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Kn äer IlonLofront. Nach einer englischen Schilderung. Die folgende, die Stärke der österreichischen Stellungen anerkennende Schilderung aus dem Isonzogebiet schickt der nach Italien entsandte Sonderberichterstatter der,Times' seinem Blatte: Eine weite, ziemlich flache Ebene mit Feldern und Bäumen, von kleinen Dörfchen unter brochen und von unzähligen Straßen durch schnitten; zur Linken eine gedrängte Hügelreihe, die von Süden nach Norden verläuft; vor uns ein ansteigendes Plateau, in halber Länge von einem Bergzug gesäumt; über dem Ganzen eine Atmosphäre von Staub, Nebel und Kriegsdunst, durch die der kupferfarbene Sonnenhall leuchtet. Wenn man einen kleinen Hügel in der Ebene erklimmt, hat man den unbeschränkten Ausblick über den vor dem Blick aufgerollten unteren Teck der Jsonzofront. Die kleinen Dörfer sind durch das Granatfeuer der Öster reicher zerstört. Auf den staubbedeckten Straßen rollen hochbeladene Fuhrwerke zur Feuerlinie, andere kehren leer zurück, um neue Munition und Lebensmittel zu holen. Dort kriecht eine ganz klein erscheinende Kolonne Infanterie, die nach einem einwöchigen Aufenthalt in den Schützengräben im Carsogebiet zu kurzer Rast zurückkehrt. Die Höhe von Podgora, die einst dicht be waldet war, bietet sich jetzt in einer durch spär liche Baumgruppeu unterbrochenen Kahlheit dar. Sü wurde von allen Seiten beschossen. Zuerst ha!-en die Italiener sie mit einem Regen von Geschossen überschüttet, um den Jnfanteriesturm vorzubereiten. Dann aber, als die Infanterie sich in Bewegung setzte, begegnete sie einem entsetzlichen Feuer des Feindes. Es war ein Zentralfeuer, das trommelnd von allen Seiten prasselte, und die Kolonnen mußten wieder zurückweichen. Heute ist der Tag verhältnismäßig ruhig. Von dem Carsoplateau tönt nur schwaches Feuer, und der San Michele-Berg speit kleine Wölkchen. Von Zeit zu Zeit schwillt das Artilleriefeuer plötzlich stärker an, und die dunklen Umriffe der Landschaft beginnen zu rauchen. Plötzlich heulen die schweren Geschütze laut auf. Ein öster reichischer Monoplan fliegt in großer Höhe west wärts. Fast jeden Tag steigen österreichische Aroplane auf, und die österreichischen Flieger zeigen sich sehr mutig und geschickt. Die Stellungen hier können nur einzeln an gegriffen werden, eine nach der anderen. Darum geht es auch so furchtbar langsam vorwärts. Das Terrain ist außerordentlich schwierig, und die Österreicher haben ungeheuer starke Defensiv stellungen vorbereitet. Das ganze weite Gebiet ist ein gewaltiges Netzwerk ausgebauter Stellungen . . . (Zensiert! O. K. i. b. M.) Von unä fern. Eine Stiftung des Herzogs von Cum berland. Der Herzog von Cumberland über wies dem Kriegshilfsverein des Herzogtums Braunschweig für den Kreis Goldap 20 000 Mark. Prinz von Thurn und Taxis seinen Wunden erlegen. Der Prinz von Thurn und Taxis ist, wie der Petersburger Bericht erstatter der Morning Post' meldet, in einem Hospital seinen Wunden erlegen. Der Prinz, der ein berühmtes Reiterregiment befehligt habe, sei verwundet von einem Mitglied des russischen Roten Kreuzes vom Schlachtfelde aufgehoben worden. Eine landwirtschaftliche Ausstellung für 1817 in Nürnberg. Die deutsche Land wirtschaftsgesellschaft hält an dem Plane einer landwirtschaftlichen Ausstellung für 1917 in Nürnberg fest. Im Zusammenhang damit hat der Nürnberger Magistrat für Notstandsarbeiten auf dem Zeppelinfeld 30 000 Mark genehmigt. Prämien für sparende Dienstboten. Die Stadtsparkaffe in Schöneberg (bei Berlin) wird am Schluffe des Rechnungsjahres an Dienstboten, die fünf Jahre hindurch bei der selben Herrschaft gedient und während dieser Zeit bei der Stadtsparkasse Schöneberg Ein lagen gemacht haben, Sparprämien verteilen, die zwischen zehn und dreißig Mark schwanken. Die Ansiedlung von Kriegsmvaliden in Ostpreußen. Mitglieder des Vereins der Bodenreformer werden demnächst mehrere Kreise des Regierungsbezirks Gumbinnen zur Prüfung der Frage der Ansiedlung vou Kriegsinvaliden bereisen. Sieben Brüder im Felde. Die Witwe Teszmer aus dem Städtchen Kostschin in der Provinz Posen hat sieben Söhne im Felde. Fünf von ihnen sind Kapitulanten, der älteste dient im dreizehnten Jahre, der siebente ist als Kriegsfreiwilliger beim Beginn des Feldzuges eingetreten. Einer war an Typhus erkrankt, einer schwer, zwei leicht verwundet, vier sind Inhaber des Eisernen Kreuzes. Auf den Kopf gefallen. Ein seltsamer Unfall ereignete sich in Breslau. Der Maurer Anziehen der Fleischpreise, die schon sehr hohe seien, sei zu befürchten. Das eingeführte frische Fleisch auS Kanada sei sehr gut, aber teuer, das Kilogramm komme auf 2,70 Frank, Gefrier fleisch sei billiger und koste 1,50 Frank das Kilogramm. Diese Einfnhr solle vermehrt werden. England sei bereit, monatlich 20 000 Tonnen zum Tagespreis zu liefern, und die Regierung stehe wegen Lieferung von weiteren 10 000 Tonnen mit einer amerikanischen Firma in Verbindung. Oie SmarmMel. Ein Ratgeber für Kriegsverftümmelte. Ms würdiges Dokument deutscher Hellpäda gogik ist vor kurzer Zeit ein Büchlein erschienen, das sich die Aufgabe stellt, allen denjenigen, Oer Kriegs im Oockgebirge. Hoch oben in den steinigen Wüsten, wo nicht einmal mehr die Gemse ihre dürftige Äsung findet, wo höchstens noch der Adler horstet, tobt der Krieg, wie ihn wohl die Menschheit noch nie sah. Hier belauert der Mensch den Menschen, hier kommt der Kleinkrieg in jeder Beziehung zur Geltung. Man kann sich von den Mühseligkeiten und Anstrengungen kaum eine Vorstellung machen, denn solche Höhen erreichen unter normalen Ver hältnissen überhaupt nur sehr geübte Bergsteiger mit ihren Führern. Alle Bedürfnisse an Lebens ¬ mitteln und Munition müssen den kämpfenden Truppenabteilungen auf Tragtieren und in die äußersten Stellungen durch Menschen zugeführt werden, selbst mit Wasser müssen sie versorgt Werden, überaus beschwerlich und gefahrvoll ist, wie man auf unseren Bildern sind, der Transport von Verwundeten. Bei einem leichter Verwundeten, der sich selbst noch einigermaßen helfen kann, mag es noch gehen, bei schwer Verwundeten ist der Transport noch mühevoller, wenn er nicht über haupt zur Unmöglichkeit wird. Rutsch stürzte, als er an dem Leitergerüst vor einem Hause emporstieg, aus der Höhe des ersten Stockwerks in die Tiefe und fiel auf die in diesem Augenblick an dem Hause vorüber gehende Arbeiterin Pauly, die sofort zusammen brach. Rutsch wurde mit schweren Kopfverletzungen nach dem Krankenhause, das junge Mädchen mit erheblichen inneren Verletzungen nach der elter lichen Wohnung geschafft. Erzherzog Ludwig Salvator Das österreichische Kaiserhaus ist in Trauer versetzt worden. Wie aus Prag gemeldet wird, ist Erzherzog Ludwig Salvator auf Schloß Brandeis an der Elbe gestorben. Erzherzog Ludwig Salvator stand rm 69. Lebensjahr. Er war in Florenz geboren. Tie Fleischnot in Frankreich. Wie fest gestellt ist, verbraucht die französische Heeres verwaltung täglich 5000 Stück Schlachtvieh. Der Rindviehbestand hat sich seit 1913 um Li/? Millionen Stück verringert. Ein weiteres die im Kriege einen Arm verloren haben, ein praktischer Ratgeber zu sein, die auftretenden Schwierigkeiten des täglichen Lebens zu über winden. Es stellt die Anfangsgründe, das ABC, dar, die der Einarmer wiedererlernt haben muß, ehe er den Kampf um das tägliche Brot aufnehmen kann. Mit Recht führt es da her den Titel „Einarmfibel". Entstanden ist es in der bekannten Heidelberger Einarmschule, herausgegeben von deren Leiter, einem „Alt- Einarms", den Privatdozenten Dr. Eberhard Freiherr v. Künßberg im Verein mit den eben falls einarmigen Lehrem der Schule Fritz Büttner, Adolf Asmussen nird Richard Ruppe. Auch außenstehende Einarmer, wie der bekannte Graf Geza Zichy, haben mit Rat und Tat bei gesteuert. Die Fibel verliert sich nicht in theore fischen Erörterungen, sondern ist aus der Praxis für die Praxis geschrieben. Bei ihrem Studium wird der Eindruck zur Gewißheit, daß der Ein ¬ armige durchaus nicht gezwungen ist sich in seinem ferneren Leben auf die Mildtätigkeit und Hilfsbereitschaft seiner Mitmenschen zu verlassen, sondern daß er durchweg imstande ist, mit dem erhaltenen Arme die notwendigen Vorrichtungen zu vollziehen. Dabei ist es gleichgültig, ob der rechte oder linke Ann in Verlust geraten ist. Zunächst sind die persönlichen Bedürfnisse zu be« rücksichtigen: die Körperpflege, das Ankleiden, das Essen. Das Waschen des ganzen Körpers macht gar keine Schwierigkeiten. Rasieren kann sich der Einarmige nach einiger Übung. Auch das Schwimmen bleibt ihm nicht versagt, wenn er sich im Wasser etwas schräg legt. Beim An kleiden überwindet der Einarmer die Fährnisse des Kragenknopfes nicht schwerer als sein zwei armiger Bruder. Lehrreiche Bilder erläutern, wie man einen Rock anzieht, Schnürschuhe knüpft, einen Regenschirm aufspannt. Ja sogar bei dein Anlegen eines Selbstbinders gelingen dem Einarmcr gefällige Formen. Beim Essen gilt als einzige Schwierigkeit das Schneiden, aber auch nur da, wo der Ellenbogen fehlt. Denn man kann sich leicht gewöhnen, die Gabel mit dem Ellenbogen zu halten. Mehrere Wege gibt es, mit einem Arme Kartoffeln und Obst zu schälen. Eine der wichtigsten Vorrichtungen, welche die linke Hand lernen muß, ist das Schreiben. Im Anfang sind zwar Schwierigkeiten zu über winden, aber nach einiger Übung geht es. Man lernt schnell und schön schreiben, wenn man auf die Haltung von Körper, Hand und Feder Ge wicht legt. Die Steilschrift ist zwar bei den Linksern beliebter, aber auch die normale Schräg schrift von links nach rechts ist unschwer sich an zulernen. Auch kalligraphische Schriftarten ge lingen nach einiger Übung. Wer Fertigkeit im Schreiben besitzt, sollte sich der Stenographie zuwenden. Wer diese beherrscht und sich weiter noch das Schreibmaschineschreiben aneignet, dem eröffnen sich günstige Aussichten im Erwerbsleben. Zur Unterstützung der Arbeit erwähnt dis Fibel noch zahlreiche Geräte, die eigens für die Bedürfnisse der Einarmigen konstruiert sind, so Spaten mit drehbarer Krücke, Linkssensen, Linkssicheln und dergleichen mehr. Zu alledem kommt noch ein Ersatzstück für das fehlende Glied, die Prothese. Bei ihrer Anfertigung sollte man aber lieber auf den schönen „Sonn tagsarm" verzichten, der mehr lästig als nützlich ist, und einen „Arbeitsarm" wählen, der den lebendigen Arm wirklich unterstützt. Die Ar beitsarme sind nach dem Beruf verschieden. Für den Sonntag kann man an Stelle der Haken, Kloben, Klammern der Arbeitswoche die Sonn tagshand einstecken. VolkswirtfekaMickes. Rückgang der Schweincschlqchtungen. Fol gende Zahlen geben ein Bild von dem Rückgang der Schwemeschlachtungen in Berlin: Es wurden geschlachtet: im Oktober 1914 182 000, im November 1914 147644 und im Dezember 1914 190151 Stück, im Januar 1915 151032, im Februar 1915 156 487, im März 221100, im April 1915 133 337, im Mai 106 795, im Juni 1915 nur noch 52 000, im Juli 78 000 und im August 55 837 Stück; während also in den ersten drei Monaten des Jahres rund 528 600 Schweine geschlachtet worden sind, wurden in den drei letzten Monaten nur 186 000 der Schlachtbank zugeführt, d. h. rund 342 000 Stück weniger. So ist das Verhältnis auf allen Schlachthöfen gewesen. Die Preise mußten infolge der ungenügenden Schlachtungen ungebührlich steigen, weil es an An geboten fehlte. Gericktsbatte. Hamburg. Wegen Diebstahls im strafver schärfenden Rücksalle wurde die Arbeiterin Melle vvm Gericht zu vier Monaten Gefängnis verurteilt. Sie hatte die Kartoffelsäcke auf einem Transport- Wagen angeschnitten, die herausfallenden Kartoffeln gesammelt und zum Marktpreise in den Häusem verkauft. Wien. Wegen tätlichen Angriffs aus einen verwundeten Soldaten wurde der Kellner Nauheimer zu einer Geldstrafe von 200 Kronen verurteilt. Er hatte einen Verwundeten, der ihn versehentlich ge treten hatte, von der Plattform eines StraßenbaWr? wagens herabgestoßcn. Nur seine bisherige UM, scholtenheit, sowie seine inständigen Bitten vor Ge- richt, die auf tiefe Reue schließen ließen, bewahrten ihn vor einer öhheren Strafe. ss-sss»/ Einen Augenblick sah er noch ihr feines Profil, das sich grüßend hinausbog. Wenn er heute nicht rechtzeitig dort am U er gewesen wäre, würde dies reizende Ge sicht ebenso geiblichweiß und starr auf dem schwarzen Holzgestell in der Halle liegen wie die drei anderen Unglücklichen dort? Da waren seine Gedanken wieder bei diesem Vorwurf seines geplanten Bildes angskommen und blieben daran hängen. Greifbar lebendig in jeder furchtbaren Einzelheit, jeder seltsamen Lichtwirkung stand es vor seinen geistigen Augen. Aber noch getraute er sich nicht, an das Werk heranzugehen, erst mutzte es in ihm »usreifen, er selber noch viel studieren, denn solcher schwierigen Aufgabe war nur eine Meisterhand gewachsen, um sie künstlerisch er haben zu lösen. .Aber ich erreiche eS doch!" Er sagte das so laut herausfordernd vor sich hin, daß einige Vorübergehende sich mit spöttischen Blicken nach ihm umwandten. v. .Wirklich wundervoll ist es bei Ihnen ge worden. gnädige Gräfin!" Herr v. Ja^ow ging von einem Zimmer ins »ndere und blieb schließlich wieder in der er weiterten. ausgedauten Vorhalle stehen, welche die Salons der Hausherrin von denen des Natten schied. über den bunten Mosaikfußboden der Halle varen weiße Bärenfelle gebreitet, an den rot- gestrichenen Wänden hingen alte nachgedunkelte Ahnenbilder. Von der Kafsettendecke schwebte tüt Lüsterweibchen herab. Eingelegte, kunstvoll geschnitzte Schränke und Truhen standen rechts und links vom Kamin. Der Ausstattung und Dekoration der Halle entsprachen die übrigen Räume. Völlige Stil einheit zeigten auch sie nicht — und doch empfand der Beschauer unbewußt wohltuend, wie fein die Formen und Farben überall harmonisch abgestimmt und getönt waren. Das letzte Gepräge gaben die vielen Kunst werke, die in allen Räumen herum standen , oder hingen — keine großen Stücke, sondern metst Studien, Skizzen, schöne Bronzen. Ro kokouhren. altsächstsches und Deister Porzellan, ein paar Seoresvasen. „Sie müssen sich mit Ihren Komplimenten an meinen Mann wenden. Herr v. Jagow,'" wies Anne-Marie ab. .Diese Zimmer sind ganz allein nach seinen Angaben eingerichtet worden. Er hat keine Mühe gescheut, um a«es mögliche dazu zusammenzusuchen. In Bauern häusern, aus Auktionen, bei Altertumshändlern und Trödlern ist er herumgekrochen! Ich mache mir, offen gestanden, nicht viel aus solchen Sachen." .Meiner Frau liegt mehr daran, daß wir bei einer landwirtschaftlichen Ausstellung eine Prämie für den stärksten Ochsen und den fet testen Hammel bekommen," warf Georg hin. Er trat hinter Anne-Maries Stuhl und ordnete eine Kleinigkeit an ihrer Haarfrisur. Der Brillanipseih der ihren blonden Haar- knaten durchstach, kam jetzt mehr zur Geltung. Sie wandte ihr Gesicht mit ruhiger Freund lichkeit nach ihm um: .Natürlich liegt mir mehr daran! Es ist mein Stolz, daß die Lehminer Butter immer um einen Groschen teurer bezahlt wird wie andere. Unsere Hammelrücken, Masikälber und Fettgänse gehen alle nach Berlin und werden dort vorzüglich bezahlt. Wäre das nickt der Fall, so könntest du nicht so viel Geld sür deine allen Schränke, Delfter Töpfe und Kopien aus den Museen ausgeben." „Das ist übrigens gar keine schlechte Kapi talanlage," meinte Jagow begütigend. Er Iah die ärgerliche Röte, die Georgs Gesicht bei Anne-Maries Worten überzog. »Alte Sachen steigen beständig im Preise. Was jetzt schon wertvoll ist, wird in zwanzig Jahren oreimal so hoch bezahlt werden. Der kleine Erbprinz hat den Vorteil. — Wo steckt denn das Herrchen? Darf ich ihn nicht bewundern?" .Jobst wird nach dem Esten von der Wär terin hereingebracht werden. Er trinkt jetzt seine Mitch. Bitte, störe ihn lieber dabei nicht," sagte Anne-Marie. .Unserre anderen Gäste können jeden Augenblick eintreffen, da mußt du anwe send sein, um sie zu empsangen." .Zu Beseh!! Wünschest du. Laß ich im Ein gang in der Halle stehe?" Die ironische Bitterkeit von Georgs Antwort fiel sogar Anne-Marie auf. .Wie komisch du manchmal bist!' sagte sie ehrlich erstaunt. Jagow hustete verlegen. Fast bereute er es, früher als die übrigen geladenen Gäste gekom men zu sein, um die kürzlich fertig gewordene Neueinrichtung von Lehmin in Muße zu be sehen. Er hatte erst kürzlich den Besitz seines verstorbenen Vaters angetreten und wollte das alte Gutshaus umbauen und verschönern. Da her sein Interesse an den Umänderungen in Lehmin. , AVer das Verhältnis seines einstigen Ju gendgespielen und Korpsbruders Georg von Stechow zu seiner Frau fiel ihm. so oft er Leh min betrat, immer wieder auf die Nerven. Für die Dauer kam ihm das völlig unhaltbar, dl« ganze Atmosphäre hier wie elektrisch geladev vor. Gewitterstimmung überall, trotzdem Anne- Marie — und das war das wunderbarst« von allem — mit völliger Verständnislosig keit die Gemütsverfassung ihres Mannes seine Gereiztheit über seine merkwürdig« Stellung ihr gegenüber gar nicht dezriff vielleicht nicht begreifen wollte. Jagow be merkte, so oft er in Lehmin war, diesen ge quälten Ausdruck mühsam verhaltener zorniger Ungeduld bei Georg: aber an Anne- Marie glitt das ab. ohne sie im geringsten zr beunruhigen. .Dickfälligkeit — oder Seelengröße? Wi« man's nehmen will!" entschied Jagow inner lich. Er selbst bewunderte Anne-Mariel blonde, stattliche Schönheit, »her er konnte el trotzdem begreifen, wie eine feiner, reizbare, organisierte Natur, wie die Georgs, unter Lem Zusammenleben mit ihr leiden mußte wie ihm ihr gebietendes Wesen und selbst- bewußles Auftreten ost geradezu unerträglich werden mußte. Dabei erschien ihm sein eigenes Urteil gleich wieder ungerecht, jedenfalls jehr hart als er Anne-Marie beobachtete, die ihrer Schwiegermutter, die aus ihren im oberer Stock gelegenen Zimmern herunterkam, ent- gegenging, ihr die Hand küßte, einen be quemen Lehnstuhl heranrollte, ihr ein Kiffer in den Rücken schob — alles Aufmerksam keiten, Lie mit der Selbstverständlichkeit der Ge wohnheit dargebrachtund angenommen wurde« Hrr 21 (Fortsetzung folgt.)