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Ottendorfer Zeitung : 07.02.1913
- Erscheinungsdatum
- 1913-02-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191302077
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19130207
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19130207
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-02
- Tag 1913-02-07
-
Monat
1913-02
-
Jahr
1913
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 07.02.1913
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Vie neue Mlitarvorlage. Der Streit um die neue Militärvorlage ist fetzt entschieden, wenigstens insofern, als alle Welt weiß, daß die Regierung tatsächlich dem Reichsschatzamt eine umfangreiche Rüstungs- Vortage übermittelt hat, die schon in den nächsten Tagen an den Bundesrat gelangen soll. Die neue Vorlage sieht u. a. auch grundsätzliche Änderungen unsrer Wehrordnung vor, die eine völlige Umwälzung auf dem Gebiete der Aus bildung bei allen Truppenteilen mit zwei jähriger Dienstzeit bedeuten. „Derselbe Plan eines sehr weitgehenden Ausbaues unsrer Wehrkraft", so schreibt dazu die Mil. pol. Korresp.', „bestand bereits für die im Juni 1912 vom Reichstage angenommene Heeresvorlage, ist aber damals an der Kosten frage gescheitert, die diesmal hundert Millionen weit übersteigen wird, und über dis mit dem früheren Reichsschatzsekretär Wermuth keine ge nügend zeitige Einigung erzielt werden konnte. Da der Kanzler sich erst sehr spät entschloß, sich von dem Schatzkanzler zu trennen, ist General v. Hseringen gezwungen gewesen, erhebliche Teile der damals schon vom Großen General stabe und von den kommandierenden Generalen für notwendig erachteten Forderungen zurück zustellen. Jetzt halten auch Herr v. Bethmann und das Auswärtige Amt einen weiteren Auf schub für nicht länger möglich und mit der „Verschiebung auf dem europäischen Schach brett" für unvereinbar. Alle maßgebenden Stellen sind seit etwa drei Monaten einig, militärischen reinen Tisch auf lange Zeit hinaus machen zu müssen." Von andrer Seite wird berichtet, daß der Kriegsminister die neue Vorlage nicht mehr vor dem Reichstage vertreten, sondern „demnächst" in die Front zurückkehren werde. „Der parla mentarische Kampf und die Amtsstube sind niemals meine Neigung gewesen," so soll Herr v. Heeringen schon vor längerer Zeit freimütig dem Kaiser erklärt haben. Es ist immerhin möglich, daß er sich dem — sicher aus Anlaß der neuen Vorlage einsetzenden — heftigen ^parlamentarischen Kampf nicht gewachsen glaubt ^mid daher die Vertretung seines Entwurfes einem mit Wort und Feder Gewandteren über- lasien will. Wichtiger als die Frage aber, wer vor dem c Reichstage die neue Wehrvorlage vertreten wird, ist die andre, auf welche Weise die Regierung die großen erforderlichen Mittel auf bringen will. Noch ist der Streit über die „Besitzsteuer", die doch als Deckung für die letzte Heeresvorlage dienen sollte, nicht ent- f schieden, ja, es scheint fast, als sei man sich noch - nicht schlüssig, in welcher Form diese Besitzsteuer i an den Reichstag gebracht werden soll. Es ist also vorauszusehen, daß die neue Vorlage heißumstritten sein wird, zumal ihr Um fang doch die Erhebung ganz besonderer neuer Mittel nötig macht. Man kann wohl ver stehen, daß die „Verschiebung auf dem euro päischen Schachbrett", die seit Aufrollung des Balkanproblems unleugbar sichtbar geworden ist, die militärischen Und diplomatischen Kreise (Veranlaßt, beizeiten Vorsorge zu treffen, ander- seits kann aber nicht in Abrede gestellt werden, daß weite Kreise in Deutschland die Einbringung neuer Heeresforderungen angesichts der allge- -meinen Teuerung mit großer Sorge erfüllt. Nicht so sehr die neue Rüstungsforderung, als -vielmehr die Deckungsfrage wird den Kern- spunlt der kommenden Debatten bilden, die aller Voraussicht nach nicht dazu dienen werden, unserm innerpolitischen Leben die Ruhe und das Gleichgewicht wiederzugeben, die es seit langem entbehrt. rvestmsuu. Politische Kunctsebau. Deutschland. * Kaiser Wilhelm wird anfangs April dem Kaiser FranzJosepH in Schön brunn einen Besuch abstatten. * Der frühere deutsche Botschafter in Washing ton, Theodor v. Holleben der dem Reiche in den verschiedensten Weltgegenden gedient hat, ist im 75. Lebensjahr in Charlottenburg gestorben. * Mit Genehmigung des Bundesrats wird Preußen im ganzen zwölf Millionen Erinnerungsmünzen für das Jahr 1913 ausprägen, von denen die eine Hälfte, also sechs Millionen, an die Erhebung Preußens gegen die französische Fremdherrschaft und die andre Hälfte an das 25 jährige Regierungs jubiläum des Kaisers erinnern sollen. Diese Münzen sind zu je drei Millionen in Drei- und Zwei-Mark-Stücken bei der Königlichen Münze in Berlin in Auftrag gegeben worden. * Nachdem bei den Sti chwahlen zum lippischen Landtage die Fortschrittler über die Sozialdemokraten gesiegt haben, ergibt sich folgende Stärke der Parteien: 10 Konser vative, 8 Fortschrittler, 2 Nationalliberale, 1 Sozialdemokrat. *Die Zusammensetzung der Hamburger Bürgerschaft ist nach den Wahlen ziemlich unverändert geblieben. Die Parteien haben ihren Besitzstand behalten. Osterreich-Ungar«. * Österreichischen Blättern zufolge wird Kaiser Franz Joseph demnächst dem Zaren ein Handschreiben übersenden. Es handelt sich dabei um einen Meinungsaustausch über die allgemeine politische Lage, wie er früher (vor der bosnischen Krise) häufig zwischen den beiden Monarchen stattgefunden hat. — Wenn man auch die Bedeutung dieses Höflich keitsaktes nicht überschätzen darf, so ist er doch immerhin ein erfreuliches Zeichen dafür, daß der österreichisch-russische Gegensatz, der in den letzten Wochen Europa mit Unruhe erfüllte, nach und nach an Schärfe verliert. England. * Gelegentlich der Kaiser-Geburtstagsfeier, die die Deutsche Kolonie in London am 1. d. Mts. veranstaltete, hielt der neue Botschafter Fürst v. Lichnow 8 ki eine Rede, in der er hervorhob, daß Kaiser Wilhelm es als eine seiner vornehmsten Aufgaben be ttachte, die Freundschaft zu England zu pflegen. „Wenn England und Deutschland", so erklärte der Botschafter, „sich verstehen und vertragen und entschlossen sind, die ungestörte Arbeit bürgerlicher Entwicklung zu erhalten, so meine ich, daß wir mit Vertrauen allen Wechselfällen der Zukunft entgegensetzen können. Deutschland und England haben es auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens erreicht, der Verständi gung einen offenen Weg zu bahnen, und sind bemüht, alle entstehenden Fragen in Frieden zu lösen." * Schatzkanzler Lloyd George hat im liberalen Klub in London eine Rede gehalten, die als Ankündigung der Einführung einer um fassenden Bodenreform angesehen wird. Der Schatzkanzler erklärte für eine der wich tigsten Aufgaben, die der englische Liberalismus in der nächsten Zukunft hätte, die Befreiung des Landes von der lähmenden Fessel eines veralteten Systems. Hunderttausende, wenn nicht Millionen von Menschen lebten in den ländlichen Bezirken unter WohnungSverhält« nissen und Löhnen, die das englische Reich mit Scham erfüllen müßten. Das herrschende System habe das Volk vom Lands in den Schlamm der Städte getrieben, und in den Städten litten die Arbeiter, Kaufleute, Industriellen und die Angehörigen der freien Berufe unter dem Grund- und Bodenmonopol. Das Land könnte zweimal so viel Lebensmittel produzieren wie gegenwärtig und doppelt so Viel Arbeitsgelegenheit bei höheren Löhnen und besseren Wohnungsverhältnissen haben. Das Heilmittel läge nicht darin, die Lebensmittel mit Zöllen zu belegen oder neue Steuern ein zuführen, sondern nur in der Einleitung einer durchgreifenden Grund- und Bodenpolitik. Balkanstaate«. *Jn London erhält sich das Gerücht, daß trotz der Kündigung des Waffenstillstandes zwischen den Balkanstaaten und der Türkei die Friedens-Verhand lungen fortgesetzt werden sollen. Bestimmt aber wird die Botschafter-Reunion weitere Sitzungen abhalten. Man ist noch immer hoffnungsfroh, da die türkische Regierung noch weitere Z u aestä ndnis s e (?) in Aussicht gestellt. besonders aber, weil Deutschland in Sofia einen Vermittlungsversuch gemacht haben soll. Jedenfalls werden die nächsten Tage schon über das Schicksal der Türkei entscheiden, gleichviel, ob der Krieg wieder ausgenommen wird, oder aber ob weitere Verhandlungen stattfinden. Die Mächte sind endlich entschlossen, der Ungewißheit ein Ende zu machen. *Den letzten Nachrichten aus Bukarest zu folge steht eine Verständigung über die Ab tretung bulgarischen Gebiets an Ru mänien unmittelbar bevor. Rumänien erhält einen ziemlich großen Streifen am Schwarzen Meer und sichert Bulgarien in der Balkanfrage eine völlig neutrale Haltung zu. Amerika. * Der frühere demokratische Präsidentschafts kandidat Bryan, der dreimal im Kampfe um die Präsidentschaft unterlegen ist, ist von dem neuen Präsidenten Wilson für das Amt des Ministers des Äußeren gewonnen worden. * Der Senat der Ver. Staaten hat mit Zweidrittelmehrheit einen Beschluß angenommen, in dem befürwortet wird, die Amtsdauer des Präsidenten auf sechs Jahre zu ver längern, eine Wiederwahl jedoch aus - zuschließen. Während der Debatte wurde ausdrücklich daraus hingewiesen, daß diese Maßregel sich gegen etwaige Bestrebungen des früheren Präsidenten Roosevelt nach einer dritten Präsidentschaft richtet. Deutscher Reichstag. (Orig.-Berlcht.) Berlin, 3. Februar. Auf der Tagesordnung der Sitzung vom 1. d. Mts. stand zunächst die dritte Lesung der Vorlage bett. vorübergehendeZoll- erleichterungen bei Fleischeinfuhr. Da naturgemäß in den ersten beiden Lesungen noch einmal von den Rednern der verschiedenen Parteien alles zusammengefaßt worden war, was in den letzten Monaten über diese Frage in der Presse geschrieben und in Volksversamm lungen geredet worden ist, so war das Inter esse an der dritten Lesung nur ein sehr geringes. Die Debatte eröffnete der sozialdemokratische Abg. Quarck, der heftig gegen die Agrarier polemisierte und mit der Wendung schloß, daß die Konservativen, die in der Zeit der all gemeinen Teuerung nach Ausnahmegesetzen rufen, wie es im preußischen Abgeordnetenhanse dieser Tage geschehen sei, staatsfeindttcher als die Anarchisten seien. Der Zentrums- abgeordnete Pauly erklärte demgegenüber, daß an dem gegenwärtigen Zollschutzsystem unbedingt festgehalten werden müsse. Den selben Standpunkt vertrat der Abg. Heck (nat.-lib.), der zwar das Bestehen einer Fleisch teuerung anerkannte, eine Besserung aber nicht von einer Änderung unsrer Wirtschaftspolitik, sondern von Reformen in der Betriebsweise der Viehproduktion erwartet. In einer längeren Rede trat dann der Volksparteiler Krömer noch einmal für die Aufhebung der Futter mittelzölle ein. Inzwischen ist ein sozialdemokratischer Antrag eingegangen, „daß in derselben Weise wie für die großen Städte die Einfuhr von frischem Fleisch uüd Schlachtvieh in allen Gemeinden zugelassen werde, in denen die erforderlichen Schutzeinrichtungen gegen die Verbreitung der Viehseuchen vorhanden sind." Die Abstimmung über diesen Antrag, die eine namentliche sein soll, wird für eine der nächsten Sitzungen zu rückgestellt. Das Gesetz wird darauf gegen die Stimmen der Konservativen und der Wirtschaft lichen Vereinigung angenommen. Es folgte die Weiterberatung des Etats bei dem Abschnitt: Reichsamt des Innern. Weingesetz, Schutz der Flüsse gegen Jndustrie- abwäffer, reichsgesetzliche Regelung der Arbeits- Verhältnisse des Krankenpflegepersonals, Reichs- viehseuchengefetz, sowie die Notwendigkeit der Er richtung eines wissenschaftlichen Milchinstituts und die Stellung der deutschen Arzte im Auslande kamen dabei erneut zur Sprache. Aber das Haus hatte an dielen Dinaen nur noch wenia Jnter- M Oie lUsbesprobe. 1) Roman von Artur Zapp.*) 1. Paula Landolf dehnte und reckt: sich müde in dem Schaukelstuhl, den ihre Füßchen in eine mäßige Bewegung versetzt hatten. Der hell blaue Schlafrock, der prächtig zu dem vollen Blondhaar des iungen Mädchens stand, zeichnete sie losen Umrisse der schlanken, ebenmäßigen Gestalt der Zwanzigjährigen. In dem Blick d-r blauen Augen lag etwas Träumerisches. Plötzlich schnellte sie elastisch in die Höhe, eilte vn das Fenster und spähte angelegentlich auf die Straße hinaus, während ihre Weichen, sanften Züge ein Ausdruck von Spannung be herrschte. Nach einer Weile kehrte sie zu dem Stuhl zurück und stützte gedankenvoll ihr Köpf chen in die Hand. Ein verklärender Schimmer glitt über das etwas abgespannte, blasse Ge sicht. DaS Geräusch der sich öffnenden Tür schreckte sie aus ihren Träumen auf. Ein Jüngling, dem ein kaum sichtbarer Flaum auf der Ober lippe sproß, trat ins Zimmer. Der junge Mann hatte braune Augen und dunkles Haar, aber derselbe Schnitt der Nase und des Mundes, kurz, eine gewisse Familienähnlichkeit der Züge bekundete deutlich, daß der Eintretende in nahen verwandtschaftlichen Beziehungen zu der Blondine stand. „Schon auf, Fritz?" redete Paula Landolf ihren Bruder an. *) Unberechtigter Nachdruck wird verfolgt. Der Flaumbärtige warf einen raschen Blick auf den Regulator an der Wand und erwiderte mit faulem Gähnen, die Hände in den Hosen taschen : „Schon! Ich danke, es ist elf Uhr." „Wahrhaftig! Mir liegt der Ball noch in allen Gliedern." Der junge Mensch lächelte. „Spaß! Du hast aber auch mit einer Aus dauer getanzt. Bei jedem Rundtanz noch eine oder zwei Extratouren." „Beim Walzer sogar drei. Ach Fritz" — die Sprechende verschränkte ihre Arme unter dem Kopf — „solch ein Walzer. Da könnt' ich mich rein tottanzen." Sie spitzte ihre kirschroten Lippen, summte den Fledermaus Walzer und wiegte graziös den Oberkörper in den Rhythmen des Tanzes. Mit einsmmal sprang sie auf; ihre Augen blitzten lebhaft, ihre Arme umschlangen den überraschten. Sie zog ihn mit sich im Dreivierteltakt des Walzers. Pustend machte sich der junge Mann los und warf sich erschöpft auf den nächsten Stuhl. „Ich dächte doch," keuchte er halb unwillig, halb lachend, „wir hätten beide genug — von gestern." Paula Landolf war wieder an das Fenster geketen. Nach einem hastigen Blick auf die Straße hinaus, kehrte sie ihr leuchtendes Gesicht ihrem Bruder zu. „Ach, es war zu himmlisch, Fritz!" schwärmte sie. „Ich habe mich nie so göttlich auf einem Ball amüsiert." „Das sagst du nach jedem Ball." „Nein, nein, diesmal war'S wirklich am aller schönsten. Hast du schon einmal einen so wunder vollen Kot'llon getanzt, Fritz?" Ein schelmischer Ausdruck erschien in den Menen des jungen Mannes. „Du hast ihn aber auch mit dem schneidigsten Tänzer der Garnison getanzt, Paula," entgegnete er neckend. In den Augen der Blondine zuckte es freudia. „Ist er das - Viktor?" rief sie lebhaft. „Viktor?" Fritz Landolf betrachtete seine Schwester mit einem erstaunten Blick. „Sieh, sieh !" sagte er, mokant lächelnd. „Sage doch einmal, Schwesterchen, woher weißt du denn, daß Leutnant von Falkenhausen mit Vornamen Viktor heißt?" Das junge Mädchen blickte sehr betroffen. Purpurne Glut flammte in ihrem Antlitz auf. „Habe ich das gesagt?" stammelte sie, be fangen zu Boden blickend. „Das ist mir nur so herausgefahren." Der junge Mann lachte laut auf und drohte seiner Schwester schelmisch mit dem Finger. „Dut Ich glaube, die Uniform hat es dir angetan." Das junge Mädchen nagte heftig an ihrer Unterlippe, ihre Finger ballten sich zusammen und lösten sich wieder und griffen nervös an dem faltenreichen, langen Morgengewand herum. Sie kämpfte offenbar mit sich, ob sie auf die Bemerkung ihres Bruders, die ihren Unwillen in starkem Maße erregt hatte, etwas erwidern sollte oder nicht. Endlich hob sie ihre zuckenden Mienen. effe. Auf den Tribünen herrschte gähnende Leer« und im Saale schrumpfte die Zuhörerschaft zeitweise auf 25 Abgeordnete zusammen. Nach dem Abg. Bell (Zentt.) noch recht tempsra- mentvoll für die Angestellten eingetreten war, die als Angehörige größerer Betriebe um den Lohn ihrer Erfindungen kommen, vertagte sich das Haus bis zum 5. d. Mts. In den Wandel gängen des Reichstags wurden am Schluß der Sitzung Zweifel darüber laut, ob die Etats beratung, wie die Verfassung es fordert, bis zum 1. April beendet sein wird. UID f)ök1enkämpfe m Kamerun. Im .Deutschen Kolonialblatt' veröffentlicht der Resident von Adamaua in Kamerun, Ober leutnant Dühring, einen Bericht über seine Expedition gegen die Kangu-Heiden im Juni v. Js. Die Kangu sind kriegerische Felsen bewohner, die in einem Labyrinth von Gängen und Höhlen leben. Ihre Unbotmäßigkeit und die von ihnen begangenen Räubereien führten zu der militärischen Unternehmung. Die Expedition begann unter Führung des Oberleutnants Dühring am 17. Juni von Gama aus, während Oberleutnant v. d. Planitz von Gurore Banei aus vorging. Sie richtete sich zunächst gegen den Ram-Berg, dessen Bewohner mit den Kangus verwandt sind. Unterhand lungsversuche wurden mit Pfeilschüssen beant wortet, worauf das auf dem oberen Berghang gelegene Dorf von dem mitgeführten Geschütz unter Feuer genommen wurde. Nach hartnäckigen - Kämpfen besonders um die Wasserstelle, bei denen- ein Soldat und ein Hilfskrieger verwundet wur den und drei Soldaten Streifschüsse erhielten, wurde sie gewonnen. 170 Gefangene wurden eingebracht. Am 20. Juni wurde die Expedition durch Oberleutnant Weise aus Deusch-Binder verstärkt; sie betrug nunmehr 8 Europäer und 57 farbigs Soldaten, zusammen 65 Gewehre und ein Ge schütz. Am 21. Juni begann der Angriff auf! die Kangu-Leute, die in etwa tausend Gehöften- in dem Felsen wohnen. ES fanden in den verschlungenen Gängen, Höhlen und schroffens Felshängen Kämpfe statt, bei denen der An greifer sehr im Nachteil war. Nachdem am! 22. die Übergabe von den Mlden abgelehnt war, fing am 23. Juni der Kampf von neuem an. Magnesiumfakeln und Explosion von Sprengmunition jagten den Eingeborenen einen so panischen Schrecken ein, daß sie in den Busch flüchteten. Unsre Verluste betrugen einen Toten und sieben Verwundete. Mit den geflüchteten Kangus wurden Ver handlungen eingeleitet, die zur Übergabe mehrerer Dörfer führten. Die Eingeborenen mußten sich verpflichten, sich in den Fluß niederungen anzusiedeln. Nur zwei Orte wider standen noch. Gegen sie fand eine erneute Unternehmung statt. Oberleutnant Weise er hielt Befehl, mit der Hälfte der Truppe gegen Kefero vorzugehen, während sich Oberleutnant Dühring gegen Babisi wandte. Die Kangu- Leute hatten sich in ihren Höhlen verschanzt. Es entspann sich ein lebhaftes Gefecht, in dem vier Soldaten und ein Hilfskrieger verwundet wurden. Gegen Mittag trat eine Gefechts pause ein; trotz Verwendung von Spreng munition war es nicht möglich, durch die kaum mannsbreiten niedrigen Schlitze in die Höhlen einzudringen. Jeder Versuch wurde mit Gift pfeilen beantwortet. So blieb nichts übrig, als den Berg Tag und Nacht regelrecht zu be lagern und zu befeuern, bis der Gegner mürbe wurde. Mit Geduld und viel Überredungskunst ge lang es nach und nach, 33 Männer sowie 101 Weiber und Kinder herauszubekommen. Erst am vierten Tage ergaben sich die letzten zehn Verteidiger wegen Wassermangels. Die Höhle war wegen ihrer Größe in der ganzen Nachbarschaft bekannt und diente auch als Opferplatz. Die Einnahme der Babisi-tzöhlen war von durchschlagendem Erfolg. Von allen Seiten kamen die Kangu-Heiden und versicherten ihre Unterwürfigkeit. „Die Uniform hat mir's gar nicht angetan," sprudelte sie leidenschaftlich hervor. „Ich beur teile einen Menschen überhaupt nicht nach seinem Rock und nach seinem sonstigen Äußern, das würde ich furchtbar oberflächlich finden — ver stehst du!" Fritz Landolf war nicht wenig verwundert über diesen unerwarteten, heftigen GefühlsanS- bruch. Er näherte sich seiner Schwester, um sie zu beruhigen, aber sie wandte ihm indigniert den Rücken und eilte aus dem Wohnzimmer hinaus. Sie begab sich, noch immer glühend, in ihr Schlafzimmer. Auf dem Tisch in der Mitte des Zimmers lagen noch allerlei Reli quien vom Ball; ein paar halbverttocknets Blu mensträuße, ein Fächer von leichtem Holz und buntem Papier, der den Inhalt eines Knallbon bons gebildet hatte, und die Tanzkarte. Sie nahm letztere in die Hand; ihre Blicke flogen über die Reihe der aufgedruckten Tänze, neben denen je der Name eines Tänzers mit MeisM gekritzelt war. Auffallend häufig kehrte der Name Viktor von Falkenhausen wieder. Neben dem Kotillon, neben dem ersten Konter und^ außerdem noch neben ein paar Rundtänzen prangte er in klarer, charakteristischer Schrift. Paula Landolf lächelte. Es war ein strahlens des, glückliches Lächeln, das Lächeln eines Men schen, der sich in tiefster Seele zufrieden fühlt.- Sie warf die Karte auf den Tisch zurück und! ließ sich auf den Stuhl sinken, der vor demf Toilettentisch zwischen den beiden Fenstern stand.. Sinnend, immer das glückselige Lächeln auf den schwellenden Lippen, blickte sie in den Spiegel.! Wie war es nur gekommen? Daß er sie be-
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