines neuen englischen Großkampf- schiffes, nämlich des „Thunderer". Ein ameri kanischer Reisender Namens George Rott weiler aus Chicago hat eine Fahrt auf einem schwedischen Segelboot gemacht, das den Namen „Susjord" hat. Der Besitzer dieses Segelschiffes war zufällig Augenzeuge, wie der „Thunderer" von einem deutschen Torpedo getroffen wurde und sank. Es gelang Lem schwedischen Kapitän, aus dem Wasser zwölf englische Matrosen zu retten. Alle anderen kamen bei dem Untergang des Kriegsschiffes um. Der schwedische Kapitän wußte soviel Einzelheiten zu erzählen, daß ein Irrtum aus- geschlossen erscheint. Die Vernichtung des englischen Groß- kampssckiffes erfolgte am 7. November 1914. Dieses Datum gibt uns die Möglichkeit, die Richtigkeit der Meldung mit anderen Tat sachen zu vergleichen. Die englischen Verlust listen brachten nämlich in der folgenden Zeit eine Reihe von Namen, die im Verhältnis zu dem gemeldeten engliichen Verlust sehr um fangreich war. Schon damals brachten Schweizer Blätter die Mitteilung, daß diese großen Verlustlisten mit einem verlorenen englischen Kriegsschiff Zusammenhängen, dessen Name sie aber noch nicht kannten. Kurz darauf wurde auch in den Schweizer Blättern in Privatdriefen gemeldet, daß der „Thunderer" ein Opfer eines deutschen Torpedos geworden sei. Alle diese Mitteilungen ergaben, daß die Meldung des schwedischen Seemannes auf Tatsachen beruht. Bei der Hartnäckigkeit, mit der die eng lische Admiralität diese Mitteilungen leugnet oder verschweigt, wird man sich nicht wundern im Saale finden würden. Klara von Wendorff war mit tränenden Augen an das Bett des heimlich Geliebten getreten, und Leonore hatte sie in ihren Arm nehmen müssen, um sie zur Fassung zu ermahnen. Von diesem Augenblick an begann ein heimlicher, aller erbitterter Wettkampf zwischen den beiden Mädchen. Sie wußten, daß sich an dem Tage, da sich das Schicksal dieses teuren Kranken entschied, auch endgültig ihr Schicksal entscheiden mußte. In Antonies Herz war stiller Friede eingekehrt. Zwar weinte auch sie in einsamen Augen blicken, wenn der Arzt immer und immer wieder am Bette ihres Bruders und an Hermann Ferchhammers Bett Len Kopf be denklich schüttelte, aber sie ließ nicht ab, um das Leben des Geliebten zu Gott zu flehen, und wie schon früher so oft, so erprobte sie in diesen schweren Stunden die wunüerbare Krast eines inbrünstigen Gebetes. * * * ? Es war in der achtzehnten Nacht, nachdem der iremde Kanonier eingeliefert worden war. Er hatte den ganzen Tag zum erstenmal ganz still gelegen und war sogar gegen Abend in einen träumefreien Schlummer gesunken. Der Weisung des Arztes folgend, daß der Kranke bis zur Überwindung Ler Krise nie allein bleiben dürfe, hatte in dieser Nackt Leonore von Carsten Lie Wache bei ihm über nommen. Sie saß, in einem Buche lesend, in einem Zustand zwischen Wachen und Träumen an seinem Bett, als sie plötzlich ein leises Flüstern zu vernehmen glaubte. Schnell beugte sie sich zu ihm hernieder und hörte. dürfen, daß sie auck den Verlust eines Kriegs-' fcksiffes bei der Seeschlacht von Helgoland nicht zugeben will. Politische Armälckau. Deutschland. "Die Bundesratsverordnungen, über Vorratserhebungen vom 24. August und 13. Oktober v. Js. sind nach folgenden zwei Richtungen ergänzt worden: Einmal wird bestimmt, daß die Auskunft über die Vorräte nicht bloß durch unmittelbare be hördliche Befragung des Auskunftpflichtigen, sondern auck durch eine öffentliche Bekannt machung erfordert werden kann, und sodann werden die Strafbestimmungen da hin verschärft, daß bei vorsätzlicher Übertretung der sür die Auskunftserteilung gegebenen Vorschriften Gefängnisstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 10990 Mark verhängt werden kann und verschwie gene Vorräte im Urteil für den Staat ver fallen erklärt werden können. Die Verordnung tritt sofort in Kraft. Frankreich. "Zum ersten Male hat die französische Zensur nun auch die Militärkrttik be anstandet, und zwar kritische Äußerungen des Generals Berthaut im .Petit Journal', in denen er sich anscheinend über dierussischen Verbündeten ausließ. Italien. "Wie die römischen Blätter melden, hat der Papst den Vorschlag gemacht, die Zivil- gefangenen auszutauscken, und zwar Frauen, Kinder sowie Männer über 55 Jahre. Die Mächte, die dem Vorschläge eine günstige Antwort gegeben haben, sind Deutschland, Osterreick-Ungarn und England. Der Papst hatte sich wie früher, direkt an die Staatsoberhäupter gewandt. — Nack der .Tribuna' dauern die Verhandlungen zwischen dem Papst und den europäischen Kabinetten zur Durchführung eines Austausches der dienstuntauglichen Gefangenen fort, doch scheint die Frage Schwierigkeiten zu begegnen. Svanien. " Die spanischen Blätter veröffentlichen den Wortlaut des spanisch-amerikani schen Schiedsgerichtsvertrages. Der Vertrag bestimmt, daß im Falle von Un stimmigkeiten zwischen beiden Staaten die strittige Angelegenheit einem besonderen Aus« fchusse unterbreitet werden soll. Beide Regie rungen verpflichten sich, keinerlei Feindselig keiten zu unternehmen, bevor ein Bericht Les Ausschusses vorliegt. Rutzland. " Der .Ruskoje Slowo' in Petersburg be richtet: „Der russische Kriegsminister verlangt eine strenge Nachprüfung Ler Meldelisten sür Offiziere und Arzte der Reserve, da er meint, daß viele aus Gesetzesunkenntnis die mili tärische Meldepflicht versäumt haben könnten." Ec meldet weiter aus Tula: Die schwin delhafte Befreiung vom Militär« dienst droht den Umfang Les Panama« skandals anzunehmen. Eine große Anzahl Personen besserer Kreise, darunter Fabri kanten, Stadlräte, Hausbesitzer usw. wie die Hauptschuldigen aus der militärische» Ein- ziehungskommissson wurden verhaftet. Es werden täglich neue Verbrechen entdeckt. Enorme Bestechungen spielen dabei Lis Hauptrolle. Aston. "Die diplomatischen Kreise verfolgen mit Spannung Lie Entwicklung des japanisch- chinesischen Konfliktes. Da China die letzte japanische Note nickt beantwortete, erzwang der japanische Gesandte sich eine längere Unterredung mit Juanschikai. Er warnte China vor der eingeschlagenen Richtung in der Sckanlungfraae. Die chinesischen Blätter machen in den schärfsten Wendungen Englandverantwortltch für Japans Auftreten. Die Rüstungen in China werden mit Energie betrieben. Wie der Petersburger.Rietsch' aus Peking meldet, soll China dem russischen Gesandten eine zweite Prolestnote überreicht haben, in der gegen die russisch-mongolischen Vereinbarungen über Eisenbahnen und Telegraphen in Ler Mon golei Stellung genommen wird. daß er sprach, anfangs noch verworren und sich über seine Umgebung wundernd, dann aber, als sie ihn mit lindem Wort zur Ruhe mahnte, bat er: „Lassen Sie mich ietzt nur sprechen." „Aber der Arzt —" „Er wird sich überzeugen, daß das, was ich zu erzählen habe, sür meine Gesundung von großer Bedeutung ist." Ta ließ sie ihn sprechen. Ganz leise Hub er an: „Ich bin der Vorsehung dankbar, daß sie mich so hat das Leben beschließen lassen, das ich selbst von Grund aus verpfuscht habe. Ich habe, als dieser Krieg begann, in den Reihen Ler Franzosen gegen mein eigenes Vaterland gekämpft." Überrascht kah Leonore auf. Sie wies auf das eiserne Kreuz, Las auf einem seidenen kleinen Kissen, das Amelie hergericktet hatte, auf seinem Stuhl lag und wollte ihrem Er staunen Ausdruck geben, aber er ließ sie nicht reden. Er griff nach dem Kreuz und von namenloser Rührung überwältigt, lüßte er es und benetzte es mit seinen Tränen: „Schade," flüsterte er, «schade, daß ich dich nicht behalten darf." „Sie dürfen es behalten," erklärte Leonore, „der Kommandeur selber hat es Ihnen ge bracht, obwohl niemand ihren Namen wußte." „Wenn man ihn erfahren hat," entgegnete er bitter, „wird man mich nicht mehr für würdig halten, das Kreuz zu tragen." Tränen erstickten seine Stimme. „Sie müssen jetzt aber unbedingt still sein." „Nein, nein, bitie lassen Sie mich reden. Wenn man meinen Namen erfahren wird.
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