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Ottendorfer Zeitung : 14.03.1915
- Erscheinungsdatum
- 1915-03-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191503148
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19150314
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19150314
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1915
-
Monat
1915-03
- Tag 1915-03-14
-
Monat
1915-03
-
Jahr
1915
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 14.03.1915
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Krisen im Dreiverband. Schon öster ist in letzter Zeit davon die Rede gewesen, daß es Riffe und Spaltungen im Dreiverband gebe. In einem Artikel der .Köln. Ztg.', der offenbar aus gutunterrichteter Quelle stammt, wird jetzt einmal die Sachlage zusammenfasfend dargestevt. In - dem Artikel beißt es u. a.: Am 27. Februar ist in den Beziehungen des Dreiverbandes eine bedeut same Wendung eingetreten. In öffentlicher Parlamentsrede hat der englische Premier minister Asquith seinen Verbündeten ihr Wort vom September zurückgegeben, wonach diese Mächte nur mit England gemeinsam über den Frieden verhandeln wollten. Denn nicht anders kann man die prahlerische Ver sicherung des Marineministers Churchill gegen über dem Redakteur des ,Matin' deuten, daß England auch allein bis zum bittern Ende kämpfen würde. Zu Anfang September war Frankreich ge neigt, nach seinen ersten schweren Niederlagen einen Sonderfrieden zu schließen. Es glaubte seine Bündnispflichten treu und mit größten Opfern erfüllt zu haben, mußte aber wahr- «ehmen, daß weder England noch Rußland imstande waren, ihre ihnen vom gemeinsamen Kriegsplane zugewiesenen Aufgaben durchzu führen. Dadurch hielt es den Dreiverband ohne seine Schuld für gesprengt. Dadrohte LordKitchener mit einer Beschie ßung aller französischen Häfen und zwang in Gemeinschaft mit Rußland, das damals gegen Österreich große Fort schritte zu erzielen wähnte, Frankreich zu dem Abkommen von London, nach dem die drei Mächte nur gemeinsam über den Frieden ver handeln dursten. Im Lause der Zeit aber er wies es sich, daß England damit in seiner eigenen Falle gefangen war, denn die beiden Verbündeten und auch die andern Kriegsteil nehmer, die nachträglich zu dem Abkommen zugelaffen worden waren, mußten bald merken, daß sie in dem ganzen Kriege einseitig für englische Pläne eingespannt werden sollten, daß England mit einem Schlage alle wirt schaftlichen Nebenbuhler, gleichgültig ob Freunde oder Feinde, verderben wollte. Das führte zu ihrer Annäherung untereinander und zu einem gemeinsamen stillen Gegettsatz gegen England. Bei der Kundgebung des englischen Mi nisters war nicht daran gedacht morden, daß Hamit Frankreich und Rußland ihrerseits von dem Zwang des Londoner Abkommens be freit wurden! Wenn England erklärte, es halte sich an den gemeinsamen Friedensschluß nicht gebunden, dann waren es auch die anderen Vertragschließenden nicht mehr, und wenn England von vornherein sagte, es würde weilerkämpfen, dann hatte es keinen Zweck mehr für die anderen, bei Friedens- Verhandlungen England vorweg zu fragen oder zuzuziehen, weil die Vergeblichkeit dieses Verfahrens schon vorher durch seine bestimmte Erklärung seststand. Diese gefährliche Folge rung mußte man in England denn auch er kennen, und ihr sollte die Anfrage im Parla ment am 27. Februar begegnen, ob Churchills Standpunkt mit Billigung der Regierung aus gesprochen worden sei. Die englische Politik wollte also die ihr schon geläufige Ausrede benutzen, der aben teuersüchtige Mr. Churchill sei außerhalb seines eigenen Refforts nicht ganz zurechnungsfähig, seinen häufigen Reden und übereilten Hand lungen dürfe keine Bedeutung und keine amtliche Tragweite beigelegt werden. Aber diese Brücke wagte der Premierminister Asquith nicht mehr zu betreten. Das Kriegs- syttdikat der Asquith, Gren, Churchill, Lloyd George ist durch die gemeinsame Schuld am Kriegsausbruch, der ihre sonst unwiderruflich verlorene politische Stel lung. ihr langsam zusammengebrochencs par lamentarisches Ansehen noch im letzten Augenblick zu stützen und zu halten bestimmt war, so eng verkettet, daß sie keinen aus ihrer Mitte fallen lassen dürfen. Die gegen Churchill verlangte Erklärung, die von Englands Politik erfordert wurde, hätte den Marineminister von seinem wackligen Stuhl geworfen, dann über wären ihm unfehlbar die anderen Ver schworenen nachgestürzt, vom Fluche unge zählter Millionen begleitet, und wahrscheinlich hätte sogar Churchills brutale Rücksichtslofig- keit beim Sturz der ungetreuen Komplicen nachgeholfen. Deshalb zog sich Asquith auf die Erklärung zurück, er Hötte keinen Grund, von Churchills Stellung abzuweichen, denn dieser hätte auch gesagt, daß er den Fall eines Sonderfriedens Rußlands und Frank reichs sich gar nicht vorstellen könne. Das sei auch seine Meinung. Das heißt aus dem Diplomatischen ins Deutsche übersetzt: „Wir halten die Ver bündeten nicht durch ihren Vertrag fest — der ist uns unter der andern Lage unbequem genug geioorden —, sondern wie im Septem ber durch die Drohung mit unsern Schiffs- kanonen." — Dabei ist nur zweierlei ver gessen worden: erstens, daß seit September aller Welt klar geworden ist, in wie lächerlichem Widerspruch diese Drohung mit Englands wirk licher kriegerischer Leistungsfähigkeit sieht, und zweitens, daß jetzt in einem Streite zwischen Frankreich und England nicht mehr ein sieges sicheres Rußland auf Englands Seite stehen würde. Jedenfalls bleibt es dabei: Die eng lische Regierung hat amtlich bestätigt, daß sie sich an ihr Versprechen, mit den Verbündeten gemeinsam Frieden zu schließen, nicht mehr gebunden hält. Also haben auch die Verbün deten ihre Handlungsfreiheit zurückerlangt und dürfen vorgehen, ohne nach England zu fragen. — Das ist für die Zukunft und für eine Lösung des europäischen Konflikts nicht ohne Bedeutung. verschiedene Nriegznachrlchten. Von der mil. Zensurbehörde zugelassene Nachrichten. Der Kampf der Unterseeboote. Mit jedem Tage mehren sich die Schiffs verluste Englands. Die englische Regierung kann nicht verschweigen, daß „die Pest der O-Boote" dem Handel schwere Wunden schlägt. Der Jubel, der in England herrschte, als der Untergang des deutschen Tauchbootes „17 8" bekannt wurde, hat sich ein wenig gelegt, seitdem die Admiralität mitgeteilt hat, daß an der Veriolgung des einen O-Bootes zwölf Torpedojäger beteiligt ivaren. Die Tätigkeit der deutschen U-Boote hat sich jedenfalls als eine äußerst wirksame Waffe im Kampfe gegen Englcknd erwiesen. Zeichnei -Le Kriegsanleihe! Kriegsbegeisterung auf Bestellung. Nach einer Mitteilung aus Genf verrät das Parifer .Journal', daß alle in den letzten Wochen in Pariser Zeitungen veröffentlichten hochpatriotischen Soldatenbriefe auf Befehl des Präfekten von der Schul leiterin der Staatsschule in BelleviUe ange fertigt wurden. — Das Blatt beruft sich auf eine gleichlautende Erklärung im ,Cri de Paris', die bis heute unwidersprochen geblieben ist. * Nicht für Belgien? Die ,Times' sage» in einem Leitartikel: ES scheint noch Engländer zu gebe», die glaube», England habe das Schwert nur um Belgiens willen gezogen. Sie vergesse», dass Ehre und Jntcrcfsc nns ge zwungen hätten, Frankreich und Rußland bcizuspringen, auch weun Deutschland die belgische Neutralität geachtet hätte. Dee deutsche Kanzler hat vollkommen -recht. Selbst wen» die deutsche» Truppen nicht in Belgien eingedrungc» wären, hätten Ehre und Interesse» nns mit Frankreich vereinigt. England kämpft nicht für Bel gien, Frankreich oder Rußland. Sie haben wohl einen Platz in Englands Herz, aber zuerst kommt England. — Niemand in England zweifelt daran, daß das Dardanellenbombardement die Einleitung eines großen Angriffs der Verbündeten auf allen Fronten ist. Dieser Generalangriff soll auf allen Fronten gleichzeitig einsetzen und bis züm letzten Blutstropfen Lurchgeführt werden. .In England sind in allen Lazaretten die außerordentlichsten Vorbereitungen getroffen worden. * Die Bewerber um Konstantinopel. Der russische .Rietsch' tritt gegen Äuße rungen französischer Blätter auf. Lie zwar den Besitz Konstantinopels Rußland einräumen, den Bosporus und die Dardanellen aber neutralisieren wollen. Der Besitz Konstanti nopels sei für Rußland nur von Wert, falls auch die Meerengen russischer Besitz würden. Die freie Durchfahrt für die Neu tralen und die Balkanstaaten sei natürlich wichtig, die Entscheidung über die Durchfahrt könne aber ebensogut in Petersburg ohne Mitwirkung der Verbündeten, wie in Paris oder London getroffen werden. Die Trennung der Herrschaft in der Frage der Meerengen von der Frage des Besitzes Konstantinopels beweise nur, daß die verbündete Presse das Lebensintereffe Rußlands nicht verstehe. Im .Rietsch' wird auch gegen die griechische Presse gestritten, die die Einnahme Konstantinopels durch die griechische Armee wünscht. Es sei' nicht notwendig, gegen diese griechi schen Wünsche zu protestieren, da deren Erfüllung viel weiter liegt als die in der russischen Duma geäußerten Wünsche. Wichtig sei unter diesen Umständen die Er wägung Ler Frage, ob griechische Truppen überhaupt zur Eroberung Konstantinopels hin zugezogen werden dürsten. * Beschädigte Kriegsschiffe i» Saloniki. Wie aus Konstantinopel berichtet wird, flüchten die bei der Beschießung der Dardanellen forts beschädigten feindlichen Kriegs schiffe mit Vorliebe in den Hafen von Saloniki. Ein ans Saloniki in Konstantinopel eingetroffener Reisender berichtet, daß in den letzten Tagen dreigroße Kriegsschiffe, eines mit vier, zwei mit je drei Schornsteinen in diesen Hafen eingelausen seien. Ihre Masten und Schornsteine wären zerschossen, auch wiesen sie sonst schwere Beschädigungen auf. Sie sollen überdies in Salo niki achthundert Verwundete gelandet haben. Die Lage iu Persien. Wie über Konstantinopel gemeldet wird, sind die russischen Meldungen, daß der tür kische Vorstoß in Nordpersien ge lähmt sei, völlig unzutreffend. Deutscher Reichstag. (Original-Bericht.) Berlin, 11. März. Zum dritten Male seit, Ausbruch des Krieges trat am Mittwoch Ler Reichstag zu sammen. Galt es in Len ersten beiden Sitzungen die Kriegsforderungen zu bewilligen und Kriegsnotgesetze zu schaffen, so soll dies mal in längerer Sitzungsdauer der Reichs- Haushaltsplan für 1S1S unter Dach und Fach gebracht, daneben aber auch noch weitete, durch den Krieg notwendig gewordene Ge setze erledigt werden. Präsident D r. Kämpf eröffnete um 2Vi Uhr Lie Sitzung mit einer Begrüßung an die erschienenen Abgeordneten und dankte ihnen für die von ihnen geleistete Arbeit im Felde oder beim Liebesgaüenwerke. Er würdigte die Taten unserer und der uns ver bündeten Armee Österreich-Ungarns mit ihren ausgedehnten Fronten. Auch im Süden, an den Dardanellen halte dis türkische Armee treue Wacht. Seit dem Tage von Sedan Habs die Welt ähnliche große Taten nicht gesehen. Unsere Feinds hätten einen neuen Bundesgenoffen, den Hunger, gegen uns aufge- rufen, aber Deutschland habe mit Ruhe und Ent schlossenheit geantwortet. Offiziere und Mann schaften unserer H-Boote hätten ihren Todes mut bewiesen. Die Engländer hatten sich ver rechnet und die deutsche wirtschaftliche und finanzielle Kraft, das Organisationstalent, die Stärke der Landwirtschaft, Tatkraft des Handels und der Industrie und vor allein die Einmütigkeit des Volkes und den Willen zum Siegs außer acht gelassen. Der Präsident gedachte dann noch des verstorbenen Abg. Semler (nat.-lib.). Die Anwesenden batten sich erhoben. Abg. D r. Weill (soz.), so teilte der Präsident weiter mit, habe seine Staatsange hörigkeit und damit sein Mandat ver loren. Die Angelegenheit des Abg. Wetter!» wurde der Geschäftsordnungskom- Mission zur weiteren Erleidigung überwiesen. Nach Erledigung geschäftlicher Angelegenheiten wandte sich das Haus der Tagesordnung zu, auf der als einzigster Punkt die erste Lesung des Etats stand. Reichsschatzsekretär Dr. Helfferich führte sich mit einem Erinnern an seinen Vorgänger ein, dem die Finanzgestaltung des Reiches viel zu danken habe. Der Entschluß," dies Amt zu übernehmen, sei ihm, Dr. Helfferich, nicht leicht geworden, sein Soldatenherz habe ihm aber geboten, in Lieser ernsten, schweren Zeit dem Ruse seines kaiserlichen Herrn zu folgen. Er bitte, auch wenn er nicht immer das Glück hätte, die gleiche Meinung des Hauses bei seinem kommenden Handeln zu haben, um Vertrauen, denn allen gemeinsam sei die Liebe zum Vaterlande. Ein finan zielles Zukunftsprogramm könne er nicht ent rollen, das müsse bis nach Friedensschlüß unterbleiben. Der Reichsschatzsekretär ging dann auf die technische Seite des Etats ein. der sich äußerlich kaum von den früheren unter scheide. Nur etwas magerer sei er leider, aber eben nur äußerlich geworden. Die für den Krieg angeforderten Summen lassen den Etats entwurf mit 13 Milliarden abschließen. Er sei mithin viermal so groß als der größte, der dem Hause vorgelegen habe. Der Kolonien sei durch eins Art Notgesetz im Etat gedacht, durch das die Männer draußen die Finanzwirtschaft weiter führen konnten. Die Grundsätze der Schuldentilgung sollten auch im Kriege aufrechterhalten bleiben. Nickt ver zichten würden wir darauf, unsere Feinds haftbar zu machen für die Schäden, die uns insolge des Krieges erwuchsen. Der Wehrbeitrag habe eine Mindereinnahme gebracht, aber der Unterbau der Finanzen sei so gesund, daß ihn auch der Krieg nicht zerstören könne. 10 Mil liarden Kriegskredtte gelte es wiederum zu bewilligen. Aber wo es sich um unser ein und alles, um den Bestand des Vaterlandes handele, würde das finanzielle Opker ebenso gern gebracht werden wie die schmerzlichen Blutopfer. Das deutsche Volk muß leisten, was es irgend leisten-kann. Schande über jeden, der fick ausschließt. Nunmehr erklärte Abg. Haase (soz.), daß seine FrMion aus der beschrittenen Bahn verharre. Sie billige es aber nicht, daß die Regierung noch immer nicht allen Staats bürgern gleiche Rechte gegeben habe. Die Ausnahmebestimmungen des Koalitionsrechts müßten beseitigt werden, ebenso die Klassen- wahlrechte. Redner erhob Beschwerde über diS Zensur von Presse und Vorträgen. Die Regierung stabe viel versäumt in den Vor schriften Über die Lebensmittelversorgung. Notwendig sei ein Besitzsteuergesetz, um die Verdienste der Kriegsspekulanten zu treffen. Namens der bürgerlichen Parteien erklärte Abg. Dr. Spahn: Das deutsche Volk sei entschlossen, den Krieg bis zum Ende durch zuführen. Das deutsche Volk führe den Krieg um des Friedens willen, der ihm eine macht volle Entwicklung sichere. Für die polnische Fraktion forderte Abg. Send adle Beseitigung sämtlicher Ausnahmegesetze. Darauf antwortete' Staatssekretär Dr. Delbrück, ihm sei lein Gesetz bekannt, das ein Ausnahmerecht gegen das deutsche Volk bilde, es wäre denn der 8 13 des Reichs vereinsgesetzes. Die Regierung habe aber schon erklärt, daß sie nack Friedensschluß in eine Neu Prüfung der innerpolitischen Verhältnisse einireien werde. Während des Krieges sei das nicht angängig. Ausnahmegesetze gäbe es nicht. Beschränkungen der Freiheit des einzelnen werde es immer geben. Er weise die Ausführungen des Abg. Haase energisch zurück, damit im Ausland nicht die Anschauung , entstände, es gebe in Deutschland Ausnahmegesetze. Die während des Krieges vorgenommenen Beschränkungen im zivilen Leben seien verfassungsrechtlich begründet, in bezug auf die Presse hätten sie Blätter aller Parteien erjahrem Der Etat wurde der verstärkten Budget kommission überwiesen. In einer zweiten Sitzung, die eine halbe Stunde später stattfand, wurde das Stick stoffmonopol einer Kommission und ein Gesetz über die Ausgabe neuer Zehn markscheine der Budgetkommission über wiesen. Darauf vertagt sich das Haus bis Donners- tag, den 13. März. Der Enkel der Grasen Haudegg. 13 j Erzählrurg von Marga Carlsse «. ifFortstbung.) Als der General kaum Platz genommen hatte, in einem der schwellenden Polstersessel in des Grafen sogenanntem „Studiersalon", bä ging der Graf direkt auf fein Ziel los; einige Male schritt er im Zimmer auf und ab und blieb endlich vor dem alten Herrn stehen, -der ihn seiner offenbaren Erregung wegen . erwartungsvoll anvlickte. ' „Exzellenz," begann der Graf, „es kann ' Ihnen nicht verborgen geblieben sein, daß ich fürttW Fräulein Tochter eine tiefe Verehrung - empfinde, mehr noch wie das. daß ich fie liebe. Ich würde mich glücklich schätzen, wenn Sie, . , Exzellenz, mw auch nur eine kleiye Hoffnung M lassen. Laß ich in nicht allzu langer Zeit meine Wünsche erfüllt sehen darf." Er schwieg, wohl wissend, daß ihm mehr wie eine kleme Hoffnung gewährtwürde. Der General hatte im geheimen den Plan, seine . Tochter mit dem Grafen Felsen zu vermählen, schon, längst gehegt. Er war deshalb nicht sehr überrascht bei der Erklärung des Grafen, er strich wohlgefällig lächelnd seinen großen Schnurrbart, dann streckte er dem vor ihm Stehenden die Hand hin und sagte langsam: „Mein lieber Gras, was ich eben gehört, erfüllt mich mit hoher Freude. Ich muß Ihnen gestehen, daß ich Sie während unseres Verkehrs, als Freund schätzen gelernt, und daß ich meine.Tochter keinem Manne lieber geben würde als Ihnen. Eine Bitte habe ich indessen: ich möchte nicht, daß Felizitas etwas von dieser Unterredung erfährt. Sie ist noch sehr jung und soll diesen Winter in dis Gesellschaft ein geführt werden; da halte ich es nicht für gut, daß sie schon vorher Braut ist. Wollen wir also damit noch etwas warten; sind Sie da mit einverstanden?" „Exzellenz, Sie si^d zu gütig, indem Sie mir Ihre Einwilligung nicht versagen, da, wo es sich um mein Lebensglück handelt." Ob wohl seiner Sache bereits sicher, beschloß er, doch noch weiter zu gehen. Er fuhr deshalb fort: „Ihre Einwilligung besitze ich nun. wie aber, wenn Felizitas sich weigert? Wenn.sie nichts von mir wissen will?" Lauernd heftete er die dunklen Augen auf den asten Herrn, auf dessen Stirn dieZornes- ader anschwoll. „Nicht will?" klang es wie fernes Grollen aus des Generals'Munde. „Nicht will? Sie muß! Wenn sie sich weigert, — ich werde den kindischen Trotz ihr schon zu brechen wissen. Denn eine Weigerung wäre Trotz. Aber darauf können Sie sich verlassen. lieber Graf, so lange ich da bin, gilt mein Wille. Pah, es wäre das erste Mal, daß General von Brenken sich von Weiberlaunen beherrschen ließe." Nach diesen Worten erhob er sich, die elegante Gestalt des Grafen wohlgefällig überblickend. Väterlich klopfte er ihm auf die Schulter und sagte: „Wenn die Wintersaison zu Ende geht, feiern wir Verlobung, gefällt Ihnen das?" Der Graf beeilte sich zu versichern, daß ihm nichts erwünschter käme. Er konnte sich sagen, daß sein Ziel erreicht sei. Er triumphierte innerlich über seinen so leicht ge machten Sieg. Die schöne, stolze Felizitas lein! Was konnte er mehr verlangen? Und ihr Sträuben würde sie ihm nur noch be gehrenswerter machen. Mit einem gewissen grausamen Entzücken malte er sich die Zu kunft aus. Der kleine Trotzkopf; aller Wider stand ihrerseits würde vergeblich sein, denn der General stand auf seiner, des Grafen Seite, Las entschied die Sache. Der General war durch die Werbung des Grafen in eine äußerst heitere Gemüts stimmung versetzt worden. Er begann sich allmählich auszusöhnen mit der Tatsache, daß seine Tochter kein Knabe war: durch die Ver bindung mit dem Sprößling einer angesehenen österreichischen Adelsfamilie war ihr. eine Möglichkeit gegeben, das Unrecht wieder gut zumachen, das einzig darin bestand, daß sie nur ein Mädchen war. Seine Tochter eine Gräfin Felsen, das würde den Glanz seines asten Namens noch erhöhen. Der Graf, in seiner Freude, den Stern der diesjährigen Wintersaison sein eigen zu nennen, klingelte dem Diener und befahl eine Flasche Sekt. Und als einige Minuten später veredle Säst in den Gläsern perlte, erhob Graf Felsen das seine : „Auf das Wohl meiner künftigen, schönen Braut!" , Die Exzellenz tat ihm lächelnd Bescheid und warnte: „Nicht zu früh, plaudern, Graf, fetzt sind Sie noch Bewerber, später erst Bräutigam." Hätten die beiden Herren geahnt, daß Felizitas unaufhörlich an Alfred Orlano dachte und fick die Szene im Vorzimmer des Hardenscheu Hauses immer wieder ins Ge ¬ dächtnis zurückrief, und dabei eine süße Selig keit genoß, sie wären nicht so ruhig gewesen. Am 27. Oktober war der Geburtsiag des jungen Mädchens. Am Tage daraus wollte Herr von Brenken eine» Ball geben und Felizitas offiziell in die Gesellschaft einführen. Die Einladungen waren schon ergangen und hatten nur verschwindend wenig Absagen er fahren. Felizitas verbrachte die letzten Tage vor dem wichtigen Ereignis wie im Traume. Welch eine Veränderung war mit ihr vor gegangen! Es gab Stunden, in betten sie hätte aufjauckzen mögen vor Glück, und dann ergriff sie eine namenlose Sehnsucht nach etwas fernem Wonnigen, Süßen. JhrH'erzens- zustand blieb auch nicht ohne Einfluß auf ihr Außeres. Ihre Augen hatten ost einen er höhten Glanz; dann blickten sie wieder traum verloren und mit einem ganz neuen Ausdruck in die Ferne. Wenn Fräulein von Haller, die Las junge Mädchen im stillen beobachtete, bei solchen Gelegenheiten lächelnd mildem Finger drohte, errötete Felizitas stets tief, jagte aber nickts. Das junge, unerfahrene Mädchenherz war sich noch nicht recht klar über die Gefühle, die auf es einstürmten. Wohl wußte Felizitas, daß Alfred Orlano es sei, der in ihr die Ver änderung bewirkt hatte, daß sie kaum zu denken wagte, er könne wieder abreisen und sie würde ihn nicht Wiedersehen. Sie fühlte instinktiv, daß dies nie eintreffen würde. Der Klang seine Stimme, seine ernsten Augen, sein warmer Händedruck ließen einen süßen Schauer durch ihre Glieder rieseln. Daß das Liebs war, erste junge Liebe, Las wußte sie nicht.
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