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Ottendorfer Zeitung : 14.11.1913
- Erscheinungsdatum
- 1913-11-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191311141
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19131114
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19131114
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-11
- Tag 1913-11-14
-
Monat
1913-11
-
Jahr
1913
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 14.11.1913
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Das drteil im Krupp-Pro^ek. Nach vierzehntägiger Verhandlung, die reich an Zwischenfällen mancherlei Art war, ist in dem Krupp-Prozeß das mit Spannung erwartete Urteil gefällt worden, Der Ober staatsanwalt hatte für beide Angeklagte je fünf Monate Gefängnis beantragt. Das Gericht ist indessen zu folgendem Spruch ge kommen: Der Angeklagte Brandt wird wegen fortgesetzter Bestechung zu vier Monaten Gefängnis verurteilt, die Strafe aber als verbüßt erachtet: im übrigen wird Brandt freigesprochen: der Angeklagte Eecius wird wegen Beihilfe zur fortgesetzten Bestechung zu 120« Mark Geldstrafe, Hilfsweise für je 10 Mark zu einem Tag Gefängnis, ver- s urteilt. Die Kosten, soweit Freisprechung erfolgt ist, fallen der Staatskasse, soweit Ver urteilung erfolgt ist, den Angeklagten zur Last. Die für die Bestechung auf- gewendeten Gelder in der Höhe von 1225 Mark sind dem Staate verfallen. Die Beratung des Gerichtshofes hatte über vier Stunden gedauert, ein Zeichen, daß das Gericht sich vor einer schwierigen Aufgabe sah. Der Vorsitzende gab denn auch eine ein geh ende,Begründung. Das Gericht hat als erwiesen angesehen, daß der Ange klagte sich gegenüber den seinerzeit im Prozeß Tilian und Genossen verurteilten Zeugleutnants und Zeugfeldwebeln der fortgesetzten Bestechung schuldig gemacht hat. Damit ist das Rechts gut der Beamtentreue verletzt worden. Der Angeklagte Eccius ist insofern der Beihilfe zur Bestechung schuldig, als er seinem Unter gebenen Brandt die Mittel zur Verfügung stellte, die diesem zur Bestechung dienten. Er wußte, daß Brandt Verkehr mit seinen ehe maligen Kameraden unterhielt, und daß er auf Grund dieses Verkehrs die „Kornwalzer" anfertigte. Das Gericht ist indessen zu der Überzeugung gekommen, daß kein Verrat militärischer Geheimnisse vorliegt. — Beide Verurteilten werden Revision gegen das Urteil einlegen. Die Lehren des Prozesses. Nachdem das Ergebnis der vierzehntägigen Verhandlung mit dem Urteilsspruch abge schlossen vorliegt, wird es notwendig sein, sich kurz mit den Lehren des Prozesses zu befassen. Denn das ist sicher: Selten ist ein Prozeß vor einem deutschen Gericht verhandelt worden, dessen Lehren so eindringlich, dessen Folgen so weitgreifend gewesen wären, als es hier der Fall ist. Zunächst eine prozessuale Merk würdigkeit, die unmöglich übergangen werden kann. Einige Direktoren der Krupp-Werke und Herr v. Metzen, der Hauptzeuge der Staats anwaltschaft, die ihr Zeugnis in stunden- und tagelanger Vemehmung abgegeben haben, werden nicht vereidigt, weil sie der Mittäter schaft oder zumindest der Mitwisserschaft dringend verdächtig erscheinen. Das ist Sache der freien Entscheidung des Gerichts. Dem Laien neu und überraschend in diesem Zu sammenhang ist aber die Erklärung des Ober staatsanwalts, daß durch die Nichtvereidigung die Glaubwürdigkeit der Zeugen in keiner Weise in Zweifel gezogen werde. Die Bedeutung des Eides für jedwedes Gerichtsverfahren kennt jeder mann. Warum aber, so sagt man sich in Laienkreisen, legt man auf die Eidesleistung und die ihr zugrundeliegende Formel, die häufig umstritten ist, so viel Gewicht, wenn der Aussage eines Zeugen auch Glauben beige messen wird, wenn er nicht vereidigt wird, oder wenn man ein Zeugnis auch dann nicht für vollgültig nimmt, wenn derjenige, der es abgibt, den Eid zu leisten bereit ist? In weiten Volkskreisen gilt noch immer die Anschauung, daß die Glaubwürdigkeit eines Zeugen vom Gericht bezweifelt wird, wenn man ihn nicht zur Eidesleistung zuläßt, es sei denn, daß man auf sein Zeugnis (nicht nur auf seinen Eid) verzichtet, weil er im Verdacht der Mittäter- oder Mitwisserschaft steht. Die Wirkung des Prozesses. Wer ohne Vorurteil das Erkenntnis des Berliner Gerichts überblickt, wird zu dem Der Kurier äes Kaisers. L7f Roman von C. Crome-Schwiening. tFortsetzimg.I Aber damals war er selbst fertig mit dem Leben, wollte fort aus dieser grenzenlosen Er niedrigung, in die seine eigene Unvorsichtigkeit ihn gebracht hatte. Er ahnte ja noch nicht, wie schön und holdselig das Dasein sein könnte, auch ohne Rang und Titel, ohne die glänzende Uniform und ohne die Ehren, die eine solche Laufbahn auf den Scheitel eines Mannes häuft. Er hatte damals noch nicht Jelisaweta Gorowa kennen gelernt, dieses Mädchen, in dem er die süße Erscheinung wiederfand, die er neulich aus der widerwärtigen Umarmung Les Trunkenboldes retten durfte und die dann seinen Blicken entschwunden war, wie ein holdes Traumbild. Heute, wo er sie kannte, wo er an ihrer Seite ging und ihr Körper den seinen be rührte, da sah er, wie wenn plötzlich ein dunkler Vorhang vor einer sonneflutenden Landschaft weggezogen wurde, ein fernes, traumhaft schönes Glück, das er auch jetzt noch, nachdem er seines Namens und seines Standes verlustig gegangen war, sich erobern Wnnte. Und während sie still weinte, und er seinen Gedanken nachhing, hörten sie plötzlich in ihrem Rücken eine Stimme, die im Tone der höchsten Entrüstung sagte: „Also so belügen Sie mich, Fräulein! . . . Erst reden Sie mir vor, Sie haben keine Ahnung, wo sich Ihr Bruder befindet, und jetzt gehen Siechier mit ihm spazieren ?... Aber Schluß kommen müssen, daß die Strafkammer ihrer hohen Aufgabe durchaus gerecht ge worden ist. Es handelte sich nicht darum, unter allen Umständen — wie von ge wisser Seite gewünscht wurde — Existenzen zu vernichten, sondern darum, den Nachweis zu führen, daß die Gerechtigkeit und die Rechtspflege auch nicht vor der Tür des größten deutschen Industrie - Unternehmens haltmachen, wenn es darauf ankommt, gewisse Praktiken einiger Angestellten dieses Unternehmens, die aus Umwegen zu einem Monopol führen mußten, mit Nachdruck ab zuwehren. Für die Firma Krupp ist daher der Ausgang des Prozesses in ge wissem Sinne peinlich. Zugleich aber muß festgestellt werden, daß die Leistungs fähigkeit dieses Unternehmens durch die Untersuchung sowohl wie durch die Verhand lung, die in die geheimsten Organismen dieses vielgestaltigen Betriebes leuchtete, in keiner Weise angetastet ist. Im Gegenteil: Man könnte nur wünschen, daß in den Betrieben des Auslandes, wo man von einem „Zu sammenbruch des deutschen Systems" spricht, eine solche Riesenfirma einer ähnlichen Durch leuchtung ebenso standhält, wie hier die Firma Krupp. Das Ausland, das schon im Beginn der staatsanwaltschaft- lichen Maßnahmen und nach den „Ent hüllungen" des Abg. Liebknecht im Reichstage von einem „deutschen Panama" redete, wird seine Enttäuschung eingestehen müssen. Ein paar Unterbeamte, die nicht die „Grenzen des Schweigens" nach ihrer Dienstvorschrift zu ziehen wußten, sind bestraft worden, ein paar Kruppbeamte, die eine unzulässige Verbindung zwischen den Behörden und einem Privatunter nehmen herzustellen versuchten, ebenfalls. Aber kein höherer Offizier ist bei der Sache be teiligt gewesen: die Ehre der deutschen Armee ist unangetastet. Und schließlich darf nicht unerwähnt bleiben, daß auch für die deutsche Rechtspflege der Prozeß ein Triumph ist. Es ist nicht angängig, mit zweierlei Maß zu messen. Und vor dem Gesetz sind alle gleich. Die vierzehn Tage in Moabit haben reinigend gewirkt, Deutschland hat sich in keiner Weise weder dieses Prozesses noch seiner Ergebnisse zu schämen. L v. Politische Kunctsekau. Deutschland. «Kaiser Wilhelm wohnte mit den Kaiserlichen Prinzen der Vereidigung der Rekruten der Garde in Potsdam bei. «Kaiser Wilhelm wird sich am 17. d. Mts. nach Wilhelmshöhe hei Kassel begeben, wo die Kaiserin bereits seit einigen Tagen weilt. Von dort aus wird das Kaiserpaar gemeinsam einen Besuch bei dem Herzogs paar in Braunschweig machen, doch sind nähere Bestimmungen über diesen Besuch noch nicht getroffen. «König Ludwig III. hat im Thronsaale des Königsbaues in München feierlich den Eid auf die Verfassung geleistet. Der ganze Hof, die Staatsminister, das Kollegium der Staatsräte, Generäle und 24 Landtags deputierte aller Parteien einschließlich der Sozialdemokraten wohnten dem feierlichen Akte bei. — Die Truppen des Standortes München sind auf den neuen König vereidigt worden. 'Kronprinz Rupprecht wohnte dem feierlichen Akte bei. * Der Reichsverband deutscher Städte hat an den Minister des Innern die Bitte gerichtet, dafür eintreten zu wollen, daß den Gemeinden für die Arbeit, die sie bei Er hebung der Besitz st euern zu leisten haben, eine angemessene Entschädigung aus Reichsmitteln gewährt wird. * Der preußische Minister des Innern hat die Verfügung des Regierungspräsidenten von Schleswig zurückgenommen, durch welche dem Entdecker des Südpols, Roald Admundsen, untersagt worden war, in Flensburg einen Vortrag in norwegischer Sprache zu halten. «Bei den Verhandlungen über die Zu sammensetzung der Kommission zur Prüfung der Rüstungslieferungen natürlich, das ist auch richtiger, als daß Sie ihn etwa bei mir träfen, wo die Polizei hinter ihm her ist! Aber ich kann Ihnen nur eins sagen, lassen Sie sich nicht wieder in meiner Wohnung blicken! Ich will mit solchen Leuten, wie Sie sind, nichts zu tun haben. Ich habe keine Lust, meine'alten Tage etwa in Sibirien zu beschließen! Ihre Sachen können Sie sich jede Minute holen lasten, aber ich sage Ihnen nochmals ausdrücklich, daß ich Ihnen persön lich Nie wieder begegnen will!" Es war die Hauptmannswitwe, Jelisawetas Wirtin, die ihrer Mieterin nachgeschlichen war und die nun, nachdem sie in übersprudelter Eile ihr Verdammungsurteil über das blonde Mädchen vorgebracht hatte, so schnell davon rannte, als wäre wirklich schon diese böse Moskauer Polizei auf ihren Fersen. Jelisaweta, vollständig überrascht, war gar nicht imstande, irgend ein erklärendes Wort anzubringen. Noch ganz verblüfft, sagte sie zu dem ehemaligen Offizier: „Sie hat Sie offenbar für den armen Iwan gehalten," und mit einem Aufschluchzen der Stimme: „Sie müssen ihm doch sehr ähn lich sein!" Dann besann sich das junge Mädchen, ihre Tränen trocknend und meinte nachdenklich: „Wer was mach' ich nun, jetzt bin ich wieder ohne Wohnung! Und ich muß Ihnen offen gestehen, ich habe nicht den Mut, ein Hotel aufzusuchen." Mit dem Gefühl eines tiefinnerlichen Ent zückens sagte Artur Degen schnell: „Ich habe zwei Zimmer, darf ich Ihnen eins davon anbieten?" Er konnte nicht sehen, wie sie errötete, aber wurde von sozialdemokratischer Seite der Abg. Liebknecht neben dem Abg. Noske als Mitglied angeboten. Der Abg. Noske wurde angenommen; gegen die Berufung des Abg. Liebknecht erhob der Reichskanzler Bedenken wegen der besonderen Stellung dieses Abgeordneten gerade in dieser An gelegenheit. « Bei den Stadt verordneten- wahltzn in Großberlin gewannen in Berlin und Schöneberg die Sozial demokraten je zwei Mandate. * Einen großzügigen A u sbau ihres Eisen- bahnnetzes plant die oldenburgische Regierung. Siefordert für diese Zwecke vom Landtage 6V2 Million Mark. «Die Unruhen im Neukameruner BezirkSembe sind nach einer Meldung des Gouvernements beendet. Wie der Bc- zirksleiter von Jukaduma, Assessor Heym, dem Gouvernement berichtet hat, ist es gelungen, den Widerstand des Eba-Stammes durch Ein nahme von vier stark befestigten Stellungen und der hartnäckig verteidigten Bergdörfer zu brechen. Hierbei fielen zwei Polizeisoldaten, drei wurden verwundet. Alle Häuptlinge des Sembe-Bezirks sind zum Zeichen ihrer Unter werfung auf der Station erschienen. Frankreich. «Im Zusammenhang mit dem Besuche des Königs Ferdinand von Bulgarien in Wien, wo er längere Unterredungen mit dem Kaiser Franz Joseph und dem Minister des Auswärtigen Grafen Berchtold hatte, wird in Paris das Gerücht verbreitet, ein enger militärischer Zusammenschluß Osterreich-Ungarns, Bulgariens und der Türkei sei beschlossene Sache. In Wien hat man zu diesen Gerüchten noch nicht Stellung genommen. «Der 1903 abgeschlossene und 1908 er neuerte französisch-eng lischeSchieds- gerichtsvertragistauf weitere fünf Jahre verlängert worden. «Der Senatsberichterstatter für das Kolo nialbudget, der ehemalige Kolonialminister Millies de la Croix, ist von einer Studienreise in Marokko zurückge kehrt. Er gewann den Eindruck, daß von den gegenwärtig in Marokko weilenden 76 000 Mann keine Truppenabteilung ent behrlich sei und daß Abstriche von den Jahreserfordernissen von 210 Millionen nicht empfehlenswert wären. England. * Der bereits vor längerer Zeit angekündigte Besuch des englischen Königs paares in Paris wird in der ersten Aprilwoche des nächsten Jahres erfolgen und drei Tage dauern. Das englische Königspaar erwidert damit den Londoner Besuch des Präsidenten Poincarö. « Die Minister treten einer nach dem andern auf den Plan, um gegen dieRü st ungen mobil zu machen. Nach Asquith und Winston Churchill spricht jetzt auch Lloyd George öffentlich gegen das Wettrüsten der Nationen. Er sagte in einer Rede, die er vor seinen Wählern in Middlesborough hielt, es würde besser für Deutschland, England, Frankreich und Rußland sein, wenn diese Staaten ihre Ausgaben für die Rüstungen in die Nordsee werfen würden, als daß sie sie für die fürchterlichen Maschinen und Werkzeuge zur Menschen schlächterei verwenden. Ein Land allein könne das nicht tun, aber alle zusammen könnten es. — Leider hat auch Lloyd George von den Rüstungen der englischen Kolonien gänzlich ge schwiegen. Amerika. * Die Regierung der Ver. Staaten hat jetzt einen letzten Versuch gemacht, umMexik 0 zur Nachgiebigkeit zu zwingen. Der Sonder gesandte Lind hat noch einmal dem Präsi denten die Folgen seiner Weigerung, von der Präsidentschaft zurückzutreten, vor Augen ge führt. Bleibt Huerta auf seinem Posten, so erfolgt die sofortige Bl 0 ckade der Küsten Mexikos und die Öffnung der Grenze für Waffen und Munition zugunsten der Revo lutionäre. Wilson will demnach ihren Streit die Mexikaner selbst ausfechten lassen. Erhalten aber die Rebellen (Konstitutionalisten) genügend er fühlte, was sie empfand, als sie nach sekundenlangem Zögern erwiderte: „Wie dürste ich denn das annehmen? . . ." Ihren Arnr heftig drückend, erwiderte er: „Das dürfen Sie nicht nur, sondern Sie machen mich sehr glücklich, wenn Sie zu stimmen und damit zeigen, daß auch Sie mich ein wenig als Ihren . . ." Er zögerte. „Als Ihren Bruder betrachten . . . Sehen Sie, mein Fräuleni, nicht der Zufall, nein, das Schicksal hat es so gefügt, daß ich heute an Stelle des Toten Ihnen zur Seite stehen kann. . . Und gegen sein Schicksal soll nie mand ankämpfen." Sie blickte zu ihm auf und im Schein der Laterne sah er ihre großen, blauen Augen voller Vertrauen und Dankbarkeit auf sich ge richtet. Dann gingen sie nach seiner Wohnung, wo hin er durch den Dwornik noch an demselben Abend ihre Effekten holen ließ. 17. In seinem Arbeitszimmer im Winterpalast saß jener Mann, der als der Leiter der dritten Wteilung das Geschick des Zarenreiches, wenigstens soweit es die inneren Angelegen heiten betraf, in seinen schlanken, weißen Händen hielt. Und der Gewaltige befand sich in einer höchst üblen Laune. Er hatte in seinem Schlitten, einem ge schlossenen Coupe, hinter den kleinen Spiegel gesteckt, der am Rücksitz in das Seidenpolster eingelassen war, einen Brief gefunden, ein ein- Waffen und Munition, so dürfte ihnen der Sieg sicher sein. Überlastung äes keickstages. — Von einem alten Parlamentarier. — Die immer mehr zunehmenden Doppel beratungen in der „Kommission" und im „Plenum" sind ein Mißbrauch, gegen dessen weitere Einbürgerung in der künftigen Session Maßnahmen ergriffen werden sollen. Immer mehr drückt die gewaltige Fülle der zu er ledigenden gesetzgeberischen Arbeit in jeder Session auf die Reichstagsmitglieder, die nun am 26. November wieder zusammentreten. So kommt es, daß die Sessionen immer länger dauern. Unter einem halben Jahr ist der Reichstag nicht mehr zusammen, und die Sitzungen werden immer länger. Die Zeiten der vierstündigen Sitzungen scheinen für immer dahin zu sein. Dazu kommt eine bisher un erhörte Zunahme der Kommissionsberatungen. Fast kein Gesetzentwurf wird ohne Kom missionsberatung vor das Plenum geschafft, und fast jeder zweite Abgeordnete gehört jetzt einer Kommission an. Daß die ganze parla mentarische Tätigkeit sehr stark anstrengt, steht jetzt außer Zweifel, zumal die Volksvertreter nicht nur die Sitzungen in den Kommissionen mit ihren Reden, sondern nun auch noch die selben Ausführungen (wenigstens dem Sinne nach) im Plenum anhören müssen. Von den verschiedensten Seiten ist im Reichstage bereits die Klage laut geworden, daß zu lange Reden gehalten werden, daß zu viel zum Fenster hinaus gesprochen wird. Natürlich kann und darf das Reden weder gesetzlich, noch durch die Geschäftsordnung eingeschränkt werden: aber es ist angeregt worden, zwischen den Parteien über die Rede zeit der einzelnen Fraktionsmitglieder ein Ab kommen zu treffen, das ungefähr die Redezeit umgrenzt. Die wichtigen Kommissionssitzungen enthalten bereits zur Genüge Reden, aus denen die Stellung der Parteien offensichtlich zutage tritt. Was können Wiederholungen im Plenum dann sachlich Neues bringen? Vor allem ist es auch sachlich im Interesse der Aufklärung gerechtfertigt, daß die so dringend erforderliche Zeit, die hierdurch unnütz verloren geht, gespart wird. Außerdem ist seit einiger Zeit immer mehr der Brauch eingerissen, daß in der Budgetkommisfion wichtige Gesetzentwürfe bereits restlos be sprochen werden. Wie der Name sagt, soll in der Budgettommission das Budget für das Plenum vorbereitet werden, weiter nichts. Statt dessen werden dort parlamentarische Schlachten geschlagen, die auch in den Blättern zu lesen sind, und das Plenum ist eigentlich gar nicht mehr nötig. Es müßte natürlich umgekehrt sein, denn sonst würde es ja eine Verschwen dung bedeuten, wenn man die große Masse der Abgeordneten einberuft und ihnen die Gelder zahlt, anstatt sich mit einer Anzahl zu begnügen, die für die Kommissionen bestimmt ist. Der eigentliche Grund für die eingehen den und ausschlaggebendenBudgetkommissions- beratungen ist natürlich darin zu suchen, daß die meisten Parteiführer der Kommission an gehören und sich dort bereits aüssprechen. Im Plenum hört man deshalb ost lediglich Wieder holungen, so daß tatsächlich niemand mehr die Plenarsitzungen liest, sondern nur die Kom missionsberatungen, aus denen das ausschlag gebende Neue bekannt wird. Gegen diese Mißstände soll nun durch stete Vereinbarung der Parteien Abhilfe geschaffen werden, und es ist zu hoffen, daß dadurch nach und nach eine Entlastung der Reichstagsmitglieder eintritt, die vor allem im Interesse der glatten Erledi gung der Reichstagsgeschäfte zu wünschen ist. k>eer unä flotte. — Die Mannschaften der südwestafrikanischen Schutztruppen, die durch den im Spätsommer von Cuxhaven aus abgegangenen Ablösungstransport abgelöst worden sind, haben in Stärke von sechs Offizieren und 573 Mann auf dem Dampfer „Eduard Woermann" die Heimreise angetreten und treffen am 19. d. Mts. auf der Elbe ein. Der Transport wird jedoch wegen des Mangels an Unterbriugungsmöglichkeiten diesmal nicht in Cuxhaven gelandet, sondern wird über Hamburg nach dem Truppenübungsplatz Munster geleitet, w» die Entlassung der Mannschaften erfolgt. fach zusammengelegtes Papier, auf dem die Worte standen: „Glauben Sie nicht, Exzellenz, daß es uns unmöglich ist, Sie zu fassen. Ihre Zeit ist noch nicht gekommen, aber unsre Leute stehen jeden Moment bereit,Sie unschädlich zu machen. Doch soll das aus Gründen, die, wenn auch nicht Ihnen, so doch der Mitwelt, nach Ihrem Tode klar werden, weder auf der Straße, noch im Theater, noch an irgend einem öffentlichen Orte geschehen. Wir werden das über Sie gesprochene Todesurteil vollstrecken lassen, wenn Sie im Bett liegen und schlafen. Das sozialrevolutionäre Komitee." Das weiße Stück Papier, auf das diese (historischen) Worte in einer kleinen, feinen, außerordentlich korrekten Handschrift ge schrieben waren, in seinen Fingern drehens blickte der Mann, von dem behauptet wurde, daß er ohne Nerven zur Welt gekommen sei, in die Ecken des Gemaches, als versteckte sich jetzt schon dort jemand, der ihm nach dem Leben trachte. Furcht hatte er nicht. Er war einer jener Menschen, deren Verstand sich nach einer ganz bestimmten Richtung, nämlich nach der Be kämpfung der Revolution hin drehte. Wie ein Kompaß etwa, dessen Nadel auch, wie immer man die Scheibe drehen mag, nach Norden zeigt. Und in diesem Kampfe, in diesem unablässigen Wühlen und Gegen wühlen, war der sogenannte „Beschützer des Zaren" unerreicht. Darin fühlte er sich Meister. Alles, was in diesem Gehirn an Witz, Aufmerksamkeit und Energie waltete, drang wie ein einziger, scharfgespitzter Pfeil dahin, wo die Empö-mng des unterdrückten
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