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Ottendorfer Zeitung y Bezugspreis: vierteljährlich 1,20 Mark frei ins Haus. )n der Geschäftsstelle abgeholt viertel- M^rlich; Mk. Einzelne Nummer ia pfg. Erscheint am Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag, — g linkt Anzeigeökatt Anzeigenpreis: Für die kleinspaltige Aoi?«,-Zeil« »»er deren Raum w Pfg. — Im Reklameteil für die »einspaltige Petit-Seil« 2« pfg. Anzeigenannahme bi» rr Uhr mittng». Beilagegebühr nach Vereinbarung. A7it wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie den abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel* „Leid und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Dn»F und Verlag von Hermann Rühle, Buchdruckerei in Groß Dkrilla. verantwortlich für die Redaktion h. Rühle in Groß-Okrilla. Nummer ZZ Millwock, dm sy März lys3 s2. Jahrgang Oertliches und Sächsisches. Vttendorf-Vkrilla, z8. März — Am vergangenen Palmsonntag fand auch in hiesiger Kirche, w e in denen der Um gegend die Konfirmation der diesjährigen Kon firmanden statt. Vormittags 9 Uhr bewegte sich der feierliche, mächtig lange Zug der Kinder unter Vorantritt des Geistlichen und der Lehrer zu der an diesem Tage völlig überfüllten Kirche, deren Altarplatz mit frischem Grün und Blumen herrlich geschmückt war. Die fast 100 Konfirmanden fanden vor dem Altarplatz keinen genügenden Platz mehr und waren teilweise in dem Schiff der Kirche vorn untergebracht. Die Handlung selbst verlief in der hierorts recht feierlich erhebenden Weije und wurde verschönt durch Gesang der Lehrer, der sehr zu den Herzen sprach, was auch von der Rede des Ortsgeistlichen gesagt werden muß, der auf Grund einer Wortes der hei ligen Schrift der Gemeinde den Tag nicht nur als einen Scheide-, sondern auch Ent scheidungstag vorstellte und die jungen Christen mahnte, sie sollten auch ferner nicht zu der Partei derer gehören, die vom Glauben weichen und verloren, sondern zu denen, die Glauben und ihr« Seele erretten. Keiner wird ohne einen tiefen Eindruck von dieser ganzen heiligen Feier hinweggegangen sein. Dichte Menschen spaliere vor der Kirche ließen den Zug der Jungkonfirmierten nach dem Gottesdienst an sich vorübergehen. O wie lieblich, wie hoff nungsvoll schauen diese mit Myrthenkränzchen und Sträußchen geschmückten jugendlichen Christen aus? Wie manche» Elternherz wird freudig bewegt und dankerfüllt in die ver- gangen« Kindheitszett zurückschaut haben! — Am Nachmittage sand um 4 Uhr eine außer ordentlich wohl gelungene Nachfeier im Gast- Hof zum Hirsch in Großokrilla statt, mit Ver sammlungsgesang und einer tiefen Eindruck hervorbringenden Ansprache des Herrn Pastors. Auch hier trugen die Herren Lehrer sehr viel zum musikalischen Genuß bei und erzählten den Kindern zu ihrer Hellen Freude. Die Konfirmierten selbst boten in Gesängen, De- klamationen, auf Klavier und Geige ihr Bestes dar, nachdem ihnen eine kleine Bewirtung Mit Kaffee und Kuchen zuteil geworden war. Diese Nachfeiern erfreuen sich seit Jahren einer steigenden Beliebtheit, so daß der Fest- saal derartig überfüllt war, daß viele leider wieder umkehren mußten und keinen Platz mehr fanden. Es möchten allerdings auch die kleinen Kinder in Zukunft aus dem Saale entfernt werden. Die Einlagen in die Sammel büchsen waren anscheinend nur spärlich ge- stossen. Dagegen hatten die Mädchen 10 Mk., die Knaben 5Mk., wie vermeldet wurde, als Opfer für die Kirche gespendet. Unter Mit verwendung früherer Konfirmandengaben war zur Auszeichnung dieses Tages ein prächtiges gold-gelb gesticktes Altartuch gekauft und auf gelegt worden, welches auch mit zur Zierde unsrer so anmutigen Kirche dienen wird. Dasselbe wurde zu seinem Gebrauche eingeweiht. — Die letzte Woche vor dem Osterfeste, die Karwoche, auch stille Woche genannt, hat nun ihren Anfang genommen. Kaum eine Zeit des Frühlings ist reicher und interessanter an allen Sitten und Gebräu chen, als die Woche vor Ostern. Noch gehen die Winterdämonen um, aber ihre Tage sind gezählt; das Auferstehungsfest macht ihnen den Garaus. Im Liede heißt es: In der stillen Woche flüchten Alle, die sonst Unheil richten Aus dem Haus in Hain und Hag Bor dem Auferstehungstag. Am Montage der Karwoche pflegt man in manchen Gegenden Haus und Hof mit Weidenrutenbesen rein zu fegen. Ist der Karmontag stürmisch und schneereich, so ist dies ein sicheres Prognostikum für eine gute Pilz- und Beerenernte. Am Kar- mon'age soll man auch damit beginnen, dre Herdasche nicht fortzuw-rfen, vielmehl die ganze Asche der Karwoche zu sammeln, um sie am Abend des stillen Sonnabendes in das Feld oder in den Garten zu streuen, denn solch Tun soll das Ungeziefer fern halten. Am Karmontage soll man auch besonders vorsichtig mit dem Feuer um- g-hen, wenn man sich vor Brandschäden hüten will. — Gründonnerstag. Nach alter Volks sitte ist der Gründonnerstag derjenige Freu dentag der Kinder» an dem diese vom Osterhasen mit Eiern beschenkt werden. Rot, gelb, blau, weiß, grün und lila ge säibt, liegen die Eier in allen möglichen Winkeln des Hauses und Gartens, und warten daraus, von eben aus dem Bettchen gekrochenen Buben und Mädchen gesucht und gefunden zu werden, Daß die bunten Eier nun gerade den Osterhasen unterge schoben werben, ist eigentlich merkwürdig, denn es ist noch nirgends beobachtet worden, daß die jungen Häschen aus dem Ei kriechen. Daß aber gar die Eier fertig gesotten und einige sogar aus Zucker, Schockolade, Waffel, Marzipan, Blech, Stein-, Holz- und Pa- p-ermasse hergestellt sind, ist noch mehr verwunderlich. Das alleceigentümlichste ist aber die Ortskenntnis des Osterhasen! Denn bei Nacht und Nebel mit den Eiern in die Häuser gelangen, um sie dort ins Bettstroh und unter Schränke zu legen, gar auch noch herausbekommen, daß in der und jener Familie Kinder vorhanden sind, ist gewiß für das Hasenoolk eine ganz gewalttge Ausgabe, deren Lösung „Freund Osterlampe" zu den intelligentesten Ver tretern dec Tierwelt stempelt! Aber nicht nur der Osterhase verteilt seine Gaben an die Jugend, auch die Erwachsenen unter den Menschen haben allerhand süße Dinge m Bereitschaft. So ist die mit Honig be strichene Semmel in vielen Orlen ein be liebtes Gründonnerslagsgeschenk für die Kinder. Früher, vor etwa 20 Jahren (vielleicht besteht die alte Sitte hier und da heute noch!) zogen zumeist die ärmeren Kinder mit einem Leinwandbeutel ganz früh am Gründonnerstagmorgen von einem Eßwarenladen zum andern und sangen den Bettelvers: „Gu'n Morgen, gu'n Moigen zum Gründonnerstag, gebt mir was m'n Bettelsack usw." -- Verminderte Kennfähigkeit verschie dener Samenarten machte sich als Folge der vorjährigen ungünstigen Sommer- und Herbslwilterung überall bemerkbar. Waren es im Sommer die ganz außerordentlich häufigen Niederschläge, tue die Keimfähig keit des Samens ungünstig beeinflußten, so waren es im Herbstbeginn die früh ern- tretenden harten Fröste, die vielen Samen körnern vollends den Rest gaben. Von sachverständiger Seile vorgenommene Keim- proben haben ergeben, daß zum Beispiel Rüben, deren einzelne Samenkörner meist mehr als einen Keim treiben, anstatt wie sonst auf 100 Samenkörner etwa 170 Keime, dieses Jahr nur etwa 120 Keime entwickeln. Bei Aftern sins nur elwa 30 bis 40 Proz. keimfähig. Bei Salat, Möhren und der gleichen ist der Prozentsatz der Keimfähig keit ebenfalls ein recht niedriger und 1911er Samen dem letzten Ertrage vorzuziehen. Wenig und fast gar nicht gelitten haben die Samenkörner der verschiedenen Kohl arten Besondere Aufmerksamkeit aber wird oieses Frühjahr seilens solcher Landwirte, deren Haferernte im vorigen Jahre nicht gut hereingekommen ist, dem Halersamen zugewandt werden müssen. Eine gewissen haft ausgeführle Keimprobe dürste sich bei dieser Feldfrucht besonders gut lohnen, denn es dürfte sonst bei manchem Besitzer leicht der Fall eintreten, daß bie diesjährige Haferernte noch schlechter ausfiele als die vorjährige. Dresden. Eine Revolverschießerei fand Sonnabend morgen am Neustädler Markt statt. Zn Walchers Restaurant in der Kasernen straße 4 waren in der vierten Stunde Gäste in Streit geraten, der auf der Straße fort gesetzt wurde und schließlich in schwere Tät lichkeit ausartete. Soweir sich beurteilen läßi, halte den Streit der in den dreißiger Jahren 'tehende Musiker und Instrumentenmacher Römer verursacht. Der in einem Gasthaus am Freiberger Platz wohnhafte Musiker wurde anscheinend bei dec Schlägerei mit Gummi knüppeln bearbeitet. In der Nähe der Haupt- mache zog Römer plötzlich einen Revolver und teuerte auf den zurzeit arbeitslosen Lackierer Schramm drei Schüsse ab. Zwei Kugeln ver- fchtten ihr Z'el, während eine dritte Kugel Lchramm an der Slirn verwundete. Der Verletzte fand in der Berbandsstation des Albert vereins erste Hilfe. Nach Abgabe der Schüsse war Römer über bie König-Friedrich-August- Biücke geflüchtet, konnte jedoch bald von zwei Grenadieren der Wache eingeholt und der Po- l zei übergeben werden. — Ein großes Feuer entstand in der Nachl zu Sonnabend in der zweiten Stunde auf aem Futterboden des Stallgebäudes des Pferde händlers Jahrmarkt in der Hechtstraße. Das Personal und die alarmierte Feuerwehr ver mochten noch rechtzeitig eine große Anzahl Pferde aus den Stallungen zu führen, dagegen sind viele Hühner und Tauben erstickt oder verbrannt. Große Mengen Heu gaben dem Feuer reichliche Nahrung. Der Dachstuhl ist völlig zerstört. Die Ursache des Brandes ist unbekannt. Glashütte. Der seit kurzer Zeit ver- mißte 22 Jahre alte Uhrmacher Sch. wurde in einem Gebüsch unweit der Haltestelle Ditters dorf erhängt ausgesunden. Längeres Herzleiden oürile den jungen Mann zum Selbstmord veranlaßt Haden. Freiberg. Wir berichteten dieser Tage von einem Rückgänge der Schulkinderzahl. Von unterrichteter Seite wird uns jetzt mil- geieilt, daß es sich nur um eine vorübergehende Erscheinung handelte. Die Osteranmeldungen tür 19t3 übersteigen die von 1912 um 69. Brandis. Aus dem Burschenheim in Nennigmühle bei Zöditz ist der dort wegen Wilddieberei und anderer Vergehen zur Besse rung uniergebrachl gewesene, in Brandis ge borene 17 jährige Friedrich Hermann Koch entwischt. Koch ist ein vielvevprechendes Ta lent aus dem Wege zum Rowdietum. Die hiesige Polizei bittet, etwaige Wahrnehmungen uver den Verbleib Kochs ungesäumt hierher berichten zu wollen. Berggießhübel. Das sechsjährige Mädchen der Eheleute Müller hat sich, als es einen Knoten im Schnürsenkel der Schuhe öffnen wollte, mit der Schere dermaßen ins 'iuge gestochen, daß die Sehkraft erloschen ist. Schwarzenberg. Nachdem die hiesige Stadt erst vor kurzer Zett das Rittergut SachMfeld erworben hat, kaufte sie jetzt vom Staate die Revierabteilung Föcstel für den Preis von 85000 Mk. Brambach. Der Schreiber Johann Müller, der bei einem Dresdner Rechtsanwalt beschäf tigt und nach Unterschlagung eines Wertbriefes mit 3600 Mk. Inhalt geflüchtet war, ist vor gestern im Kurhause des hiesigen Radium bades verhaftet und in das Landgerichtsge- fängnis nach Adorf eingeliesert worden. Müller hatte sich von Dresden aus zunächst in einem Mietsamomovil nach Chemnitz und von dort mit der'Eisenbahn nach Bad Elster und Bram bach begeben. Im Kurhause machte er sich durch große Geldausgaben verdächtig, was zu seiner Festnahme führte. Von der verun treuten Summe hatte er noch über 2000 Mk. bei sich. Schneeberg. Einer Neckerei ist hier ein blühendes Menschenleben zum Opfer ge« sollen. Ende vorigen Monats verletzte ein 17 jähriger Fabrikarbeiter im Verlaufe einer Hänselei seinen 16 Jahre alten Arbeitsgefähr« len Emil Beyer mit einem Meißel an der Hüfte. Die Schneide drang dem jungen Manne in das Fleisch und verursachte eine stark blu tende Wunde. Jetzt ist Beyer nach qualvollem Leiden gestorben. Die Sektion ergab, daß der Tod eine Folge der Verletzung war. Oelsnitz i. Erzg. Wie schon kurz ge meldet, wurde die Frau des Bergmanns Franz Karl Pfeifer erdrosselt aufgefunden. Haus- vewohner versichern, daß zwischen dem Ehe paar Pfeifer nachts gegen 2 Uhr ein heftiger Streit stattgesunden hat, dem jedoch wenig Beachtung beigelegt wurde, da sich da« Ehe paar öfters zankte. Pfeifer, dem die Erdrosse lung zur Last fällt, ist seitdem verschwunden. Bis zum Sonntag nachmittag hatte man noch keine Spur von ihm. Man vermutet, daß er sich ein Leid angetan hat. Er dürfte die Tat nicht vorsätzlich begangen haben, die Erdrosse lung wird vielmehr in einem Wutanfall ge schehen sein. Gestern weilte ein Vertreter der Staatsanwaltschaft und ein Chemnitzer Kriminalinspektor hier, die den Tatbestand ausnahmen. Der „Guckkasten" hat seine neue Nummer 11 ganz auf die Tage der Ostern gestimmt. Milten in die wundervolle Zeit des ersten Frühlingserwartens versetzt uns das niedlich« Märchen von Hermann Löns „Der golden« Silberbaum", zu dem G. Holstein zwei ent zückende Vollbilder geschaffen hat. „Deutsche Ostern" überschreibt R. Reichardt (Rotta) sein« historischen Streifzüge durch die deutschen Lande, in denen er von den alten Gebräuchen des Osterwassers und des Osterfeuers neue Kunde gibt und von dem Osterhasen und den Osterspielen handelt. Marx Möller preist in frohen Versen die siegkündende Botschaft der Osterglocken, und ver Pinsel des Künstler begleitet sein Wort. Wir denken da in der Hauptsache an die feine Borsrühlingsstimmung von Max Fritz, Lübben. Wuchtig ist die schwere Farbenkomposition von Fr. Eichhorst, „Karfreitag", wuchtig auch die eindringliche Sprache, die A. Liedtke in seiner „alten Lahn brücke" spricht. Allen Verehrern Jean Paul'- scheu Humors wird das stimmungsvolle Blatt von Erich Kux und Peter viele Freude machen, das anläßlich des 150. Geburtstages des Meisters (am 21. März 1913) wieder einmal liebevoll seiner Art nachgehi. Nicht zu zählen sind die Schwarzbilder in diesem Heft von BlooS und Bersch, Käthe Ohmann, Gersten- vrand u. a. m., nicht zu zählen sind auch die Scherze und Schnurren. Harald Graef ver spottet di« englische Lustschiffangst, Paul Schüler steuert eine feine Charakterstudie „Die Schranke" bei — kurz und gut, so reich wie „Der Guck kasten" sind in Deutschland nur wenige Wochen- Ichrifren ausgestatlet. Darum wünschen wir ihm ein Heimatrecht in allen deutschen Familien! Kirchennachrichten. Gründonnerstag, den 20. März 1913. Ottendorf-Okrilla. Vorm. 10 Uhr: Beichte und Feier deS heiligen Abendmahls. (Erstkommunion der Ncukonfirmierten. Medingen. Gründonnerstag, den 20. März 1913. Vorm. 10 Uhr: Beichte und Feier des heiligen Abendmahls. Großdittmannsdorf. Vorm. 11 Uhr Predigtgottesd'enst.