Suche löschen...
Ottendorfer Zeitung : 25.12.1915
- Erscheinungsdatum
- 1915-12-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191512254
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19151225
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19151225
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1915
-
Monat
1915-12
- Tag 1915-12-25
-
Monat
1915-12
-
Jahr
1915
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 25.12.1915
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Vorwärts in Montenegro. Die österreichisch-ungarischen Truppen dringen Weiler mit Erfolg in Montenegro vor. Ein großer Erfolg ist damit erreicht, daß die Mon tenegriner südwestlich von Plewlje über die Tara geworfen wurden. Die Tara ist der bedeutendste Fluß Montenegros, der das Land fast in der ganzen Ausdehnung von Süden nach Norden durchfließt. Er bildet dadurch nicht nur eine gute Straße, sondern auch eine natürliche Ver teidigungsstellung vor der westlich von diesem Flusse liegenden Festungslime. Die steilen Berge, die sich fast bis an den Fluß erstrecken, bilden eine prachtvolle Verteidigungsstellung für das montenegrinische Bergvolk. Wie hier südlich von Plewlje, so machten die Österreicher auch weiterhin südlich von Ljelopolje im Raume von Derane große Fortschritte. Es gelang ihnen hier große Beute zu machen und mehr als 3000 Montenegriner gefangen zu nehmen. Auf der Fortsetzung der Schlachtfront nach Süden gegen Ipek sind neben den rein mili tärischen Erfolgen auch politische Umstände als Zeichen der Gesinnung der Bevölkerung zu er wähnen, denn hier haben sich den österreichisch ungarischen Truppen auch Albanier und Moham medaner angeschlossen, welche Schulter an Schulter mit unseren Verbündeten die Kämpfe gegen die Montenegriner führen. Wir sehen hier aus der ganzen Front Plewlje —Grab—Bjelopolje — Berane—Ipek den siegreichen Vormarsch der öster reichisch-ungarischen Tnippen in geschlossener Front, welche die Montenegriner vor sich hertreibt. Den Mittelpunkt dieser Linie bildet Derane. Der Vormarsch der österreichisch-unga rischen Truppen an dieser Stelle ist darum von Bedeutung, weil Berane der Schlüssel für die Straße nach Cetinje, der Hauptstadt Monte negros, ist. Bei der Wegelosigkeit dieses Ge- birgslandes sind gute, für die Artillerie fahrbare Straßen von einem Wert, den man leicht ein sieht. Nun führen bis Berane und darüber hinaus einige schlechte Straßen, die über die Kruschwica-Planina in Höhen bis über 1140 Meter gehen. An die Kruschwica-Planina schließt sich nach Süden die Smiljevica an, die sogar in.1600 Meter Höhe anfragt und durch ihre Unwegsam- keit berüchtigt ist. Wer diese beiden hohen Ge birgszüge haben sich nun unsere verbündeten Truppen mit zäher Ausdauer vorgearbeitet, da Derane selbst im Nordosten, Osten und Süd osten von diesen beiden Gebirgszügen gedeckt ist. Im Schutze dieser beiden Gebirge wurden Lie montenegrinischen Hauptstellungen errichtet. Wer Berane hinaus ist nun der Weg etwas besser bis nach Andrijevitza, einem wichtigen montenegrinischen Straßenkrenzungspunkt, der südlich von Berane am Lim in einer Höhe von 800 Meter gelegen ist. Die Straße, die von Berane nach Andrije vitza geht, ist im Tale des Lim angelegt und für die Bewegung von Heereskörpern schon be deutend geeigneter als andere montenegrinische Saumpfade. Von Andrijevitza aus aber geht eine verhältnismäßig gute Straße, die vor meh reren Jahren mit Hilie von russischem Gelbe angelegt wurde gradenwegs nach der Festung Podguriha, südwestlich von Andrijevitza, und von hier aus nach Cetinje. Die Hauptstellung bei Berane ist also in erster Reihe als Deckung für die Hauptstadt Nikitas anzusehen, denn wer Berane im Besitz hat, verfügt über den guten Weg nach Cetinje, der sogar für Artillerie be- yuem fahrbar ist. Zwar ist vor der Hauptstadt Montenegros noch ein starker Fortsgürtel in der Richtung von Süden nach Norden durch das ganze Land hindurch gegen einen von Osten andringenden Feind gezogen worden, und die Festung Podgoritza, die nur wenig östlich von Cetinje liegt, ist der bei weitem stärkste Stütz punkt dieses Festungsgürtels zum Schutze der Hauptstadt. Da die Straße von Andrijevitza nach Cetinje, nur über die Festung Podgoritza führt, so bildet diese Festung eine ansehnliche und durchaus Nicht zu verachtende Verteidigungsstellung für Cetinje. Dies ist aber andererseits wiederum nur der letzte Halt der Montenegriner vor ihrer Hauptstadt und darum trotz ihrer zahlreichen Forts — allein um Podgoritza sind zehn Festungswerke in nächster Nähe errichtet —, die nach Süden hinunter die ganze Straße bis zum Skutarisee decken, für unsere an Festungskämpfe gewöhnten Truppen kein unüberwindliches Hindernis. (Z-nflert: O. K. t. d. M.) verschiedene Uriegrnachrichlen. (Von der mil. Zensurbehörde zugelassene Nachrichten.) Einberufungen in England. In ganz England wurden am 18. d. Mts. Plakate angeschlagen, daß die Einberufung der Truppen 2, 3, 4 und 5 der unverheirateten Männer zwischen 19 und 22 Jahren, die nach Lord Derbys Nekrutierungsplan angeworben wurden, am 22. Dezember beginnen wird. Wie Venizelos sein Spiel verlor. Bei seinem Rücktritt ha! Venizelos, wie einer seiner Freunde erzählt, gesagt: „Biein letzter Trumpf war, zur Rettung des Balkans Ru mänien zum kriegerischen Ein greifen zu veranlassen. Als Rumä nien den Vorschlag zurückwies, Bulgarien und die Zentralmächte anzugreifen, war die Lage für uns verloren. Der Sturz meiner Regiening ist von jenem Tage an Zu datieren, als Rumänien meine Aufforderung ablehnte.* 3S0V0 Italiener in Balona. Nach römischen Meldungen landeten die Italiener wirklich Truppen in Albanien, was in London eine angenehmeüberraschung hervorrief. Die Landungen in Valo na dauern fort. Nach Mailänder Meldungen zählt das in Albanien gelandete italienische Heer gegen 30 000 Mann. Oeullcker Aeickstag. (Orig.-Bcricht.) Vertin, 20. Dezember. Tas Haus trat am 20. d. Mts. zunächst in die zweite Beratung der Kriegsgewinnsteuer- Vorlagen ein. Von der Kommission liegt eine Resolution vör, wonach Maßnahmen getroffen werden sollen gegen übermäßige und unlautere Gewinne aus Kriegslieierungen. Ferner kommt beim 8 1 mit zur Beratung eine sozialdemo kratische Resolution auf Erhebung eines neuen Wehlbeitrages im Laufe des Steuerjahres 1916/17. Abg. Dr. David (soz.) meint, die Er klärungen des Reichsschatzjekretärs in der Kom mission seien in mehr als einer Beziehung er freulich gewesen. Wir freuen uns, daß die im März kommende Stenervorlage die Aktiengesell schaften und die juristischen Personen umfassen soll. Wir vermissen in diesem Gesetz aber die Einbeziehung der Fürsten und fürstlichen Familien. Ohne über die staatsrechtliche Seite zu sprechen, in einer Zeit, wo jeder im Volke die größten Opfer bringen muß, müssen auch die Fürsten dieiem'Gejev unterworfen werden. Weiter vermissen wir die „Besteuerung der Erbschaften". Die Regierung sollte in die kommende Vor lage die Besteuerung der Erbschaften aus sich heraus ausnehmen; sonst werden sich die alten Kämpfe um die Erbschaftssteuer erneuern. Wir bestehen jedenfalls auf dieser Steuer und sagen schärfste Fehde an, wenn sie von der Regierung abgelehnt werden sollte. Redner beantragt zum Schluß namens seiner Partei die Vorbereitung eines neuen Wehrbeitrages. Staatssekretär des Neichsschatzamtes Doktor Helfferich: Ich will heute nur näher ein gehen auf die Frage, ob künftig die durch die Kriegsgewinnsteuergesetzgebung festgestelllen An gaben "neben den durch die Besitzsteuergeietz- gebung vorgeschriebenen erhoben werden sollen oder nicht. Dies wird Sache der künftigen Gesetzgebung sein. Natürlich sind beide Lösun gen möglich. Wenn ich neulich erklärt habe, daß wir Erbschaften und ähnlichen Vermögenszuwachs nicht in die Kriegsgewinnsteuer einbeziehen wollen, so hieß das natürlich nicht, daß etwa die Besteuerung der Erbschaften durch das Reichsbesitzsteuergesetz abgeschafft werden solle. Aber das Ruhenlassen der einen Ab ¬ gabe der Erhebung der anderen bitte ich der Regierung bis zur Beratung der künftigen Gesetzgebung zu überlassen. In England hat man sich zu Beginn des Krieges in den Illu sionen gewiegt, daß dieser Krieg mit ähnlichen Finanzmethoden durchgefochten werde könne, wie die früheren Kriege Englands. Das war Täuschung. So hoch auch die veranschlagten Summen aus den neuen englischen Steuern sind, so steht fest, daß sie gerade ausreichen, um die Verzinsung der Kriegsanleihe zu decken, daß sie aber keinen Beitrag liefern zu den Kriegskosten. Daß dies so kommen würde bei dem gigantischsten Ringen, das Europa durchge macht hat, ist bei uns von den Leuten, die den Krieg finanziell vorzubereiten hatten, stets vor ausgesehen worden. Damit sollte natürlich nicht gesagt sein, daß die Steuerschraube während des Krieges überhaupt nicht angezogen werden sollte. Das ist kein Grundsatz der deutschen Kriegsfinanzierung. Ich habe immer gesagt: Solange unser ordentliches Budget ohne Steuer- erhöhungen ins Gleichgewicht gebracht werden kann, wollen , wir von solchen Steuererhöhungen absehen, aus keinem anderen Grunde. Wie stehen wir nun in dieser Beziehung? Der Reichshaushalt für 1914/15, von dem acht Monate in die Kiiegszeit fielen, hat mit einem sehr erheblichen Überschuß abgeschlossen. Es waren rund 220 Millionen. Im Mürz habe ich dann gesagt, daß ich hoffte, daß auch der Etat 1915/16 im Gleichgewicht bleiben werde. Weshalb das trotz der un geheuren Ausgaben für den Krieg? Wir wollen uns keinen blauen Dunst vormachen. Aber die Ausgaben für Heer und Marine sind, solange der Krieg dauert, im ordentlichen Etat ver schwunden und auf den außerordentlichen Etat übertragen worden. Infolgedessen enthält der ordentliche Etat keine Ausgaben für Heer und Marine. Die Aufstellung des Budgets für 1916/17 wird außerordentlich schwierig sein und ohne Erschließung neuer Einnahmen wird sich dieses Budget nicht ins Gleichgewicht bringen lassen. Abg. Goth ein (sorischr.) meinte, daß das Steuerzahlen in Zukunft etwas tieser Greifendes sein werde als bisher. Die Lebenshaltung werde erheblich eingeschränkt werden müssen; vielleicht kommt eine Zeit, wo man sich wieder durchschlagen müsse. Abg. v. Brockhausen (kons.) hielt es sür notwendig, daß alle Finanzfragen nicht zur Agitation mißbraucht werden. Allen Steuern mW indeß der vermögenskonfiskatorische Charakter fehlen. Im weiteren Verlause der Erörterung ergriff StellvertretenderKriegsminister v. Wandel das Wort und bemerkte, daß es sich schwer seststellen lasse, ob bei den Taufenden von Militärliefe rungen ungerechtfertigte Gewinne erzielt wurden. Zu Anfang des Krieges mußte die Militärverwaltung ja hohe Preise bewilligen, um nur schnell etwas zu bekommen. Später sei das anders geworden. Als Abg. Hoch fsoz.) darauf hinwies, daß eine Beunruhigung der Bevölkerung dadurch hervorgerusen würde, daß der Schatzsskretär in- direkle Steuri n nicht von sich gewiesen habe, erwiderte Staatssekretär Dr. Helfferich, daß im Gegenteil der Abg. Hoch die Beunruhigung hervorgerufen habe. Er — Redner — habe mit keinem Wort davon gesprochen, daß die notwendig sten Lebensmitteln mit indirekten Steuern belastet werden sollten. Was bisher feststehe sei die Knegsgewinnsteuer, die eine verschärfte Ver mögenszuwachssteuer sei. Sicher sei nur, daß eine einzige Steuerquelle nicht alle Bedürfnisse be friedigen könne, was befriedigt werden müsse. Zum deutschen Arbeiter könne man das Ver trauen haben, welches der Abg. Hoch nicht zu haben scheine, dag er sich den StaatsnotwenLigkcilen nicht ver- schiiestcn werde, daß er nicht nur im Schützengraben, sondern auch auf finanziellem Gebiete mitkämpfe. An die notwendigsten Lebensmittel werde nicht herangegangen werden. Dafür müsse jedoch gesorgt werden, daß die Öffentlichkeit den neuen Steuern ein unbefangenes Urteil entgegenbringe. Das HauS stimmte diesen Ansführungeil Mit lebhaftem Beifalle zu. Auf Ausführungen des Abg. David (iozO wiederholte Schatzsekretär Dr. Helsferi ch, daß es nicht möglich sei, alle Ansprüche aus einer Steuerquelle zu befriedigen. Wenn die Vor lagen kommen, so erfordern sie eine gerechte Würdigung als Ganzes: der Bevölkerung müsse klar gemacht werden, daß große Ansprüche an sie herantreten. Schließlich wurde 8 1 angenommen und in kurzer Einzelberatung das ganze Gesetz und der Ausschußantrag. Die dritte Lsftmg wurde gleich daraus vorgenommen und damit das Gesetz ein stimmig und endgültig erledigt. Das Gesetz über dis Kriegsabgaben der Reichsbank wurde in der Fassung des Aus schusses in 2. und 3. Lesung angenommen. Darauf vertagte sich das Haus. Politische Aunäkkau. Deutschland. * Der Rcichsschatzsekretär hat bekanntlich beim Reichstage die Bewilligung eines weiteren Kredits von 10 Milliarden Mark beantragt. Im Anschluß hieran ist viel fach im Publikum die Meinung verbreitet, daß der Genehmigung des Kredits durch den Reichs tag alsbald die Ausgabe einer neuen Kriegs anleihe folgen werde. Es erscheint deshalb an gezeigt, nochmals darauf hinzuweisen, daß der Reichsfchatzsekretär im Reichstage mit voller Deutlichkeit erklärt hat, v ar dem März nächsten Jahres sei keinesfalls die Ausgabe einer weiteren Kriegs- a n l e i h e z u erw ar t e n.- Auf Grund der für die bisherigen Kriegsanleihen festgesetzten Ausgabebedingungen läßt sich aus dieser Er klärung folgern, daß, wenn im neuen Jahre eine weitere Anleihe an den Markt kommt, Ein zahlungen auf diese nicht vor dem April nächsten Jahres zu leisten sein^werden. *Zur Unterstützung der Krieger familien ist in dem Unterausschuß des Reichs tags-Hauptausschusses eine Verständigung erzielt worden. Der gemeinsame Antrag verlangt u. a., den Reichskanzler zu ersuchen, in der Regelung der Familienunterstützungen folgende Verbesserungen eintreten zu lassen: die Familien unlerstützung ist zu gewähren, wenn nach der lausenden Steuerveranlagung das Einkommen in den Orten der Tarifklasse bl 1000 Mark und weniger, in Orten der Tarifklasse v und D 1200 Mark und weniger, und in Orten der Tarifklasse und 8 1500 Mark und weniger beträgt. Der Anspruch besteht nicht, wenn der zum Militärdienst Eingezogene an seinem Ein kommen keinen Ausfall erleidet. *Wie der ,Reichsanzeiger' mitteilt, werden die beiden Häuser des preußischen Land tags zum 13. Januar zusammenberufen. Man glaubt in politischen Kreisen, daß die beiden Häuser des Landtags diesmal mindestens fünf Wochen zusammenbleiben werden. Über Art und Umiang der Vorlagen, die die Staats regierung dem Landtag unterbreiten wird, ist noch nichts bekannt geworden. Frankreich. * Nach dem Haft. Anz.' wird in Paris das Ergeb nisder französischen Kriegs anleihe bis jetzt mit Einschluß der Um tausche auf 15 Milliarden Frank geschätzt. Man rechnet in Geschäftskreisen mit wirklichen Bar eingängen von 4—5 Milliarden. Das Er gebnis wird als enttäuschend betrachtet. England. *Iu London ist das Gerücht verbreitet, daß der Finanzminister Mc Kenna als Nachfolger Lord Hardinges, der demnächst zurücklrelen werde, zum Vizekönig von Indien ausersehen sei. — Es ist nicht unmöglich, daß Lord Hardinges bei dem Ernst der Lage in Indien die Verantwortung nicht länger tragen will. Balkanstaaten. * Der 18 Millionen Frank betragende serbische Goldschatz ist von Saloniki ist Marseille eingetroffen und wird der franzö sisch - s e r b i s ch e n B a n k in Paris über bracht werden. 6oläene Lckranken. 14) Roman von M. Diers. (Fortsetzung.» Es war, als seien sie durch dies inhaltsvolle Schweigen einander näher gerückt. In den äußer lichsten Bemerkungen, die sie wechselten, lag »ine stumme Vertrautheit, gleichsam das ungc- sprochene Eingeständnis des einen und des andern: „ich kann mich auf dich verlassen . . * Und doch redeten sie nichts, was nicht jeder anders hätte hören können. Heller Mondschein lag auf der Weißen Schneedecke, als die Gesellschaft sich zum Auf bruch rüstete. Einige besonders Unternehmungs lustige waren in Schlitten erschienen und mußten sich süchng darüber necken lassen, denn hin und wieder blickten noch Steine und Erdschollen keck »Nier dem Schnee hervor. Die Luft war klar und still, aber schneidend kalt. Magda stand unter den andern auf der Ter rasse. Abschiedsgrüße flogen hin und her. Hans Reuthner drückte ihr nur stumm die Hand. Aber sie empfand, daß sie schieden als Freunde. Das Knirschen der Wagenräder, das Schlit- jengeläute verklang. Hans Reuthner schwang sich auf seinen Braunen und ritt langsam vom Hofe. Am Tor sah er sich noch einmal um und xrüßte. Dann gab er dem Pferde die Sporen «nd sprengte in die mondhelle Nacht hinaus. - »Wie hübsch er zu Pferde sitzt!* sagte Ella bewundernd. j Magda sagte nichts, aber ihr Herz war ge- MwM vor Freude, über alle schmerzvolle Teilnahme hin hob sich das sugendselige, stolzel Entzücken an seiner Persönlichkeit. 7. Selbst bei Sehlings merkte man die Ver änderung, die mit Magdalene vorgcgangen war. Ihr ganzes Tun und Reden war wie von unsichtbaren Flügeln getragen. Sie empfand keine Kränkung mehr, die Trägheit der Kinder ermüdete sie nicht, ihre geringen Fort schritte zagen ihren Mut nicht herunter. Ihr Mund lachte und ihre Augen strahlten. Ohne Reflexion, ja ohne bewußtes Ver langen war ihr Denken an ihn. Sie wußte, er gehörte einer anderen, und sie litt nur, weil er litt. Mehr als je war sie bei ihrem alten Fräu lein von Kleist. Sie sprach nichts von dem, was sie bewegte, denn nicht einmal vor ihr selbst vermochte sie es in Worte zu fassen. Aber durch ihr ganzes Wesen ging ein langsames Reifen und erstreckte sich auf ihr Wollen und Urteilen, auf ihre Stellungnahme zu allen Fragen des Lebens. Fräulein von Kleist war in diesem Winter kränklich geworden, sie mußte viel liegen. Da war ihr die häufige Anwesenheit des jungen Menschenkindes, dessen Entwicklung sie mit an sah, eine unsägliche Wohltat. Es war beinahe, als wäre diese Entdeckung ihr Werk, und im Zagen und Hoffen wartete sie auf das, was nun kommen würde. Im Frühling kehrte Hugo zurück. Ihre Stimmung, ihr ganzes Wesen war so ver- öudert. so west himusaehoben über alle Be kümmernisse, die sie einst bedrängt hattest, daß sie ihn kaum beachtete. Aber auf ihn wirkte sie., stärker ein als je. Ihre Erscheinung hatte sich entwickelt, und die unbekümmerte Ruhe, die aus ihr sprach, reizte ihn. Draußen war ein heißer Tag. Die Sonne brannte auf den zugezogenen Vorhängen und in dem Musikzimmer, in dem Magdalene eben mit Hertha die Tonleiter übte, war eine gedämpfte Helle. Hugo war rasch eingetreten, er stand hinter Herthas Klavierstnhl, als hinge sein ganzes Interesse an ihren Leistungen. , Er war von Kovf bis Fuß in Weiß gekleidet, woraus sein brünetter Kopf sich sehr wirksam abhob. Aber Magdalene hatte kein Auge für die Vorzüge seiner Erscheinung. Als eine maßlose Dreistigkeit sah sie sein Herandrängen an, und jede Scheu, die früher ihre aktive Abwehr unter drückt hatte, war jetzt dem stärker erwachten Selbstbewußtsein gewichen. Als er Hertha unter einem albernen Vor wande — er habe ihr etwas gekauft und es eben im Schulzimmer versteckt — sortschicken wollte^ wandte sie sich herum und sagte ge lassen : „Ich kann es nicht Zngeben, daß Hertha wegen einer Spielerei die Stunde versäumt." Und dem Kinde, das sich schon halb erhoben hatte, gebot sie in ruhiger Strenge, in ihrer Übung fortzufahren. Hugo lächelte nur. Er nahm Liese Wider setzlichkeiten bei Damen nicht ernst. „Aber Fräulein Heider' Am ersten Tage nach unserer langen Lrennuna gleich io itteug. so. unerbittlich! Wehe dem, der in Ihre kleinen Händchen gegeben ist. Er mutz wirklich von jedem fühlenden Menschen bedauert werden.* In dem Mädchen kochte es. Jetzt hätte sie selber am liebsten: Hertha fortgeschickt, um ihm einmal klar und ohne Hinterhalt ihre Meinung zu sagen. Aber um des Kindes willen »rußte sie das Auffallende vermeiden. Sie versuchte, ihn durch gänzliche Nichtbe achtung abzuichrecken, aber das mißlang. Hertha hatte seine Worte aufgefangen und sie natürlich auf sich bezogen. „Ja, Fräulein ist auch wirklich zu genau. Unsere anderen Fräuleins wäre« viel nachgiebiger." „Gut," sagte Magda kalt und stand auf. „Brechen wir also heute die Stunde ab, wenn du zu schwach bist, um solcher kleinen Versuchungen zu widerstehen." Herthas wenig entwickeltes Ehrgefühl hörte nur die Erlaubnis zum Aufslehen heraus, sie stürmte davon, ehe Magda ihr folgen konnte, und zum Überfluß vertrat auch noch Hugo nach alter Gewohnheit ihr den Weg. „Es ist kaum noch zu ertragen, wie Sie mich quälen, Fräulein Heider. Noch nie hat eine Dame das wagen dürfen." Magda sah in sein Gesicht, die leicht zu- sammengcknisfenen Augen, die ganze Haltung, in der für sie etwas katzenarliges lag, widerte sie an. Es hätte ihrem Empfinden am besten entsprochen, wenn sie einfach den Rücken gekehrt und ihn keines Blickes mehr gewürdigt hätte. Aber daS wäre ein vergebliches Tun gewesen Lei seiner amuenlolen Eitelkeit. Einer Ausein-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)