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Ottendorfer Zeitung : 19.11.1915
- Erscheinungsdatum
- 1915-11-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191511190
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19151119
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19151119
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1915
-
Monat
1915-11
- Tag 1915-11-19
-
Monat
1915-11
-
Jahr
1915
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 19.11.1915
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Mecier einer Churchill dankt ab. Nach langem Zögern ist endlich Minister Churchill — vorläufig wenigstens — aus dem öffentlichen Leben Englands ausgeschieden. Er ist dem immer stärker werdenden Drucke der öffentlichen Meinung zum Opfer gefallen, die in ihm nur noch den Veranstalter des unglücklichen Dardanellenunternehmens sah. Churchill, der trotz stärkster Anfeindungen sich immer zu be- haubten wußte, ist nun doch zurückgetreten. Den äuß-'ren Anlaß dazu gab der Umstand, daß er nicht in den uen gebildeten Kricgsausschuß des Kabinetts mit ausgenommen wurde. Die ge kränkte Eitelkeit des Mannes mit der geradezu phantastischen Laufbahn gibt sich in dem Briefe kund, den er an den Ministerpräsidenten As quith richiete, und in dem es u. a. heißt: „Ich pflichtete der Bildung eines kleineren KriegZnusstbusses vollständig bei und schätzte Ihre Absicht, mich darin aufzunehmen, die Sie mir vor sechs Wochen kundgaben. Ich habe aber schon damals vorausgesehen, daß Sie bei der Zusammensetzung des engeren Kriegsaus schusses Schwierigkeiten finden würden. Obgleich ich nicht bedaure, daß Ihr damaliger Entschluß eine Änderung erfuhr, Hal diese Änderung selbst verständlich zur Folge, daß meine Mitarbeit in der Negierung ihr Ende findet." — Herr Churchill hat also wohl gemerkt, daß er in aller Form ausgeschifft worden ist, und es ist nun erklärlich, wenn er sich selbst, nachdem seine ge schätzte Kraft nicht mehr am Werke ist, selbst jeder Verantwortung entbindet. Und so schreibt er denn: „Bei der Kenntnis, welche ich von der fetzigen Lage besitze, kann ich als Mitglied der Exeku tivgewalt keine Mitverantwortung für die Kriegs politik tragen, ohne an ihrer Leitung und Kontrolle tatsächlich beteiligt zu sein. Ich fühle mich nicht imstande, unter den jetzigen Um ständen in einer gutbesoldeten Untätigkeit zu verharren. Mit ruhigem Gewissen nehme ich die Verantwortung für die hinter mir liegenden Ereignisse auf mich. Die Zeit wird meine Ver waltung der Admiralität rechtfertigen und mir meinen gerechten Anteil an der großen Zahl s von Vorbereitungen und Operationen, welche uns die Serherrschaft sichern, zuerkcnnen." Natürlich kam dieser große Schauspieler das Theater nicht ohne einen besonders schönen „Abgang" verlassen und so stellt er sich als ehemaliger Offizier, (der wegen dummer Streiche den Dienst quittieren mußte) für den Frontdienst zur Verfügung, indem er darauf verweist, daß sein Regiment in Frankreich kämpft. Es ist wohl gleichgültig, das er tatsächlich daran denkt, das Leben seiner ehemaligen Kameraden zu teilen, um seinen Deutschenhaß unmittelbar auf den Schlachtfeldern austoben zu lassen, oder ob er von der Berufung in eine Stabsstellung träumt, um sein strategisches Talent nun zu Lande zu verwerten, wie er es früher zu Wasser tat. Er ist vorläufig kaltgestellt. Wieder einer, der als Opfer allgemeiner Unstimmigkeit siel. Mit Kitchener verliert das englische Ministe rium seinen besten Sachverständigen für die An gelegenheiten der Landarmee wenigstens für einige Zeit, ja vielleicht, wie auS Reden, die vor gestern im Unlerhause gehalten wurden, hervor geht, für immer. Mit Churchill verliert es den Mann aus seiner Mitte, der, wenn nicht von an deren, so doch von sich selbst für den hervorragend sten Sachverständigen in Marineangelegenheiten gehalten wird. Bis zum kläglichen Mißerfolg des Dardanellenfeldzuges galt er freilich auf der ganzen Welt als Autorität ersten Ranges auf dem Gebiete der Kriegsmarine. Vian lauschte in den Kabinetten Europas auf seine Worte, wenn er,, mit dem Rcchenstift des Mathematikers in der Hand, die Möglichkeit einer Verständigung mit Deutschland von einer Einigung über das Fldttenbauprogramm abhängig machte und dabei immer von der falschen und zum Verhängnis für sein Vaterland gewordenen Annahme aus ging, daß unsere Schlachtflotte nur dazu be stimmt sein könne, die Landung deutscher Truppen an der englischen Küste zu sichern. Wenn er nun auch durch die immer wieder ausgesprochene Überzeugung von den Angriffs absichten Deutschlands und dadurch, daß er als Sme k^errennatur. 8Ss Roman von Henriette o. Meerheimb. sSchluh.) Der Brief lautete weiter: „Das Ver hältnis der jungen Eheleute ist ein völlig an deres geworoen. Sie sind noch vorsichtig mit einander, wie wenn jedes unbedachte Waitz »men allen Schaden au-rci-en lönnte. Amr auch das «sirb täg'ich bester. In Anne- Maries Natur liegt doch viel mehr Weichheit, und in der Georgs viel mehr Tatkrack. wie wir a le dachten. Das kommt jetzt deutlich zum Vorschein. b un zum Schluß Don mir alten Frau ist ni^-ck viel zu sagen, als daß ich aus vollem Herzen mich dieser Wandlungen er reue und stets mit dantoarer Liebe an Sie deinen werde, meine lüde Nadine. Ihre alte Freundin Amcly von Siechow." Mt einem erlösten Auiaimen legte Nadine den Bries bin und griff nach Norberts Schreioen. Dos war lürzer. knavv und klar. — „Me n großes '---stld jst mit der Goldenen Vkeda lle ausge eichnet, Ihre Skizzen sind gut verkauft morden. Trödeln Sie nun nicht länger in Weimar herum, sondern kommen Sie beim nach München. Ich erwarte Cie. Schicken Sie mir ein vaar Zeilen, wann Sie eintreffen. Wir wollen uns den nach en Morgen nach Ihrer Ankunft in der Aus stellung Wiedersehen.* Nadme lachte. Der Brief war so characke- Mcht Immer vorwärts, daS Ziel seit im Marineminister alle seine Maßnahmen nur unter dem Gesichtspunkte der deutschen Angriffsgefahr ergriff, mehr als jeder andere dazu beigetragen hat, das jene Stimmung sich in England verbrei ten nnd unausrottbar einnisten konnte, ohne die dieser Krieg nicht entstanden wäre, wenn also mit ihm auch einer unserer wildesten Gegner aus dem englischen Ministerium scheidet, so liegt doch für uns kein Anlaß vor, dieses Ereignis als einen Wendepunkt zu betrachten. An der Politik des englischen Kabinetts wird fein Scheiden nichts ändern. Politisch ist das Ausscheiden dieses unseres ganz besonders hartnäckigen Feindes aus dem Rate der Krone nur deshalb von Bedeutung, weil es in allen neutralen Ländern und bei Englands Bundesgenossen als ein besonders deutliches Symptom des Zersetzungsprozesses betrachtet werden wird, der in den Negierungen der mit uns im Krieg befindlichen Völker immer weiter um sich greift und Manner stürzt, die noch vor kurzem auf dem Gipfel einer schier unantastbaren Macht zu stehen schienen. Churchill ist wieder einer, der diesem Zersetzungsprozeß zum Opfer sieb Verschiedene UriegsnachrichLen. (Von der mil. Zcniurbehörde zugelasscne Nachrichten.) Der „versuchsweise" Generalstab. Die ,Times' begrüßt die Wiederbelebung des Generalstabes. Zwar könne ein solcher Generalstab in diesem Stadium des Krieges keine Wunder verrichten, aber der neue Kurs weise auf eine Rückkehr zu geeinigter Kontrolle. Die umfassendere Frage eines Kriegs rates der Verbündeten habe vorläufig nur versuchsweise ein praktisches Überein kommen zwischen England und Frankreich erzielt. Asquith hoffe, daß Rußland undJtalien sich am Kriegsrate beteiligen werden. Unser militärischer Mitarbeiter, sagt die ,Times', wünscht auch die Vertretung Japans, Belgiens, Serbiens und Montenegros. Die Anregung scheint von Frankreich aus gegangen zu sein, aber der eigentliche Grund zur Reform war der Druck der öffentlichen Meinung. Man muß vom Kriegsrat zunächst nicht zu viel erwarten. * Die halbe Wehrpflicht. Der neue Plan, wonach alle dienstfähigen jungen Männer in England, die nicht in ge schäftlichen Betrieben von nationaler Wichtigkeit unentbehrlich sind, sich bis zum 30. November freiwillig melden sollen, widrigenfalls die Ne gierung zu Zwangs maßregeln schreiten würde, teilt die wehrfähigen Männer in 46 Gruppen ein. Die 23 ersten Gruppen umfassen die Unverheirateten von 18 bis 40Jahren, die zweite Hälfte der Gruppen die Verheirateten im gleichen Alter. Männer, welche nach dem 15. August geheiratet haben, sollen wie die Un verheirateten behandelt werden. * Ein deutscher Weger über Saloniki. Einer aus Saloniki über Bukarest in Buda pest eingelangten Meldung zufolge erschien am 7. November ein deutsch erFIieger über Saloniki und verweilte längere Zeil über dem englisch-französischen Lager. 4- Kein russischer Durchmarsch durch Rumänien. Die ,Agence du Balkan', eine vom Viervcr- band gegründete Preßagentur, veröffentlich folgende Mitteilung: „Gegenüber den rein phantastischen Meldungen über einen beabsich tigten Durchmarsch russischer Truppen durch rumänisches Gebiet wird uns aus bester Quelle mitgeteilt, daß der russische Minister deS Aus wärtigen, Sasonow, dem rumänischen Gesandten in Petersburg erklärt hat, die russische Regierung habe niemals die Möglichkeit ins Auge gefaßt, ohne Zustimmung Rumäniens auch nur durch das kleinste Gebiet Rumäniens zu marschieren." Eine Aricdensstimme in Rußland. Das Blatt des Odessaer Gouvernements ,Odeski Listo,) bringt einen von der Zensur Auge, niäits Halbes, Unklares, kein Schwanken oüer Zaudern! Ihr war, als sehe ste se-ne blauen Augen fest aut fickt gerichtet, fühle den krästcgen Druck seiner Hand. Irre Antwort war noch kürzer wie sein Schreiben. Sie telegraphierte: „Bin Dienstag früh zehn Uhr in der Ausstellung." Der Lärm der Stadt umbrauste Nadine wieder. Die Sonne glitzerte. Tue Kastan en- allee trug zwischen ihren grünen tcbon manchen gelben Dächer. Oit fiel solch em goldiges Blatt, sich langsam drehend, zur Erde. Nadme ging heute trotz der sommerlichen Wärme mit leichten Schritten durch die Streiken. Wie ichön war München an diesem 'onnig- bellen Septembermargen! Em Gesühl der Jugend, der Tatkraft und Arbeitslust ließ ihr Herz ra ch schlagen. Am Eingang der Ausstellung erblickte sie Norberts Hohs Gestalt. Er land. sie er wartend. aut der o rechen Stufe der Treppe. Als er sie kommen iah. nahm er den Hut ab. Ein eigenes Leuciten lag üver seinen nügen. Er zog ihren Arm durch den feinen. Sie »sprachen nur wenige Woite. Nadine fühlte, sie g ng einer Weihellunde ihres Levens entgegen, gleich würde sie vor etwas Hohem» Herrlichem stehen — vor einem großen «unstwerk, an das dieser Mann an ihrer Selle seine ganze Krack, sein ganres Können gesetzt, und das ihm wie em gro er Wurf gelungen war, ihn mit einem Schlage genehmigten Artikel, der allgemeines Aufsehen erregt. Das Blatt schreibt: Die Balkanereignisse haben sich derart gestaltet, daß sie eine Fortsetzung des Krieges als zwecklos erscheinen lassen. Belgien und Serbien werden ihre Nationale Selbständigkeit verlieren. Im Schicksalsbuche stand geschrieben, daß dies so geschehe, damit der Völkersriede herankomme. Der Artikel schließt: Wir alle Wünschen den Frieden; das russische Volk wird für jene beten, die die Segnungen des Friedens sichern. Marschaus Universität. In Warschau fand am 15. d. Mts. die feier liche Einweihung der Universität und der neuen technischen Hochschule statt. Feierlich halte sich die Sladt gerüstet, um den denkwürdigen Tag zu begehen, denn wieder wird die Amts- und die Unterrichtssprache die polnische sein. Im .Jahre 1816 wurde die Universität Warschau gegründet und eingeweiht, bereits im Jahre 183^ wieder aufgehoben. Da man aber wohl die Notwendigkeit einer Bildungsstätte in der Großstadt Warschau einsah, stellte man die Universität als hohe Schule im Jahre 1861 her, und unter der Herrschaft der Russen wurde sie im Jahre-1869 wieder zu einer Universität umgebildet. Die polnische Sprache wurde zuexst aus den Hörjälen verbannt, später aber auch aus den Wandelgängen, dem Garten, der das Gebäude umgibt. Man gab der Universität vier Fakultäten, dis historisch-philologische, physi kalisch-mathematische, juristische und medi zinische Fakultät. Daneben bestand die Bibliothek, das ethnographische Museum, bestand das Münzkabinett, die Sternwarte, botanische und pomologische Gürten. Auch ein Vetcriuärinstitut war an die Universität an gegliedert, aber die Studierenden dieses In stitutes galten als Studenten zweiten Grades. Ein russischer Schriftsteller Hal die Universität Warschau einst dis „Zweigniederlassung des russischen Geistes mit der polnischen Eleganz" genannt, und wer je Gelegenheit gehabt hat, die Wandelgänge der Universität zu sehen, die Hörsüle zu "besuchen, der wird von der Wahrheit dieses Ausspruches unbedingt überzeugt jein. Das Universitätsleben war ein Dasein ganz und gar für sich, ein Stück Welt, das für viele Europäer seltsam anmulcud dasiaud. Hier drängle sich alles zusammen, was sich zur In telligenz, zur Bildung rechnen. lassen wollte. Aus allen Teilen des heiligen russischen Reiches strömte Männlein und Weiblein nach Warschau, um von dem Born der Wissenschaft zu trinken. Elend wohnte neben dem Luxus, der Eleganz. Zahlreiche russische Studenten und Studentinnen, arm von Hause aus, kaum - mit dem Notwendigsten ausgerüstet, was man zum Leben nötig hatte, kamen hierher, gierig, die Vorlesungen zu hören, Wissenschaft zu trinken. Das war auch in den zahlreichsten Fällen die einzige Nahrung, die sie hatten. Sie lebten mehr schlecht, denn recht, wohnten in Kammern, die kaum Licht und Luft besaßen, und tranken morgens das Glas Tee, daß sie sich selbst bereiteten. Aber sie kargten nicht, und gaben von dem Wenigen, das sie besaßen, immer noch denen, die. weniger hatten. Da brachte der eine ein Stück Brot, der andere ein Ende Wurst, da hatte die eine Kommilitonin eine Schachtel mit Zigaretten, einen Artikel, den die russischen Studentinnen und Studenten nicht entbehren können, der ihnen wichtiger jst, als Essen, als Schlafen und Trinken. Und in der Kammer, die oft im Winter kein Feuer sah, saßen sie, hockten sie bei einem Stückchen Licht oder einer kleinen Lampe zusammen, und berieten, wie das stolze König reich Polen wieder erstehen könne, berieten, wie man es denkbar machen könne, daß Polen zu seiner einstigen Herrlichkeit sich aufzuschwingen vermöge. Ach, mancher ballte wohl die Faust, gegen Väterchen Zar, dessen Knute man auch hier verspürte. Wie viele der Studierenden waren ver heiratet? Viele Mädchen, die die Erlaubnis der Eltern, eine Universität zu besuchen, nicht erlangen konnten, gingen hin zu einem Freunde, odemr eineKommilitonen, den sie kaum kannten, in die erste Reihe versetzt hatte. Sie las das deutlich in dem Leuchten auf seiner Stirn» in dem feuchten Glanz ieiner Auaen. Nur flüchtige BI cke wmf sie auf die an den Wänden häng-nden Bilder der Säle, die sie ra ch durchwandert-n. Sie empfing keinen bestimmten Eindruck von all den Porträts, Akten, Landschaften und Seestücken, so schön viele auch sein mochten. Da cs noch früh war, sanden sie den proben Mittelmal vorläufig noch ziemlich leer. Die ganze Länge und Breite der einen Wand nahm Norberts hier aufgehangenes Koloffal- bilo ein. Eins Sekunde zögerte Nadine, aber wie damals an jenem furchtbaren, unvergeßlichen Tage führte Norbert sie weiter. Jetzt standen sie dicht vor dem Bilde. Die Gegenwart versank für Nadine, sie sah nichts als die ickräa aufgeiichteten, schwarzen Holz» babren mit den drei ihr wohlbelannlen Toten- gefichtern. die sich in ihr Gedächtnis völlig eingebrannt baiten. Auf der Straße, von der man auf dem Rfloe einen kleinen Teil sah. flutete das Straßenleben, Menschen hasteten vorwärts, Wagen, Karren fuhren» grün leuchteten die Büsche des kleinen Gartens. Drinnen aber in dem kalten, öten Raum der Leichenschau holle lag das feierliche Schweigen, die tiefe Rune des Todes. Ein matter Sonnenstrahl fiel durch die trüb angelausenen Scheiben am die drei starren Geüchter und beleuchtete scharf das stumpfe Staunen des ersten, die bittere Verzweiflung des zweiten, die milde Ergebung des dritten Toten. Vor diesem Ge- mäcde müßte es leibst einem oberflächlichen baten ihn, eine Scheinehe einzugehen, damit sie die Möglichkeit besäßen, von dem Vorn der Bildung zu schlürfen. Und der polnische Student, namentlich, wenn er aus der kleinen Stadtmst, versteht die Sehnsucht nach der Wissenschast mehr, als alles andere. Er ging hin, ließ sich trauen, zum Schein natürlich. Doch zuweilen entwickelte sich aus einer solchen Scheinhochzeit, ans einem öfteren Zusammengehen zweier Menschen eine wirkliche Neigung. Dann zog ein verliebtes Paar zur Universität, sie hatten beide nichts, als ihren Hunger auf die Wissen schaft, und-sie beanspruchten riichts .anderes, als daß sie gemeinsam ihren Geist erweitern durften. Sie wohnten elend, und aßen noch jämmerlicher, aber sie waren glücklich . . . PoUiilcde AmEckau. Deutschland. *Wie verlautet, ist die Einführung v.o.n Fleisch-, S-Peck- und Buttpr- k art e n nnnckehr für das ganze Reich in Ms- ' sicht genommen. Ein entsprechender Antrag dürfte dem Bundesrat schon in den nächsten Tagen vorgelegt werden. Die Butterkarte soll vermutlich der Streckung unserer im.Winter naturgemäß beschränktem Milcherzeugung dienen. Die Einführung vmer"F'l e i f chkart e-sofl nicht sosehr eine Verminderung-als — wenn man so sagen darf — eine Verlangsamung des Ver brauchs bezwecken. Die „fleischlosen" Tage haben sich zwar schnell eingesührt und bewährt, aber eine Abnahme des Verbrauchs kaum be wirkt. Ein Mangel an Fleisch ist nicht vor handen ; im Gegenteil hat die letzte Viehzählung — ihre endgültigen Ergebnisse liegen freilich noch nicht vor — eine sehr wesentliche Zunahme der Bestände, namentlich an Schweinen, Schafen und Ziegen sestgestellt. Die angestrebte Regelung, des Verbrauchs fall.daher M.. wesentlichen nur eine ungerechte Bevorzugung der bessergestellten Kreise verhüten, eine möglichst g l eichmäßige Verteilung ermöglichen, vor allem aber zugunsten verstärkter Fetterzeugung wirken. *Das Münchener erzbischöfliche Ordinariat' teilt mit, daß die Ernennung des Münchener Nnntins Monsignore Frühwirt zum Kardinal bereits vollzogen sei, und daß ferner der Papst dem König Ludwig von Bayern das Privilegium verliehen habe, d'em neu ernannten Kardinal das rote Barett aufzu setzen. Frankreich. *Jn einem in der Kammer zur Verteilung gelangten Bericht über die von der Negierung verlangten Zusch la gs kredit e für 1dl c» schätzt der Generalberichierslatter des Budgets die eigentlichen m i l jt ä ri s ch e n A u s g ab en vom 1. August 1914 bis zum 31. Dezember 1915 auf 21 438 Millionen Frank. England. * In einer Rede sagte der neue Minister Ramsay Macdonald: „Für die unabhängige . Arbeiterpartei ist die Zeit gekommen, um LiNest großen öffentlichen Feldzug zu er öffnen. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß trotz Drohungen nnd Älarmgeschrei das Publikum bereit ist, unsere Botschaft zu hören und mnzu- nehmcn." Das Arbcitcrblatt »Labour Leader' schreibt: „Was müssen wir .außerhalb des' Karlaments tun, um das Heraufziehen der. Morgendämmerung zu. beschleunigen? . Wik. müssen vor allem die öffentliche Meinung mobil machen, damit sie verlangt, daß die Negierung dem Beispiel Briands folgt, endgültig alle An griffspläne als aufgegeben erklärt, und ihrs Ziele so klar umschreibt, daß Deutschland nicht länger zu -fürchten braucht, daß wir seine rechtmäßige Eut- wicklung -hindern wollen." . Amerika. * Die am er rk a n.i sche S ch u.tz h err - schäft über H a i t i ist durch die Annahme des Vertrages zwischen den Vereinigten Staaten und Haiti im Kongreß - der Negerrepublik Nunmehr Tatsache geworden. Also auch Amerika hat — wie Japan in China — das große Völker ringen benutzt, um eine heikle politische und diplomatische Frage kurzer Hand ohne Anfrage bis den Mächten zu lösen. Beschauer klar werden: der dies Bild malle, der walte aus Liebe, aus einer Liebe, dis alles vergebt und eraründet, die ole Herrlich keiten des Lebens noch in den dunklen Winkeln des Dai-Ms wahrnimmt, die trö ende Idee der Kunst in ibrer ganzen Majestät b-areift und darum auch durch dies Bild des Tooes noch einen goldenen Faden des Lebens auf wärts üieist. Nadine stand und schauie, die Hoheit deL Bildes überschauerte sie. Jetzt begriff, üe» was Norbert ihr damals vergeblich z r erklären nrchte: aus der Tiefe des Elends führte der Wea doch auswärts. Nein, diese drei Toten waren nicht umsonst gestorben. Auch für sie starben sie, damit sie erkennen sollte, daß sie bisher emen Irrweg gegangen war. der nach vielen Verschlingungen erst "angiam dem Lichte entgegemührte. „Nadine!" Norbert legte den Arm um sie. Er wa ne zu dem kle nen Sofa, auf dem ste dem Bilde gerade gegenüberlaßen. Sie lehnte sich gegen seine Schulter. Er suhlte ihrem raschen Herzschlag. „Sie haben Ihr Ziel erreicht, Norbert." tagte Nadine nach einer Weile langsam. „Und mich haoen Sie auch gereitet! Ich bin frei von allem, was mick' nock von Ihnen trennte." Mit einem leisen Jubelruk drückte er sie fest an sich. „Siehst du die Worte da unten am Bilde, Liebste?" „Große goldene Medaille. — Vom Staate angekaufi," las Nadine laut. „Das ireut mich, Nqrkert. Aber auch ohne diesen Erfolg ge hörte ich dir." Unbekümmert um die setzt zahlreicher zu- strömenden Menschen, Lie alle sogleich zu
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