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Ottendorfer Zeitung : 12.01.1912
- Erscheinungsdatum
- 1912-01-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191201126
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19120112
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19120112
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Gemeinde Ottendorf-Okrilla
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Ottendorfer Zeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-01
- Tag 1912-01-12
-
Monat
1912-01
-
Jahr
1912
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 12.01.1912
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Kaiser Wilhelm und die deutsch-englischen Beziehungen. G Lord Lonsdale, der intime Freund Kaiser Wilhelms, hat einem Mitarbeiter der ,Daily News' gegenüber bemerkenswerte Äußerungen über die deutsch-englischen Beziehungen und über den Einfluß Kaiser Wilhelms gemacht. Nach dem Londoner Blatt sagte der Lord, er sei überzeugt, daß die Zeit des internatio nalen Unfriedens bald überwunden sein werde. Und dazu werde Kaiser Wilhelm besonders bei tragen. Der Deutsche Kaiser empfinde Abscheu vor den Greueln des Krieges. Er, Lonsdale, sei leider nicht in der Lage, Äußerungen des Deutschen Kaisers wiederzugeben. Wenn er es aber täte, würden die Engländer erstaunen, wie park Kaiser Wilhelms Freundschaft für England sei. Lord Lonsdale führte weiter aus, er wisse genau, daß dem Kaiser die Haltung der eng lischen Regierung während der Marokkokrise mrbegreiflich war. Als der Zwischenfall von Agadir sich ereignete, sei er, Lonsdale, zufällig au Deutschlands Grenzen gewesen, und könne berichten, daß viel von den englischen Presse- Erläuterungen von einflußreichen Deutschen, mu denen er sprach, nicht verstanden wurde. Bon des Schatzkonzlers Lloyd Georges Rede (die sich scharf gegen Deutschland wandte) könne er nur sagen, er habe sofort eingesehen, daß , ihre Wirkung auf die große Masse der Deutschen nur verhängnisvoll sein konnte. Er halte gar nichts von dem deutschen Gespenst. Er kenne Deutschland und das deutsche Volk. Er wisse, daß es England immer eher als einen Ver bündeten, denn als etwas andres betrachtet habe. Der allgemeine Gedanke in Deutschland sei: die beiden Nationen hätten bei Waterloo (gegen Napoleon) zusammen gekämpft. Der Kaiser sei einer der größten Bewunderer Eng- lauds, warum sollten die beiden Völker sich gegenseitig bekämpfen? Aber jetzt gehe der Streit weit über den rein wirtschaftlichen Wett bewerb hinaus und die Rede von Lloyd George werde sobald nicht vergessen werden. Wenn der Kaiser nicht von Anfang an entschlossen gewesen wäre, den Frieden zu wahren, so wäre es für manches Kabinett unmöglich gewesen, der allge meinen Strömung Widerstand zu leisten. Es sei unwahr, daß der Kaiser jemals England habe angreifen wollen. Sein einziger großer Schrecken sei der Krieg, und er würde sich dazu nur entschließen, wenn die Interessen der deut schen Nation ihn dazu zwängen. Die Ansichten mancher Deutjchenfeinde in England seien nicht ernst zu nehmen. Er fordere jeden heraus, ihm nachzuweisen, daß er Unrecht habe, wenn er erkläre, daß die Deutschen niemals einen Angriff auf England gepkdnt hätten. Rian könne in ganz England versichert sein: In der militärischen Schale stecke beim Kaiser ein warm fühlendes, aufrichtiges Herz. Lord Lonsdale kritisierte dann die eng lischen Minister wegen mehrerer Steden, die besser ungehalten geblieben wären. Er wolle nicht alles sagen, was bei seinen Zusammen künften mit dem Kaiser gesagt worden wäre, «der er dürfe erklären, daß während der langen Jahre, da er den Kaiser kenne, dieser nie ein einziges Wort gesagt hätte, das nicht England sympathisch gewesen wäre. — Die englischen Blätter besprechen diese Erklärung Lord Lons dales in spattenlangen Artikeln, wobei auf- sallen muß, daß auch sonst deutschfeindliche Organe sich eines freundlichen Tones gegen Deutschland befleißigen. Es ist beinahe selbst verständlich, daß aus Anlaß dieser Mitteilungen in Frankreich neue Gehässigkeiten gegen Deutschland veröffentlicht werden. So schreibt der ,Temps': -Atan legt in London den Erklärungen Lord Lonsdales nur sehr geringen Wert bei. Offen- sbar ist der Wortlaut der Unterredung dem Kaiser nicht unterbreitet worden, und es scheint >«ho, daß er mehr ein Ausdruck der Empfin dungen Lord Lonsdales, als der Kaiser Wilhelms In ist. Wenn in diesen Worten O 6m stiller ^ensck. tüs Loman von Pau! Bliß. Heiter zuckte Bruno die Schulter. „Ja, das kann ich dir nun leider nicht mehr ver sprechen." „Verlang' ich auch gar nicht. Weil du's doch nicht halten würdest," entgegnete Onkel Klaus. „Könnte schon sein." Dabei gab er seinen Gaul einem Knecht. In munterer Laune gingen sie weiter. Ringsum, so weit man blicken konnte, war alles Gelände zu Schönau gehörig. Ein statt liches Gut. Und alles irr denkbar bester Ver- iassung. Während sie langsam, in heiterer Unter haltung durch die Feldmark dahinschritten, sah Bruno bald rechts bald links, und erteilte hier und da, wo es angebracht war, kui^e Weisungen und Befehle, und obschon er nie den Faden der Unterhaltung verlor, entging auch nicht ein Vorkommnis der Feldarbeiten seinem prüfenden Auge. Onkel Klaus merkte das wohl. Und er hatte seine Helle Freude daran. Wie er denn diesen frischen, starken und lebensernsten Burschen schon von Jugend auf gern gehabt hatte. „Wenn man dich hier so in deinem Element sieht," sagte er gutherzig, „bist du ein ganz andrer als neulich im Tanzsaal." Der junge Landwirt nickte schmunzelnd. „Werde eben auch nie ein Gesellschaftsmensch werden." die Gesinnung des Kaisers ausgedrückt sein sollte, so wird man sich in London darüber freuen. Aber man weiß, daß die schönsten Worte nicht allzuviel bedeuten. Das hemmende Moment in den deutsch - englischen Beziehungen ist das Marinebudaec des Deutschen Reiches, und wenn in Deutschland das Bestreben auf weitere Bewaffnung fortdauert, so kann von einer Besserung der Beziehungen nicht die Rede sein. Werden daher die Erklärungen Lans dales irgendwelchen Zweck haben? Das ist mehr als zweifelhaft. Allzu oft hat man in Deutschland schon versucht, mit freundlichen Worten das wachsende Mißtrauen Englands Deutschland gegenüber zu beseitigen, aber jedes mal haben die Bemühungen den entgegengesetzten Erfolg gehabt. Dieses Mißgeschick erklärt sich durch den Gegensatz zwischen Worten und Taten. Während der Kaiser bei seinen Besuchen in England und auch sonst seiner Friedensliebe beredten Ausdruck gibt, stimmt er jeder Erweite rung des Flottenprogramms zu, die von der Admiralität angeregt wird. Darum darf man wohl sagen: Die Engländer sind mit Worten nicht mehr zu fangen!" — Andre Blätter schreiben, der Artikel der.Daily News' habe den denkbar schlechtesten Eindruck in England gemacht, alle Pressestimmen aber zeigen, wie weit wir von einem deutsch-französischen Einvernehmen noch entfernt sind. Politische Kunälckau. Deutschland. * Kais er Wilhelm nahm in Berlin einen eingehenden Vortrag von Vertretern des Reichsmarineamts und des Kriegsministeriums über die Verhinderung der Spionage entgegen. * Nach einer halbamtlichen Erklärung ist das Gerücht von einem angeblich bevorstehenden Wechselauf dem Posten des kaiserlichen Statthalters in Elsaß-Lothringen unzutreffend. * In einem Hinweis auf die S tich w ah l e n erklärt die ,Nordd. Allgem. Ztg.', daß in anbe- tracht dessen, daß auch der kommende Reichstag für die S i ch eru n g der W e h r h a f ti g k ei t des Vaterlandes wahrscheinlich schon bald einzu treten haben wird, es verhängnisvoll für die Entwicklung des Reiches wäre, wenn die Sozial demokratie mit ihrer staatsfeindlichen Verneinung in diesen grundlegenden Fragen jemals eine ausschlaggebende Stellung erlangen sollte. Wie also auch im übrigen die Gegensätze unter den bürgerlichen Parteien zum Ausdruck kommen mögen, so bliebe doch das eine bestehen: Weder in der Hauptwahl noch in der Stichwahl kann ein um die Zukunft des Vater landes besorgter Mann seine Stimme einem Sozialdemokraten geben. — In diesem Hin weis werden ohne Zweifel neue Forderungen für den Ausbau des Heeres und der Marine angekündigt. * Im vorigen Jahre fanden zwischen Ver tretern der deutschen und italienischen Regierung im Reichsamt des Inneren Verhandlungen statt, die eine gegenseitige Anwendung der Ar beiterversicherungsgesetze für beide Staaten zum Zweck hatten. Diese Konferenzen entsprechen einer vertraglichen Vereinbarung zwischen beiden Regierungen, die als Zusatzver trag im Jahre 1904 zustande kam und in der vorgesehen ist, daß besondere Bestimmungen hin sichtlich der gegenseitigen Anwendung der Ar beiterversicherungsgesetzgebung getroffen werden sollten. Die entsprechenden Verhandlungen zwischen den beiden Regierungen, die in allen Punkten noch nicht abgeschlossen sind, sind seiner zeit vertagt worden, um erst nach dem Zustande kommen der Reichsversicherungsordnung wieder ausgenommen zu werden. Jetzt ist mit einer endgültigen Erledigung der Frage in beiden Staaten zu rechnen, insbesondere mit der Rege lung einiger in Betracht kommender Einzel heiten über Unfallversicherung und Invaliden versicherung. *JnDeutsch-Südwestafrika bilden die Farbigen, die sich der deutschen Herrschaft Jetzt ergriff der Alte die Gelegenheit und schnell versetzte er: „Leideri Und deshalb bist du auch stets so einsam und hast noch immer keine Frau gefunden." Aha. Jetzt begann es. Wer Bruno schwieg auch jetzt wieder. Nur innerlich freute er sich. „Habe ich vielleicht nicht recht?" fuhr Onkelchen interessierter fort. „Schon längst olltest du Frau und Kinder haben. So gehört ich das für einen tüchtigen Landwirt. Du weißt a gar nicht, für wen du dich quälst. Hast du aber einen Erben, dann hat die ganze Sache doch erst einen Zweck. Darin wirst du mir doch recht geben müssen." „Im allgemeinen, ja," erwiderte Bruno jetzt ein wenig zögernd, „aber ich lebe ja auch so ganz gut, wie du siehst." „Unsinn! Ich sehe durchaus nicht, daß du gut lebst! Leben nenne ich das überhaupt nicht, das ist nur ein Vegetieren! Ja, lächle du nur, es ist doch so, wie ich sage! Ein Jung geselle ist nur ein halber Mann. Und ich gehe sogar noch weiter, ich behaupte, ein vermögender Mann, der Frau und Kind ernähren kann, hat sogar die Pflicht, zu heiraten! Jawohl, so ist es! Wohin sollte denn unser Staatswesen kommen, wenn alle Männer so dächten wie du! Und wenn du mich auch zehnmal auslachst, ich hab' doch recht! Jawohl, ich erkläre dir hier rund heraus, daß du das deinem Vaterland einfach schuldig bist, jawohl!" Bums! Nun hatte er's aber bekommen! Der Hieb mußte doch gesessen haben. Indes fühlte Bruno sich noch ganz behaglich. ' zu eniz'ehen wissen und im Busch sitzen, eine schwere Gefahr. Im neuesten Heft der .Mit teilungen aus dem Schutzgebiet' wird von dem zum -Glück inzwischen gefaßten Kandjeme er zählt, der als eine Art Volksheld für die Farbigen im Sandfeld den Mittelpunkt bildete. Dieser hatte einige hundert Hereros um sich ver sammelt. Bedenklich erscheinen solche Feld eingeborene besonders darum, weil sie Wasser löcher vergiften, um auf bequeme Weise Wild zu erlegen. Das ist eine so große Gefahr für Weiße Reifende, daß im Amtsblatt der Kolonie eine Warnung ergeht und der Nat erteilt wird, falls man auf Wasser stößt, solle man versuchs weise lieber erst ein Tier tränken, ehe das Wasser zu menschlichem Genuß dient. Frankreich. * Die französisch-spanischen Ma rokko - Verhandlungen gestalten sich immer schwieriger, so daß vielfach m Paris mit einem Abbruch der Besprechungen gerechnet wird. An den leitenden Stellen in Paris be schuldigt man England, daß es Spanien in seinem Widerstand gegen die französischen Forde rungen bestärke. Belgien. * Die in Brüssel tagende Internationale Konferenz zur Bekämpfung des Alkohol gen u s s e s in A f r i k a hat eine Kommission ernannt, die prüfen soll, ob die Zone, in der der Alkoholverkauf verboten ist, erweitert werden kann. Amerika. * Präsident Taft hat eine Urkunde unter zeichnet, nach der das bisher gemeinsame Bundesgebiet Neu mexiko als 47. Staat in die Ver. Staaten ausgenommen wird. Asien. * Das Schicksal Chinas scheint seiner Erfüllung nahe zu sein. Da ein Ende der Wirren nicht abzusehen ist und da die Revo lutionäre an verschiedenen Orten die Gewalt über die Mussen verloren Haven, so daß die Fremden bedroht erscheinen, haben die Großmächte die Bahnlinie von Peking nach der See durch Truppen besetzen lassen. Unter solchen Umständen scheint die Monarchie wieder neue Hoffnung hegen zu dürfen; denn unter dem Druck dieser Maßregel sowohl, als infolge der englisch-javanischen Drohung, einige Ort schaften im «Süden zur Aufrechterhaltung der Ordnung besetzen zu wollen, haben sich die Gouverneure mehrerer aufständischer Provinzen in einer Eingabe an die Leiter der Revolution für A u f r e ch L e r h a l t u n g der O r d n u n g, allerdings unter konstitutionellen Garantien, aus gesprochen mit der Begründung, daß die Monarchie England eine freiheitlichere Ver fassung habe als die Republiken Frankreich und die Ver. Staaten von Amerika. * Nachdem die Russen einige Perser, die Gewalttätigkeiten gegen russische Soldaten be gangen hatten, haben in Täbris hinrichten lassen, ist es zu neuenUnruhen in dieser Stadt gekommen. In Rußland wird daher (natürlich!) die Besetzung weiterer Ortschaften geplant.' Armes Persien! Maklreckt rmä ÄkblpfUcbt. Vor den Wahlen besinnt sich gewöhnlich nicht nur der Parteigänger, sondem auch der Staatsbürger, der sonst der Politik interesselos gegenübsrsteht, auf sein wichtigstes Recht, näm lich durch Abgabe seiner Stimme bei der Wahl das vielgestaltige und verworrene Bild der Volksstimmung zu klären und abzurunden. Wenn aber der größte Trubel vorbei, wen» die durch die Wahl hcrvorgerufene politische Begeisterung verflogen ist, dann schlummert die Liebe zu diesem wichtigen Staatsöürgerrecht wieder ein. Ein beträchtlicher Teil der Wahlberechtigten aber bleibt immer der Wahlurne fern. So machten im Jahre 1903 von rund 12 V-Mill. Wahlberechtigten nur rund 9 V. Millionen und im Jahre 1907, (bei der letzten Wahl) Volt rund 137« Millionen nur rund 11V« Millionen von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Es hat sich also 1903 der vierte Teil und 1907 immer noch Er ließ sich nicht aus der Ruhe bringen and meinte nur so nebenbei: „Na ja, ich kann ja mal darüber nachdenken." Aber Onkelchen merkte, daß es dem jungen Hagestolzen doch nicht ernst damit war. Des halb begann er noch einmal: „Wenn ich nur fchon einen Grund für deine Handlungsweise sähe. Aber ich finde absolut kernen!" „Wer weiß, vielleicht hab' ich doch einen." „Nun schön, so nenne ihn mir doch wenigstens!" Schweigend sah Bruno in die blaue, gold- durchflrmmerte Luft. Ein herrlicher Tag war es. Frühlingsfreude schwebte über alles lachend dahin. Und süße Düste kamen mit einem lauen Windhauch hergeweht. Jubilierend schwang sich eine Lerche empor. Und keimendes, sprießendes, blühendes Leben ringsum, so west das Auge nur sah. Ach, es war doch wonnig, hier draußen so für sich zu leben. Da er noch immer schwieg, fragte der Alte nun erregter: „Na also, den Grund? Wenn du wirklich einen haben solliest." Und jetzt entgegnete er burschikos: „Ach, laß mich doch nach meiner Fassou selig werden." „Aha, dachte ich's mir doch!" sagte Onkel chen und paffte ein paar mächtige Rauchwolken in die blaue Luft, was ein Anzeichen dafür war, daß er eine wichtige Entdeckung gemacht hatte. Dann sah er seinen Begleiter heimlich prüfend von der Seite an und dachte: „Wart' nur, mein Jungchen, jetzt weiß ich schon, wo dir der Schuh drückt. Aber für das Leiden hab' ich ein Mittel, jawohl!" Und schmunzelnd lachte er in sich hinein. der sechste Teil der Wahlberechtigten freiwillig eines Rechts begeben, dessen Ausübung die Staatsregierung billigerweife als ein« nicht immer angenehme und bequeme, trotzdem aber selbstverständliche Pflicht voraussetzen darf. Wo hin gehört nun die ansehnliche Partei der Nichtwähler? Welche Partei darf mit Fug und Recht be haupten, ei>> beträchtlicher Teil dieser der Wahl urne ferngebliebenen Mannen komme eigentlich auf ihr Konto? Und ist mit Rücksicht auf eine so ungeheure Zahl von Männern, die nicht wählen, das Bild der Volksmeinung, die doch durch die Wahl (gerade nach dem deutschen Re-chstagswahlrecht) ausgedrückt werden soll, noch ein vollständiges? Alle diese Fragen werden jetzt wieder vielfach in der Presse er örtert und es ist dabei nur natürlich, wenn auch der Vorschlag wieder auftauchl, auf irgendeine praktische Art die Wahlpflicht aller Wahlberechtigten gesetzlich festzulegen. Im Jahre 1907 ist ja nun die Gesamtheu dieser Fragen besonders dadurch zeitgemäß gewesen, als damals in Österreich (zugleich mit der Wahlreform) auch die Wahlpflicht eingeführl werden sollte. Aber sowohl das österreichische Abgeordnetenhaus, als auch alle Einzellandtage (mir Ausnahme von Niederösterreich, Steier mark und Kärnten) kamen schnell zu der Er kenntnis, daß eine wirkiame Durchführung der Wahlpflicht ein Ding der Unmöglichkeit sei. Gewiß hat die rechtliche Grundlage der Wahl- pflichtsrage angesichts so vieler Säumigen eine nicht zu unterschätzende Bedeutung und es muß zugegeben werden, daß im Rechtsleben immer einem beanspruchten Recht eine unbedingt zu erfüllende Pflicht entspricht. Aber dieser Grund satz kann einem Zwang zur Wahl durchaus nicht zur Rechtfertigung dienen. Denn wenn ein Mensch sich freiwillig eines ihm zu stehenden Rechts entäußert, so hat der Staat keine Machtmittel, ihn deswegen zu bestrafen. Das hat die Praxis im niederöstcrreichischen Landtage bewiesen. Dort wurde beschlossen, jeden Wahlsäumigen, der sich ohne „gerecht fertigten Grund" der festgesetzten Wahlpflicht entzieht, mit einer Buße von einer bis zu fünfzig Kronen zu belegen. Ganz abgesehen davon, daß solche Strafe nicht die Wirkung eines unwiderstehlichen Zwanges ausübt, muß ihre Vollstreckung zu einer ungeheuren Arbeitslast werden. Man denke, wenn in Deutschland in zwei Millionen Fällen ermittelt werden sollte, ob wegen Versäumnis der Wahl eine Be strafung erfolgen kann, oder ob ein „gerecht fertigter Grund" zur Wahlenthaltung vorliegt und damit Straflosigkeit erwirkt ist. Gerade dre Strafausschließungsgründe, die ja unbedingt auch in Deutschland Geltung haben müßten, würden die Schwierigkeiten einer zweckent sprechenden Kontrolle ins Ungemessene steigern. Da würden Krankheit, unaufschiebbare Berufs- Pflichten, Verkehrsstörungen, Reisen nach außer halb, unaufschiebbare Familienangelegenheiten dauernd eine Rolle spielen. Eine Krankheit kann der Arzt feststellen, Berufspflichten, Ver kehrshindernisse, Familienangelegenheiten aber sind dehnbare Begriffe, die sich jeder gesetzlichen und richterlichen Umgrenzung entziehen. Das beste Mittel, die Zahl der Wahlsäumigen zu vermindern, ist eine gediegene staatsbürgerliche Erziehung. Die Wahlpflicht muß nicht als Parteidogwa, nicht als gesetzliche Notwendigkeit betrachtet werden, sondern sie muß eine sittliche Pflicht werden, die aus der Reife der Persönlichkeit entspringt. Wie bei einem Scherbengericht iS alten Griechenland, das über die Verbannung eines Mitbürgers zu entscheiden halte, alle Be- - 'äugten uns freier Entschließung erschienen, so auch die Wahlpflicht jedem Staatsbürger als sittliche Notwendigkeit erscheinen; denn ihre Erfüllung bildet, wie die Steuerzahlung, einen Grundpseiler staatlichen Zusaounenlebenö. K.^.0. Als sie im Herrenhause ankamen, harrte ihrer bereits ein würzig duftender Kaffee. Und wieder freute sich der Hausherr über die trauliche Behaglichkeit, die sie sofort umsing; Lächelnd sagte er: „Nun sieh dich bitte mal recht genau hier um. Und wenn du ehrlich bist wirst du zugeben müssen, daß mir gar nichks, aber auch gar nichts fehlt." „Außer einer Frau," versetzte der Alt« MÜ Festigkeit. „Daß die Berta ein tüchtiges Md« s ist, das habe ich längst gewußt. Aber sie m und bleibt eben doch nur deine Haushälterin. Bruno wurde immer aufgeräumter. „Nun gut, wenn ich alio mal das Bedürfnis fühle, mir eine Frau zu nehmen, brauche ich sie i" nur zu heiraten." Fröhlich blickte er de« Onkel an. > , Der erschrak heimlich, beherrschte sich ab« sofort und erwiderte ein wenig verärgert: „Dara" denkst du doch keinen Augenblick. Wie man denn überhaupt mit dir in dieser Angelegenhan ! ja nie ernsthaft reden kann." Wieder lachte der Hausherr. „Also wirst dn - es nun ausgeben, ein für allemal, mich wück ! die Haube bringen zu wollen, nne?' Onkelchen seufzte nur und schlürfte fein« « prächtigen Kaffee. Und da sich nun a»"? Fräulein Berta an den Tisch setzte, nahm da^ Gespräch jetzt natürlich eine andre Wendung. Plötzlich fragte Bruno: „Was ist denn dH- nun eigentlich für 'ne Neuigkeit, die du noch immer vorenthältst?" Ganz harmlos, mit famos gespielter antwortete der Alte: „Ach, so was Besonder^ ist's nun ja gerade auch nicht. Meine NrchK
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