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Redaktioneller Teil. X: 218, 17. September 1921. Buchhandel. Nachdem eine Besprechung des Vorstandes des Vör- senvereins mit den Vorständen der Kreis- und Orlsvereine am 6. Oktober 192V eine Klärung der Lage nicht gebracht hatte, fand am 13. Febraur 1921 auf Antrag der Deutschen Buchhänd lergilde eine außerordentliche Hauptversammlung des Börsenvcr- eins statt. Von unserem Verbände nahm eine ungewöhnlich große Zahl der Mitglieder an dieser Versammlung teil, die un gefähr 90^ aller Stimmen vertraten. Hier wollen wir einflechten, daß der Vörsenvereinsvorstand Klage erhebt, daß in den letzten Zähren Mitglieder die für sie ausgestellten Vollmachten nicht ab geholt hätten und auf diese Weise Stimmen unbertreten geblie ben seien. Auch von unseren Mitgliedern, die sich zur Übernahme von Vollmachten bcreiterklärt hatten, hatten zur Ostermesse 3 Her ren ihre Vollmachten nicht abgeholt. Da es bei den schweren wirtschaftlichen Kämpfen, die sich jetzt innerhalb unseres Berufes abspielen, unbedingt nötig ist, daß alle Stimmen in die Wagschale geworfen werden können, bitten wir dringend, daß nur solche Herren Vollmachten übernehmen, die sie auch auszusühren gewillt sind. Gleichzeitig wollen wir die Gelegenheit benutzen, an alle Mitglieder, die verhindert sind, persönlich an den Tagungen des Börsenvereins teilzunehmen, die Bitte zu richten, uns auf die erste Aufforderung hin rechtzeitig ihre Vollmachten zu übertragen. Die außerordentliche Hauptversammlung war von einer ganzen Anzahl anderer Versammlungen begleitet. Neben den üblichen vorbereitenden Versammlungen der Gilde, des Verlcgcrvereins und des Verbandes der Kreis- und Ortsvereine hatte Ihr Vor sitzender Einladung erhalten zu einer Besprechung wissenschaft licher Sortimenter des Westens für Freitag Vormittag, einer Zu sammenkunft des wissenschaftlichen Sortiments für Freitag Nach mittag, einer Vorbesprechung für Freitag Abend seitens der Göt tinger wissenschaftlichen Buchhändler, daneben auch für Freitag Nachmittag eine Einladung des Herrn Hiersemann zwecks Stel lungnahme zu den Auslandaufschlägen und eine solche der Gilde an führende Sortimenter zwecks Klärung der den wissenschaft lichen Verlag und das Sortiment berührenden Fragen. Außer dem zeitigten die Versammlungen selbst noch weitere Besprechun gen im engeren Kreise, sodaß Ihr Vorsitzender an diesen Tagen nur an 10 Versammlungen bzw. Besprechungen teilgenommcn hat. Trotzdem die Kantatevcrsammlungen nur 2 Monate später stattfandcn, hatte doch die Wichtigkeit der Tagesordnung und die noch immer nicht gefundene Lösung der schwebenden schweren Fragen wieder eine große Anzahl Mitglieder auch aus unserem Verbände nach Leipzig gerufen. Wieder beherrschte die Notstands ordnung die Tagesordnung aller Versammlungen, sowohl der vorausgehenden der Deutschen Buchhändlergilde, des Deutschen Verlegervereins, des Verbandes der Kreis- und Ortsvereine, wie auch der Hauptversammlung des Börsenvereins. Daneben war auch von besonderer Wichtigkeit der Antrag des Vorstandes des Börsenvereins an die Hauptversammlung, daraus einzugehen, daß die Satzungen des Börsenvereins unter bestimmten Gesichtspunkten eine Änderung erfahren sollten. Die wich tigsten hiervon waren die Zulassung einer nach Berufsgruppen ge trennten Abstimmung in bestimmten Fällen und die Einführung der außerordentlichen Mitgliedschaft. Mit der Änderung als sol cher hatte sich die Versammlung nicht zu befassen und es verbot sich daher von selbst eine genaue Durchberatung der einzelnen Punkte, und auch wir wollen im heutigen Bericht darauf verzichten. Aber wir sind doch der Ansicht, daß, wenn die Hauptversammlung von vornherein ein Eingehen aus den die Zulassung einer nach Be rufsgruppen getrennten Abstimmung fordernden Punkt abgelehnt hätte, unserem Berufe schwere Kämpfe erspart geblieben wären. Die Hauptversammlung brachte uns das Ausscheiden Karl Siegismunds nach lvjähriger ununterbrochener Tätigkeit aus dem Vorstande und seine Ernennung zum Ehrenmitglied. Mit Freuden haben wir den Antrag auf diese wohlverdiente Ehrung unterstützt, und wir wollen auch diese Gelegenheit nicht vorübsr- gehen lassen, noch an dieser Stelle Herrn Geh.-Rat Siegismund unseren Dank und unsere Anerkennung für sein verdienstvolles, unermüdliches Wirken zum Besten des deutschen Buchhandels zum Ausdruck zu bringen. Meine Herren Kollegen! Als ich vor sieben Jahren in Anna- berg das mir übertragene Amt in Ihre Hände zurücklegte und IS84 hoffte, mich nach fast siebenjähriger Tätigkeit in den Zuschausc- rauin zurückziehen zu können, da satzungsgemüß eine Wiederwahl nicht möglich war, da blickte ich mit einem gewissen Stolz auf die verflossenen sieben 'Jahre zurück. War es mir doch gelungen, dank der energischen Vorarbeit meines Herrn Vorgängers, dank der Mitarbeit meiner Herren Kollegen im Vorstände, eine völlige Abschaffung des Kundcnrabatls im Königreich Sachsen durchzu- setzen und mit der Schleuderei fast völlig aufzuräumen. Ich glaubte mein Amt in einer Zeit der Gesundung unserer Verhält. Nisse zu verlassen. Ihr einstimmiger Wunsch hat mich damals gezwungen, die Bürde des Amtes wieder auf mich zu nehmen. Wie anders liegen die Verhältnise heute, wo ich wiederum fatzungsgemäß aus meinem Amte ausscheide! Mitten im schwer sten Kampfe verlasse ich heute meinen Platz, in einem Kampfe, den man doppelt schwer und bitter empfinden muß, ist er doch einem Bruderkampfe gleichzustellen in einer Zeit, wo ein Zusam menstehen aller in schwerster Not mehr als je geboten wäre. Möge der Frieden zwischen Verlag und Sortiment, den wir alle ersehnen, zum Wohl unseres geliebten Berufes, des ganzen Buch handels, recht bald gefunden werden. Meinem Nachfolger wünsche ich von ganzem Herzen, daß ihm in seiner Amtszeit Friedens jahre und nicht, wie mir, fast ausschließlich Kriegsjahrc bcschieden sein mögen. Meinen lieben Mitarbeitern im Vorstande aber danke ich herzlich für ihre treue Mitarbeit, die allein es mir er möglicht hat, Arbeit und Pflichten des Amtes all die Jahre zu tragen. Albert Dicderich. Bericht über die 42. ordentliche Hauptversammlung des Buch- Händler-Verbandes für das Königreich Sachsen. Sonntag, den 28. August 1921; Italienisches Dörfchen, Dresden. (Der Bericht bringt nur das rein Geschäftliche.) Bei Beginn der Hauptversammlung zeigte es sich, daß ein volles Drittel sämtlicher Mitglieder erschienen war, eine Zahl, die früher wohl kaum erreicht wurde. Die Gegenwart zahlreicher jüngerer Mitglieder ist als Glück ver heißendes Zeichen anzusehen, daß die Bestrebungen der älteren von den jüngeren dereinst sortgesührt werden. Der Besuch wäre zweifellos stärker gewesen, wenn nicht viele noch in Sommer frischen und auf der Leipziger Messe geweilt hätten. Der Begrüßung durch den Vorsitzenden folgte die Ver lesung des vorstehend abgedruckten Jahresberichtes. Der allgemeine starke Beifall zeigte, daß die Versammlung wie der einmal mit der umsichtigen Geschäftsführung unse res Diederich voll und ganz einverstanden war. Bei der Besprechung des Berichts kam zum Ausdruck, daß ein großer Gegensatz zwischen Verlag und Sortiment über den Begriff »wis senschaftliche Literatur« besteht. Wenn von Verlegerseite versucht wird, die Kohlmannschen Kubiktabellen, Springers Kunstgeschichte u. a. unter wissenschaftliche Bücher zu rechnen, so mutz naturgemäß von Sortimenterseite stärkster Widerspruch erfolgen. Herr Stein- kopsf sprach den Wunsch aus, bei Nichteinhaltung der vereinbarten Lieferungsbedingungen seitens des wissenschaftlichen Verlags, die von verschiedenen Seiten festgestellt wurde, der Gruppe wissen schaftlicher Verleger Mitteilung zu machen. Ferner wurde be merkt, daß die Umsatzsteuer in Höhe von 2 v. H. allgemein bei Lie- ferung von wissenschaftlichem Sortiment aufgeschlagen wird. Herr Tittel-Altenburg brachte ein Schreiben des Sächsisch-Thüringischen Buchhändler-Verbandes zur Verlesung, betreffend Maßnahmen der thüringischen Regierung in Schulbuchfragen. Herr vr. Ehler mann berichtete, daß er zu dieser Frage bereits Stellung genom men habe und führte u. a. aus, daß ein Vermittler zwischen Ver leger und Käufer auch fernerhin wünschenswert sei. Die Vor gänge in Thüringen müssen von allen am Schulbuch interessierten Kreisen, Verfassern, Verlegern und Sortimentern, mit größter Aufmerksamkeit auch außerhalb Thüringens verfolgt werden. Es wird hier der erste Versuch zur Monopolisierung des Schulbuchs gemacht, der zweifellos unerwünschte Folgen für Hersteller, Käu fer und Verkäufer bringen wird, nicht zuletzt auch für den Steuer zahler. Bei dieser Gelegenheit wurde von Herrn Holze der Wunsch ausgesprochen, dem Gildevorstand einen beratenden Aus-