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Ottendorfer Zeitung Bezugspreis: viirtelMrSch ^ro Mark fr« t»- ^sss. I« «er GeschAstrstelle abgeholt viertel« Mrltch t M. Einzeln« Nummer,o pfg. Erscheint am Dienstag, Donnerstag «ck Sonnabend Nachmittag, Untertiaktung8- ä Änzeigebkatt UN Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie den abwechselnd erscheinenden Beilag« ,Handel »ad Waadel" „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Veutsche Made". D«k »»d Verlag van Hermann Lühle, Buchdruck«r«i in Groß-Okrilla. verantwortlich für di« Redaktion H. Rühle in Ores-GkeVa. Nummer fly Mittwoch, den 6. Oktober W5. Jahrgang Neuestes vom Tage. — Mit anerkennenswerter Tapfeikeit und aroßem Ungestüm haben die französischen Stmmkolonnen nach dem Befehl ihres Höchst- kvmmandierenden gehandelt. Nur ist der von tun vorausgesagte Erfolg auSgeblieben. Zu nächst ist der Feind, sind unsere Truppen zwar an einzelnen Stellen der ausgedehnten Front — im ganzen 35 Kilometer von 540 der Gesamtsront — erschüttert worden, aber der von Joffre verheißene allgemeine Angriff aus der ganzen Front, „um die Unordnung zu vervollständigen und den Feind in Auf lösung zu bringen", ist ausgeblieben. Dafür ist rreilich die französische Kavallerie, die nach Joffres Beiehl bereitgehalten werden sollte, um bei ider Durchflößung der zweiten und ornten Lime und dem „Vordringen ins freie Gelände" mitzuhelsen, tatsächlich bei den Kämpfen in der Champagne in Aktion ge treten. Allerdings nur mit dem Ergebnis, daß sie gleicherweise durch unsere Maschinen gewehre hingemäht worden ist. Jedenfalls hat die Gleichzeitigkeit und die Wucht der feindlichen Angriffe auf alle Teile der Front viele« zu wünschen übrig gelassen. Denn eigentlich haben die Franzosen ernsthaft und nachdrücklich nur bei Souchez und in der Champagne angegriffen. Und der Feind hat diese Angriffe auch am Sonnabend mit dem selben Mineriolg wiederholt. Nur bei Neuville Hal er ein kurzes Grabenstück erstürmen können. Sehr bemerkenswert ist es, daß wir das französische Lenklustschiff „Alsace", dessen Leistungen aus einer Fahl nach Retbel eben noch in dem Joffreschen Tagesbericht rühmend de. vorgehoben wurden, zur Landung ge zwungen haben. Was es bedeutet, daß unserr Front diesem feindlichen Angriffe seit dem 2b. September standgehalten hat, läßt der Blick hinter die Kulissen, den uns der fran zösische Heeesbefehl verstauet, erst richtig er« kennen. Es war die wirkliche ernsthafte große feindliche Offensive, die sich in den letzten Tagen gegen unsere Stellung an der West front gerichtet bat. Und trotzdem steht unsere Front unerschüttert da. Trotz aller monate- langen feindlichen Vorbereitungen, trotz eines 50-70 stündigem Trommelfeuers ist mit einem Einsatz von rund 200000 Mann — >00 000 Mann sollte ursprünglich die gesamte englische Armee betragen — nichts weiter er reicht worden, als daß wir auf 3b Kilometer Frontlänge aus der ersten in die zweite Ver- teidigungslinie gehen mußten. Und die sran- Miche Kavallerie, die hinter der dritten Lum das trete Gelände reinfegen sollte, liegt sitzt niedergemäht vor unseren vordersten Stellungen. — Der Armeebefehl JosfreS, den die Oberste Heeresleitung veröffentlichte, zeigt deutlicher als viele Worte es vermögen, wie weit sich unsere Gegner bei ihrer letzten Offensive ihr Ziel gesteckt hatten. Danach kann es nicht mehr zweifelhaft sein, daß es den Franzosen und Engländern nicht nur aut einen Durchbruch, sondern auch auf die Auf rollung unserer Front und die Zurückdrängung der deutschen Truppen aus Frankreich und Belgien ankam. An dieser Tatsache vermögen nachträgliche Ausdeutungsversuche, wie sie natürlich jetzt, nachdem der große Stoß miß glückt ist, eingesetzt haben, nicht das geringste mehr zu ändern. Einen weiteren Beweis dürfen wir auch dann schlicken, daß die Fran zosen ebenso wie die Engländer und Belgier in letzter Zeit vielfach mit ihren Flugzeugen Soldaten weit hinter unserer Front gelandet haben, um durch diese unsere rückwärtigen Verbindungen zerstören zu lassen. Diese Versuche sind fast alle gescheitert. Die Sol daten wurden verhaftet und in ihrem Besitz fand man regelmäßig zahlreiche Sprengmittel. Ebenso wie ihre Flieger benutzten sie auch ihre Luftschisfe. Gerade die „Alsacs", die am Sonntag heruntergeschossen wurde, hat wiederholt nachts in der Gegend von Rethel Bomben abgeworsen, ebenfalls in der Absicht unsere Verbindungen zu zerstören. Daß sie jetzt heruntergeholt wurde, befreit unsere Truppen von einem lästigen Plagegeist. Auch daraus geht hervor, welches Ziel sich unsere Gegner gesteckt hatten, als sie ihren Tukch- bruchsversuch begannen. Es mutet daher auch seltsam an, wenn sie aus einer Bemerkung des Berichtes unserer Obersten Heeresleitung glauben ablesen zu können, daß wir von ihrem Vorstoß mit Stickgasen irgendwie über rascht worden wären. Unsere Heeresleitung hat selbstverständlich gewußt, daß ein der artiger Angriff bevorstand, und konnte sich gut darauf vorbereiten. Infolgedessen waren auch die Verluste durch feindliches Stickgas nur außerordentlich gering. Die Stimmung unserer Truppen ist denn auch, wie von maß gebender Stelle mitgeteilt wird, auf der ganzen Westfront ausgezeichnet, was ja aller dings nicht sonderlich verwunderlich ist, da unsere Verluste im Verhältnis zur Größe der Aufgabe nur als gering bezeichnet werden dürfen. Gering vornehmlich im Vergleich zum Blut, das unsere Gegner opfern mußten und zu dem Erfolg, den sie damit erzielt haben. Wir dürfen also auch weiterhin mit festem Mut auf die unerschütterliche Tapferkeit unserer Truppen zählen. — Das Kopenhagener Blatt „Politiken" meldet der „Vossischen Zeitung" zufolge aus London: Der englische Kriegskorrespondent Philipp Gibbs telegraphierte über die Schlacht bei Loos: Die Deutschen schlugen sich wie Teufel, das englische Heer mußte des Feindes einzig dastehende Tapferkeit anerkennen. Viele dieser Soldaten kämpften nicht um zu leben, sondern eher um zu sterben. Keiner der deutschen Offiziere wollte sich ergeben, es wurde ihnen Pardon versprochen, wenn sie sich gefangen gäben, aber sie antworteten mit Maschinengewehren und Pistolen und warfen sich uns schließlich mit Dolchen in den Händen entgegen, bis sie von Hunderten von Kugeln durchbohrt umsanken Nach der Schlacht brachte mein Freund einem deutschen Ge fangenen Wasser. Einer mit blutigem Kopf weigerte sich zu trinken, er zeigte auf einen ganz verbundenen Kameraden am Boden: Er muß erst haben. — Aus London wird berichtet: Am Freitag abend sind neue Bestimmuegen über die Be leuchtung von London in Kraft getreten. Die Straßen waren belebt, wie gewöhnlich, aber die Blätter betonen, daß den Fußgängern ernste Gefahr von Kraftwagen und Omnibussen drohte. „Daily News" schreiben, die Londoner müssen sich jetzt mehr auf ihe Gehör als auf ihr Gesicht verlassen, um die Entfernung herannahender Wagen abzuschätzen. London biete ein ganz neues Bild voll geisterhafter Nachtbilder, Dunkelheit brüte auf allen Straßen, Plätzen und Gassen. Die Kraft omnibusse müßten auf bestimmten Strecken alle Lichter löschen, in den Eisenbahnwagen müßten die Vorhänge herabgelassen werden. „Daily Mail" meint, daß man seinen We durch die Straßen ebensoschwer finde wie einer Ncbelnacht im Dezember, man erkenne die Gebäude nicht mehr und könne sich in den gewohntesten Straßen nicht zurechtfinden. Die „Times" meint, die Zeppeline würden jetzt keine dunklen Stellen mehr sehen, nac denen sie sich richten könnten. — Auf dem östlichen Kriegsschauplätze ziehen nach wie vor die Ereignisse in Wolhynien die Aufmerksamkeit auf sich. Es muß auch heute immer wieder betont werden, daß die russische Offensive im wolhynischen Festungs ¬ dreieck sich völlig erschöpft hat. Die vielen und erbitterten Angriffe der Russen auf die Front der Verbündeten haben dem Gegner nicht nur keine Erfolge gebracht, die Russen sind dadurch vielmehr so empfindlich geschwächt worden, daß der Heeresbericht unseres Ver bündeten von einer Erschöpfung der feind lichen Angriffe sprechen kann. Als sichtbarer Erfolg ist hervorzuheben, 'daß die Russen, nach ihrer Niederlage bei dem kürzlich schon erwähnten Orte Czernycz, am unteren Laufe des Kormin, nunmehr das Westufer dieses Flusses geräumt und sich auf das Ostufer urückgezogen haben. Somit bildet gegen wärtig der Kormin-Fluß die natürliche Grenze zwischen den feindlichen Heeren, wie lange roch, ist nur eine Frage der Zeit, denn unsere Truppen werden sich bald den Uebergang über den Fluß erkämpft haben. Denn wir haben etzt auch an dieser Stelle des Kriegsschau« Ratzes Kräfte genug zur Verfügung, um den Widerstand der Russen endgültig zu brechen. Das beweist das plötzliche Auftauchen der Armee Linsingen, an deren eiserner Mauer ich, im Zusammenwirken mit den Truppen Puhallos, die russische Offensive in Wolhynien völlig gebrochen hat. — Die Entwickelung des diplomatischen Konflikts auf dem Balkan hat sich durch das russische Ultimatum an Bulgarien sehr ver- chärft. Der unüberlegte Schritt dürfte auch wesentlich dazu beitragen, eine Entscheidung rascher herbeizusühren, als ursprünglich zu er warten war. Daß Bulgarien sich einen solchen Eingriff in seine Souveränitätsrechte nicht gefallen läßt, ist selbstverständlich. An der Antwort, die Radoslawow der russischen Drohung geben wird, braucht man also nicht zu zweifeln. Immerhin ist es möglich, daß Rußland nicht so sehr Radoslawow als die russensreundliche Opposition im Lande treffen wollte, von der es vielleicht im letzten Augen blicke noch eine Unterstützung erwarte, um durch innere Schwierigkeiten Bulgarien von der Kriegserklärung zurückzuhalten. Was aber an Nachrichten gerade von der bulgarischen Opposition einläuft, läßt erkennen, daß Ruß land sich in dieser Berechnung täuschen wird. Welche Rückwirkungen das russische Ultimatum auf die übrigen Balkanstaaten haben wird, läßt sich auch heute mit Sicherheit noch nicht erkennen. Aber die Entscheidung steht, wie gesagt, auf des Messers Schneide und sie dürfte komplizierter werden, wenn die Ge rüchte von englisch-französischen Truppen landungen in Saloniki sich bewahrheiten. Vorerst handelt es sich da wohl nur um auf- gebauschte Gerüchte. Beabsichtigt der Vier verband in der Tat eine zwangsweise Landung in Saloniki, dann müßte Griechenland seine Entscheidung rasch treffen, auch ohne, daß es sich vorher darüber schlüssig wird, inwieweit sein Bündnisvertrag mit Serbien durch ein Eingreifen Bulgariens aktuell würde. Oertliches und Sächsisches. Nttendors-Vkrilla, s. Vktober MS. — Im Oktober. Der Oktober gehört zu den veränderlichsten und unsichersten Monaten, Nach alter Beobachtung hat nur der 24. bez. 28. Oktober einige Be deutung, insofern in mäßig feuchten und mäßig kalten Oktober mit diesem Tage rauher Wintersturm mit Regen oder auch mit Schnee einzieht. In sehr trockenen Oktobern pflegt entweder Regenzeit mit Schnee oder trockene Kälte schon um Gallus oder Lukas (18) einzutreten. Hierzu be- sagen die alten Wetterregeln: Auf St. Gall (16.) bleibt die Kuh im Stall. — St. Gallen läßt den Schnee fallen. — Aus Ursula (21.) muß das Kraut herein, sonst schneien Simon und Judä d'rein. — St. Simon und Jüd' (28.) bringt den Winter unter die Lüt. — Wie im Oktober die Regen Hausen, werden im Dezember die Stürme brausen. — Bringt der Oktober viel Frost und Wind, so sind der Jänner und Hornung gelind. — Ist der Oktober freundlich mild, ist der März dafür rauh und wild. — Viel Nebel im Herbst deuten auf schneereichen Winter. — Ist im Oktober das Wetter hell, so bringt es Win" im Winter schnell. — Wenn es im Oktober feiert und schneit, bringt der Jänner milde Zeit, wenn es aber donnert und wetter leuchtet, der Winter dem April an Launen gleichet. — St. Galliwein, Bauernwein. — Auf eine Anfrage des Reichstags abgeordneten Felix Marquart über die zeit weilige Sperre des Paketverkehrs im Ostrn gab der Oberquartiermeister des Ostheeres, von Eisenhart, folgende Auskunft, die die weitesten Kreise, insbesondere aber die An gehörigen der im Osten stehenden Truppen interessieren dürften- „Die von Euer Hoch wohlgeboren angeführte Zeitungsmitteilung hat nur besagen sollen, daß die Bevölkerung sich für einige Zeit etwas mehr Be schränkung in der Absendung von Päckchen auferlegen solle, da die Feldpost äugen, blicklich trotz weitgehendster Unterstützung seitens der Heeresverwaltung einen auch nur einigermaßen geregelten Nachschub tat sächlich nicht leisten kann. Es leuchtet ein daß, wenn die Verhältnisse dazu zwingen, den allgemeinen Nachschub an Verpflegung usw. aus das durchaus Notwendigste zu beschränken, es damit unmöglich wird, die Feldpostpäckchen in dem üblichen Umfange vorzubringen. Die Folge ist, daß die räumlich beschränkten, notdürftig wieder« hergestellten Eisenbahnstationen von den unentleerten Eisenbahnpostwagen überfüllt werden und die dadurch ungemein lange lagernden, zu wahren Bergen aufgestapelten Päckchen Gefahr laufen, zu verderben. Der Feldpost ist hieraus kein Vorwurf zu machen Fehlerhast wäre es nur, wenn die Bevölkerung auf die oft unvermeidbaren Uebelstände nicht rechtzeitig aufmerksam gemacht würde. Sie könnte sich dann mit Recht beklagen, daß sie umsonst ihre schönen Gaben weggeworfen habe, ebenso wären die Empfänger zu Vorwürfen berechtigt, wenn der verdorbene Inhalt der Päckchen ihnen statt Freude nur Enttäuschung be reitete. Nur eine vorübergehende Sperre kann durch Abfließen der vorhandenen Be stände Abhilfe schaffen. Es ist zu hoffen, daß in absehbarer Zeit die Eisenbahn- Verhältnisse die Zuführung der Päckchen in früherem Umfange gestatten. Da eine Verringerung der Sendungen trotz der Warnung des Publikums durch die Zeitungsnotiz nicht erfolgte, so mußte, wie bekanntgegeben, eine zeitweilige Sperrung befohlen werden. Zum Schluffe bemerke ich noch, daß, wenn die Zufuhr von Lebens mitteln durch die Truppenkolonne einmal nicht möglich ist, wie es im siegreichen Bewegungskriege und bet schneller Ver folgung ertragen werdea muß, die Vor führung der Feldpost und damit eine eventuelle Versorgung durch diese ganz ausgeschlossen ist." Flöha. In der Glashütte Falkenhütte sind mehrere junge Arbeiterinnen mit dort beschäftigten Belgiern in Beziehungen ge treten. Infolgedessen sind die Polizei beamten angewiesen worden, eine besonders scharfe Aussicht zu führen und die Be- treffenden unnachsichtlich zur Anzeige zu bringen. Auch sollen die Namen der pflicht vergessenen Mädchen veröffentlicht werden.