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Ottendorfer Zeitung : 31.03.1915
- Erscheinungsdatum
- 1915-03-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191503313
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19150331
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19150331
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1915
-
Monat
1915-03
- Tag 1915-03-31
-
Monat
1915-03
-
Jahr
1915
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 31.03.1915
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bnglanäs R.ecb1fertigung. Schon ein paarmal sind im englischen Unterhause unbeaueme Fragen an den ver antwortlichen Minister Sir Edward Grey über seine Haltung kurz vor dem Kriege ge stellt worden. Er hat es deshalb für nötig gehalten, sich mit einer längeren Darlegung von dem Vorwurf reinzuwaschen, daß er ohne zwingende Gründe England in den Krieg gestürzt habe. Zum Beweise sür seine ehrliche Friedensge'nnung verweist er auf seinen Vorsitz in der Londoner Botlchasterkonferenz. deren Aufgabe war. eine Erweiterung der Balkankriege zu einem europäischen Kriege zu verhindern. Wir leugnen heute ebenso wenig als früher, daß er damals sich wirklich redliche Müste gab. die Gegenlätze unter den Groß mächten abzuschwächen. Wenn er aber be hauptet. daß durch Annahme seines Konfe renzvorschlages von Enüe Juli 1914 der Weltkrieg hätte verhindert werden können, so übersiebt er geflissentlich, daß die Sühne sür den Fürstenmord in Seraiewo eine Angelegen heit war. die nur Osteireich-Ungarn und Serbien anging, und daß das zur Ein mischung entschlossene Rußland schon die Mobilisierung beschlossen halte, als Grey seinen Konferenzoorichlag machte. Immerhin. Grey mag noch in den letzten Julilagen aus Angst vor den Folgen seiner geheimen, im Parlament abgeleugneten mili tärischen Abmachungen mit Frankreich und Ruhland ehrlich nach einem friedlichen Aus weg gesucht haben. Das einzige Mittel, die russischen Kriegsdränger abzuichrecken und Frankreich zu zügeln, wäre geweien. daß sich England neutral erklärte. Das Sprungbrett hierzu hatte ihm der deutsche Reichskanzler mit den Angeboten hingeschoben. Belgien und Frankreich zu schonen. Aber Grey hätte dann die geheimen Zu sicherungen. Frankreichs Nordküue zu schützen, verleugnen müssen. Er war viel zu tief in die Entente-Politik verstrickt. Statt aut Ruß land und Frankreich zu drücken, drückte er auf Deutschland mit der Erklärung, daß Eng land deutsche Operationen an der Nordküste Frankreichs nicht zulassen könne, und machte vollends seine untauglichen Friedensveriuche dadurch zunichte, daß er gleichzeitig in Paris und Petersburg von feiner Drohung an Deutschland Kenntnis gab. Damit hatte er die Mitschuld an der russi schen Brandstiftung auf sich genommen, und seine gan-e Sorge richtete sich nun daraus, dem englischen Volke einen besseren Kriegs grund vorzuiäuschen. als es der Schutz Ser biens in der Serajewoer Mordgeschichte war. Wir wundern uns nur. daß Grey wenige Tage, nachdem in der.Times' klar dargelegt war, daß England nicht um die belgische Neu tralität. sondern aus Eigennutz Krieg führt, noch den Mut gehabt hat. das Nichteintretsn Englands sür Belgien sür eine Schande zu erklären. Was dis englischen Staatsmänner früher über die Verpflichtung Englands dachten, für Belgiens Neutralität das Schwert zu ziehen, das zeigen die oft zitierten Äußerungen Glad stones, die Äußerungen Palmerstons vom Jahre 1865 und die Auslührungen im .Stan dard' 1887, dem Organ des damaligen eng- lnchen Ministeriums, wo offen zugegeben wird, daß durch Beanspruchung eines vorüber gehenden Durchzugsrechts durch Belgien, das übrigens mit dem Neutralitätsoertrage voll kommen vereinbar ist, weder die englischen Interessen noch die englische Ebre in irgend einer Weile berührt werden würden. Grey aber hat durch die Hartnäckigkeit, mit der er jetzt noch an der Heuchelei sesihält, daß Eng land für den Schutz und die Freiheit kleiner Staaten kämpfe (siehe Holland. Transvaal. Finnland usw.), seine Mitschuld am Kriege nur vergrößert. verschiedene ttriegsnachnchten. Lon der mit. Zensurbehörde zugelassene Nachrichten. Warnung vor dem Friedcnsgercde. Mehrere englische Zeitungen weisen darauf hin, daß immer wieder von dem Abschluß des Friedens gesprochen werde, obwohl noch nicht daran zu denken sei, daß die Deutschen mürbe seien. Sie warnen vor Friedenshoffnungen, ehe es nicht gelungen sei, Belgien und Nordsrankreich von den Deutschen zu säubern. Dazu aber sei eine ungeheure Kraftanstrengung erforderlich. * Der Dreiverband braucht Hilfe. Aus dem Haag wird gemeldet: Alle Anzeichen weilen darauf bin. daß die Diplomatie der Drcivcrbandsmächtc zur zeit erneute riesenhafte Anstren gungen macht, um Italien und Griechenland, möglichst auch Bul garien rmd R umänic n zum Eingreifen in den Krieg auf seilen des Dreiverbandes zu veranlassen. Enaliiche Blätter melden aus Paris, daß dort eine Vereinigung zum Bereisen der neu tralen Länder durch französische Schriftsteller von Rus und durch Professoren der Sorbonne gegründet wurde. Auch der Kinematograph, ! der französische Kriegsfflms vorsühren soll, wird dazu herangezogen werden. Die fran zösische Regierung bewilligte sür die Liga einen Kredit von einer Million Frank. Die .Times' melden ferner aus Bukarest, daß die rumänische Liga sür nationale Aktion ihre Rundreise durch die rumänischen Siädte be gann. um die Bevölkerung von der Not-, Wendigkeit eines sofortigen Eingreifens zu überzeugen. Tie Lage im Osten. Noch immer wird um entscheidende Punkte in den Karpathen gerungen. Obwohl die Russen alles daranützen. hier in Vorteil zu kommen, bat der Heldenmut der österreichi schen Truppen bisher allen Angriffen stand- gehalten. Und nicht nur das: die Öster reicher gewinnen lanasam an Boden. Die ungemein heftige Karp ath en s ch l a ch t steht also für die Verbündeten günstig. An der übrigen Ostfront sind die Russen in die Verteidigung gedrängt, nachdem olle Angriffsoertuchs abgeschlagen worden sind. Wir dürfen also — wie im Westen — der Entwicklung der Dinge mit Ruhe und Zuversicht entgegensehen. Der Zustand des russischen Heeres. In Schweizer Blättern ist zu lesen: Der deutsche Bericht über die Kämpfe gegen die neue russische Armee im Raume von Suwalki zeigt, daß nun. nach siebenmonatigem Ringen, ein Teil des russischen Heeres hinsichtlich seiner Schlagkraft sich in einem Zustande befindet, der ihn nicht mehr als vollwertigen Gegner erscheinen läßt. Wohl sind die Bestände wieder ungefüllt, aber die Quali tät des Materials erträgt keine An-! griffsbewegung mehr. So wird auch aus der übrigen russischen Front die Zeit kommen, da die Hundertlausende gefangener und gelöteter Lmientruppen nur" noch in der Zahl, nicht aber ihrem Werte nach ersetzbar^ find. Was dies sür den Kriegsausgang zu bedeuten hat, braucht wohl nicht gesägt zu werden. Die polnischen Legionen. Der in Südostgalizien operierende russische j Armeekommandant erließ einen Befehl, in dem f den Soldaten und der Bevölkerung der Aus- i trag erteilt wird, die Mitglieder der polnischen Legion, obwohl diese in der! österreichischen Armee vereidigt find, als Räuberbanden zu behandeln. Es wird jedem mit Kriegsgericht gedroht, der die Legionäre unterstützt, ebenso mit Zerstörung der Dörfer, in denen Legionäre ausgesunden werd'N. Politische Armälckau. Italien. * Das Reutersche Bureau ist von der italienischen Botschaft in London ermächtigt, sestzustellen, daß keine Bestätigung sür die in den letzten Tagen von der Presse ge brachten Gerüchte über eine Ein stellung des Verkehrs mit Deutsch land oder über Bewegungen des Heeres und der Flotie ober über eine Änderung in der italienischen Politik vorliegt: es wird er klärt, daß Italiens Standpunkt heute derselbe sei wie früher. *Das Mittel der .Times', die den Fall von Przemysl dazu benutzen, um Italien eindringlich und mit Drohungen zum Eingreifen zu drängen, erregt, wies der ,Voss. Ztg.' berichtet wird, in Italien leb haftes Unbehagen, namentlich die Bemerkung - der.Times', daß Italien schon die Neutralität verletze, wenn es Entschädigungen in Form von s Gebietsabtretungen für seine Neutralität an- i nehme. All' das wird als ungehöriger Eingriff in Italiens freie Entschließung und in die schwebenden Verhandlungen mit Österreich angesehen. .Corriere d'Jtalia' sagt, diele selt same Idee zeigt, daß der von Salandra s verkündete „heilige Egoismus Italiens" gegen s den englischen Egoismus verstößt. Holland. *Die holländische Dampfschiffs-Gesellschaft Zeeland beschloß, der ,Tägl. Rundlch' zutolge. keine belgischen, französischen, englischen und russischen Unter-j tanen im Alter von 18 bis 45 Jahren zur- Beförderung nach England anzuneh men. Wie verlautet, dürfte der Beschluß bei allen anderen holländischen Schiffahrtsgesell- ichasten zur Annahme kommen, um hierdurch die Gefahr des Anhaltens der Schiffe durch - Unterseeboote zu vermindern. Rustland. * Das Warschauer bürgerliche Komitee hat > eins statistische Zusammenstellung aller Schäden und Verluste veröffentlicht, ! die das Land in den ersten fünf Kriegs»! monaten auf allen Gebieten erlitten hat.; Der Gesamtbetrag dieser Schäden beträgt etwa 1 180 000 000 Rubel (2 860 000 00!) Mari). Valkanitaatcn. *Aus Athen verlautet, daß die griechische Negierung nach Prüfung der Vorschläge der Dreioerdandsmächte sich entschlossen hat. die Neutralität zu wahren, solange Bul- oarien dieselbe Ballung einnimmt. Von uncl fern. Vergünstigung zum Besuch Verwun deter in Belgien. Der deutsche Ver- waltungsrat sür belgische Eisenbahnen hat angeordnet, daß zum Besuch kranker oder verwundeter Krieger und zur Beerdigung ver storbener Krieger die Fahrpreise auch aus den im Militärbetried befindlichen Eisenbahnen für erwachsene Angehörige — Kinder unter 15 Jahren sind ausgeschlossen — gleichfalls auf die Hälfte ermäßigt werden. Aus gekränktem Ehrgeiz in den Tod. Der sechzehn Jahre alte Gymnasiast Max E., der Sohn eines Beamten in Berlin, besucht« das Humboldtgymnasium. Er wußte, daß er auf eine Versetzung nicht zu rechnen hatte. Abends legte er sich zu Bett. Bald darauf Hörle der Vater aus der Schlafstube ein schweres Röcheln. Als er nach der Ursache sah, sand er seinen Sohn im Sterben liegen. Der junge E. hatte Zyankali genommen. Sechs Personen tot ausgesunden. Als auf wiederholtes Klingeln die Wohnung des > Inhabers eines Schreibmaschinendureaus Fried in Friedenau nicht geöffnet wurde, ließ man durch Polizei die Tür gewaltsami öffnen. Die Eindringenden sanden Fried mit > seiner Frau und seinen vier Kindern leblos, auf. Nahrungssorgen haben die Eltern zu ' dem furchtbaren Entschluß getrieben. Durch ausströmendes Gas getötet. Im i Kellergeschoß einer Villa in Potsdam wurde der Schutzmann Gustav Leichtmann tot auf- j gesunden. Leichtmann hatte das Amt über-! nommen, nachts, wenn er dienstfrei war, im Kellergeschoß zu schlafen. Man fand in seinem ! Schlajraum den Hahn einer Gaslampe ge- ; öffnet: das ausströmende Gas hatte den Tod ! herbeigesübrt. Mistglückte Flucht französischer Ge fangener. Zwei kürzlich aus dem Münsinger ' Gefangenenlager entwichene französische Kriegs- ! gefangene wurden von der Grenzwache bei Lengen in Baden sestgenommen. Deutsche Firmen unter französischer Verwaltung. Das jetzt erschienene Pariser Adreßbuch für 1915 enthält eine Liste der ausländischen Geschäfte in Paris, die beschlag- nahmt worden sind. Die Liste umfaßt 836 deutsche, 261 österreichische und einen türkischen Namen. In den Vororten sind 125 deutsche und 30 österreichische Gejchäfte unter Zwangs- verwaltung gestellt, zusammen also 1252 Firmen. Die Personen, deren Privatwohnun- gen unter Zwangsoerwaltung gestellt worden sind, sind allem Anschein nach in diese Liste nicht mit einbegriffen. Ariegsereignisse. 1S. März. Russische Angriffe in den Kar pathen und in Südostgalizien werden ab geschlagen. 20. März. Deutsche Erfolge gegen Engländer Und Franzosen bei St. Eloi und auf der Loretto-Höbe. In der Champagne nehmen wir französische Gräben. Bei Verdun, in der Woevre-Ebene und bei Combres er leiden die Franzosen schwere Verluste, eben so am Reichsackerkopf und am Hartmanns weilerkopf. — Die Russen besetzen Memel. 21. März. Zwei Zeppelin-Luftschiffe bombar dieren Paris und Compiögne. — Franzö sische Angriffe bei der Loretto-Höhe werden abgewiesen, bei Beau-Ssiour werden mehrere französische Gräben erobert und etwa drei hundert Gefangene gemacht, die franzö sische Stellung auf dem Reichsackerkoyf wird gestürmt, der Feind hat schwere Verluste und verliert außerdem 250 Gefangene. — Im Osten macken wir bei einem abge schlagenen Angriff der Russen bei Omulew 600 Gefangene. — An der Karpathenfront machen untere Verbündeten über 1000 Russen zu Gefangenen. 22. März. Die Russen werden aus Memel wieder vertrieben. Bei Mariampol, Jed- norocek und Prasznysz erleiden die Russen schwere Verluste. — Die seit 4'/- Monaten von den Russen belagerte Festung Przemyjl in Galizien muß wegen Nahrungsmangel kapitulieren. — Bei einem Gesecht in Süd- westafrika am Barren-Kopie zwischen Deut schen und Engländern erleiden die Eng länder nach eigenen Angaben sehr schwere Verluste. 23. März. Französische Angriffe bei Arras, Beau - Ssjour, Combres, Apremont und Flirey werden abgeschlagen. Die Franzoien erleiden bei Badonoiller schwere Verluste. — Die Deutschen besetzen Rulsisch-Krottingen und befreien 3000 aus Memel von den Russen verschleppte deutsche Zivilpersonen. — In den Karpathen macken die Oster- reicker 4000 russische Gefangene. — Im Goll von Smyrna stößt das englische Schleppschiff „Okino" auf eine Mine und sinkt mit der ganzen Besatzung. 24. März. Im Priesterwalde bei Badonoiller und am Neichsackerkopf werden die Fran zosen zurückgeworfen. — Bei der Verfolgung der aus Memel geworfenen Russen nehmen die Unsern bei Polangen (auf russischem Gebiet) den Feinden drei Geschütze, drei Majchinengewehre. viele gestohlene Pferde, sonstiges Vieh und sonstiges Gut ab, außer dem werden 500 Russen kriegsgefangen. In Polangen und auf von dort nach Libau führenden Straßen werden die Russen von See durch deutsche Kriegsschiffe beschossen. Russische Vorslöüe bei Laugzargen und Mariampol scheitern unter schweren Ver lusten für die Russen, ebenso bei Plock. — Bei Ossrolenka sind die Deutschen gegen die Russen siegreich. Sie machen 2500 Ge fangene. In den Karpathen werden die Russen an mehreren Stellen zurückgedrängt. Das russische Infanterie-Regiment 217 ver liert 2000 Tote und Verwundete und SOO Gefangene. 25. März. Russische Angriffe bei Augustow und Jednorozek in Russisch-Polen werden abgeschlagen. Vermischtes. Ein Semester ohne Vorlesung. Wie polnische Blätter berichten, wurde das Winter semester an der Krakauer Universität dieser Tage für beendet erklärt, ohne daß im Laufe des Halbiahres Vorlesungen stattgejunden hätten. Seit 514 Jahren geschah es zum ersten Male, daß an der Krakauer Universität keine Kollegien abgehalten wurden. Sogar während der Belagerung von Krakau durch die Schweden im Jahre 1655 fanden die Vor lesungen unter Te-lnahme von 630 Hörern statt: siebzig Hochjchüier kämpjten damals gegen den Feind. und wenn sie erst ganz mein ist. dann werde ich mich schadlos halten." »Du Glückspilz, du hast dich aber auck prächtig konserviert: da sieh einmal mich an," er lüfte den Hut und wies aut seinen kahlen Schädel, .na, ick hab's aber auch genossen und genieße noch. Du mußt mick deiner neuesten Eroberung vorstellen., ich bin begierig, sie kennen zu lernen. Fürchte nicht, daß ich dir ins Gehege komme, ick gebe dahin, wo^ck nicht so sckwer zu kämpsen habe wie du. Ins Cais de Londres will ich dich einmal mit nehmen, da kannst du dich einmal amüsieren." Vor dem Hotel angelommen, trennten sich die Freunde mit einem Händedruck und einem vielsagenden Blicke. Graf Felsen hatte seinen Freund und einstigen Studiengenossen vorgestellt. Am Abend saß die ganze kleine Gesellschaft in einem separaten Zimmer zusammen. Das Souper war vorüber. Der Sekt perlte in den hoben Kelchgläsern; da erhob Exzellenz von Brenlen das Glas: »Aus das Wohl des Braulpaares!" Totenblaß stand Felizitas und empfing bebend den Verlobungskuß, den Gras Felsen ihr auf die Lippen drückte. Drei Augenpaare beobachteten ne. Mitleidig Fräulein von Haller, forschend Baron Ellern, gebieterisch ihr Vater. Sie nahm all ihren Mut zusammen: aber ihre Hand bebte merklich, als sie mit den andern anstteß und die Glückwünsche ent gegennahm. Ihre duntlen Augen blickten flehend aus den Vaier, der die stumme Bitte um Erbarmen nicht verstehen wollte. Nun war sie feine Braut, nun multe sie brechen mit allem, was der Vergangenheit angehörte — gewaltsam das Bild des Geliebten aus dem Herzen verbannen. Alle diese Gedanken bestürmten sie. Es kostete sie fast übermenschliche Anstren gung, sich aufrecht zu halten, die laute Fröh lichkeit der andern zu ertragen. Graf Felsen und sein Freund bemühten sich, der schönen, bleichen Braut ein Lächeln zu entlocken, es siAang ihnen nicht. Nach einer halben Stunde fühlte Felizitas, daß sie sich nicht länger auf recht halten konnte. Ihr Kopf schmerzt-, ein lerckter Schwindel überfiel sie. Fräulein Haller erhobzuch und trat besorgt zu ihr. Mit leiser Stimme bat sie den alten Herrn, Felizitas htnausführen zu dürfen, da diese sich an scheinend nicht wohlfühle. Herr von Brenken runzelte die Stirn; aber ein Blick in das er schreckend diasse Gesicht seiner Tochter be stimmte ihn, der Bitie nicht zu widerstehen, weil er fürchtete, Felizitas könnte aufs neue ertranken. Graf Felsen, den der alte Herr schnell ver ständigte, erhob sich sofort, als er sah, daß Felizitas auistand. Sorgsam legte er ein weißes Tuck um ihre Schultern, nahm ihren Arm und führte sie hinaus. Fräulein von Haller folgte dem Paar. Vckr dec Tür ihres Zimmers umschlang Graf Felsen seine Braut, trotz ihres Sträubens, und küßte sie lange aus den kleinen, bleichen Mund. Endlich gab er sie srei und ging. Sie war so schön gewesen an diesem einzigen Abend, die wunderbaren Augen und die durchsibtige Blässe ihres edel geschnittenen Gesichtes hatten, ihr selbst unbe wußt. die Leidenschaft des Grasen von neuem aufs höchste entfesselt. Eine Viertelstunde später lag Felizitas auf ihrem Lager. Fräulein von Haller hatte nis mit dem jungen Mädchen über die Gefühle gesprochen, die dasselbe für den jungen See mann gehegt, auch nicht die unsedge Ver lobung mit dem Grafen mit einem Wort be rührt: denn außer Frau von Haidberg hatte Felizitas niemanden einen Einblick in ihr Herz gewährt, und Fräulein von Haller war zu zartfühlend, um aus eigenem Antrieb da von zu reden und das junge Mädchen zu einer Aussprache zu veranlassen. Als sie aber jetzt besorgt ans Bett trat und in das blasse Gesicht, in die traurigen Augen sah, strick sie liebkosend über die dunklen Haarwellen und flüsterte: .Mein armes Kind!" Da brach das Weh des jungen Herzens gewaltsam hervor. Felizitas brach in bitter liches Weinen aus: „O bringen Sie mich nach Hauss." schluchzte sie. .all die fremden Menschen, nach Hauie." Verzweiflungsooll drückte sie das Gesicht tief in die Kissen, indes ein krampfhaftes Weinen ihren Körper erschütterte. Fräulein von Haller scküttelte betrübt den grauen Aopf. Hier war alles Trösten vergebens. Sie ließ dem unglüstj chen Mädchen Zeit, den ersten Schmerz auszuweinen; dann letzte sie sich auf den Rand des Bettes, schlang den Arm um Felizitas und redete ihr zu, so gut sie konnte. Immer leiser wurde das Schluchzen und hörte endlich ganz auf. Erst als Felizitas, er müdet von den Erregungen des Tages, ein- geschlafen war, erhob sich Fräulein von Haller und begab nch in ihr eigenes Zimmer. Am folgenden Tage gesellte Baron Ellern " sich wieder zu der kleinen Gesellschaft. Feli zitas lag wieder im Sessel, ganz wie am vor hergehenden Tage, nur war das schmale Ge sicht noch einen Schein bleicher und die dunklen Ringe unter den traurigen Augen rührten noch von der tiefen seelischen Erregung her. Sie nahm an der Unterhaltung nicht teil, sie war so müde. Die beiden Freund« plauderten indes lebhaft mit der Exzellenz. Im Lauf des Gesprächs fragte Baras Ellern: „Sag einmal, Richard, besitzest du noch die Farm in Argentinien?" „Gewiß," entgegnete der Gefragte, „ick habe einen guten Verwalter dort, dsr meine Geschäfte ausgezeichnet leitet. ES ist ein herrliches Besitztum." wandte er sich an Herrn von Brenken, mitten in der Wildnis: mit einem guten Pferde bin ick in dreivtsrtel Stunden in der nächsten Stadt. Wissen Sie." fuhr er lebhast fort, „das wäre eine Idee, wenn wir meiner Fazenda einen Besuch ab- statten würden! Hätten Sie nicht einmal Lust, mit hinüber zu gehen, in drei Wochen ist man drüben, es lohnte sich wirklich." Herr von Brenken äußerte einige Bedenken, die Graf Felsen glänzend zu beseitigen wußte. Die Ausführung dieses plötzlich gewftsn Entschlusses war ihm sehr wünschenswert. War man erst einmal drüben, so hoffte er, dann würde er leichter zum Ziele kommen. Vertraut wie er war mit den dortigen Ver hältnissen, konnte er den alten Herrn leicht glauben machen, daß nach argentinischer Sitte die Zwiittauung genüge zu einer ehe lichen Verbinoung. Dorr kounle er denn auch den zügellosen Regungen seines Herzen» leichter folgen als hier. V-« 2» (Fortsetzung solat.)
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