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Ottendorfer Zeitung : 01.12.1915
- Erscheinungsdatum
- 1915-12-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191512015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19151201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19151201
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1915
-
Monat
1915-12
- Tag 1915-12-01
-
Monat
1915-12
-
Jahr
1915
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 01.12.1915
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In letzter 8wnäe... Einer, der den Zusammenbruch der englisch- ftanzösischen Expedition in Alazedonien schon Lorauszuiehen scheint, ist der Korrespondent des Manser Journal' in Saloniki, der seinem Blatte nachstehendes meldete: Nach einigen Tagen eines mir aufgezwungenen Schweigens', während welcher Zeil ich manches, leider sehr ernstes vernahm, hätte ich heute sehr große Neuigkeiten zu melden. Da ich aber zwischen zwei Zensuren gefangen bin, zwischen der griechischen und der französischen, und ich manche Sachen durch ihre Veröffentlichung nicht unverbesserlich machen will, so sehe ich mich zu einer äußersten Zurückhaltung gezwungen, die leider meine Mitteilungen etwas verdunkeln dürste. Ich will nicht übertreiben und auch kein Schwarzseher sein, muß aber doch mitteilen, daß unsere Expedition im Balkan jetzt auf einem durchaus kritischen Punkt angelangt ist. Trotz der Hilferufe von der zuständigsten Seite, denen sich meine schwache Stimme anschloß, versügeu Wir hier nicht über die nöligen Kräfte. D4e letzten Landungen brachten uns hauptsächlich Material. Ich wage nicht, Ziffern zu geben, die in Berlin ebenso bekannt sind, wie in Athen, und die sich auf die Zahl der englisch-franzö sischen Streiter beziehen. Sie ist aber um mehrere Male niedriger als die Zahl, die vor einem Monat gefordert wurde. Dabei wurde unsere militärische und diplo matische Lage mit jedem Tage schlechter. Heute sehen wir uns wirklich Tatsachen gegenüber. Wir müssen uns jetzt stets vor Augen hallen, daß die Feinde entschlossen sind, unsern Vorstoß im Orient, koste es was es wolle, im Keime zu ersticken; und um zu diesem Ziele zu gelangen, werden sie sich aller möglichen Hilfsmittel ver sichern. Ich hoffe, daß man in Paris verstehen wird, was ich damit meine. Der Feind ist vor nichts zurückgcschreckt, so daß wir jetzt allein die ganze Arbeit machen müssen, die »ns in diesem Augenblick über den Kops gewachsen ist. In dem unsterblichen Lied der Aufopferung hat das heilige Serbien den letzten Vers mit seinem Blute geschrieben. Sein Widerstand wird nun mit jedem Tage schwächer. Bald werden die heroischen Verteidiger von allen Seiten um zingelt sein, und die Straße nach Monastir wird sich dem Feinde ganz breit öffnen. Die Deutsch-Österreicher beeilen sich nun mit ihrem Anmarsch nach dem Süden. In Eil märschen und auf indirekten Schienenwegen senden sie ihre ersten Einheiten, die bald nächst der griechischen Grenze stehen werden. Wir dürfen nicht erwarten, daß sich ein belgischer Einmarsch wiederholen wird. In den nächsten Tagen wird Griechenland nur zwischen zwei Sorten von Neu tralität zu wählen haben. Entweder muß cs die etwa nach Griechenland zurückgeschlagenen englisch-französischen Streitkräfte entwaffnen, oder es muß zugeben, daß der verfolgende Feind gleichfalls griechisches Gebiet betritt, ihm also die gleiche Begünstigung zuteU wird, deren wir uns gegenwärtig erfreuen. Ich kann Ihnen keine weiteren Unterlagen geben, auf die sich meine Überzeugung aufgc- Laut hat. Ich bin aber durchaus sicher, daß wir uns ganz allein gegen den dreifachen An griff zu verteidigen haben werden. Ich rate Ihnen jetzt, die Karte zur Hand zu nehmen und die bereitstehendcn Streitkräfte zu berechnen. Ich wiederhole Ihnen, daß ich nicht träume oder in einer Einbildung lebe. Man muß in Paris auch erfahren, daß die deutsche ll-Boot- Flolte im Mittelländischen Meere verfünffacht worden ist. Auch diese Ziffer gebe ich nicht ohne meiner Sache sicher zu sein. Jetzt wissen Eie ungefähr das, was ich Ihnen per Tele graph nicht deutlicher sagen kann. Und trotzdem wollen unsere Nachschübe nicht eintreffen; dabei vergeht eine kostbare Stunde nach der andern. nun unsere Diplomatie energisch oder Nicht auflrilt, sie wird nur etwas erreichen können, wenn sie sich auf energische Taten stützen kann. Dazu aber vor allem zuerst Ver stärkungen. Engländer und Franzosen bieten dem Feinde ihre Brust dar, London und Paris dürfen dies nicht vergessen. Wir dürfen nicht mehr mit Wochen oder Tagen rechnen, sondern mit Stunden. Will man unsere kleine Armee hier in das ansgespannte Netz geraten lassen? Will man ihr die Mittel zum Siege geben, oder soll sie untergeben? Der serbische und englisch-französische Heroismus kann die Kata strophe aushalten, verhindern aber nur, wenn man sich endlich beeilt, schon morgen kann es zu spät sein. Es fehlt übrigens auch nicht an englischen Preßstimmen, die sich in ähnlichem Sinne äußern. Gestützt aus einen Artikel des alten französischen Ministcrstülzers Clemenceau, der die Saloniki - Expedition ein hirnverbranntes Abenteuer nennt und fordert, Frankreichs Truppen sollten in Nordfrankreich, Flandern und Belgien eine Entscheidung herbeiführen, schreiben mehrere Londoner Blätter, die englische Heeresleitung habe nun genug experimentiert, sie müsse endlich einmal mit einem Plane ernst machen. Der Saloniki-Ausflug sei schlimmer als die Darda nellen-Unternehmung. Wir Deutschen können in Ruhe die weitere Entwicklung der Dinge abwartcn. Bei uns wird nichts überstürzt, nichts bombastisch ange kündigt, nichts ohne starke Vorbereitung unter nommen. Wir können darum zum Ausgang volles Vertrauen haben. verschiedene Uriegsnachnchten. (Von der mit. Zcniurbchörde zugeiassene Nachrichten.) Die Einziehung der Achtzehnjährige» in Frankreich. Die Heereskommission der französischen Kammer beschloß nach Beratung mit dem KriegS- minister Gallieni, den Jahrgang 1917 am 15. Dezember d. I. einzuziehen. Die Einkreisung der Serben. Der serbische Korrespondent des .Corriere della Sera' erklärt, die serbische Negierung halte sich zwar augenblicklich noch in Prizrcnd aus, schicke sich jedoch an, nach Ochryda oder Gew- gheli zu flüchten. Bon dem serbischen Zentralheer in Kossowo fehle jede Nachricht. Plan gebe alle Hoffnung auf, Serbien sei unrettbar verloren. Mit größter Be klemmung erfülle aber die neue Einkreisung des serbischen Heeres durch die Bulgaren und Deutschen von Nerdwesten und der albanischen Grenze her. Der serbische Kriegsminister Bojovic erklärte dem Korrespondenten geradezu, eine bedingungslose Kapitulation sei nicht ausge schlossen. Ergänzend melden Londoner Blätter aus amtlicher Quelle dazu, die serbische Ne gierung habe sich bereits nach Skutari begeben, sei also nicht mehr auf serbischem Boden. Der hoffnungslose General Sarrail. Die Turiner ,Slampa' veröffentlicht eine Unterredung mit dem General Sarrail, dem Oberkommandierenden der Vierverbandslruppen in Saloniki. Der General zeigte sich äußerst hoffnungslos. Sein ganzes Heer bestehe aus achtzigtausend Mann aus achtzig Kilometer Front. Wenn auch nur eine einzige bulgarische Division, etwa bei Strumitza, aus die Linie dieses Heeres vorstieße und die Eisenbahnlinie erreichte, wäre das Heer von Nachschub wie Rückzug abgeschnitten und verloren. Die Kata strophe wäre da, die rettungslose unabwendbare Katrastrophe. Das serbische Heer bezeichnet Sarrail als erledigt. Die Haltung Griechenlands aber sei trotz aller diplomatischen Erklärungen im höchsten Grade zweideutig. Die Griechen nähmen an der serbischen Grenze so feste Stellungen ein, daß jedes aus Serbien zurückweichende Truppenkorps Gefahr liefe, von den Griechen abgefangen zu werden. Diese Möglichkeit er- sülle das französisch-englische Hauptquartier in Saloniki mit größter Besorgnis. Griechenlands Antwort. Die griechische Negierung übergab die Ant wort aus die Nole der Vierver- bandSmächte. Die Antwort ist in sehr freundlichen Ausdrücken gehalten und gewährt die erwünschten Genugtuungen sowie alle als notwendig betrachteten Bürg schaften. — Der .Kölnischen Zeitung' zufolge wird aus dem Haag gemeldet, die Gesandten Griechenlands hätten in Rom, Paris und London die bestimmte Erklärung abgegeben, daß die serbische Armee, falls sie auf griechisches Gebiet übertreten müßte, unter Um ständen auch gewaltsam entwaffnet würde. Italienische Berichte besagen, Griechen land habe sich wohl sehr freundlich gegen Cochin und Kitchener benommen, doch sei dies weniger auf freien Willen, als auf die Drohung der englischen Schiffsgeschütze zurnckzusühren. übrigens habe Griechenland dem Vierverband gegenüber jeden Gedanken an ein Eingrei fen zugunsten des Vierverbandes rundweg abgelehnt. Die Kämpfe in Mesopotamien. Das Londoner Ministerium für Indien teilt mit: Die englischen Truppen eroberten, nachdem man einen ganzen T nz gekämpft hatte, die tür kische Stellung bei Ktesiphon, die 18 Meilen von Bagdad entfernt ist. Die Engländer machten 800 Gesangene und erbenteten eine große Menge Waffen und Ausrüstungsstücke. UnsereVer- luste werden auf 2000 Tote und Verwundete geschätzt. In der Nacht zum 24. d. Ak. wurden heftige türkische Gegen angriffe abgewiesen, dann aber zwang Wasser man g e l ümere Truppen, sich nachdem Fluß zurückzuziehen, drei bis vier Meilen südlich der eroberten Stellung. — Das klingt nicht sehr siegesfroh. Ein kühner persischer Handstreich. Bewaffnete Perser überschritten bei Puschkin koje die ruffische Grenze und bemächtigten sich eines militärischen Wcizcnmehttransports von 20 Wagen. Die militärische Begleitmannschast wurde getötet oder gefangcngenommen und der Transport über die Grenze nach Persien ge führt. — Aus Rußland hier eingetroffenen Mel dungen zufolge sind 40 persische Offiziere, die in der Offizierschule in Konstantinopel aus gebildet wurden, in Teheran angetommen. Leistungen der SsWerLschasten. über die Leistungen der deutschen Gewerk schaften während des Krieges wird halbamtlich geschrieben: Die freien Gewerkschaften, deren Stellung und Bedeutung noch unmittelbar vor dem Kriege scharf umstritten war, haben sich in dem Kamps- jahr, das hinter uns liegt, als nützliche und wertvolle, ja in gewissem Sinne uncnlbehrliche Organe des nationalen Wirtschafts- und Gemein schaftslebens bewährt. Sie haben das Vertrauen in die vaterländische Zuverlässigkeit und Opferbereil- schaft des deutschen Arbeiters vollaufgerechtfertigt, die Politik des 4. August, die Politik der Vorbe halts- und bedingungslosen Hingabe an das kämpfende Vaterland auch gegen vereinzelte Widerstände aus ihnen nahestehenden Kceiien entschlossen vertreten, in ihrer VersamnüungS- täligkeit und in ihrer Presse den nationalen Geist, den Willen zum Dnrchhalten gepflegt. Sie haben ans den Gebieten der Kriegswirt- schafts- und Knegssozialpolitik zahlreiche An regungen gegeben, von denen ein Tei! ver wirklicht werden konnte, haben Militär- und Zivilbehördcn ihre — meist gern angenommene — beratende und vermittelnde Mitarbeit zur Verfügung gestellt. In diesem wahrhaft vaterländischen Sinne sind nicht bloß die freien, sondern in gleichem Maße die christlichen und die Hirfch-Dunckerschcn Gewerkschaften tätig gewesen — ebenso die ver schiedenen Richtungen der deutschen Angestellten- bewegung. Die Anerkennung der Nation für die patriotische Leistung der organisierten Arbeiter schaft ist wiederholt vom Regierungstijche aus gesprochen morden. Eine besonders große und wichtige Aufgabe fällt den Gewerkschaften auf dem Gebiete des Ernährungswciens zu. Die Gewerkschaftsführer, die Gewcrkschaftsblätter besitzen entscheidenden Einfluß auf erhebliche Massen der städtischen Bevölkerung. Ton und Tendenz ihrer Darle gungen und Ausführungen entscheiden einiger maßen über die Ruhe oder die Nervosität, mit der ihre Hörer und Leser die Schwierig keiten aus dem Lebensmitlelmarkte betrachten. Natürlich denkt niemand daran, den Ge- werkschaftsorganen zuzumuien, daß sie sich eine nach ihrer Ansicht nötige Kritik ver sagen. Aber auf der anderen Seite entspricht es doch nur ihrem eigenen, selbst- und srei- gewästlten Programm positiver Staatsbejahung und bedingungslosen Durchhaltens bis zum glücklichen Ende, wenn sie durch sachgemäße Aufklärung und Beruhigung mit dazu beitragen, daß jede, auch die geringste Störung und Hem mung unserer Kriegführung durch die Ernäh- ru^gssrage unterbleibt. Dies zu erreichen, ist durchaus möglich; denn die Mißlichkeiten in der Lebensmittel versorgung sind nicht so schwerwiegend, daß man sich nist ihnen bei einigem guten Willen in einer Zeit, wo Millionen auf den Schlacht feldern bluten, wo die Schicksale führender Groß staaten in den Schmelztiegcl geworfen sind, nicht abfinden könnte. Die Gewerkschaften werden zweffellos in diesem Punkte ganz ebenso wie in ihrer übrigen Kriegsarbeit weiterhin ihre vaterländische Pflicht erfüllen. Sie haben im ersten Kriegswinter an der Volksbelehrung über die notwendige Einschränkung des Mehl- und Brotverbrauchs lebhaft mitgewirkl; sie werden auch im zweiten ihren Anteil an der allgemeinen, nationalen Aufklärungsarbeit übernehmen. Poetische AunälcbLU. Deutschland. * „Untcrden Landwirten", so wird Halbamtsick geschrieben, „wird das Gerücht verbreitet, die Re gierung wolle die H öch.st p re i t e für Schweine und Schweinefleisch her- abjetzen, die Schweine beschlag nahmen und abschlachten lassen. Wir stellen fest, daß diese Mitteilungen am freier Erfindung beruhen und die Regierung derartige Absichten nicht hat." — Die Urheber solcher unsinnigen Gerüchts können nicht scharf genug bestraft werden; denn schließlich werden die Maßnahmen der Regierung durchkreuzt, wenn die Bevölkerung auf dem Lande durch solche Ausstreuungen beunruhigt und zu verstärkten Hausschlachtungcn veranlaßt wird. * Um auch die minderbemittelten Bevölkerungs klaffen dauernd mit Fett zu versorgen, sind nun mehr auch Höchstpreise für Margarine, festgesetzt worden, und zwar auf folgende Weise: Aus Grund der Bundesratsverordnung vom 8. November 1915 werden in Zukunft den Mit gliedern der dem Kriegsausschuß angegliederte» Kricgsabrechimngssteüe der Deutschen Margarine- und Speijefettfabriken nur unter der Bedingung Ole und Fette zur Verarbeitung zugeteilt, daß sie ihre gesamte Erzeugung sowie die von ihnen eingekausten Margarine- und Speiiefettsabriiata beim Einkauf gleichviel in welcher Packung, ab 1. Dezember 1915- nicht zu höheren Preisen als den folgenden liefern: Bei der Abgabe an Ver braucher: Margarine 1,40 Mark das Pfund. Speisefette aller Art mit 100 M Fettgehalt, wie Schmelzmargarine, Pflanzenfett, RindsrfcL Kunstspeifefett usw. 1,64 Mark das Pfund. *Jn der bayerischen Abgeord netenkammer drückten die Redner aller Parteien dem deutschen Heere ihre Bewunderung aus. Der Etat des Ministers des Äußern wurde darauf angenommen. *Die dem badisch enLandtag von der Negierung vorgelegte zweite Denkschrift über Wirts chastliche Maßnahmen während des Krieges umfaßt zweihundert Seiten; sie besaßt sich besonders eingehend mu Sen Fragen der Wolksernährung und der Höchst preise. EnglcmL. * Auf eine Frage, ob G r i e ch e n l a n d von dem Viervcrbande seil Ausbruch des Krieges Geld vorgeschossen sei oder ob es solches versprochen erhalten habe, antwortete Staats sekretär Grey im Unterhaule, dies sei eine nahe liegende Fiage, es sei aber nicht wün schenswert, im gegenwärtigen Augenblicke Einzelheiten über die Finanztransattionen zwischen England und dessen Bundesgenossen sowie den Neutralen zu geben. Augenblicklich sei er nicht in der Lage, irgendeine Erklärung über die griechische Frage abzugeben. 6oläene Scbrrmken. 4j Roman von M' DierS. MagdaS ganzes Herz wurde bewegt. Sie trat zu dem geängstigten Kinde und schlang un willkürlich den Arm nm sie. „Ich bleibe oben bei dir, Ottchcn. Nebenan, baß du nicht so allein bist." Da warf sich daS Kind herum, schlang beide Ärmchen fest um ihren Hals und brach in ein weiches, erlösendes Weinen aus. Frau Sehling saß da wie eine entthronte Königin. Es war eine Situation, die über ihre Fassung gegangen war. „Gut. Ottchcn hat also eingestanden, daß sie diese kleine Unart beging. Ich sagte es Ihnen gleich, Fräulein, meine Kinder lügen nie. Aber dasür wünsche ich auch, daß diese unver hältnismäßige Strafe unterbleibt." Magda sah ruhig auf. „Gnädige Frau, es darf nickt sein. Ich muß sie aufrecht erhalten över ich bin gezwungen, mein ganzes Amt in Ihre Hände zurückzulegen." „Nein! Fräulein soll bei mir bleiben! Und ich will oben sitzen!" schrie Ottchcn ihre Lcuttcr an. Magdas ganze Stimmung hatte sich ge wandelt. Mit dem Optimismus der Jugend sah sie jetzt schon die Zügclführung in ihre Hand gleiten, und eine weiche, versöhnliche Stimmung, beinahe etwas Vie Mitleid gegen ihre Prinzipalin, erfaßte sie. „Gnädige Frau, glauben Sie mir doch, daß 14 OME Leite- Ei". Er sie EM., Aber das Gesicht mit den kalten Augen und den zusammengekniffenen Lippen blieb unbe weglich. Frau Sehling sah ein, dies eine Mal war ihr die Sache über den Kopf gewachsen, und sie hatte das Feld verloren. Aber das durfte nicht wieder passieren. Wenn dies Fräulein sich zu einem so unbequemen Haus' gcisle auswuchs, dann war ein Wechsel ja sw wieso gar nicht mehr zu umgehen. Ottchen saß ihre Strafe ab. Entgegen den Erziehungsgrundsähen der j Mama statte dieser tüchtige Eingriff von vorhin wahre Wunder gewirkt. Die Angst hatte das Kind durchschüttelt und in schnellem Instinkt zu ihrer jungen Lehrerin ge- Wieben. Sie ertrug das ungewohnte Alleinsein, i während draußen die Sonne lachte und sie die! fröhliche Gesellschaft bei Lohbergs wußte, mit Zerknirschung, aber tapfer. Sie wußte ganz genau, Hugo war nicht weichherzig. Er würde erbarmungslos seine Drohung wahr machen, und ihre Hoffnung und Vorfreude von Wochen war zerstört. Zudem! mochte sie ihn nicht zum Feind haben. Es war schon vorgekommen, daß sie oder Hertha ihn geärgert hatten. Das vergaß er ihnen nicht. Dann war er geradezu erfinderisch im Quälen. Er vrrschmähte es nicht, sich über die kleinsten Liebhabereien zu unterrichten, um hier als ' Zerstörer und Peiniger aufzutretcn. Tränen und Zorn prallten von ihm ab, und das Schlimmste war: es gab keinen Appell gegen seine Tyrannei. Mauur selbst war machtlos gegen jgo, - - Nebenan aber in ihrem Stübchen saß Magda in Grübeln versnkte. Sie wußte jetzt ganz genau: die Art der Hilfe, wie sie ihr un erwartet gekommen war, war nicht die rechte. Sie gab nicht die breite, feste Grundlage einer erzieherischen Beeinflussung auf Gemüt und Charakter, sondern sie war ein einzelner Schreck schuß, der ihr nur das eine bestätigte, wie heil sam, ja notwendig die Furcht in der Erziehung, besonders bei dieser Art von Kindern, ist. Trotzdem, bei der Armut ihrer Hilfsmittel war sie schon für dieses dankbar. Und die Dankbarkeit übertrug sich auf den Helfer und beeinflußte ihre Gefühle. So empfand sie eine aufrichtige Freude, als es im Lauf des Vormittags klopfte, und er selber hereinwat. Sein erster, oberflächlicher Eindruck hatte immer etwas Einnehmendes. Er verstand sich mit vollendeter Anmut zu kleiden, ohne gecken haft zu erscheinen, und seine hübsche Figur, sein regelmäßig geschnittenes Gesicht wirkten in diesem Nahmen auf die meisten Frauenaugen geradezu bestechend. ^Jch darf doch einmal das Gefängnis be sichtigen?" fragte er in seiner leichten, liebens würdigen Manier. Magdas freundliche Gefühle gegen ihn waren noch gestiegen. „O, gewiß, Herr Sehling. Und ich glaube, unser kleiner Zucht häusler wird seine Swase ohne Schaden sür Leib und Seele überstehen." „Der Gefängniswärter hoffentlich auch?" fragte er und ließ einen langen Blick über Lumdas wetßuelleidete Gestalt atesteu. Sie sah den Blick, aber sie verstand ibn nicht. Ihr Sinn war klar und sonnig wie draußen die Iuniluft. „Das weiß ich noch nicht," sagte sie scherzend. „Meine Seele wenigstens martert sich ab, weil dies erpreßte Zugeständnis argem- lich doch nicht das rechte war." „Sol Nun krieg' ich's auch noch!" sa-M Hugo ganz betrübt. „Ich dachte, ich hätte mW ein kleines Lob von Ihnen verdient — und statt dessen gibts eine Pauke. Sie — strenge Priesterin der Ordnung!" Magda fühlte eine kleine, kleine Unbehag lichkeit durch ihren Sinn schleichen. „Ach — wegen meiner!" sagte^ sie unge duldig. „Es war dock) nicht für mim, sondern für Ottchcn. Und wenn Sir mir helfen Wullen — ich wäre Ihnen ja so dankbar — Ein Lächeln glitt durch seine Augen. „Was schert mich Ottchen —?' drängte es sich auf seine Lippen, aber er schluckte es Hummer.' Er war ins Zimmer hineingeweten. „Wollen Sie mich als Helser haben?" fragte er. „Wollen Sie an mich appellieren, so ost Sie es nötig haben?" Er sah sie an, sein Blick war heiß. Da schlug ein rasches Warnen ihres Naiur- inflinktcs an Magdas argloses Herz. Dos Blut drängte sich ihr in die Wangen mrd sie wandte sich ab, unfähig zu antworten. Er sah ihre Bewegung, in der die ganze noch ungewollte Abwehr ihrer herben Mädchennatur lag, und sein Blick war scharf genug, hier den Unterschied zu finden zwischen koketter Sprödig» kü Ltd echter stotwr Scheu. Er wußte aewtir
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