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Ottendorfer Zeitung : 02.06.1915
- Erscheinungsdatum
- 1915-06-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191506023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19150602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19150602
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1915
-
Monat
1915-06
- Tag 1915-06-02
-
Monat
1915-06
-
Jahr
1915
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 02.06.1915
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übsr äen Ureubruck Italiens. Ede am L8. Mai da^ Kaus in die Tages- mdnung eintiat, nahm Reichskanzler v Bet h- mannHotlmeg im Reichstage das Wort, um den T reubruck I 1 alienszu brand- marken. Der Kanzler «schrie aus: Meine Herren! A s ich vor acht Tagen zu Ihnen sprach, befand noch ein Schimmer von Hvffnuim. daß das Losichlagen Italiens ver hütet werden «önnte. Die Hoffnung hat ge trogen. Das deutsche Empfinden sträubte sich, an die Möglichkeit einer solchen Wenduna zu glauben. Jetzt dat die italienische Regierung sechst ihren Treubruch mit blutigen Leitern unvergänglich .in das Buch der Weltgeschichte einge schrieben. O ne kaß ein Blutstropfen gestossen wäre, odne daß das Leben eines einigen Italieners ge äbrdet wurde, tonnte Italien die lange Liste von Konzessionen haben, die ich Ihnen neulich verles n habe: Land in Tirol und am Jmnzo, soweit die italienische »junge klingt, Befriedigung nationaler Wünsche in Triest, freie Hand in Albanien, der wertvolle Hessen von Valona. Worum haben sie es nicht ge nommen? Wollen sie etwa das deutsche Tnol erobern? Hände weg! Wollte sich Jassen an Deutschland reiben, an dem Lande, dem es doch in seinem Werdenzur Großmachtso manches zu verdanken bat, an dem Lande, von dem es durch keinerlei Interessengegenläge getrennt ht? Wir haben in Rom keinen Zweifel ge lassen darüber, daß ein itai'enischetk Angriff aui die österreichisch-ungarischen Truppen auch deutsche Truppen treffen würde. Wesha b hat Rom die Wiener Borlch Soe so leicht herzig abgewe'en. Das italienische Kriege- manisest, ein Dokument, in dem das schlechte Gewissen hinter hohlen Phrasen versteckt ist, gibt uns keinen Ausschluß. Die römischen Staatsmänner batten kein Reckt, an die Berirouen-würdig'eit anderer Nationen denselben Maßstab anzulegen, den sie sich sür die eigene Vertragstreue gebildet hatten. Deutschland bürgte mit seinem Worte dafür, daß die Konzessionen durchge führt werden würden. Da war kein Naum für Mißtrauen. Es war wohl deshalb zu spät, weil die römi'chen Staatsmänner sich nicht gescheut hatten, lange vorder, während der.Dreibund noch leckte und lebte, derselbe Dreibund, von dem König und Regierung auch nach Aus bruch des Weltkrieges ausdrücklich anerkannt hatten, daß er weiter bestände, daß sie lange vorher sich mit der Tripelentente so tief eingelassen hatten, daß sie sich aus ihren Armen nicht mehr losmachen konnten. Schon im Dezember waren Anzeichen lür eine Schwenkung des römischen Kabinetts zu er kennen. Zwei Eisen im Feuer zu haben, ist ja immer nützlich, und Jta'ien hatte ia auch früher schon seine Vorliebe /für Extratouren gezeigt. AVer-hier war kein Tanzsaal, hier ist blutkge Walstatt, auf der Deutschland und Österreich-Ungarn gegen eine Welt von Feinden um ihr Leben rinc-en. . Und, m. H., das elbe Spiel wie gegen uns. haben die römischen Staatsmänner auch gegen ihr eigenes Volk gespielt, über den Gang der österreichischen Verhandlungen, über das Maß der österreichi-cken Kon esuonen wurde das Volk geflissentlich im Dunkeln gehalten. So kam eS, daß nach dem Rücktritt des Kabinetts Salandra sich niemand mehr sand, der den Mut hatte, eine neue Kabinetts bildung -u übern-hmen, und daß in der ent scheidenden Debatte über die Kriegsvollmachten kein Redner der tonstNutioneslrn Partei des Senats oder der Kammer den Wert der weit gehenden ösierreichllchen Konzeisionen auch nur zu würdigen vernicht hat. In dem Kriegstaumel sino die ehrlichen Politiker verstummt. Wir laben alles getan, um die Ab-ehr Italiens vom Bunde zu verhübn. Wir werden auch dreien Sturm aushalten. Von Monat zu Monat sino wir mit unteren Verb noeten mmer en rer zu ammengewach'en. Lon d?r L-ilica bis zur Bukowina Haven wir mit unteren österreichisch-ungarischen Käme- , raden monatelang gegen ein? Rieienübermacht genoßen una vormarschiert. Än dem Geiste der Treue und Freundschaft und Tapferkeit, von Sem die Zeniralmächte unerichütterltch beierlt sind, werd«n auch neue Feinde zu schanden werden. Die Türkei feiert in diesem Kriege eine glänzende Wiedergeburt, und das gesamte deutsche Volk verfolgt mit Begeisterung alle einzelnen Ptalen des hartnäckigen und sieg reichen Widerstandes, mit dem die uns treu verbündete lü-kcsche Armee und Folte die Angriffe der Gegner m»t wuchtigen Schlägen -u parieren weiß. Gegen die lebendige Mauer untrer Krieger im Westen sind die Gegner bisher vergeblich anaenürmt. Mag auch an einzelnen Stellen der Kamps bin und her gewogt haben, mag vier oder dort ein Schützengraben oder ein Dorf verloren oder gewonnen worden sein, der aroße Durchbruch, den uns untre Gegner fest iüni Monaten an kündigen, ist ihnen nicht gelungen und soll ihnen nicht gelingen. Sie werden an der todesmutigen Tapferleit unsrer Helden scheitern. Meine Herren, alle Machtmittel der Welt haben miste Feinde bisher vergeblich gegen uns aufgeboten, eine ungeheure Koalition, tapere Soldaten — wir wollen die Feinde nicht verachten, wie es unsre Gegner wohl gern tun —, den Plan, eine Nation von 70 Millionen mit Weibein und Kindern aus zuhungern, Lug und Trug. Wenn die Regie rungen der uns seindiichcn Staaten glauben, durch Volksbetrug und durch die Entiessetung eines blinden Hasses die Schu S an dem Ver- brechen dieses Krieges adwälzen und den Lag des Erwachens hinauSschieben zu können, wir werden uns. gestützt aus unier gutes Ge- wsien, auf die gerechte Sache und aus unser siegreiches Schwer', nicht um Haaresbreite von der Bahn abdrängen taffen, die wir von je a>s richtig erkannt Haven. Inmitten dieser Vermurung der Geister am der andern Sei e geht das deutsche Volk ruhig und sicher feinen eigenen Weg. Nicht mit Han suhien wir dielen Krieg, aber mit Zorn, mit hei ligem Z orn. und je grö er die Gefahr ist. die wir, von allen Seiten von Feinden um- dräugt, zu bestehen haben, je mehr uns die Liebe mr Heimat tief an das Herz packt, >e mehr wir sorgen muffen sür Kinder und Enkel, um io mehr müssen wir aushairen, bis wir uns alle nur möglichen Sicherheiten dasür ge- ichahen und erlämp t haben. Laß teiner un rcr Feinde, n cht vereinzelt, nicht vereint, wieder einen Waffengang wagen wird. Je wilder uns derSturmumtovt,umso fest er müssen wir uns unser eigenes Haus bauen. Für die e Gesinnungen einiger Kraft, un erschrockenen Miites und grenzen wer Omer- wtuiflkeit. die Las ganze Voit besessen, sür die treue Mitarbeit, die Sie, meine Heilen, vom eraen Tage an zäh und feu dem Vaterlands leisten, übermittele ich Ihnen im Auftrage Seiner Majestät, Ihnen als den Vertrete, n des ganzen Volkes den heißen Dank des Kaiers. In dem gegenseitigen Vertrauen darauf, daß wir alle eins sind, werden wir siegen, einer Welt von Feinden zum Trost Nach dieser Rede, die von stürmilchem Bestall ost unterbrochen und begleitet war, ver- tag'e sich das Harn. verschiedene ttriegsnachrichten. Bon der mil.Zenlurbehörde zugelasiene Nachrichten. Treffsicherheit der deutsche» Geschütze. Lord Charles Bereswrd, der einen Be such an der Front gemacht hat, erklärte dem Pariser Korreipondenten der .Daily Mail', daß er bemerkenswerte Beweise sür die Stärke und Tresisicherheit der brutschen Geschütze gesehen bade. Französische Sorgen. In einem unter dem Vorsitz Pomcarss ab- gebalienen Mmisterrat wurde tue gegen wärtige dlpivmattiche mibtärilche Lage be- svrocken. Ernue Besorgnisse erregte die un günstige Lageder Russen aus dem östlichen Kriegsschauplatz, befov de, s inGaissen, die auch Lie nanzösiscke Prisse nicht mehr beichönigen kann. Wie der«Voll. Zsg.' zufolge verlautet, sollen andere mili« tärilche Maßnahmen dadurch ve- gav Gelegenheit, Einzelheiten über tue Mw ai bei« des neuen Bunüesaenossen auf den ver- ichiedenen Kriegstchaupläben zu besprechen. Hierüver bewahrt die Presse noch strengstes Stillschweigen. „Es wird nicht alles nach Wunsch gehen." Der militärische Mitarbeiter der .TimeS' schreibt: Das deutsch-österreichische Vorgehen in Galizien ist soweit ge gangen und verspricht so bedeutende Er gebnisse, wenn es durchgesübrt werden kann, daß die starke Neigung vorherrschen wird, es womöglich sortzusetzen. In diesem Fall wür den kaum viele Truppen sür den italienischen Kriegsschauplatz entzogen werden. Die öster reichische Grenze ist stark. Die italienischen Soldaten stehen vielen Schwierigkeiten gegen- üver. Wir müssen nicht erwarten, daß ihnen alles nach Wunsch gehen wird. England braucht Geschütze. Die Londoner .Daily Mail' gibt der Über zeugung in einem Artckel Ausdruck, daß die Artillerie die Entscheidung in diesem Kriege bringen werde. Wo jetzt 1000 Kanonen vorhanden leien, müßten die Engländer deren 5000 haben. Drei-Millionen Heer — gewünscht. Nach Pariser Meldunges aus Rom nimmt Italien durch Einberufung der jüng- uen Jahrgänge eine Erweiterung seines Heeres vor und rechnet damit, im Lause des Jahres ein Heer von drei Millionen autzustellen. Italienische Truvven auf Rhodos gelandet. Wie aus Kairo gemeldet wird, sollen große italienische Truppenmassen aul der Intel Rhodos gelandet worden sein. Italien beginnt also teine Vorbereitungen lür den Kampf an den Dardanellen. In England begrüßt man nach den ständ'g-n Mißerfo gen gegen die Türken den neuen Bindesgenoven natürlich mit großer Genugtuung. Beträgt doch nach dem .Daily Enonicle' der d irch- schuittbche Verlust täglich 2300 Mann allein aus englischer Seite. Am Kamp, vetelssgen sich zurzeit Indier, Auvratier, Kanadier, Neu- teeländer, englische Infanterie und Marine- Jn anterie. Senegalesen, Zuaven und Frem denlegionäre. .Daily News' Ichätzen die An-ahl der bislang an den Dardanellen außer Ge leckt gesetztenMannlck alten der Verbündeten au» 60 000. Serbilcbe Grausamkeiten. Nack den Berichten des Kommandos der Balkavsstestkrälte tckreibt die Wiener.Reichs- vost' über die Erlebnisse, die ein neutraler Reisender in Serbien hakte. Er er-ählt: «Au» einer Geschäftsreise nach Serbien batte ich vorige Woche Gelegenheit, mit einigen österreichück-ungarischenGeiangenen zu sprech en. Die Erzäh'ungen dieser Lewe waren solche, daß ick ihren »Worten laum alauben wollte, bis ick mick leibst überzeugte. Er gibt leider nichl genug Worte um daS E end dieser armen Men- lckenzujchtldekn: derIammerstehtbeispielloSda. Die ösierreickftck-ungariscken Gefangenen sind, wie ich Hörle, aus das ganze Lano verteilt; ich sah in Noch Gefangene, die ihr Leben mit Straßenkehren, Hand langerdiensten uns Betteln fristen. Alle zerrißen und zerfetzt. Schmutzig, ver hungert. meist ol ne Schlasstätten; wenn solche Vorhand n, so nur aus der bloßen Erde in Kalernen oder S allunoen. Am Abend tras ich einige Ge angene an der Ecke kauernd, halb ertroren. Aus den Erzählungen dieser Leute erfuhr ick, daß es speziell den Deutschen und Magyaren besonders schlecht ergeht. Die Verköstigung die er armen Men schen ist ein Fuster, das man nicht einmal Hunden vorletzt; verdorvencs gelbes Brot mlf bitterem Geschmack und Bohnensuppe. Seit Dezember ist dies die tägliche Kost. V ele Tausende sind an Krank heiten zugrunde geoangen. und olle ziehen Len Lod dieser elenden Gefangenschaft vor. Der Schuhe und Manie! wurden die Geiangenen von den Seiden berauvt. Ich hörte, daß auch viele Geiangene in Privathäujern und bei Unternehmungen untergevracht iein «ollen; allerüings bekommen diele Gefangenen nicht n . bevorüe abgeiunn rmro; ovcu ,vu rur Los besser sein. Als ich in Nisch war. warf sich vor meinen Äugen ein Gesungener in den Fluß. Niemand rührte sich zu seiner Rettung,; später zog man ihn tot heraus. Auch kah ich, wie ein Aus seher mit der Peitsche die die Straßen kehwn^en Gegangenen zur Arbeit antrieb, wie die Sklaven in Airika. Einige Serben hatten mit den Leuten Mitleid, konnten ihnen jedoch nicht helfen. J b habe den Eindruck gewonnen, daß diese furchtbaren Roheiten nicht vom Volke ausgehen, tonde»n von der Ovrig'eit. Ich hatte, besonders in Negotin, noch Ge legenheit, die Gefangenen unterwegs zu sehen und zu sprechen. Der vorzüglich rumänisch sprechende Bürgermeister aus Negotin sagte mir, daß von 500 Ge fangenen in seiner Stadt nur noch 180 übrig sind, die anderen sind zugrunde ge gangen. Die 180 Gesungenen sinZ in sehr schlechtem Zustande. Schließlich fah ich noch etwa LOO bis 300 Gefangene an der Donau Schlepper aueladen, alle in verwahrlostem Zustande. Viele baten mich, ich möge daheim von ihren Leiden erzählen, damit ihr Schick sal verbessert werde. Wenn die Zeit ge kommen, stehe ich gerne bereit, meine vor stehenden Angaben eidlich zu bekräftigen." In Übereinstimmung mit dieser Darvellung erklärt der Korrespondent eines englischen Blattes (!), daß die österreichisch-ungarischen Gejangenen in Serbien zur Beerdigung der an Fleckiyphus Gestorbenen herangezogen werden. Die ursprüngliche Zahl der Ge fangenen ist infolge von Krankheiten bereits aus weniger als die Hälite -uiammenge- lchmolzen. — Das verbrecherische Serbien, das bisher — wahrscheinlich um die Empsinüungen Italiens zu schonen — in aller Stille gelebt hat, w rd jetzt, da Italien seine Kmten auf-, gedectt hat. sehr bald aus seiner Verborgenheit awgeschreckt und zur Rechenschaft gezogen werden. ! UH- s c - -«»-SS— politilcke KurEckau. Deutschland. 'Bei der Ersatzwahl zumpreußi- schen Landtage im Wahlkreis Frankiurt a. O. 1 (Arnswaide-Friedeberg) ist Post- otreiior Wiedner-Friedeberg Nm. (konservativ) mit allen abgegebenen Stimmen gewählt worden. Gegenkandidaten waren nicht, aus gestellt worden. Italien. * Der .Mailänder Avanti' meldet, daß die 75 Abgeordneten, welche gegen das Kriegsgeietz gestimmt haben, den ärgsten Vertolgungen ausgesetzt sind. Eine Regierungsverordnung stellt diese Abgeordneten wegen Hochverrats unter An klage. Das Tragen von Ordensabzeichea wurde ihnen veibolen. "Die Schweizer Tessiner, d. h. die Be wohner der italienischen Schweiz, stehen mit ihren Sympathien ganz auf der Seite Ost erreich.Ungarns. Das führende Organ der Tessiner.Voce del Porwlo' in Lugano schreibt: Seit langem sind die Beziehungen O rerreichs zu der Schweiz die denkbar herzlichsten, und diele Tatsache allein bietet uns hinreichenden Grund, einen Kampf zwischen Österreich und Italien, an welch letzteres wir durch die Gemeinschaft der Abstammung gebunden sind, lebhaft zu be klagen. Wir nehmen keinen Anstund, offen zu erklären, daß dec Krieg Österreichs gegen Serbien und Rußland voll- kommen berechtigt war. Was die Aus« dehnungswünsche Italiens anbelangt, so ist uns geradezu unverständlich wie man zu ita« lienichen Gebieten auch -Dalmaiien zählen kann, ein Land, das geographisch ganz, ethno graphisch sag ganz slawisch ist. Balkanstaaten. 'Wie aus Bukarest gemeldet wird, sind sämtliche Belgrader Professoren von der Regierung nach Frankreich. England und Italien kommandiert worden, um iür die Idee der Interessiertheit Serbiens am Adriatisch e n Meer Propaganda zu machen uns zu erreichen, daß sich die öffent liche Meinung Europas in dieser Frage auf die Seite Serbiens stellt. Das seltsame 12f Erzählung von E. Frhr. v. Skarfegg. v-mtik»una.> »Er bat uns nie etwas darüber ge schrieben." sagte ße nach geraumer Zeit, »ebenso wenig von seinen Be-iedungen zum Fürsten Michael, von dem man sich erzählt, daß er in rufst,chen Diensten in Österreich —", sie stockte. »Spionage getrieben hat," ergänzte Fel dern. Seme Worte klangen hart, und er schien jetzt alle Selbstbeherrschung wieder- gewonncn zu haben. .Gnädlge Frau! Ich dars Ihnen verraten, daß Fürst Michael, den ich seit langen Jahren kenne, ein Ebren- mann von tadellosem Rufe ist. Kann man nicht im Nachrichtendienst seines Vaterlandes tätig und dock ein Ehrenmann sein?" „Für sein Va erlaub to l man jedeS Op^er bringen." sagte sie zusammensckauernd. denn unwilltüilick mußie sie daran denken. Laß idr Bruder, wenn er deS Fürsten reckte Hand war, doch sicher von seinen Unternehmungen wrsste, ja, daß er sogar tätigen Anteil daran nahm. Aus diesem Gedanken heraus iügte sie hinzu: »Ich verstehe sehr wobl. daß Fürst Mickael nur daS tut, was die Pflicht gegen sein Vaterland gebeut.: Wenn es aber ein anderer tut, wenn mein Brüser —" »Verzechen Sie, gnädige Frau! Es ist daslelve, kenn Ihr Bruder ist russischer Unter tan. Seine Heimat tst Rußland. Eine andere hat er nicht." „Nimmermehr," rief die Frau, und wie ab wehrend streckte sie die Hände aus. -Nie mand kann seins alte Heimat ver leugnen. Sein Herz gehört dem Fleckchen Erde, aui dem er geboren ward. Wehe dem Unseligen, der seine Heimat vergibt, mag ihn des Lebens Flut auch treiben wohin sie mag. Kennen Sie die geheimnisvolle Zu sammenhänge nicht, die zwischen dem Manschen und seinem Heimatlan- besteht? Wissen Sie nicht, daß alles, was wir sind, letzten Endes im Heimatboden wurzelt?" Wie ein brausender Bergbach batte sich ihre Rede über ihn ergossen. Jetzt stand sie vor ihm, mit glühenden Wangen und vibrie renden »Pullen. Aber er gab sich nicht ge schlagen. „Gnädige Frau." sagte er leise, „das alles mag im gro en und oanzen zutreffen. Aber Sie dürien die e an sich berechtigten und zu treffenden Grundsätze nicht aus jene auwenden, die iefne Heimat h iben." »Die keine Heimai haben?" fragte sie tonlos. „Ju." bekräftigte er, die keine Heimat Haden! Ihr Bruder war, wenn ich ihn reckt verstanden habe, einer dec vielen, die mit ihrem jungen heilen Leben nicht ertig werden und die straucheln, weil sie die Träume ihres lebenSgierigen Herzens nicht mit der barlen Wirklichkeit in Einklang zu brmgen vermögen; denn - es klang ein leiser Spott durch seine Worte — auch die Mu tererde, der Heimat boden, das Valerhaus streicheln uns nicht immer. Mit dem bloßen Befehl ist da nichts getan. War Ihr Bruder nicht einer jener Heunallo en?" »Mein Bruder?"-jiagke sie erstaunt. »Ja, Ihr Bruder. An dem Tage, da Ihr Herr Vater ihn aus dem Haus« stieß, war er ein .Heimatloser. ein Entwurzelter." Frau von Heiner schrak zusammen. Hatte jener Mann mit leinen grausamen Worten nicht reckt? Graf Fe der« aber fuhr fort: „Vom Äeima'boden vertrieben, von den Meirichen, die eurem die liebsten waren, ver- slo'en, wird man durch die Welt gehetzt. Nimmt man da nicht die Heimstätte, die einem nach langer Irrfahrt geboten wird? In man nicht zulrieden. endlich irgendwo ein Fleckchen Erde zu finden, von dem man tagen kann Hier ist deine Heimat? Ach. es gibt ja nickt nur einzelne Menschen, die heimat los find. Ganze Völker hauen keine Heimai!" Durch seine Worte glühte jetzt verhaltenes Weh, das lange unterdrückt sch eu und nun mit elementarer Kraft sich -bahn brach: „Ich bin Pole, gnädige Frau. Meine Wiege stand in Warschau. Äutgesäugt im Hg>z geaen unsere Unterdrücker, marü mir irÄH klar, daß Polens Kussur niemals auf srieülicke Weile vom Zarenreiche zurück gewonnen werden kann. An der rusüsch- polnilcken Grenze bransen unoersähnlich -wei Weüanschauungen gegeneinander. Glauben Sie nickt, gnädige Frau, daß wir alle, von Galiziens Grenze bis hinauf nach Litauen, bis in die Ebene von Moskau, heimatlos sind? Und dennoch stehe ick in Diensten der Unterdrücker. So glauben Sie wenigstens. Was ick aber auch tue. mein erniigeS Be- nreben tst. mitzuarbeiten an der Vorbereitung sür den großen Tag. der uns Befreiung vom Joche bringt. Im Kriege find auch die Msstei des Krieges erlaubt. Palen aber führt seit hundert Jahren den Krieg gegen Ruß land. Wir haben uns lange überzeugt, daß wir auS eigener Kraft nickt siegreich jein können, meine Lebensarbeit aber ist, meinem Volke die Mittel zu verschalten, um es für den großen Augenblick zu rüsten, um den großen, heißersebnten Tage heraussu- sühren. In diesem Kamvfe der Dunkelheit find mir alle Mittel recht: denn auch die Heimatlosen lieben den Flecken Erde, von dem man sie vertrieb, ober den brutale Gewalt ihnen streitig macht." Er schwieg uns wartete auf ein Zeichen von ihr, daß sie ihm zu'limme. Aver Freiin von Herner schm eg. Mit klopfendem Herzen hatte sie ihm zugehört, und so wenig sie in den geheimsten Gedanken vieles Mannes einzudringen vermochte, so sehr war sie doch von dem erschüttert, war er in heißer Leiüen- scha t «oeben bekannt hatte. „Und nun." tagte er vacsi,einer Weile, »bi« ich Ihnen noch Reckenschaft schuldig über das Geheimn s, daS mich umgibt?^ „Es ist heut so viel auf mich eingestürmt, bkß ich Sie bitte, Graf Felüern, muh jetzt allein zu lassen." Er verbeugte sich. „Gnädige Frau, gebe« Sie mir wenigstens eine Hoffnung mit?" »Ich liebe Sie, Graf Feldern, ist Ihnen das nicht genug?" Da stürzte er vor ihr nieder auf die Knie und bedeckte ihre Hände mit leiden chaftlichen Küssen, sie aber matzte sich los, zog ihn zu lich empor und bot ihm den Mund. Gral Feldern durste jubeln. Als er im Dunkel dieses Juliaüends quer durch das Wäldchen hinter seinem Haufe in seine Woh-
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