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Ottendorfer Zeitung : 27.10.1915
- Erscheinungsdatum
- 1915-10-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191510271
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19151027
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19151027
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1915
-
Monat
1915-10
- Tag 1915-10-27
-
Monat
1915-10
-
Jahr
1915
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 27.10.1915
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Vie Krise in Englanä. In England mehren sich die Stimmen, die unter allen Umständen von der Regierung ein fest umrisscyes Programm verlangen, wie sie den Krieg gewinnen will. Wie in Frankreich, ist man auch in England über die Niederlage empört, die die englische Diplomatie auf dem Balkan er litten hat. Die allgemeine Unruhe ist noch ver größert worden durch die Rede, die jüngst der Staatssekretär des Äußeren Grey im Unterhause gehalten hat und in der er gleichsam zur Entschul digung sagte: „Nach meiner Meinung ist es klar, daß nichts als ein entschiedener und über wiegender Vorteil für die Verbündeten im Ver lauf der militärischen Ereignisse in Europa während der allerletzten Monate uns die Mög lichkeit gegeben haben würde, der Politik einer Balkaneinigung zum Siege über die entgegen gesetzte, auf einen Balkankricg hinarbeitende Politik zu verhelfen." Ohne Entstellung geht es nun einmal bei dem Leiter der englischen auswärtigen Politik nicht ab. Alle Welt weiß, daß gerade der Vier verband auf dem Balkan für die Entfesselung der Kriegsfurie gearbeitet hat. Eine Einigung der kleinen Staaten wollte er schon, aber nicht eine Einigung zur Erhaltung des Friedens, sondern eine solche zum Losschlagen Wider uns an der Seite unserer Feinde. Daß dieser sein Plan mißlungen ist, daß England und Frank reich die Hilfe der kleinen Staaten für das Unternehmen gegen die Dardanellen, zu deren Eroberung sie allein zu schwach waren, nicht er langen konnten, das ist ja derÄrger unsererFeinde. Aber den Grund, den Grey für das Fehlschlägen ihrer Absichten angibt, ist in gewissem Sinne zu treffend. Es ist richtig, ohne militärischen Erfolg konnte der Vierverband auf den diplomatischen Sieg nicht rechnen. Liegt hierin das Geständnis, Haß unsere Feinde mit den Waffen nichts er reicht haben, so verschweigt Herr Grey die Tat sache, daß es bei uns anders steht, daß wir die militärischen Erfolge hatten, um den diploma tischen Sieg zu erringen. Aber wenn er die volle Wahrheit nicht sagt, auch die Engländer erkennen sie. Die Londoner ,Daily Mail' vom 15. Oktober schreibt ganz offen, die Greysche Erklärung komme auf folgendes heraus: „Ich hätte auf dem Balkan einen diplomatischen Sieg nur erringen können, wenn unsere Armeen einen Sieg davongetragen hätten, um mir zu helfen. Die Deutschen hatten einen solchen Sieg aufzu weisen, und das ermöglichte den Erfolg ihrer Diplomaten, die auf einen Balkankieg hin arbeiten." Die Erkenntnis, daß die militärische Lage Englands die Unternehmungen der Diplomaten auf dem Balkan gleichsam lahmlegten, ist jetzt Gemeingut der weitesten englischen Kreise ge worden. Man nimmt an, daß die Minister krise unvermeidlich geworden ist und man hofft, daß der Rücktritt Sir Carsons der Beginn einer allgemeinen Ministerflucht sein wird. Versuchen doch Organe wie die ,Times' und Mornigpost', nm den Zusammenbruch des Gesamtkabinetts zu beschleunigen, den Rücktritt Carsons zu einem Ereignis von höchster Bedeutung zu erheben. Sie sprechen ihren Wunsch, das ganze Koali tionskabinett stürzen zu sehen, aus, und beson ders die Mornigpost' äußert sich mit vernichtender Schärfe. Beide Zeitungen loben Carson wegen seiner Uneigennützigkeit und Charakterstärke und betrachten ihn als künftigen Führer der neuen Opposition und der kommenden neuen Regierung. Zweifellos ist die Stellung Carsons nach seinem Rücktritt sehr stark. Deshalb beschwören ihn ,Daily News' und ,Daily Chronicle' unter den gegenwärtigen Umständen Stillschweigen zu be wahren. Dagegen schreibt die ,Times': Das Land erwartet mit Ungeduld Carsons Erklärung, welche nicht mehr lange ausbleiben dürfe. ,Morning Poft' sagt: Am dringendsten ist, daß diejenigen, welche denken wie Carfon, sich um ihn scharen und die Bildung eines neuen Kabinetts vorbereiten, welches so stark sein müsse, daß es die schwere Verantwortung, welche die jetzigen Minister abzuwälzen suchen, übernehmen könne. Das Blatt verlangt eine vollständige Neubildung des Kabinetts. Die jetzige Regierung sei mit ihren einundzwanzig Mitgliedern viel zu schwerfällig, und die ganze Eine Verrennatur. Löt Roman von Henriette v. Meerheimb. tForts-tzmig.) Georg erbot sich, während der Krankheit der „Herrin" auf den Feldern berumzu reiten und auck> alle Wirtschaftsbücher zu führen. Aber Anne-Marie wies seinen Vor schlag kurz ab. Die Rechnungen könne sie von ihrem Ruhebett aus kontrollieren, und bis zur Ernte hoffe sie wieder auf dem Posten zu sein. „Desto bester!" entgegnete Georg gleich mütig. „Es hätte mir auch zu viel Zeit ge kostet, denn ich will den jungen jetzt in seinem blauen Samtanzug malen." „Bei diesem schönen Wetter! Er soll doch so. viel wie möglich im Freien sein!" „Das kann er trotzdem. Außerdem sitzt er in seinem Korbstuhl am offenen Fenster. Da du immer mit der Haarschur drohst, muß ich das Bild schnell beenden." Anne-Marie sagte nichts mebr. Sie wandte den Kopf zur Seite, als Georg binausging. Niemand sollte es sehen, daß ibre Augen voll Tränen standen. Nicht nur der heftige körper liche Schmerz erpreßte sie ibr, sondern die Kränkung, daß ihr eigener Mann ihr kein einziges teilnehmendes Wort sagte. Das Fräulein Fraser, das wie viele allein stehende Menschen sich mit der Zeit zur voll kommenen Egoistin ausgebildet hatte, reiste wirklich trotz Anne-Maries Zustand nach ihrer Heimat ab. Sie hatte sich das vorge nommen, und da sie ihre Pläne stets mindestens ein Jahr im voraus zurecktzu Geschäftsgebarung habe sich als durchaus un zweckmäßig erwiesen. Die besten Männer des Landes müssen sich die Hände reichen, um diesen Zuständen ein Ende zu machen. Eine nationale Regierung müsse ins Leben gerufen werden, die nicht nach den poli tischen Parteigesichtspunkten, sondern nur nach dem perfönlichen Werte der einzelnen Männer zusammengesetzt wird. Hier liege ein Arbeits feld für den König. Er müsse wissen, welche Männer die Fähigkeiten besitzen, um den Krieg mit Kraft und Mut fortzusetzen. Lloyd George und Carson sind beide Patrioten und haben das nämliche, alles beherrschende Ziel klar vor Augen. Sie könnten zusammenarbeiten ohne Rücksicht auf ihre Vergangenheit. Diesen Männern müfse sich Kitchener zugesellen; so könne man ein kleines, aber kraftvolles Kabinett bilden, um Deutschland zu bekämpfen. Die Fortsetzung der bisherigen schwächlichen Parteipolitik sei un möglich. Über die Gründe für Carsons Rücktritt stellen die Blätter die verschiedensten Vermutungen an. Dian meint, wenn er wegen der Balkan verhältnisse aus dem Amte scheide, so frage man: Was wollte er denn? ,Morning Post' und ,Times' meinen, das; es Carson vor der Schwäche und Unentschlossenheit der Regierung ekelte und daß er sich' weigerte, die Verant wortung für die Beschlüsse, vielmehr für die Untätigkeit eines derart unfähigen 21köpfigen Kollegiums länger zu tragen. In den Kabinetten unserer Feinde kriselt es und immer wieder wird es offenbar, daß sie vergeblich nach einem Wege suchen, der ihnen den Erfolg verbürgt. Uns aber dürfen auch diese Nachrichten mit der frohen Hoffnung er füllen, daß unsere Früchte langfaM reifen. verschiedene UriegsnachrichLen. (Von der mil. Zensurbehörde zugelasscne Nachrichten.) Verluste der englischen Handelsflotte. Auf schriftliche Anfrage eines Parlaments mitgliedes erklärte Mac Namara, daß bisher 183 englische Handelsschiffe ver senkt worden seien, außerdem bis zum 14. Ok tober 175 Fischerfahrzeuge. * Die Balkanexpedition der Verbündeten. Nach zuverlässigen Meldungen aus Saloniki waren dort bis zum 20. d. Mts. nur 50 000 Mann englisch-französischer Truppen gelandet. Die ohnedies schleppende Beförderung der Truppen nach Norden ist durch die bulgarische Besetzung von Vranja noch wesentlich erschwert worden. Die Nachrichten, daß auch in Enos und Kawalla Vierverbands truppen gelandet sind, bedürfen noch der Be stätigung. * Die englisch-französischen Hilfstrnppen überall geworfen. Die amtliche Bulgarische Nachrichtenagentur meldet: Wir find ermächtigt, die in der Presse des Vierverbandes verbreitete Saloniker Mel dung über die angebliche Einnahme von Stru- mitza durch englisch - französische Truppen in formeller Weise zu dementieren. Die Nachricht ist vollständig erfunden. In den Gefechten, die mit den wenigen bulgarischen Abteilungen im Gebiete von Walandowo stattfanden, sind d i e Feinde überall unterlegen und konnten sich der bulgarischen Grenze nicht um einen Schritt nähern. Der Kampfruf der Bulgaren. Nach den in Sofia eingetroffenen Nachrichten verteidigen sich die Serben zwar heldenmütig, doch nicht mit der unbeugsamen Zähigkeit, die den Bruderkampf 1913 charakterisierte. Die Bulgaren gehen mit dem Rufe: „Verräter! Räuber!" zum Sturm vor. — In der Gegend von Pirot warfen die von Osten und Süden angreifenden Bulgaren in unwiderstehlichem Sturm die Serben aus ihren Stellungen und drängten entschlossen den Feind bis zur Stadt zurück. Einzelne brllgarische Abteilungen drangen in die äußeren Straßen ein, wo sich Frauen und Kinder mit Handgranaten und Messern auf die Bulgaren stürzten. Anders stehen die Verhältnisse an der mazedonischen legen liebte, würde eine Änderung sie sehr hart getroffen baden. Anne-Marie kannte diese Eigentümlichkeit ihrer langjährigen Lebensgefährtin. Trotzdem empfand sie die Selbstsucht, die dieser Hand lungsweise zugrunüe lag, schmerzlich, obgleich sie nichts darüber sagte. Georg war wenig bei seiner Frau. Er malte eifrig an dem Porträt des Kleinen. Manchmal drang des Sümmchen des Kindes, des Vaters tiefes, weiches Organ zu Anne-Marie ins Zim mer. Warum malte er Jobst nicht in ihrem Salon? Dann hätte sie diese beiden, die ihr doch die Nächsten, die Liebsten auf der Welt waren, um sich gehabt! Sie machte einmal den Vorschlag, aber Ge org wies ihn ab, denn er könne nicht arbeiten, wenn jemand zusehe und womöglich in seine Arbeit Hineinrede, ohne etwas davon zu verstehen. Frau v. Slechow saß natürlich ost bei ihrer Schwiegertochter. Sie war aber doch sehr an ihre eigenen Räume gewöhnt, war auch eine sehr zaghafte Natur, die immer Angst hatte, zur Last fallen zu können. So blieb denn Anne-Marie sehr viel allein. Das Schreiben und Lesen strengte im Liegen an, und wieder und wieder die Abrechnungen der letzten Jahre zu vergleichen, langweilte sie am Ende auch. Der Verkehr mit der Nach barschaft stockte im Sommer. Die Herren waren eifrig mit der Ernte, die Damen mit dem Einlochen der Früchte beschäftigt. Nie mand fand Zeit zu Besuchen. Fräulein Lydia Winter, die sonst nur eine untergeordnete Rolle in Lehmin spielle, rückte dadurch zu einer wichtigen Persönlichkeit auf. Mußte sie doch jetzt nicht nur die alte Frau Front, in deren Ortschaften die Bulgaren mit Jubel und Begeisterung begrüßt werden. König Ferdinand an die Bulgaren. In einem Kriegsaufruf an die Bulgaren, den König Ferdinand erließ, heißt es u. a.: Bulgaren! Nationale Ideale, die uns allen teuer sind, waren es, die mir im Jahre 1912 die Pflicht auferlegten, unsere heldenhafte Armee zum Kampf aufzurufen, in dem sie die Fahnen der Freiheit entfaltete und die Ketten der Sklaverei brach. Unsere serbischen Verbündeten wurden dann der Hauptgrund dazu, daß Mazedonien uns verloren ging. Erschöpft und ermüdet, aber nicht besiegt, mußten wir unsere Fahnen zu sammenrollen, in Erwartung besserer Tage. Die guten Tage sind viel schneller gekommen, als wir sie erwarten konnten. Der europäische Krieg nähert sich seinem Ende. Die siegreichen Armeen der Mittelmächte sind in Serbien und rücken schnell vor. Ich richte an die bulgarische Natton den Anruf zur Verteidigung des heimatlichen Bodens, der von dem schurkischen Nachbar befleckt ist, und zur Befreiung unserer verslavten Brüder vom serbischen Joche. Der bulgarisch-deutsche Vormarsch. Durch das siegreiche Vordringen des rechten Flügels des bulgarischen Heeres im Norden an der Donau rückt die Aussicht der Vereinigung des rechten bulgarischen Flügels mit dem linken Flügel der Heeresgruppe des Generalfeld marschalls v. Mackensen in immer größere Nähe. Die Bulgaren haben nach einer Zeitungsmeldung Radujewac eingenommen. Es läßt sich nun nach diesem neuesten Erfolge des bulgarischen Heeres genauer die Lage auf dem nördlichsten Teil der bulgarischen Schlachtfront feststellen. Radujewac liegt an dem Einflüsse des Timok in die Donau und bildet den nördlichsten Kopf punkt der bereits mehrfach erwähnten Timok- Linie. Da der Timok hier die Grenze zwischen Serbien und Bulgarien bildet, so ist der bul garische Angriff bis hart an den nördlichsten Punkt der beiderseitigen Grenzlinie erfolgt. Von hier aus bildet die Donau weiter nach Norden ausgreifend die Fortsetzung der Grenze Serbiens gegen Rumänien. Auch gegen diesen von Radu jewac nördlich gelegenen Abschnitt der Donau ist nun der Angriff des bulgarischen Heeres bereits vorgedrungen. Dieser Winkel wurde schon vor einigen Tagen in seiner ganzen Be deutung gewürdigt, denn es verlautete, daß hierhin ein starkes serbisches Heer vorzustoßen beabsichtigte, um zwischen die bulgarischen Truppen und den linken Flügel der Armee Mackensen einen Keil zu schieben. Wir wissen, daß von Norden her deutsche Truppen sich einen Weg in diesen Winkel bahnen. Nach dem österreichischen General stabsbericht vom 7. Oktober haben die deutschen und österreichischen Truppen den. Vormarsch gegen Serbien vom Eisernen Tor aus ange treten. Dieser östlichste Bestimmungspunkt unseres Vormarsches hat für das Vorgehen des bulgarischen Heeres bei Radujewac wesent liche Bedeutung, da das Eiserne Tor geraden wegs nördlich von der Gegend um Radujewac gelegen ist. Das Gelände, das hier bei den nun bevorstehenden Kämpfen in Betracht kommt, ist nicht sonderlich schwierig zu nennen. Es wird von einer guten Heeres straße durchschnitten, die das viereck förmige Land in gerader Richtung von Norden nach Süden durchzieht, um im Norden bei Kladowo beginnend bis im Süden nach Negotin zu gehen. Eine Abzweigung dieser Straße nach Osten verbindet Negotin, den befestigten Platz, mit der befestigten Stadt Radujewac. Für den augenblicklichen Stand der Dinge an dieser Stelle des Kriegsschauplatzes und für die Ab wägung der Aussichten der sich feindlich gegen überstehenden Heere ist die Eroberung von Radujewac von nicht zu unterschätzender Be deutung. Ist sie doch in verhältnismäßig kurzer Zeit trotz der starken Truppen, welche Serbien hierhin gesandt halte, erfolgt. Die Timoklinie ist in ihrer nördlichsten v. Stechom pflegen, sondern auch das Binde glied zwischen Anne-Marie und ihren Unter gebenen in den Wirtschaftsräumen abgeden. Um so unangenehmer emp ariden al'e Be teiligten es, als Fräulein Winter plötziich an einem sich rasch verschlimmernden Gelenk rheumatismus erkxankte, der ihre Überführung ins Krankenhaus notwendig machte. Ihre Wiederherstellung konnte nach Ansicht der Arzte Monate dauern. Frau v. Stechow kam sich völlig verlaffen vor. Seit fünfundzwanzig Jahren hatte sie sich kemen Tag von ihrer Gesellschafterin ge trennt. Wer sollte jetzt Briefe sür sie schreiben, Muster abzeichnen» verlegte Sachen suchen, das Klöppelkissen in Ordnung bringen? Sie klagte jämmerlich, und Anne-Marie empfand ebenfalls die Lücke in ihrem Haushalt augen blicklich sehr unangenehm. „Das beste wär's, wir suchten ein junges Mädcken sür ein paar Monate," schlug sie ihrer Schwiegermutter vor. „Wir wollen eine Anzeige erlassen. Mamacben, in einigen Berliner und auswärtigen Blättern. „Warum in auswärtigen Zeitungen, Anne- Marie?" fragte Frau v. Stechow erstaunt. „Ich will eine gebildete Dame, die fließend französisch spricht, um mich haben, Mama, auch um meine Sprachkenntnisse auf zufrischen. Bubi könnte dabei auch einige französische Brocken auischnapoen." „Eine gute Idee!" lobte Frau v. Stechow, die jedem Einfall ihrer Schwiegertochter vei- stimmte. „Aber ein bißchen zeichnen muß das junge Mädchen auch können. Meine Augen woben nicht mehr vorwärts bei den feinen Mustern." Spitze überwunden, und nach den Zeitungs mitteilungen wurde der Angriff der Bulgaren sogar schon gegen die Befestigungen von Negotin vorgetragen, ist also schon gut gegen Osten ge diehen. Negotin liegt nämlich mehr als zehn Kilometer westlich von Radujewac. Es sind also schon beim Beginn des Krieges mancherlei Anzeichen für eine günstige Entwicklung der Dinge Vorhanden. (Zensier!: O. K. i. d. M.) Politische Aunälckau. Deutschland. * Für die in B el gi e n zu m To d e ver urteilten Verschwörer sowie ihre zu Gefängnis und Zuchthausstrafen verurteilten Mithelfer bei der Begünstigung der Entweichung französischer und belgischer Untertanen, haben sich jetzt der Papst und der König von Spanien bei Kaiser Wilhelm verwandt. Der Papst hat durch den Kardinalstaatssekretär den Erzbischof von Köln telegraphisch ersucht, die Bitte dem Kaiser'zu übermitteln. Erzbischof v. Hartmann drahtete zurück, der Kaiser habe diK Hinrichtung aufschieben lassen und eingehenderes Bericht eingefordert. Eine gleiche Antwort war» dem König von Spanien zuteil. * Infolge der Maßnahmen gegen die Butter- teuerung wird wahrscheinlich- eine 'Verminderung der Buttereinfuhr vom Auslands eiutreten. Da die Jnlandserzeugung an Butter den einheimischen Bedarf bei der Menge deS bisherigen Verbrauchs nicht deckt, ist mit dem Ausbleiben oder der Verringerung der Butter- einfnhr aus dem Ausland eine Knappheit an Butter auf dem Markte unvermeidbar, die aber bald behoben werden wird. Frankreich. * Nach einer Tempsmeldung nimmt eine Be trugssache, in welche französisches Mili tär ärztep erso n al verwickelt ist, einen großen Umfang an. Unter den zahlreichen Ver hafteten sind Mitglieder eines Bureaus, das seit Monaten M ili t ärd i e nstb e freiu ng e n nach einem dem Einkommen der Angehörigen entsprechenden Tarif durchführte. Italien. *Nach dem ,Secolo' hat der Papst den König der Belgier unter Berufung auf dessen katholisches Glaubensbekenntnis ersucht, sich ihm in seinen Bestrebungen für einen bal digen Friedensschluß anzuschließen, und ihm versprochen, seinen Einfluß für die Wieder herstellung Belgiens anzuwenden. Der König habe jedoch ablehnend geantwortet. Die Sache Belgiens sei unlösbar mit der des Vierverbandes verknüpft und der Friede sei nicht möglich, so lange noch ein deutscher Soldat auf belgischem Boden stehe. Rußland. * Rußland rächt sich am „un getreuen Bulgaren". Als am 21. April 1908 der damalige Fürst Ferdinand von Bulgarien den alten Zarentitcl der Bulgarcnherrscher aus dem 10. Jahrhundert annahm, empfahl die Peters burger Akademie der Wissenschaften der russischen Regierung die Anerkennung des Zarentitels für den neuen König, und seitdem wurde ihm in allen russischen Aktenstücken und in der russischen Presse dieser Titel erteilt. Wie jetzt die,Nowoje Wremja'mitteilt, ist „dem bulgarischen Herrscher Ferdinand der Zaren titel ab erkannt wordrtt". Tatsächlich ist auch seit dem 3. Oktober in den russischen Aktenstücken nur noch vom König von Bulgarien die Rede. Balkanstaaten. "Der Vierbund verzichtet noch immer nicht gänzlich auf seine Hoffnungen, Griechenland in seine Netze zu ziehen. Der ,Daily Telegraph' hat aus guter Quelle erfahren, daß England sich erboten habe, Zypern unverzüglich an Gri e ch en la n d a b zu tret e n, wenn dieses sich dem Vierverband anschließen wolle. Amerika. "Aus Washington wird berichtet, daß Prä sident Wilson die Ausfuhr von Waffen und Munition nach Mexiko ver boten hat. Nur für Caranzas Truppen und die Regierung dürfen Waffen und Munition geliefert werden. „Ich stelle das sogar als Bedingung auf. Auch muß die Betreffende gebildet und aus guter Familie kein. Wir bezahlen ihr natürlich die Hin- und Rückreife, binden uns aber nicht fest: wenn sie uns nicht gefällt oder Fränkin Lydia rascher gesund wird, mag sie wieder gehen. Sie hat dann einen angenehmen Sommeraufenthalt gehabt, und wir etwas Französisch profitiert. Ich werde die Anzeige gleich auffetzen." Mit der ihr eigenen Energie ließ Anne- Marie in den gelesensten deutschen Zeitungkn w ederholt die besprochene Anzeige einsetzen. Georg teilre sie nur kurz und flüchtig etwas von diesem Plan mit. Er gab ihr recht, ohne besonderes Interesse an der Sache zu verraten. Das Bild seines Sohnes nahm sein ganzes Denken in Anspruch. Mit Liebe und rast losem Eifer stand er oft den ganzen Vormittag an seiner Staffelei. Jobst saß mit überein andergeschlagenen Beinchen in einem tiefen Korbsiuhl zurückgelehnt, den blonden Locken kopf legte er an dis Rückwand des Sessels. Das eine Ärmchen hing schlaff über dieLehne, die andere Hand lag mit ausgespreizten Fingerchen auf einem offenen Bilderbuch. Eine ungesucht reizende Stellung» in der man den Kleinen oft sitzen sah. Das süße Gesicht, sah mit großen fragenden Augen dem malen den Vater gedankenvoll zu. Dis Gestalt des Kindes, auch der Hinter grund, waren auf dem Bild nur skizzenhaft angedeutet, aber der Kopf trat schon plastisch hervor. Die Schatten der junaen Linden blätter zitterten über der weißen Kinderstirn. die blonden Locken lagen wie geiponnene Seide auf dem blaßgrünen Damast des Studis.
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