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Nummer §7 12. Jahrgang Mittwoch, den 12. Februar 1913 Ottendorfer Zeitung unä Anzeigeökatt Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie den abwechselnd erscheinenden Beilagen „handel und Wandel" Verantwortlich für die Redaktion H. Rühle in Groß-Dkrilla. Druck und Verlag von Hermann Rühle, Buchdruckeret in Groß-Gkrilla. Anzeigenpreis: Für die kleinspaltige Korpus-Zeile oder deren Raum w Pfg. — Im Reklameteil für die kleinspaltige Petit-Zeile rs pfg. Anzeigenannahme bis 42 Uhr mittag». Beilagegebühr nach Vereinbarung. Bezugspreis: vierteljährlich 1,20 Mark frei ins Haus. In der Geschäftsstelle abgeholt viertel jährlich 1 Mk. Einzelne Nummer <0 pfg. Erscheint am Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag. „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Schlachtviehmarkt zu DreSven am 10. Februar 1913. Neuestes vom Tage. — Das Katserpaar ist in Karlsruhe ein- getroffen. Es geht das Gericht, daß sich die Tochter des Kaiserpaares, Prinzessin Viktoria Luise, dort mit dem einzigen Sohn des Herzogs von Cumberland, Prinzen Ernst August, verloben wird. — Vom Schauplatz des Balkankrieges liegen über neue Kämpfe keine Meldungen vor. Die Nachrichten über die Varbereitung einer neuen Friedensaktion werden bestätigt. Der türkische Kreuzer „Hamidieh" ist von Port Said in See gegangen. Warenhauses von Renner erbrochen und seidene Inierröcke daraus entwendet. In derselben Nacht wurde ferner in der Schäserstraße ein derartiger Kasten erbrochen und in dieiem Falle Kleidungs- und Wäschestücke erbeutet. Des weiteren wurde in einer der letzten Nächte der große Schaukasten des Kaufmanns Mohaupt m Niedersedlitz erbrochen. — Ein aufsehenerregender Presseprozeß mit politischem Hintergründe beschä'tigte gestern ras Kriegsgericht der 1. Division Nr. 23. Am 15. Juli 1912 brachte das in Leipzig erscheinende „Vaterland" in Nr. 13 einen Ar tikel unter der Ueberschrift: „Der Leipziger Lehrerverein gegen die Bezirksschulinipektion Leipzig". Den direkten Anlaß des sehr scharf gehaltenen Artikels bildete eine in öffentlicher Versammlung gefaßte Resolution des Leipziger Lehrervereins, in welcher dem zurückgetretenen Vorsitzenden, Lehrer Bähr, das vollste Ver trauen ausgesprochen wurde, und das auf feiten der Beziilsschulinipeklion stehende „Vaterland" nahm in dem Artikel, der unter Anklage stand, Stellung gegen die Lehrerichast, warf ihr vaier- landslose Gesinnung vor und sprach weiter von dieser „Sorte Lehrerschaft", die gemaß regelt werden würde. Zum Schluß wurde die Behörde oufgefordert, einen Verein, der öffent lich solche Kritik an seiner vorgesehen Behörde ibe, nicht zu dulden. Der Leipziger Lehrer verein stellte darauf Strafantrag gegen den verantwortlichen Redakteur des „Vaterland", Major z. D. Hans Meister. Die Angelegen- hcit ist von der Leipziger Gerichtsbehörde als unzuständig abgewiesen worden, worauf sich vas Kriegsgericht damit beschäftigen mußte. Der öffentliche Ankläger beantragte 10 Mk. Geldstrafe, das Gericht erkannte aber auf Frei sprechung des ongeklagten Redakteurs. Der unter Anklage stehende Artikel sei aus dem erregten Kampfe um daS Volksschulgesetz her vorgegangen. Der Kampf um das Volksschul gesetz habe sich überhaupt in schärfsten, von den normalen abweichenden Formen bewegt. Das müsse berücksichtigt werden, und daher könne eine absichtliche Beleidigung nicht aus dem Artikel herausgelesen werden. Der Aus druck „Sorte" sei zwar sehr scharf, aber das Gericht müsse dem Angeklagten Glauben schen ken, daß er in dem erregten Kampfe das Be wußtsein einer Beleidigung nicht gehabt habe. — Am Sonntag nachmittag 3 Uhr ist auf der Hechtstrabe das dort wohnhafte 16 Jahre alle Hausmädchen Lippold beim Versuch, auf einen in voller Fahrt befindlichen Straßen- bahnwagen zu springen, zu Boden gestürzt und so schwer aufgeschlagen, daß es einen Schädel- bruch erlitt. Es wurde im Unlallwagen nach dem Krankenhaus befördert. Königsbrück. Einen Mordanschlag unternahm am Sonnabend abend */, 7 Uhr der 17 Jahre alte frühere Fürsorgezögling und jetzige Töpferlehrling Hans Lichtenberg an seinem Meister Töpfermeister Otto Brückner. Nachdem die Gesellen nach 6 Uhr die Arbeit stätte verlassen hatten, arbeitete der Meister noch mit L. Plötzlich schlug dieser dem Meister hinterrücks mit emer Tor hack? aus den Kopf. Als der Meister getroffen zurücktaumelte, holte L. zum zweiten Schlage aus, der aber nur die Schulter traf. Der Uebersallene ergriff hieraus Hilse rufend die Flucht. L. drängle ihn aber mit aller Gewalt dem Brennofen zu. Dec Meister wehrte sich mit aller Kraft. In vilder Hast floh der Bursche. Die Polizei konnte ihn Tags daiauf verhaften. Bautzen. Die städtischen Kollegien be schlossen die Absendung einer Petition an die Staatsregierung wegen Errichtung einer staat lichen Motorwagenverbindung zwischen Bautzen, Kamenz und Königsbrück. Die Stadtverwal tungen von Kamenz und Königsbrück, sowie oie Vorstände aller größeren Gemeinden der interessierten Gegend Haven gleiche Petitionen abgesanüt. Bautzen. Der „Wundermann" der säch sischen Lausitz, der neit darüber hinaus bekannt, der 70 Jahre alte Schmied und Grundstücks besitzer Kloß in Caminen bei Königswartha, Halle sich wegen Steuerhinterziehung vor der 1. Strafkammer zu verantworten. Er wurde für schuldig befunden, das Zinseneinkommen seines bedeutenden Vermögens nicht richtig angegeben und versteuert zu haben. Kloß wurde zu 2554 Mk. Geldstrafe verurteilt. Oberlößnitz. Beim Spielen an dem im Parke des Bilzichen Sanatoriums befind lichen Teiche ist der 4 Jahre alte Knabe des Kutschers Friedländer am Sonntag vormittag ins Wasser gestürzt und ertrunken. Stetzsch. Diebstähle verschiedener Art werden seit einiger Zeit in der hiesigen Gegend ausgesührt, bei denen es bisher nicht gelungen ist, die Diebe zu ermitteln. In der Nacht zum 7. d. M. ist in Leutewitz ein Einbruchsdiebstahl ausgesührt worden; hierbei sind aus einer ein- gefriedigten verschlossenen Unterkunstsbude ver- jchiedcne Handwerkszeuge, sowie Kleidungsstücke entwendet worden. Meißen. In der Nähe des Schulhauses in Zehren bog ein Motorradfahrer kurz vor dem Geschirr eines Niedermuschützer Gutsbe sitzers über die Straße, wodurch die beiden Pferde erschreckt zurückprallten, daß der ver heiratete Geschirrsührer G. aus Niedermuschütz aus der Schoßkelle geschleudert wurde und mit dem einen Beine unter eines der Vorder räder zu liegen kam, G« wurde von den Pferden ein Stück geschleist und soll außer be trächtlichen Hautabschürfungen an den Händen auch einen schweren Beinbruch davongetragen haben. Freiberg. Ein sonderbares Schicksal führte den 32 jährigen Kaufmann Alben Fuchs aus Obercunnersdorf vor das Schwur gericht. Fuchs Halle sich wegen Meineids in zwei Fällen zu verantworten. Er hatte im Jahre 1910 die Rosenmühle in O. erworben. Das Geld dazu — 100000 Mk. — Hal er nach und nach seiner Schwester, der verw. Geh. Hofrat Erbstein in Dresden, abgenommen. Er richtete eine Armaturenfabrik ein, deren Inbetriebnahme sich aber merkwür digerweise ständig verzögerte. Bald kam es zu Pfändungen, und Frau E. mußte, um sich schadlos zu halten, gegen einen Warenliefe ranten klagen. In diesen Prozessen nun soll Fuchs falsch geschworen haben. Das Gericht aber sprach ihn frei, weil die Psychiater den Angeklagten sür geistig nicht normal hielten. Chemnitz. Am Sonnabend mittag gegen 1 Uhr drang im Hause Apollostraße 9 der dort wohnende 44jährige Färber Oswald Ditt mann in die im gleichen Stockwerk liegende Wohnung der Familie Görner ein. Dittmann, der schon seit zwei Jahren an Nervosität litt und auch nicht mehr arbeitssähig ist, stürzte sich auf den in der Küche wahrscheinlich aus dem Sofa liegenden 32 jährigen Klempner Görner und schlug mit einem sogenannten Hack messer aus ihn ein. Görner erlitt vier bis fünf schwere Kopfwunden, er flüchtete auf die Straße und brach dort bewußtlos zusammen. Von einem zufällig vorübersohrenden Rettungswagen wurde er ausgenommen und nach dem Kranken hause überführt. Als Dittmann sah, was er angerichtet hatte, stürzte er sich aus seiner Wohnung herab und blieb tot aus der Straße liegen. Leutersdorf. Tot aufgefunden wurde am Fuße des Oderwitzer Berges der in der ganzen Overlausitz bekannte Viehhändler Gotthelf Bröckelt. Anzunehmen ist, daß ein Herz schlag dem Leben des 78 jährigen Greises ein rasches Ende gemacht hat. Leipzig. Bei frischem Hellem Welter stiegen am Sonntag morgen um 9 Uhr zwei Freiballons vom Sportplätze auf. Zuerst der Ballon Berlrn mit sünf Insassen unter der Führung von Adolf Gaebler, gleich darauf der Ballon Leipzig mit vier Insassen unter der gleich-8eikengovren kM SSfinec ksdede-y Führung von Kaufmann Apiel. Die Ballons wurden von leichten westlichen Winden in der Richtung nach Osten zu fortgeführt. Der Ballon Leipzig ist bei Neumark in Schlesien — zwischen Liegnitz und Breslau — glatt ge- andet. — Der Ballon Berlin ist bei Trachen- berg (Schlesien) glatt gelandet. Hartha. Aus Kummer über den Verkauf ihres Gutes an den älteren Sohn stürzte sich )ie Frau des Gutsbesitzers Weinrich aus dem Fenster des ersten Stockwerkes ihres Wohn hauses. Da sie nur unbedeutende Verletzungen erlitt, sprang die Frau in einen nahen Teich und ertrank. Buchholz. Einer umfangreichen Schmug gelei von Zündhölzchen und Tabak aus dem nahen Böhmen ist die Gendarmerie auf die Spur gekommen. Zwei Buchholzer Einwohner und zwei Einwohner aus Frohnau wurden verhaftet und dem Amtsgesängnisse zugesührt. Die Verhafteten legten alle ein Geständnis ab. Untersachsenberg. Der 86 Jahre alte Semmelausträger und Almosenempfänger Franz Weidlich dem seit Jahren in der „Pudel mütze" eine Unterkunft gewährt worden war, mußte vor einigen Tagen seiner Gebrechlichkeit wegen in das Siechenheim nach Obergöltzsch einge- liesert werden. Als nach der Uebersiedelung seine Habseligkeiten festgestellt wurden, sand man darunter zunächst eine Anzahl Silber münzen, die sich nach und nach aus den an sehnlichen Betrag von über 300 Mk. an sammelten. Außerdem förderte die Haus suchung ein Sparkassenbuch von 1100 Mk. zutage, in dem seit fünf oder sechs Jahren die Zinsen nicht nachgeschrieben waren. Weidlich bezog jahrelang Armenunterstützung. Zwickau. Das Automobil des Wild- und Geflügelhändlers Köhler ist auf dem Wind berge völlig verbrand. Der Vergaser halte Feuer gefangen und die zurückschlagende Flamme hatte den Benzinbehäller in Brand gesetzt. Die Insassen des Automobils konnten sich rechtzeitig retten. Plauen. Wegen Raubmordes, Betrug- und Unterschlagung wurde vom Jugendgerichts hof des hiesigen Landgerichts der 15 Jahre alte Kausmannslehrling Hermann Petzold zu 15Vz Jahren Gefängnis verurteilt. Petzold Halle am 4. Januar d. I. in einem Hause der Schillerstraße den 15 jährigen Lehrling Gade mit einem Beil erschlagen und ihm dann eine Summe von 650 Mk. geraubt. stsdsdecgec „lUoikew'-TÄfen Wsfchpuwsr OertlicheS und Sächsisches. Gttendorf-Vkrilla, ft. Februar Mz. — Schneeglöckchen läutet! In den Gär ten, auf dem Rasen hängt am grünen, biegsamen Stengel das weiße, silberne Glöck chen der ersten Blume, die als Künderitt des Frühlings gilt. Wenn noch die ande ren Pflanzen im tiefstem Schlafe liegen, wenn hier und dort nur erst ein Keim aus der Erde lugt und schlaftrunken zur Sonne äugt, dann spielt der Februarwind schon mit den Blüten» die wegen ihrer Farbe und ihrer Form der Pflanze den stimmungs vollen Namen geben. Schneeglöckchen er öffnet den Reigen der Frühblüher. Mit ihm zu gleicher Zeit schaukelt die Hasel die Kätzchen in dvr herben Vorfrühlingsluft, daß die Pollen als feine Staubwolken da vonfliegen. Wenn nur nicht der Frühling zu früh seinen Einzug hält, des Winter Grimm scheint noch nicht überwunden. — „Was werden die Leute sagen?" Diese Frage kann unser Dasein vergiften, unser Leben verkürzen. „Was werden die Leute sagen?" fragt die in Dürftigkeit lebende Vornehme, welche ihren Kindern nur eine einfache Erziehung geben kann, und bringt mit Rücksicht darauf Opfer, welche tief in das Familienleben eingreisen, den Mann, die Kinder und sich selbst unglücklich machen „Was werden die Leute sagen?" fragt das alternde Mädchen, „wenn ich nicht heirate? — Werden sie mir glauben, daß ich oft mals gewählt wurde, werden sie nicht denken, ich sei sitzen geblieben?" Die Frage beängstigt sie, und am Rande ihrer Jugend reicht sie ihre Hand — der Leute wegen — einem, dem ihr Herz nicht gehört. „Was werden die Leute sagen?" fragt die Braut, die Mit Schrecken wahrnimmt, daß der Mann ihrer Wahl, ihrer nicht würdig ist. Wissentlich geht sie ihrem Unglück ent- gegen, indem sie ihm zum Altar folgt, — denn „was würden die Leute sagen?" fragt die junge Künstlerin mit Herzklopfen, wenn sie erkannt Hal, daß der Weg, den sie von ihren Eltern ertrotzt, nicht der richtige war, daß ihre Verwandten recht gehabt, als sie ihr Talent nicht für ausreichend erklärten Soll sie umkehren? Wie gerne täte sie es, sie weis genau, daß ihre Eliern sie gerne wieder in ihr Alltagsleben einführten, aber — was werden die Menschen sagen? I „Tausenden, die sich daran gewöhnt haben, auf das Urteil anderer mehr als auf ihren Seelenfrieden zu geben, wird diese Frage zum Fluche. Was sind „die Leute", die heute leben und morgen tot sein können? Soll mein Geschick in den Händen derer leben, d>e wie Spreu sind? Soll ich, um eS ihnen recht zu machen, mein Lebens glück opfern? Werden uns die Leute, auf die wir Rücksicht nehmen, beistehen, wenn wir uns unglücklich fühlen? Unser Un glück kommt ihnen so gelegen, wie unser Glück. Beides dient zur Unterhaltung. Dresden. In der Nach! zum Freitag wurde am Altmarkt ein Schaukasten des Mode- Aus- trieb Stück Tiergattung Marktpreis für 50 Irx Lebend- Schlacht- Gewicht 198 Ochsen 33-51 72-98 254 Bullen 39-51 78 -94 285 Kalben und Kühe 33—49 73—93 298 Kälber 40—90 88—120 864 Schafe 32—49j 66—100 2491 Schweine 56-63 76-83 Ge langsa chäftSgang: Bei m. allen Tier gattungen W