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Ottendorfer Zeitung : 14.04.1915
- Erscheinungsdatum
- 1915-04-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191504141
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19150414
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19150414
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- Zeitungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1915
-
Monat
1915-04
- Tag 1915-04-14
-
Monat
1915-04
-
Jahr
1915
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 14.04.1915
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frieäensgeäanken. Vor langer Zeit hat sich in der Schweiz ein Komitee mm Studium der Grundlagen eines dauerhaften Friedensoertrages gebildet, das letzt eine Denkschrift herausgegeben hat. Es werden darin die Forderungen ausgestellt, die nach Ansicht des Komitees der künftige Friedensoertrag erfüllen muß, wenn er einen endgültigen, bleibenden Frieden in Europa begründen will. So wird in erster Linie ge fordert, daß auch den neutralen Staaten Zu tritt und Einstuß aus dem allgemeinen Friedenskongreß gewährt werde. Dann sollen als die Hauptschuldigen am gegenwärtigen Kriege die Bündnisse verboten, namentlich keine Geheimoerlräge mehr abgeschlossen werden. Den Parlamenten sei mehr Einsicht in die hohe Politik zuzugestehen; die Staaten lebten eimach wie «rüher in freier Rechtsge- meinichaft. Die Amänge dieies internatio nalen Rechts wären weiter auszubauen: Die Staa-en garantieren sich gegenseitig ihre Staatsgebiete, ihre Kolonien und alle Über einkünfte, vor allem die orundlegenden Haager Abkommen über die friedliche Beilegung inter- ralionaler Streitigkeiten. Das führt weiter >u einem Ausbau des völkerrechtlichen Verfahrens, indem iür An- ruiung der Schiedsgerichte nicht mehr bloß moralische, sondern rechtliche Verpflichtung besteht. Ein ständiger Sckiedsgerichishof und eine dritte Haager Friedenskonferenz werden diese Ausgaben bewältigen, zugleich weitere Neuiralisterungen vornehmen von Kolonial- sebieten, Meerengen, überhaupt das Neutrali- tätsrecht um eine ansehnliche Zahl von Para graphen vermehren und zum Seekriegsrecht noch ein Lustkrieasrecht hinmsügen, sowie Abmachungen treffen über Beschränkung der Rüstungen, die auch rechtsverbindlich sein müßten. Vom Ausbau des Völkerrechts allein heute noch das künftige Heil erwarten, dazu gehört eine starke Vorurteilslosigkeit und ein starker Glaube an die moralischen Voraussetzungen, die sich immer ersüllen müssen, toll das Recht für sich allein genügen. Die Denkschrift sieht davon ab. eine Exekutivgewalt zu fordern, die nötigenfalls als eine allen Staaten über geordnete und an Kraft überlegene Macht das Recht handhabte, schützte und zur Geltung brächte: mit andern Worten, ein europäischer Staatenbund, sei es unter der Vorherrschaft einer Großmacht oder auf dem Fuße der Gleichberechtigung aller Glieder, erscheint nicht wünschenswert und nicht als notwendig. Soweit die Denkschrift, der man nicht den guten Willen bestreiten wird, die aber doch mehr von dem sagt, was wünschenswert und erstrebenswert wäre, als von dem, was erreichbar im Reiche der Möglichkeit liegt. Gerade vom deutschen Standpunkt sind gegen die Voraussetzungen, von denen diese Denk schrift ausgeht, mancherlei Einwände zu er heben. Man kann über die Frage streiten, ob eine Zuziehung der Neutralen die Friedens verhandlungenoereinfachen würde. Schwieriger ist es tchon, das Verbot von Bündnissen durchzuführen. Das hieße unsere ganze diplomatische Geschichte aut den Kopf stellen und die Selb:ändigkeit und Entschlußireiheit der Staaten amheben. Wenn aber die Denk schrift gar fordert, die Staaten Europas sollen wie früher künftig in freier Rechls- gemelnschaft leben, so zeugt das zwar von einem hohen idealen Gedankenstug, aber doch auch von einer Unterschätzung der Schwierig- keiten solcher Lösung, und vor allem von einer Unterschätzung der verwickelten euro päischen Wirtichaftsprobleme. Und endlich die Forderung, daß sich die Staaten ihre Gebiete, Hoheitsrechte und alle getroffenen Abkommen garantieren sollen, zeigt, daß das Komitee von den Erfahrungen der Gegenwart ziemlich unberührt gevlieven ist. Man geht — ganz mit Recht — in der neu tralen Schweiz von dem Gedanken aus, daß die Neutralen nicht an den Gründen des Krieges Kritik üben sollen, solange der Waffen gang währt. In Deutschland aber muffen wir notgedrungen anders denken. England hat schmachvoll alle Verträge zerrissen und mit Füßen geireten. es hat sowohl die Lon doner, als die Haager Abkommen verletzt. Wie sollen wir England glauben, wenn es uns Eriüllung von Vereinoarungen ge ¬ wissermaßen auf Ehrenwort garantiert! Nein, so große Verdienste sich das Schweizer Komitee durch Festsetzuna der all gemeinen Richtlinien für den kommenden Frieden und die Sache der Menschlichkeit er worben hak, im einzelnen kann Deutschland dieser Denkschrift nicht zustimmen. Der grauenvolle Krieg muß erweisen, aus welcher Grundlage wir Friedensverhandlungen führen können. 1k. verschiedene Nnegsnachrichten. Bon dermil-Zensurbehörde zugelassene Nachrichten. Wie lange wird der Krieg dauern? Die römische ,Ltampa' veröffentlicht eine Unterredung mit einem früheren leitenden Staatsmann, der die Ansicht ausdriickt, daß der Weltkrieg nicht bis zum Winter dauern werde. Frankreich snnd diese Ansicht des Exministcrs stimmt mit anderen maßgeben den Privatmeldunnen aus Paris überein) könne nicht mehr so lange Widerstand le-sten, nicht etwa weil cs an Geld, sondern weil es an Mannschaften fehle. Allerdings werde England den Aushunge rungskrieg gegen Deutschland torlzusetzen und den Konflikt zu verlängern suchen, aber dieies System müffe die Geduld seiner Verbündeten ermüden. Der Minister glaubt auch nicht an die Bezwingung der Dardanellen. Den für den Krieg entscheidenden großen Zusammen stoß erwartet der Staatsmann im Sommer, so daß die Jahreswende den Frieden bringen dürfte. — Ein Leitartikel der.Jdea Nazionale' sagt, daß derDreioerband niemals das notwendige numerische über- gewicht aufbringen werde, um Deutschland und Österreich nteüerzuwerfen. * Deutschland ein gefährlicher Gegner. Die Londoner.Morningpost' schreibt: .Die einiache Tatsache, daß die deutsche Flotte in diesem Augenblick eine geringere Schiffsanzahl aufweist als die Alotle der Verbündeten, be weist durchaus nicht, daß Deutschland kein sehr gefährlicher Gegner sein kann. Die Deutschen wissen, daß sie wohl imstande sind, die englische Flotte schwer zu schädigen, und wenn die deutschen Behörden der Ansicht sind, daß es verlohnt, so opfern sie die ganze deutsche Flotte, um der englischen See macht einen schweren Schlag zu versetzen. Sie würden es sich nicht einen Augenblick über legen. Es ist ja möglich, daß Deutschland seine Flotte intakt hält, damit es bei der Frtedensverhandlung einen Stützpunkt hat, jedenfalls beweist nichts, daß Deutsch land dieMöglichkeiteiner Nieder lage auch nur erwägt." * Wieder ein mißglückter Angriff auf die Dardanellen. Nachdem sich die englisch-französischen Landungstruppen von Lemnos nach Ägypten zurückgezogen haben, machten die Engländer jetzt den Versuch einer Landung von Seestreitkräslen bei Eno s. Sie wurden in des leicht von den Türken abgewiesen. Bei dem Bombardement der Dardanellen, das keinen Schaden onrichtete und von den Türken lebhaft erwidert wurde, erlitten der englische Kreuzer .Dartmouth" und der lranröbsche Kreuzer .Leon Gambetta" schwere Beschädigungen. Wenn diesem Vorstoß auch wohl keine ernsten Absichten zugrunoe lagen, so hat seine glatte Zurückweisung doch be wiesen, daß die Türken allzeit auf der Hut sind. Übrigens hat auch der aus Rußland heimkehrenüe französische General Pau, der gegenwärtig in Italien weilt, einigen Fragern ertläri, daß die Dardanellen so leicht nicht zu bezwingen seien, daß vielmehr große Truppen massen dazu gehörten. * Kämpfe auf dem Euphrat. Nach aus sicherer Quelle in Konstantinopel eingetroffenen Erivatmeldungen aus Bagdad eröffnete ein Motorboot des tür kischen Nachtdienstes am Euphrat von Sonjaff aus in der Gegend von Korna aus einer Entfernung von drei Kilometern das Feuer gegen ein großes englisches, mit schwerer Artillerie bestücktes Kanonenboot. Das Schiff erhielt zwanzig Treffer, die emen Brand im Maschinenraum verursachien und auch andere Teile beschä- digien, so daß es sich nur mit Mühe und mit Hilie anderer englischer Schiffe zurückziehen konnte. Man glaubt, daß auch die Besatzung große Verluste erlitten hat. * Südseelnsnlancr für den ägyptischen Feldzug. Aus Neuseeland wird letzt die dritte Ab teilung zur Verstärkung des australischen Exvedi- llonskorps in Ägypten entsandt, wom auch eine Abteilung von 500 Maoris, Ureinwohner Neu seelands, gehört. Nach Darstellung des Korre spondenten der.Times', der dieses Maoribataillon vor seiner Abfahrt bei der Parade gesehen hat, haben sie noch nichts von ihrer kriegerischen Wildheit verloren, und der Korrespondent der .Times' versichert, daß die jungen Maorikrieger ebenio begeistert seien, für den König zu fechten, wie ihre weißen Brüder. — Die Türken sind nicht furchtsam und werden auch die — für englische Begriffe so wunderbare — ursprüngliche Wildheit der Maori zu bändigen misten. Veuticke k)eläen. Zu Weddigens Gedächtnis. Neben den Namen des Admira's v. Spee und des Kapitän v. Müller, des kühnen Führers der .Emden", wird man in deutschen Landen und überall wo man sich den Sinn bewahrt bat für schlichte Heldengröße, den Namen Weddigen nennen, wenn man von diesem furchtbaren Kriege spricht. Nicht die Trauer um das Unterseeboot greift uns ans Herz, denn wir wußten, daß die reiche Ernte, die je länger, je reicher unlere H-Boote ein« heimsen, nicht ohne Wagemut und damit nicht ohne Opfer möglich ist. Aber wir sind von Schmerz erfüllt, weil unserer II-Boote er probtester Führer aus seiner Siegeslausbahn abberufen ist. Ihm war es zuerst veraönnt, der neuen jungen Waffe unsterblichen Ruhm zu schaffen. Lange schon, ehe die Untersee bootsblockade begann, war ihm der große Tag, der 22. September geschenkt, an dem er drei ieindliche Panzerkreuzer zur Tiefe sandte. Man hat damals — besonders im feind lichen Auslande — von Glück gesprochen, aber auf Weddigen traf Molkes Wort zu: .Glück hat auf die Dauer nur der Tüchtigste." Der große Tote aber war der Tüchtigsten einer. Was sein Beispiel der Unterseebootwaffe war als Sporn und Vorbild, läßt sich nicht in Worten erschöpfen. Wir erleben es in der Gegenwart und erhoffen es in der Zukunft. Wenn der Name Weddigen gleichzeitig zu ungewöhnlicher Volkstümlichkeit gekommen ist, so erklärt sich das aus der starken Freude, die dem heißen Haß entsprang gegen unseren Erzieind, dem er die ersten schweren Schläge versetzte. Nun ist er lämpfend üen Tod ge storben, den er selbst noch an seinem Hoch zeitstage als den des Soldaten würdigsten gepriesen hat. Mit seiner Mannschaft, die ihm, dem Führer. Kameraden und Freund beigegeben war, hat er nach siegreichem Vor stoß in die feindlichen Gewässer den Tod ge funden. Mit der jungen Galtin und seiner Familie trauert das Vaterland um diesen jungen Seeheiden, dessen glückverheißende Laufbahn einen so jähen Abschluß fand. Die kurze Mitteilung der englischen Admi ralität gibt keinen Aufschluß, über die Art, wie Otlo Weddigen und die tapfere Besatzung von „v 29", besten Kommando er zuletzt führte, in die feuchte Gruft sanken. Ob die Ver mutung richtig ist, baß „v 29" beim Rettungs- werk von einem feindlichen Handelsschiff ge rammt wurde, wird die Weit wohl erst nach dem Kriege erfahren, sofern nicht England auch dann noch Grund hat, die näheren Be- gleftumliände öes Untergangs zu verschweigen. In der Geschichte dieses furchtbaren Krieges wird jedoch der Name Weddigen für alle Zeiten auf den vordersten Ehrenblättern tehen: sein tatenfroher Heldengeist wird in der deutschen Marine als hohes Vorbild weiterleben. Andere werden ihn und seine Mannschaft ersetzen und werden auf einem neuen Boot seine Rächer werden. Des sind wir gewiß. Mit Weddigen ist einer der schlimmsten Feinde Englands dahingegangen, dem selbst ie. die sonst nicht gerade gefühlsstark sind, die Achtung nicht versagen tonnten. Gleich dem Führer der „Emden" r». Müller galt ihnen Kapitänleutnant Otto Weddigen als das Muster eines Seehelden. Schon nach seiner ersten grv' eu Tat am 22. September 1914 gaben die .Times', wenn auch widerwillig, zu. daß es sich um die Tat eines „eben so kühnen wie umsichtigen Mannes" handele. Sie schrieben weiter, daß die Tat Weddigens „ihm zum größten Lobe gereichen mäste". Der.Daily Telegraph' bemerkte im Anschluß an die Torpedierung der drei englischen Kreuzer, daß England auch Männer von solchem Wagemut und solcher Oyferwilligkeit nötig hätte. Als dann am 19. Oktober der Kreuzer „Hawke" in der nördlichen Nordsee in den Grund geschossen wurde, vermuteten alle englischen Blätter sofort, daß es sich wohl wieder um Wedüingen und sein Unterseeboot handeln dürste. Diese Vermutung wurde auch bald be stätigt. Als später weitere Einzelheiten über die besondere Art des Vorgehens des Kapitän leutnants Weddigen und der Behandlung der Sckiffsbesatzungen bekannt wurde, mußten die englischen Blätter anerkennen, daß sie in Weddigen einen der ritterlichsten Feinde Hütten. Sogar die berüchtigte, deutschfeind liche »Daily Mail' gab zu, daß sie vor Männern wie Weddigen Hochachtung haben müsse, wenn er auch England den größten Schaden zuiüge. Ähnlich urteilten die eng lisch-amerikanischen Blätter. Neben Lem Grafen Spee und v. Müller erkannte der ,New Dort Herald' ihm den Titel des .ritter lichsten und kühnsten Seemannes" zu. Die .Tribune' schrieb, es wäre unsinnig, einem solchen Mann nicht Gerechtigkeit zuteil werden zu lassen, weil er im feindlichen Heere kämpfe. Von solchen außergewöhnlichen Männern tönnten alle lernen, und man tue klug, wenn man ihre Taten zum eigenen Besten auf jede mögliche Art und Weise verwende. So stand Weddigen nicht nur vor seinem dankbaren deutschen Volke, das durch ihn Ruhm und Erfolge geerntet hat, sondern auch vor seinen Feinden als ein Ritter und ein Held da, und in diesem strahlenden Lichte wird er weiter ewig leben. Politische Aunälchau. Deutschland. * Im Mai wird sowohl der Reichstag wie auch das preußische Abgeord netenhaus zu Sitzungen zusammenlreten, die aber nicht von langer Dauer sein werden. Die Hauptaufgaben für den Reichstag werden in der Beschlußfassung über ein Gesetz betr. die Einführung eines Stickstoffhandelsmono pols, betr. die Versorgung von Kriegsinoaliden und Hinterbliebenen von Gefallenen und der Arbeitsoersorgung der Zurückkehrenden be stehen. — Dem Abgeordnetenhause wird die Beratung über das Fischereigesey und über weitere Notstandsarbeiten obliegen. * In der Zweiten elsässischen Kammer teilte der Staatssekretär mit, da» die Schäden in Elsaß-Lothringen sehr erheblich zurückbleiben gegenüber den Schäden in Ost preußen. So betragen die baulichen Schäden aus der lothringischen Schlacht taum mehr als vier Millionen trotz der Kampffront von 60 Kilometern. Weitaus am schwersten betroffen ist zweifellos der Süden des Over- elsaß. Frankreich. *,Petit Journal' meldet: In Chatillon-sur« Seine war man kürzlich Unterschla gungen von Lebensmittelliefe rungen für die Armee auf die Spur gekommen. Die Angelegenheit nimmt nun mehr größeren Umjang an. Bisher wurden 13 Verhaftungen vorgenommen. Haus suchungen bei Verdächtigen verliefen erfolglos, da oie Schuldigen Zeit hatten, das Belastungs material zu entfernen. In der Seine wurden große Mengen üebensmittel gefunden. Mehrere Angeklagte sind geständig. Man erwartet, daß noch eine Anzahl von Personen verhaftet werden. Balkanstaaten. *Aus Sofia wird der ,Kreu;-Ztg.' ge meldet: Die bulgarische Regierung beschloß, den mohammedanisch - türkischen Schulen in Bulgarien einen Beitrag von 290 000 Frank zu widmen. Der Enke! des Kraken kauüeaa oleich nach Tisch erfahren sollst. Frage jetzt nicht bitte," fuhr sie fort, als sie den fragen- LSl Erzählung von Marga Carlsjen. den Ausdruck in seinem Gesicht sah. zwilchen den beiden Mädchen. ' über war. Helene erhob sich zuerst. »Fürchtet nichts. wandte sie sich zu den beiden andern; „es ist gekannt erflog fahren zu einer Besprechung mit dem Direktor seiner Reederei. Erst am Nachmittage traf Alfred wieder in Blankenese ein. Helene händigte ihm einen Brief ein, den die Mittagspo t gebracht und der den Stempel Hamburg trug. Alfred, dem die Schriftzüge unbe waren, öffnete das Schreiben und mn gewonnene Schwester. Alfred aber iah mit Das Mittagessen verlief ziemlich schweig inniger Freude das herzliche Verhältnis ! kam, alle atmeten erleichtert auf, als es vor» Len Inhalt. Einigermaßen befremdet blickte er dann auf. „Wie seltsam," wandte er sich an die beiden Mädchen, „ein Graf Hauüegg bittet mich, morgen früh zu ihm in das Hansa- Hoiel zu kommen. Es handle sich um wichtige Mitteilungen." Helene erolaßte. „Graf Haudegg?" rief sie bebend. „Ja. kennst du den Namen?" fragte der junge Seemann erstaunt. Eine furchtbare Erregung spiegelte sich auf den Zügen des jungen Mädchens: aber sie zwang sich zur Ruhe und bemühte sich, ihrer Stimme einen festen K ang zu geben, als sie antwortete: „Den Träger vieles Namens lenne ich nicht; aber der Name ist mir be- launt; er hängt mit dem zusammen, was du keine schlimme, aber überraschende Nachricht. Alsred, ich lege dir Mutters Tagebuch auf deinen Swreibtisca, daraus wirst du alles er fahren." Nach diesen Worten verließ sie schnell das Zimmer. Alfred blieb einige Minuten nachdenklich sitzen. Um welches Geheimnis handelte es sich? Gab es denn überhaupt Geheimnisse in der Familie Orlano ? Da legte sich eine weiche Hand auf seinen Arm. Er blickte auf und sah die lieben Augen seiner Felizitas mit bangem Ausdruck auf sich gerichtet. Da zog er die Geliebte zärtlich an sich, küßte ihren Mund und flüsterte: „Sei ruhig, mein Lieb, was es auch sei, du gehörst mir und ich dir. Nur eines gäbe es," fuhr er langsam fort, und eine tiefe Röte üderflammte das männlich schöne Gesicht, „wenn mein Name ehrlos wäre." Er fühlte, wie sie in leinen Armen erbebte. „Aber nein," fügte er, sich besinnend, hinzu, „wie sagte Helene, nichts Schlimmes, nur überraschend. Mut also, Kind." Er zog hierauf ihren Arm durch den seinen und führte sie bis zu ihrem Zimmer. Mit einem innigen Krm entließ er sie. dann eilte er in sein Zimmer. Da, auf seinem Schreibtisch Aisred schüttelte gedankenvoll den Kopf, Und Felizitas schmiegte sich an die neu- ! wie rätselhaft das alles klang. Den Rest des Vormittags benützte der junge Seeoffizier, um nach Hamburg zu I lag ein dickes Heft. Hastig schlug er es auf, lehnte sich in seinen Sessel und begann zu ! lesen: „Neapel, den 1. Februar 1873. Nun bin ich hier in der schönen, heiteren Vesuvstadt, wie in ein Märchenland versetzt komme ich mir vor. Die deutsche Heimat, meine freudlose Kindheit, meine Studienfahre. meine Examina, wie weit liegt das alles hinter mir, so weit, wie ein fast vergessener Traum. Wie mein ferneres Leben sich ge stalten wird, ich weiß es nicht; aber ich kann nicht sagen, daß ich traurig darüber bin. Jedenfalls bin ich froh, dast ich nun auf eigenen Füßen stehe und meinen Lebensunterhalt ver dienen kann. Signora Bereni, die Mutter meines Zög lings, ist die Primadonna an einem der größten Theater hier in Neapel. Sie ist schön, dämonisch schön, möchte ich sagen: Schwarz wie die Nacht sind die Haare und Augen, schwellende rote Lippen und eine Figur, io ebenmäßig, so wundervoll, wie ich noch keine gesehen. Ganz Neapel soll ihr zu Füßen liegen, wenn sie singt. Ich habe ihre Stimme noch nicht gehört; aber ich bin ja auch erst Len ersten Tag hier. Mein Zögling ist. seltsamerweise, ganz das Gegenteil Ler Mutter, auch schön, wunder schön. aber blond, mit süßen, blauen Augen und von kleiner, zierlicher Gestalt. Elena, so heißt sie, wird mir wenig Mühe machen, denn sie scheint einen liebenden Charakter zu haben. Ihre Begrüßung war reizend. Als ich in das Zimmer Ler Signora trat, war auch sie anwesend. Einen Augenblick heftete sie ihre schönen. großen Augen auf mich, dann trat sie auf mich zu, erfaßte meine beiden Hände und sprach mich mit einem wundervollen Italienisch- deutsch an, aus dem ich entnehmen konnte, daß ich ihr gefalle, und daß sie mich lieben wolle. Ich sehe mit frohen Augen in die Zukunft; ich glaube fast, ich fange schon an, io leicht lebig und heiter zu werden wie alle die Süd länder, die mich hier umgeben. 14 Februar. Meine Tätigkeit befriedigt und beglückt mich sehr. Elena ist äußerst be* gabt, lernt gern und ist ein liebenswerte- Geschöpf. In der deutschen Sprache macht sie bewundernswerte Fortschritte. Fianwsisch spricht ste bereits fließend; das Englische macht ihr mehr Mühe. Für Musik ist sie leider nicht begabt. Sie liebt sie leidenschaft lich. Aber, obwohl ihre Stimme melodisch und weich klingt in den Lauten ihrer Mutter sprache, so ist doch das Talent ihrer Mutter nicht auf sie übergegangen. Nun have ich auch die Signora singen hören. Dieser Wohl klang, dieser Schmelz! Ja. nun kann ich es verstehen, warum die lebhaften Neapolitaner in Jubelrufe ausbrechen, wenn sie sich in einem offenen Wagen in den Straßen de« Stadt zeigt. 17. März. Trotzdem die Signora ein offenes Haus hat, und täglich viele Gäste bei sich sieht, fließt mein Dasein doch ruhig dahin wie ein kleines Wiesenbächlein. Mein Zög ling, Ler erst 14 Jahre alt ist, wird sorglich fern gehalten von der Sphäre, in der die Mutter sich täglich bewegt. Elena liebt mich mit südlicher Lebhaftigkeit; aber nicht ober flächlich, sondern tief und wahr. Auch ich
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